Europarecht

Teilweise Rücknahme eines Zuwendungsbescheids – Landwirtschaftliche Betriebsprämie

Aktenzeichen  Au 8 K 18.1863

Datum:
8.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 25949
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
MOG § 10 Abs. 1
VO (EG) Nr. 73/2009 Art. 2, Art. 33 f.
VO (EG) Nr. 1120/2009 Art. 2
VO (EG) Nr. 1122/2009 Art. 80
VwVfG § 48 Abs. 2, § 49a Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

1. Wird ein Terminsänderungsantrag erst kurz vor dem anberaumten Termin gestellt und mit einer plötzlichen Erkrankung begründet, muss der Beteiligte die Gründe für die Verhinderung so angeben und untermauern, dass das Gericht die Frage der Verhandlungsfähigkeit selbst zu beurteilen vermag. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Frage, ob es sich bei einer Fläche um eine beihilfefähige Fläche handelt, kommt der Behörde ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Es ist zu beachten, dass angesichts des Zeitablaufs zwischen der Vor-Ort-Kontrolle und der mündlichen Verhandlung durch die ständige Weiterentwicklung der Vegetation der konkrete Zustand im Zeitpunkt der Vor-Ort-Kontrolle nicht rekonstruiert werden kann. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wege und Waldflächen stellen weder Ackerland, noch Dauergrünland oder Dauerkulturen i.S.d. Art. 2 lit. a bis c VO (EG) Nr. 1120/2009 und damit auch keine landwirtschaftliche Fläche i.S.d. Art. 2 lit. h VO (EG) Nr. 73/2009 dar. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
4. Aufgrund des gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums ist es erforderlich, spätestens im Widerspruchsverfahren mögliche Fehler bei der Durchführung der Vermessung von Flächen konkret zu beanstanden. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 14. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Oktober 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 2019 konnte entschieden werden, ohne dass der Kläger am Verhandlungstermin teilgenommen hat. Der Kläger wurde nach § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf diese Möglichkeit hingewiesen. Eine Verlegung des Termins war vorliegend weder aufgrund der telefonischen Mitteilung des Klägers vom 7. Oktober 2019 noch aufgrund der am 8. Oktober 2019 bei Gericht eingegangenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angezeigt. Nach § 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt werden. Mit der per Telefax übermittelten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat der Kläger keine erheblichen Gründe für eine Terminsverlegung dargelegt. Er wurde im Telefonat vom 7. Oktober 2019 von der Berichterstatterin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er seine Verhandlungsunfähigkeit nachweisen muss. Wird ein Terminsänderungsantrag erst kurz vor dem anberaumten Termin gestellt und mit einer plötzlichen Erkrankung begründet, muss der Beteiligte die Gründe für die Verhinderung so angeben und untermauern, dass das Gericht die Frage der Verhandlungsfähigkeit selbst zu beurteilen vermag (BGH, B.v. 12.3.2015 – AnwZ (Brfg) 43/14 – juris Rn. 5; B.v. 8.12.2011 – AnwZ (Brfg) 15/11 – juris Rn. 12 und B.v. 4.7.2009 – AnwZ (B) 14/08 – juris Rn. 12; jeweils m.w.N). Aus der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ergibt sich nicht, dass der Kläger verhandlungsunfähig ist. Hieraus ergibt sich auch nicht, dass dem Kläger die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nicht zugemutet werden kann.
2. Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide aus den Jahren 2012 bis 2014 ist § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (Marktorganisationsgesetz; MOG) vom 31. August 1986, neugefasst am 24. Juni 2005 (BGBl I 2005 S. 1847). Da das Europarecht für den (indirekten) Vollzug des Gemeinschaftsrechts durch nationale Behörden keine allgemeinen Regelungen zu Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten kennt, ist – sofern keine speziellen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts bestehen – grundsätzlich nationales Recht anwendbar. Im Regelfall sind daher – soweit bayerische Landesbehörden tätig werden – Art. 48, 49 BayVwVfG maßgebend, nach Art. 1 Abs. 1 BayVwVfG allerdings nur, soweit keine spezielleren Regelungen (des Bundesrechts) eingreifen. Als solche Regelung ist § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 MOG anzusehen (vgl. BayVGH, U.v. 16.2.2009 – 19 B 08.2522 – juris Rn. 23; VG Lüneburg, U.v. 18.1.2018 – 1 A 131/15 – juris Rn. 23 m.w.N.).
3. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen; § 48 Abs. 2 bis 4 und § 49a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sind anzuwenden.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme nach § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG liegen vor. Die Bewilligungsbescheide bezüglich der Betriebsprämien sind teilweise rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8 MOG. Auf Vertrauensschutz gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 MOG i.V.m. § 48 Abs. 2 VwVfG kann sich der Kläger nicht berufen.
a) Die Betriebsprämie ist eine besondere Vergünstigung i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. g MOG in der Fassung vom 2. Dezember 2014, da es sich bei der Betriebsprämie um eine flächenbezogene Beihilfe handelt.
b) Die Bewilligungsbescheide bezüglich der Betriebsprämien für die Jahre 2012, 2013 und 2014 sind rechtswidrig, soweit sie die Gewährung der beantragten Beihilfe für eine Fläche von 2,39 ha betreffen.
Die gemeinschaftsrechtliche Grundlage für die Gewährung der Betriebsprämie in den Jahren 2012 bis 2014 sind die Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009, der Verordnung (EG) Nr. 1120/2009 der Kommission vom 29. Oktober 2009 und der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 der Kommission vom 30. November 2009 – jeweils mit späteren Änderungen. Die Umsetzung dieser Vorschriften auf nationaler Ebene ist durch das Gesetz zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsgesetz – BetrPrämDurchfG) vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1763) sowie durch die Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsverordnung – BetrPrämDurchfV) vom 3. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3204) – mit späteren Änderungen – erfolgt.
Gemäß Art. 33 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 73/2009 können Betriebsinhaber die Betriebsprämienregelung in Anspruch nehmen, wenn sie Zahlungsansprüche besitzen, die sie nach der VO (EG) Nr. 1782/2003 oder im Rahmen der VO (EG) Nr. 73/2009 unter anderem durch Übertragung oder aus der nationalen Reserve erhalten haben. Gemäß Art. 34 Abs. 1 VO (EG) Nr. 73/2009 wird den Betriebsinhabern eine Stützung im Rahmen der Betriebsprämienregelung bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähiger Hektarfläche gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die Zahlung der darin festgesetzten Beträge.
Eine beihilfefähige Hektarfläche ist gemäß Art. 34 Abs. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 73/2009 jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, die für eine landwirtschaftliche Tätigkeit oder hauptsächlich für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird, wenn sie auch für nichtlandwirtschaftliche Zwecke genutzt wird. Eine landwirtschaftliche Tätigkeit ist nach Art. 2 Buchst. c VO (EG) Nr. 73/2009 die Erzeugung, die Zucht oder der Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich Ernten, Melken, Zucht von Tieren und Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke oder die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 6 dieser Verordnung. Gemäß Art. 2 Buchst. h dieser Verordnung ist landwirtschaftliche Fläche jede Fläche, die als Ackerland, Dauergrünland oder mit Dauerkulturen genutzt wird. Die Begriffe „Ackerland, Dauergrünland und Dauerkulturen“ werden in Art. 2 VO (EG) Nr. 1120/2009 bestimmt. Demnach sind „Dauergrünland” Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und mindestens fünf Jahre lang nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs waren, ausgenommen Flächen im Rahmen von Stilllegungsregelungen gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2078/92 des Rates, gemäß den Artikeln 22, 23 und 24 der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates und gemäß Artikel 39 der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates; zu diesem Zweck sind „Gras oder andere Grünfutterpflanzen” alle Grünpflanzen, die herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen oder normalerweise Teil von Saatgutmischungen für Grünland oder Wiesen in dem Mitgliedstaat sind, unabhängig davon, ob die Flächen als Viehweiden genutzt werden (Art. 2 Buchst. c VO (EG) Nr. 1120/2009).
Gemessen hieran steht dem Kläger eine Bewilligung der Betriebsprämien in den Jahren 2012 bis 2014 betreffend eine Fläche von 2,39 ha nicht zu. Diese vom Beklagten beanstandete Fläche ist nicht anerkennungsfähig.
In Bezug auf die Feststellungen, ob es sich bei der streitgegenständlichen Fläche um eine beihilfefähige Fläche im Sinne der vorgenannten Vorschriften handelt oder nicht, kommt der Behörde ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Es ist nämlich zu beachten, dass angesichts des unvermeidlichen Zeitablaufs zwischen der Vor-Ort-Kontrolle und der mündlichen Verhandlung vor Gericht durch die ständige natürliche und agrartechnisch herbeigeführte Weiterentwicklung der Vegetation der konkrete Zustand im Zeitpunkt der Vor-Ort-Kontrolle nicht – auch nicht beispielsweise durch sachverständige Hilfe oder durch Einnahme eines Augenscheins – rekonstruiert werden kann. Für die Annahme eines Beurteilungsspielraums spielt es keine Rolle, dass unmittelbar europäisches Recht vollzogen wird. Den Mitgliedstaaten wird ein fachwissenschaftlicher Beurteilungsspielraum in Bezug auf die zu kategorisierenden Flächen eingeräumt, solange der durch das Gemeinschaftsrecht vorgegebene Kriterienkatalog beachtet wird. Erscheint danach eine Entscheidung fachlich vertretbar, so nimmt das Gemeinschaftsrecht diese Entscheidung hin (vgl. BVerwG, B.v. 12.6.2003 – 4 B 37.03 – juris Rn. 10). Wegen der Annahme eines Beurteilungsspielraums ist die gerichtliche Überprüfung der behördlichen (Tatsachen-)Entscheidung, ob es sich bei den konkret bezeichneten Flächen um beihilfefähige Flächen handelt oder nicht, nur noch eingeschränkt möglich. Ein Rechtsverstoß liegt nur vor, wenn die Behörde Verfahrensfehler begangen hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, anzuwendendes Recht verkannt, bei seiner Anwendung allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt hat oder sich von sachfremden Erwägungen leiten ließ (vgl. VG Meiningen, U.v. 14.7.2016 – 2 K 515.12 – juris Rn. 29; VG Karlsruhe, U.v. 20.1.2011 – 2 K 11.10 – juris Rn. 55 m. w. N.).
Entsprechende Rechtsverstöße sind hier nicht ersichtlich. Weder ist erkennbar, dass der Beklagte von einem nicht zutreffenden Begriff der „beihilfefähigen Fläche“ ausgegangen wäre, noch dass er im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle die Flächendifferenzen messtechnisch fehlerhaft festgestellt hätte.
Der Beklagte hat anzuwendendes Recht insoweit nicht verkannt, als er die Anerkennung als „landwirtschaftliche Fläche“ von der Nutzung als Ackerland, Dauergrünland oder Dauerkulturen abhängig gemacht und die Anerkennung als landwirtschaftliche Nutzfläche verneint hat. Bei der Vor-Ort-Kontrolle am 27. Juli 2015 wurde unter anderem festgestellt, dass der Kläger auf den Feldstücken, … und … ab dem Jahr 2012 insgesamt 2,39 ha zu viel Fläche beantragt hatte. Der Abzug erfolgte unter anderem für einen Weg sowie für Waldflächen.
Dieser Zustand wurde im Rahmen des gerichtlichen Augenscheintermins am 5. Juni 2019 bestätigt.
Diese Feststellungen tragen die Folgerung, dass die Feldstücke, … und … hinsichtlich der beanstandeten Fläche mit einer Größe von 2,39 ha nicht förderfähig sind. Wege und Waldflächen stellen weder Ackerland, noch Dauergrünland oder Dauerkulturen i.S.d. Art. 2 Buchst. a bis c VO (EG) Nr. 1120/2009 und damit auch keine landwirtschaftliche Fläche i.S.d. Art. 2 Buchst. h VO (EG) Nr. 73/2009 dar. Nicht maßgeblich für die Antragsjahre 2012 bis 2014 war insoweit, dass der Kläger einen Teil des Waldes im Jahr 2016 gerodet hat.
Ebenso ist nicht erkennbar, dass der Beklagte im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle die Flächendifferenzen messtechnisch fehlerhaft festgestellt hätte.
Aufgrund des gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums des Beklagten muss der Betriebsinhaber zeitnah zu den von der Behörde bei einer Vor-Ort-Kontrolle getroffenen Feststellungen eine andere Auffassung zu den tatsächlichen Verhältnissen in geeigneter Weise dokumentieren, um diese später den behördlichen Feststellungen entgegenhalten zu können (vgl. VG Meiningen, U.v. 14.7.2016 – 2 K 515.12 – juris Rn. 47). Es war damit erforderlich spätestens im Widerspruchsverfahren mögliche Fehler bei der Durchführung der Vermessung konkret zu beanstanden (vgl. VG Meiningen, U.v. 14.7.2016 – 2 K 515.12 – juris Rn. 48). Mit seinem Widerspruch bemängelte der Kläger, dass die Vor-Ort-Kontrolle im Schnellverfahren durchgeführt worden sei und bat um eine erneute Überprüfung der Messungen. Bereits in dem zu den gerichtlichen Verfahren Au 3 K 17.77 und Au 3 K 17.78 durchgeführten gerichtlichen Augenscheintermin am 25. Oktober 2017 stellte das Gericht die Vertretbarkeit der angewandten Messmethoden fest. In dem zum vorliegenden Verfahren durchgeführten gerichtlichen Augenscheintermin vom 5. Juni 2019 demonstrierten die Vertreter des Beklagten erneut die Abmarkung der nach Beklagtenansicht förderfähigen Fläche. Anhaltspunkte, dass die Messmethoden fehlerhaft wären bzw. die Ergebnisse nicht methodengerecht festgestellt worden wären, haben sich auch in diesem Termin nicht ergeben.
c) Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht berufen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 MOG i.V.m. § 48 Abs. 2 VwVfG).
Im hier vorliegenden Fall des indirekten Vollzugs von Unionsrechts (siehe dazu ausführlich oben unter 1.) können berechtigtes Vertrauen und Rechtssicherheit ohne Widerspruch zum Unionsrecht geschützt werden, da die Rechtsordnung der Union selbst die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit anerkennt. Allerdings muss im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Vertrauen des Betroffenen und dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme auch dem Interesse der Union in vollem Umfang Rechnung getragen werden (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 48 Rn. 277).
Nach diesen Maßstäben kann sich der Kläger nicht auf den Vertrauensschutztatbestand des § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 MOG i.V.m. § 48 Abs. 2 VwVfG berufen. Zum einen liegt ein Widerspruch zum Unionsrecht vor, da die streitgegenständliche Fläche keine landwirtschaftliche Fläche i.S.d. Art. 2 Buchst. h VO (EG) Nr. 73/2009 i.V.m. Art. 2 VO (EG) Nr. 1120/2009 darstellt. Zum anderen regelt Art. 80 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 der Kommission vom 30. November 2009 in der jeweils gültigen Fassung, dass der Betriebsinhaber bei zu Unrecht gezahlten Beträgen zur Rückzahlung dieser Beträge verpflichtet ist. Um diesem Unionsinteresse vollumfänglich Rechnung tragen zu können, muss im Rahmen der oben genannten Abwägung das Vertrauen des Klägers hinter dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme zurückstehen.
4. Rechtsgrundlage für die Rückforderung der auf den Bewilligungsbescheiden aus den Jahren 2012 bis 2014 basierenden Auszahlungen in Höhe von insgesamt 5.329,94 EUR ist § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Alt. 2 MOG i.V.m. § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist.
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, da die teilweise Rücknahme der Bewilligungsbescheide aus den Jahren 2012 bis 2014 zu Recht erfolgt ist (siehe dazu oben). Auf einen etwaigen Wegfall der Bereicherung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 Alt. 2 MOG i.V.m. § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG kommt es nicht an. Die anspruchsbegründenden Merkmale sind schon in § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG abschließend erfasst. § 49a Abs. 2 VwVfG stellt insofern nur eine Rechtsfolgenverweisung dar (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 49a Rn. 42).
5. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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