Europarecht

Überschreitung der Inkassodienstleistungsbefugnis in Masseverfahren (“Dieselskandal”)

Aktenzeichen  41 O 1745/18

Datum:
7.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
NWB – 2020, 2594
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Ingolstadt
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 134, § 138, § 139, §§ 305 ff., § 826
RDG § 2 Abs. 2 S. 1, S. 3, S. 4, § 10 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 146

 

Leitsatz

Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen ist analog § 4 RDG auch dann unzulässig, wenn zwar keine „andere Leistungspflicht“ vorliegt, bestimmte Interessen der Beteiligten aber gegensätzlich sind und der Interessenskonflikt so schwerwiegend ist, dass zu befürchten ist, der Rechtsdienstleister werde sich bei der Durchführung der Rechtsdienstleistung hauptsächlich von Überlegungen leiten lassen, die dem Interesse des Rechtssuchenden zuwider laufen. (Rn. 121) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 77.852.643,36 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage war abzuweisen, weil die Klägerin nicht über die beklagtenseits bestrittene Aktivlegitimation für die geltend gemachten Ansprüche verfügte. Die Abtretungen sind nichtig gem. § 134 BGB i.V.m. §§ 3, 4 RDG. Eine geltungserhaltende Reduktion im Sinne einer Auslegung oder Reduzierung der vertraglichen Regelungen durch die Kammer war nicht vorzunehmen.
I.
Zu den oben dargestellten Einwänden der Beklagten gegen das Tätigwerden der Klägerin, hat der BGH bereits in dem oben zitierten Urteil vom 27.11.2019 ausführlich Stellung genommen. Danach ist es der Klägerin grundsätzlich möglich, auch in Form massenweiser Abtretungserklärungen treuhänderisch für diese Forderungen gerichtlich einklagen zu können, ohne dass ihr dies aufgrund der Regelungen in der RDG im Allgemeinen bereits untersagt wäre. Im Einzelnen hat der BGH dazu ausgeführt:
„Das als Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840) verabschiedete, am 1. Juli 2008 in Kraft getretene Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz – RDG) dient dazu, die Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG; siehe hierzu auch BT-Drucks. 16/3655, S. 31, 45). Deshalb ist nach § 3 RDG die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das Rechtsdienstleistungsgesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird (vgl. hierzu zuletzt Senatsurteil vom 21. März 2018 – VIII ZR 17/17, NJW 2018, 2254 Rn. 18).
Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert (§ 2 Abs. 1 RDG). Unabhängig davon ist nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung), stets eine Rechtsdienstleistung. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 RDG dürfen natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die – wie die Klägerin – bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen in bestimmten, in dieser Vorschrift bezeichneten Bereichen erbringen. Hierzu gehören gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG Inkassodienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RDG), (BGH Urteil vom 27.11.2019, VIII ZR 285/18; Rz. 39, 40).
(…)
b) Im Ausgangspunkt noch rechtsfehlerfrei und insoweit auch von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Klägerin die von dem Mieter an sie abgetretenen Forderungen nicht im Wege eines nicht als Inkassodienstleistung anzusehenden und nach dem Willen des Gesetzgebers aus dem Anwendungsbereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes insgesamt ausgenommenen (BT-Drucks. 16/3655, S. 36, 48) Forderungskaufs erworben hat, sondern es sich um eine (treuhänderische) Abtretung zum Zweck der Einziehung der Forderungen auf fremde – hier des Mieters – Rechnung handelt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RDG; siehe zur Abgrenzung des Forderungsankaufs von der Einziehung einer abgetretenen Forderung auf fremde Rechnung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG im Einzelnen: BGH, Urteile vom 11. Dezember 2013 – IV ZR 137/13, juris Rn. 17 ff.; vom 21. März 2018 – VIII ZR 17/17, a.a.O. Rn. 24 ff.; jeweils m.w.N.).
c) Die Aktivlegitimation der Klägerin ist nicht schon deshalb – ohne Prüfung ihrer im Streitfall erbrachten Rechtsdienstleistungen anhand der Vorschriften der §§ 3, 2 Abs. 2 Satz 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG, § 134 BGB – zu bejahen, weil sie als Inkassodienstleisterin nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG registriert ist.
aa) Allerdings wird in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur teilweise die Auffassung vertreten, ein Verstoß gegen § 3 RDG und eine etwa hieraus folgende Nichtigkeit namentlich der Forderungsabtretung nach § 134 BGB seien jedenfalls im Regelfall zu verneinen, soweit Inkassodienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RDG) in Frage stünden und der Erbringer dieser Leistungen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG als Inkassodienstleister registriert sei (siehe nur LG Berlin, WuM 2018, 575, 578 ff. [66. Zivilkammer; Revision beim Senat anhängig unter dem Aktenzeichen VIII ZR 275/18]; LG Berlin, Urteil vom 12. November 2018 – 66 S 19/18, nicht veröffentlicht [Revision beim Senat anhängig unter dem Aktenzeichen VIII ZR 384/18]; Tolksdorf, ZIP 2018, 1401, 1402-1404; Hartung, AnwBl Online 2019, 353, 358 ff.; Rott, VuR 2018, 443, 446; wohl auch Römermann/Günther, NJW 2019, 551, 553; in diesem Sinne – de lege ferenda – auch der von Abgeordneten und der Bundestagsfraktion der FDP eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Rechtsdienstleistungsrechts, BT-Drucks. 19/9527, S. 6 [§ 13 a Abs. 5 RDG-E] und 11; vgl. auch Morell, NJW 2019, 2574, 2575 ff.; a.A. insbesondere Siegmund in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 10 RDG Rn. 58 b; Henssler, NJW 2018, 545, 550; v. Lewinski/Kerstges, MDR 2019, 705, 709 ff.; Greger, MDR 2018, 897, 900; Remmertz, BRAK-Mitt 2019, 219, 221; jeweils die Möglichkeit eines Verstoßes eines registrierten Inkassodienstleisters gegen § 3 RDG und eine hieraus folgende Nichtigkeit namentlich der Forderungsabtretung nach § 134 BGB bejahend).
Die nachfolgend (unter II 2 c bb (3) (a)) genannte ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehe dem nicht entgegen, da sie ausnahmslos darauf abgestellt habe, dass der jeweilige Inkassodienstleister nicht über eine Inkassoerlaubnis verfügt habe (Tolksdorf, a.a.O. S. 1407; Hartung, a.a.O. S. 359).
(1) Die vorgenannte Auffassung meint, § 3 RDG sei sowohl nach dem Wortlaut als auch unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik, namentlich der §§ 3, 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, §§ 11 ff. RDG, sowie des Schutzzwecks des Rechtsdienstleistungsgesetzes und der mit den vorstehend genannten Bestimmungen verfolgten Zielsetzung so auszulegen, dass sich das in § 3 RDG enthaltene Verbot, soweit es um Inkassodienstleistungen gehe, nur an Inkassounternehmen richte, die nicht gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG registriert seien (Tolksdorf, a.a.O. S. 1402; Hartung, a.a.O.). Mit ihrem (mittelbar) ausgesprochenen Verbot solle die Vorschrift des § 3 RDG die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nur durch solche Personen verhindern, die sich auf keinen gesetzlichen Erlaubnistatbestand berufen könnten.
Einzige Voraussetzung des hier in Rede stehenden Erlaubnistatbestands des § 10 RDG sei, dass die betreffende Person aufgrund ihrer Sachkunde registriert sei. Damit wolle das Rechtsdienstleistungsgesetz den für die qualifizierte Erbringung von Rechtsdienstleistungen erforderlichen Mindeststandard sicherstellen. Diese Beschränkung habe aber notwendigerweise Rückwirkungen auf die Bestimmung des Umfangs des in § 3 RDG geregelten Verbots. Dieses könne nicht weiter reichen als die es begrenzende Erlaubnis. Letztere aber sei ausschließlich an die nach Prüfung der Voraussetzungen vorgenommene Registrierung geknüpft (Tolksdorf, a.a.O. S. 1403; Hartung, a.a.O. S. 360).
Gegen eine Erstreckung des Verbots aus § 3 RDG auf registrierte Inkassodienstleister (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG) spreche vor allem auch der Umstand, dass das Rechtsdienstleistungsgesetz in den §§ 10 ff. RDG neben den Bestimmungen über die Voraussetzungen der Registrierung auch besondere Vorschriften für den Fall enthalte, dass ein registrierter Inkassodienstleister gegen Regelungen verstoße, die ihm hinsichtlich der Ausübung des ihm grundsätzlich erlaubten Inkassos Grenzen setzten (vgl. LG Berlin, WuM 2018, a.a.O.; LG Berlin, Urteil vom 12. November 2018 – 66 S 19/18, a.a.O.; Tolksdorf, a.a.O. Hartung, a.a.O. S. 359 ff.; vgl. auch Rott, a.a.O.).
(2) Die vorgenannte Auffassung in Rechtsprechung und Literatur stellt hierbei – ausgehend von den in §§ 11 und 12 RDG geregelten, für eine Registrierung im Rechtsdienstleistungsregister (§ 16 RDG) zu erfüllenden Anforderungen an die besondere Sachkunde sowie die persönliche und fachliche Eignung des Inkassodienstleisters – insbesondere auf die Vorschriften der §§ 13 a, 14 RDG über Aufsichtsmaßnahmen der Registrierungsbehörde und den Widerruf der Registrierung ab.
Nach der – in das Rechtsdienstleistungsgesetz durch das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken vom 1. Oktober 2013 (BGBl. I 3714) mit Wirkung vom 9. Oktober 2013 eingefügten – Vorschrift des § 13 a RDG (siehe hierzu BT-Drucks. 17/14192, S. 8 f. und BT-Drucks. 17/14216, S. 5) kann die zuständige, über die Einhaltung des Rechtsdienstleistungsgesetzes Aufsicht führende Behörde sowohl Maßnahmen treffen, um die Einhaltung des Rechtsdienstleistungsgesetzes sicherzustellen, insbesondere Auflagen nach § 10 Abs. 3 Satz 3 RDG anordnen oder ändern (§ 13 a Abs. 2 RDG), als auch einer Person, die Rechtsdienstleistungen erbringt, den Betrieb vorübergehend ganz oder teilweise untersagen, wenn begründete Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Voraussetzung für die Registrierung nach § 12 RDG weggefallen ist oder erheblich oder dauerhaft gegen Pflichten verstoßen wird (§ 13 a Abs. 3 RDG).
Gemäß der Vorschrift des § 14 RDG widerruft die zuständige Behörde die Registrierung unbeschadet des § 49 VwVfG oder entsprechender landesrechtlicher Vorschriften unter anderem, wenn begründete Tatsachen die Annahme einer nicht mehr vorliegenden persönlichen Eignung oder Zuverlässigkeit rechtfertigen (§ 14 Nr. 1 RDG), eine Berufshaftpflichtversicherung nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 RDG nicht mehr unterhalten wird (§ 14 Nr. 2 RDG) oder wenn begründete Tatsachen die Annahme dauerhaft unqualifizierter Rechtsdienstleistungen zum Nachteil der Rechtssuchenden oder des Rechtsverkehrs rechtfertigen, was in der Regel der Fall ist, wenn die registrierte Person in erheblichem Umfang Rechtsdienstleistungen über die eingetragene Befugnis hinaus erbringt oder beharrlich gegen Auflagen oder Darlegungs- und Informationspflichten nach § 11 a RDG verstößt (§ 14 Nr. 3 RDG).
Die oben genannte Auffassung meint, angesichts dieser im Rechtsdienstleistungsgesetz besonders geregelten Aufsichts- und Eingriffsmaßnahmen bei registrierten Personen sei für die Nichtigkeitsfolge gemäß § 3 RDG in Verbindung mit § 134 BGB schon aus Gründen der Gesetzessystematik grundsätzlich kein Raum. Auch der Schutzzweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes erfordere die Anwendung der vorgenannten Bestimmungen auf den registrierten Inkassodienstleister im Regelfall nicht. Der Auftraggeber sei durch die genannten Aufsichts- und Eingriffsmaßnahmen sowie insbesondere durch das Erfordernis persönlicher und fachlicher Eignung des Inkassodienstleisters vor einer unqualifizierten Rechtsdienstleistung hinreichend geschützt (Tolksdorf, a.a.O. S. 1403 f.; Hartung, a.a.O. S. 359 f.).
(3) Schließlich stehe einer Anwendung des Verbotstatbestands nach § 3 RDG in Verbindung mit § 134 BGB auf Inkassodienstleister, die über eine Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG verfügten, auch der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes entgegen. Der Rechtsverkehr – namentlich der Auftraggeber und der Schuldner – müsse sich darauf verlassen können, dass die Verträge – insbesondere die Abtretungsverträge – mit dem Inkassounternehmen, für dessen Befugnis zum Inkasso die Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG streite, wirksam seien (Tolksdorf, a.a.O. S. 1408; LG Berlin, WuM 2018, a.a.O. S. 579; LG Berlin, Urteil vom 12. November 2018 – 66 S 19/18, a.a.O.; ebenso Hartung, a.a.O. S. 360 f.; Rott, a.a.O. [letztere auch zum zusätzlichen Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes]; siehe zum Vertrauensschutz bei Inkassodienstleistungen – unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – auch BVerfG, NJW 2002, 1190, 1192).
Ein Verstoß gegen § 3 RDG und in dessen Folge einer Nichtigkeit insbesondere der Forderungsabtretung nach § 134 BGB soll nach Teilen dieser Auffassung bei einem registrierten Inkassodienstleister lediglich dann in Betracht kommen, wenn unter dem Deckmantel der Inkassodienstleistungsregistrierung diese zweckentfremdend überhaupt keine Inkassodienstleistungen im Sinne der § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG, sondern andere Rechtsdienstleistungen erbracht würden (Tolksdorf, a.a.O. S. 1404). Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes würde es zudem selbst bei unterstellter Anwendbarkeit des § 3 RDG (auch) auf den nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG registrierten Inkassodienstleister und bei einem – wiederum unterstellten – Verstoß gegen die Verbotsnorm des § 3 RDG gebieten, abgesehen von dem vorstehend genannten Ausnahmefall einer Zweckentfremdung der Inkassobefugnis jedenfalls die Voraussetzungen des § 134 BGB zu verneinen (Tolksdorf, a.a.O. S. 1407 f.).
bb) Diese Ansicht trifft nicht zu. Den Anwendungsbereich des § 3 RDG so stark einzuengen, wie dies die vorstehend genannte Auffassung – vom Wortlaut der Vorschrift allerdings noch gedeckt – befürwortet, und damit den registrierten Inkassodienstleister grundsätzlich von der Anwendung dieser zentralen Verbotsnorm des Rechtsdienstleistungsgesetzes – und dementsprechend auch von der Rechtsfolge der Nichtigkeit nach § 134 BGB auszunehmen, ist mit der Systematik des Gesetzes und insbesondere mit der den Gesetzesmaterialien zu entnehmenden Zielsetzung, die der Gesetzgeber mit dem Erlass des von ihm ausdrücklich als Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt (mit der im Falle eines Verstoßes grundsätzlich eintretenden Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB) gestalteten (siehe hierzu BT-Drucks. 16/3655, S. 30 f., 43, 51) Rechtsdienstleistungsgesetzes und hierbei namentlich mit den Vorschriften der §§ 3, 2 Abs. 2 Satz 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, §§ 11 ff. RDG verfolgt hat, nicht zu vereinbaren.
(1) Für die – hier hinsichtlich der vorstehend genannten Bestimmungen vorzunehmende – Auslegung von Gesetzen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen, wobei Ausgangspunkt der Auslegung der Wortlaut der Vorschrift ist (vgl. nur BVerfGE 133, 168 Rn. 66 m.w.N.; BVerfG, NJW 2014, 3504 Rn. 15; BGH, Urteile vom 15. Mai 2019 – VIII ZR 134/18, ZNER 2019, 323 Rn. 30; vom 20. März 2017 – AnwZ (Brfg) 33/16, BGHZ 214, 235 Rn. 19; Beschluss vom 16. Mai 2013 – II ZB 7/11, NJW 2013, 2674 Rn. 27).
(2) Die oben (unter II 2 c aa) dargestellte Auffassung ist zwar von dem Wortlaut des § 3 RDG gedeckt. Bereits nach dem Wortlaut spricht jedoch mehr dafür, auch registrierte Inkassodienstleister als von dieser Vorschrift erfasst anzusehen. Nach § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur „in dem Umfang zulässig“, in dem sie durch das Rechtsdienstleistungsgesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. Insbesondere die Formulierung „in dem Umfang“ deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber die Fälle, in denen ein Erlaubnistatbestand erfüllt ist, nicht generell, sondern nur insoweit aus dem Anwendungsbereich des Verbotstatbestands des § 3 RDG herausnehmen wollte, als sich die konkret zu beurteilende Rechtsdienstleistung in den Grenzen des jeweiligen Erlaubnistatbestands hält.
(3) Noch deutlicher spricht der – den Gesetzesmaterialien zu entnehmende – Wille des Gesetzgebers gegen die Annahme, registrierte Inkassodienstleister seien von dem Anwendungsbereich der § 3 RDG, § 134 BGB grundsätzlich auszunehmen.
(a) Der Gesetzgeber wollte mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz keine Änderung hinsichtlich der nach der bisherigen Rechtslage allgemein angenommenen Nichtigkeitsfolge (§ 134 BGB) einer gegen das Gesetz verstoßenden oder von diesem nicht gedeckten Rechtsdienstleistung vornehmen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – von der auch das Berufungsgericht insoweit noch zutreffend ausgegangen ist – sind gegen § 3 RDG verstoßende schuldrechtliche Vereinbarungen, aber auch Verfügungsverträge wie die – hier in Rede stehende – Abtretung einer Forderung im Regelfall gemäß § 134 BGB nichtig, wenn diese auf die Erbringung einer nicht erlaubten Rechtsdienstleistung zielen (siehe nur BGH, Urteile vom 30. Oktober 2012 – XI ZR 324/11, NJW 2013, 59 Rn. 34 ff.; vom 11. Dezember 2013 – IV ZR 46/13, NJW 2014, 847 Rn. 31 vom 21. Oktober 2014 – VI ZR 507/13, NJW 2015, 397 Rn. 5; vom 11. Januar 2017 – IV ZR 340/13, VersR 2017, 277 Rn. 34; jeweils m.w.N. vgl. auch Senatsurteil vom 21. März 2018 – VIII ZR 17/17, a.a.O. ebenso Henssler, NJW 2019, 545, 550 Wolf in Gaier/Wolf/Göcken, a.a.O., § 3 RDG Rn. 26 ff.; Krenzler/Offermann-Burckart, RDG, 2. Aufl., § 3 RDG Rn. 65; jeweils m.w.N.). An dieser von dem Bundesgerichtshof bereits unter der Geltung des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG), der Vorgängerregelung des Rechtsdienstleistungsgesetzes, in ständiger Rechtsprechung vertretenen rechtlichen Beurteilung (siehe hierzu bereits BGH, Urteile vom 25. Juni 1962 – VII ZR 120/61, BGHZ 37, 258, 261 f.; vom 7. Mai 1974 VI ZR 7/73, NJW 1974, 1374 unter II 2 b vom 14. November 2006 – XI ZR 294/05, BGHZ 170, 18 Rn. 9 Beschluss vom 8. November 1993 – II ZR 249/92, NJW 1995, 516 unter 1; jeweils m.w.N.) sollte sich nach dem Willen des Gesetzgebers durch das am 1. Juli 2008 in Kraft getretene Rechtsdienstleistungsgesetz, das ebenso wie die Vorgängerrege – lung als ein Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet ist (vgl. hierzu nur BT-Drucks. 16/3655, 30 f., 43, 51), nichts ändern (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 – XI ZR 324/11, a.a.O. Rn. 35 Staudinger/Sack/Seibl, BGB, Neubearb. 2017, § 134 Rn. 272; Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl., § 134 Rn. 21; Wachter, GmbHR 2009, 935 vgl. auch Tolksdorf, ZIP 2019, 1401, 1407; jeweils m.w.N.).
(b) Der Gesetzgeber hat in der Begründung des als Art. 1 in dem Entwurf des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts enthaltenen Entwurfs des Rechtsdienstleistungsgesetzes die Rechtsfolge der Nichtigkeit nach § 134 BGB bei unerlaubten, gegen § 3 RDG verstoßenden Rechtsdienstleistungen mehrfach bekräftigt (siehe nur BT-Drucks. 16/3655, S. 31, 43, 49 und 51). Bereits zu Beginn der Ausführungen des allgemeinen Teils der Gesetzesbegründung („II. Leitlinien und wesentliche Inhalte des Gesetzentwurfs“) wird die genannte Rechtsfolge erwähnt. Dort heißt es einleitend unter Ziffer 1 („Keine völlige Deregulierung des Rechtsberatungsmarktes“; BT-Drucks., a.a.O. S. 30 f.):
„Der verbraucherschützende Charakter des Gesetzes als Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt soll erhalten bleiben. Der Rechtsuchende, sei er Verbraucher, sei er Unternehmer, muss vor den oft weit reichenden Folgen unqualifizierten Rechtsrats geschützt werden. Vor allem die Belange des Verbraucherschutzes, aber auch der Schutz der Rechtspflege und der in ihr tätigen Personen sowie das Rechtsgut Recht als solches recht-fertigen es daher, die Berufs- und Dienstleistungsfreiheit in den Bereichen, in denen Rechtsdienstleistungen erbracht werden, einzuschränken. Aus diesem Grund hat das Bundesverfassungsgericht ebenso wie der Europäische Gerichtshof die Vorschriften des geltenden Rechtsberatungsgesetzes ausdrücklich für vereinbar mit dem Grundgesetz und dem europäischen Recht gehalten. Eine völlige Deregulierung des Rechtsberatungsmarktes soll es daher auch künftig nicht geben. [… …]
Im Übrigen entfiele bei einer Abkehr vom Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt die verbraucherschützende Rückabwicklung von Verträgen gemäß § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
Dementsprechend wird an späterer Stelle des Allgemeinen Teils der Gesetzesbegründung unter Ziffer 14 („Wegfall des Bußgeldtatbestands“) ausgeführt (BT-Drucks., a.a.O. S. 43):
„Die Sicherung des Verbraucherschutzes erfordert keinen Bußgeldtatbestand. Die Folgen einer unerlaubten Rechtsberatung sind ausreichend durch zivil- und wettbewerbsrechtliche Vorschriften sanktioniert. Die wichtigste Folge eines Verstoßes gegen das RDG, nämlich die Nichtigkeit des zugrunde liegenden Vertrages gemäß § 134 BGB, bleibt aufgrund des fortbestehenden Charakters des RDG als Verbotsgesetz erhalten. Die Untersagung der Rechtsdienstleistungsbefugnis kann überdies mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden.“
In der Einzelbegründung zu § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG-E heißt es sodann (BT-Drucks., a.a.O. S. 49): „Verträge, die nicht den Kauf, sondern die Abtretung zu Einziehungszwecken zum Gegenstand haben, sind, da sie auf ein nach § 3 erlaubnispflichtiges Geschäft gerichtet sind, nach § 134 BGB nichtig, wenn der Erwerber nicht über eine Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 verfügt oder Rechtsanwalt bzw. Rechtsbeistand ist.“
Schließlich wird die Einzelbegründung zu § 3 RDG-E wie folgt eingeleitet (BT-Drucks., a.a.O. S. 51): „Angesichts des fortbestehenden Verbotscharakters des neuen Gesetzes bedarf es der Normierung, dass Rechtsdienstleistungen nur aufgrund gesetzlicher Erlaubnis erbracht werden dürfen und im Übrigen verboten sind. Die Norm bewirkt damit zugleich, dass Verträge, die auf eine Verletzung des RDG gerichtet sind, gemäß § 134 BGB nichtig sind.“
Die vorstehend genannten Ausführungen der Gesetzesbegründung haben im weiteren Gesetzgebungsverfahren keine Änderung erfahren (vgl. BT-Drucks. 16/6634 [Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages], S. 5 f., 8 f., 50-53 BT-Plenarprotokoll 16/118, S. 12256, 12263).
(c) Mit dem aus den vorgenannten Gesetzesmaterialien ersichtlichen Verständnis des Gesetzesgebers, wonach es sich bei dem Rechtsdienstleistungsgesetz um ein Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt handelt und eine gegen das Gesetz verstoßende oder von diesem nicht gedeckte Rechtsdienstleistung grundsätzlich die Nichtigkeit der zugrunde liegenden Verträge nach § 134 BGB zur Folge hat, ist die Annahme nicht zu vereinbaren, für die Anwendung der genannten Bestimmungen sei bei registrierten Inkassodienstleistern kein Raum.
Der Gesetzgeber hat vielmehr dem Verbotstatbestand nach § 3 RDG ausdrücklich die Wirkung beimessen wollen, dass Verträge, die auf eine Verletzung des Rechtsdienstleistungsgesetzes gerichtet sind, gemäß § 134 BGB nichtig sind (BT-Drucks. 16/3655, S. 51). Dabei hat er in dieser Nichtigkeit der zugrunde liegenden Verträge gemäß § 134 BGB die „wichtigste Folge eines Verstoßes gegen das RDG“ gesehen, neben der („überdies“) die Untersagung der Rechtsdienstleistungsbefugnis mit Mitteln des Verwaltungszwangs durch-gesetzt werden könne (BT-Drucks. 16/3655, S. 43). Hierbei hat der Gesetzgeber der „Rückabwicklung von Verträgen gemäß § 134 BGB“ ausdrücklich eine „verbraucherschützende Wirkung“ beigemessen (BT-Drucks., a.a.O. S. 31).
(d) Vor diesem Hintergrund betrachtet ist – entgegen der oben genannten Auffassung – anhand der vorzunehmenden Auslegung der §§ 3, 2 Abs. 2 Satz 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 RDG insbesondere nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber eine Überschreitung der einem registrierten Inkassodienstleister gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG verliehenen Rechtsdienstleistungsbefugnis allein mit aufsichtsrechtlichen Maßnahmen der zuständigen Registrierungsbehörde (§ 13 a Abs. 2, 3 RDG) oder einem von dieser unter bestimmten Voraussetzungen auszusprechenden Widerruf der Registrierung (§ 14 Nr. 3 RDG) hätte sanktionieren wollen. Dagegen spricht schon der Umstand, dass der Gesetzgeber den Umfang der Aufsicht gegenüber der Rechtslage beim Rechtsberatungsgesetz, der Vorgängerregelung des Rechtsdienstleistungsgesetzes, beschränkt hat. Der Gesetzgeber wollte mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz das bisherige, im Rechtsberatungsgesetz vorgesehene Verfahren einer namentlich bei Inhabern einer Inkassodienstleistungsbefugnis erfolgenden laufenden Dienstaufsicht ausdrücklich nicht fortführen, sondern durch ein bloßes Registrierungsverfahren ersetzen (BT-Drucks. 16/3655, S. 43 f., 72). An dieser Entscheidung hat er auch bei der im Jahre 2013 vorgenommenen Einfügung der die Aufsichtsmaßnahmen betreffenden Vorschrift des § 13 a RDG im Grundsatz festgehalten (vgl. BT-Drucks. 17/14192, S. 8 f. und BT-Drucks. 17/14216, S. 5).
Der Gesetzgeber beabsichtigte daher nicht, den aufsichtsrechtlichen Maßnahmen eine gegenüber § 3 RDG, § 134 BGB herausgehobene, erst recht nicht – wie von der vorstehend genannten Auffassung für den Bereich der registrierten Inkassodienstleister vertreten – eine alleinige Bedeutung bei der Sanktionierung einer Überschreitung der Befugnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG beizumessen.
Dementsprechend lassen sich auch den Gesetzesmaterialien zu den aufsichtsrechtlichen Maßnahmen der zuständigen Registrierungsbehörde (§ 13 a RDG; siehe hierzu BT-Drucks. 17/14192, S. 8 f. und BT-Drucks. 17/14216, S. 5) und dem Widerruf der Registrierung (§ 14 RDG; siehe hierzu BT-Drucks. 16/3655, S. 43, 71 ff.) keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass gegenüber einem registrierten Inkassodienstleister, der seine Befugnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG überschreitet, grundsätzlich nur derartige Maß-nahmen, namentlich diejenigen nach § 13 a Abs. 2, 3, § 14 Nr. 3 RDG, nicht hingegen die Annahme eines Verstoßes gegen § 3 RDG und die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB in Betracht kämen. Im Gegenteil spricht der Umstand, dass der Gesetzgeber bei dem Erlass des Rechtsdienstleistungsgesetzes – seiner allgemeinen Zielsetzung einer Deregulierung und Entbürokratisierung (BT-Drucks. 16/3655, S. 1, 42) entsprechend – für den Bereich der Rechtsdienstleistung durch registrierte Personen weder eine laufende Dienstaufsicht noch ein mehrfach gestuftes Sanktionenverfahren vorgesehen und damit das Ziel verfolgt hat, die Belastung der für die Registrierung und deren Widerruf zuständigen Gerichtsbehörden so gering wie möglich zu halten (BT-Drucks. 16/3655, S. 43), ebenfalls dafür, dass er – wie oben bereits erwähnt – in der „Nichtigkeit des zugrunde liegenden Vertrages gemäß § 134 BGB“ die „wichtigste Folge eines Verstoßes gegen das RDG“ gesehen hat (BT-Drucks. 16/3655, S. 43, 51). Dieser „wichtigsten Folge“ hat der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien ausdrücklich einen verbraucherschützenden Charakter beigemessen (BT-Drucks., a.a.O. S. 30 f.).
(4) Bekräftigt wird dies durch die Gesetzessystematik. Wird eine Rechtsdienstleistung ohne die erforderliche Erlaubnis erbracht oder überschreitet sie eine vorhandene Erlaubnis, sieht das Rechts – dienstleistungsgesetz in Gestalt der mit dem darin liegenden Verstoß gegen § 3 RDG grundsätzlich verbundenen Nichtigkeitsfolge nach § 134 BGB einerseits sowie in Gestalt der aufsichtsrechtlichen Maßnahmen der zuständigen Registrierungsbehörde (§ 13 a Abs. 2, 3 RDG) und des möglichen Widerrufs der Registrierung (§ 14 Nr. 3 RDG) andererseits zwei verschiedene Arten der Sanktionierung vor, die beide dem mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz verfolgten Ziel dienen, die Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG; BT-Drucks. 16/3655, S. 45), und die sich insoweit in gesetzessystematischer Hinsicht gegenseitig ergänzen.
(5) Soweit ein Teil der vorstehend genannten Auffassung (Hartung, AnwBl Online 2019, 353, 359) demgegenüber aus der – oben (unter II 2 c bb (3) (b)) angeführten – Einzelbegründung zu § 2 RDG-E, wonach Verträge, die – wie im Streitfall – die Abtretung zu Einziehungszwecken zum Gegenstand haben und damit auf ein nach § 3 RDG erlaubnispflichtiges Geschäft gerichtet sind, nach § 134 BGB nichtig sind, wenn der Erwerber „nicht über eine Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [RDG] verfügt oder Rechtsanwalt beziehungsweise Rechtsbeistand ist“ (BT-Drucks. 16/3655, S. 49), schließen will, dass in den Fällen registrierter Inkassodienstleister eine Anwendung des § 3 RDG und der sich hieraus ergebenden Nichtigkeitsfolge nach § 134 BGB dem Willen des Gesetzgebers widerspreche, trifft dies nicht zu.
(a) Bereits der Ausgangspunkt dieser Auffassung, wonach der vorstehend genannte im Zusammenhang mit der Abgrenzung zwischen dem (von dem Anwendungsbereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes ausgenommenen; BT-Drucks. 16/3655, S. 36, 48) Forderungskauf und der Forderungseinziehung aufgrund einer Inkassovollmacht oder einer Inkassozession stehende Satz der Gesetzesbegründung den Umkehrschluss rechtfertige, dass bei Vorliegen einer Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG ein Verstoß gegen § 3 RDG und eine Nichtigkeit nach § 134 BGB nicht in Betracht kämen, vermag nicht zu überzeugen.
Der vorstehend genannte, in der Gesetzesbegründung nicht weiter vertiefte Satz ist vom Gesetzgeber ersichtlich nicht abschließend gemeint gewesen. Er ist vielmehr vor dem Hintergrund zu beurteilen, dass sich durch die Gesetzesbegründung ansonsten wie ein roter Faden die dort an mehreren Stellen erwähnte und auch näher begründete Wertung des Gesetzgebers zieht, wonach ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz die Nichtigkeit des der Rechtsdienstleistung zugrunde liegenden Vertrages nach § 134 BGB zur Folge hat (BT-Drucks. 16/3655, S. 31, 43, 51) und in dieser Nichtigkeit sogar die wichtigste Folge eines solchen Verstoßes zu sehen ist (BT-Drucks., a.a.O. S. 43). Hätte der Gesetzgeber sich mit dem oben genannten Satz der Einzelbegründung zu § 2 RDG-E (BT-Drucks., a.a.O. S. 49) von diesen mehrfach hervorgehobenen – auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechenden (siehe oben unter II 2 c bb (3) (a)) – Grundsätzen distanzieren wollen, wäre hierfür eine nähere Begründung in den Gesetzesmaterialien zu erwarten gewesen.
Da eine solche Begründung in den Gesetzesmaterialien jedoch nicht vorhanden ist, ist davon auszugehen, dass mit dem von der oben genannten Auffassung herausgegriffenen Satz der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/3655, S. 49) – wie insbesondere die Gesamtschau mit den bereits erwähnten (eindeutigen) Passagen der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/3655, S. 31, 43, 51) zweifelsfrei ergibt – nicht zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass – anders als in den vorgenannten Passagen ausgeführt – ein Verstoß gegen § 3 RDG und die Nichtigkeitsfolge nach § 134 BGB nur dann zu bejahen seien, wenn der Inkassodienstleister nicht über eine Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG verfügt. Vielmehr ging der Wille des Gesetzgebers ersichtlich dahin, dass Verträge, die auf eine „Verletzung des RDG“ gerichtet sind, generell gemäß § 134 BGB nichtig sind (BT-Drucks. 16/3655, S. 51) und infolgedessen einer Rückabwicklung (BT-Drucks., a.a.O. S. 31) unterliegen (vgl. Wolf in Gaier/Wolf/Göcken, a.a.O., § 3 Rn. 27 ff. m.w.N. [auch zur vorzunehmenden Rückabwicklung nach Bereicherungsgrundsätzen]).
(b) Die gegenteilige Sichtweise hätte überdies – was die vorstehend genannte Auffassung ebenfalls außer Betracht lässt – eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG registrierten Inkassodienstleisters gegenüber demjenigen zur Folge, der die Rechtsdienstleistung, hier die Forderungseinziehung, als Nebenleistung (§ 5 RDG) erbringt (siehe hierzu BT-Drucks. 16/3655, S. 49).
Wird die Forderungseinziehung, anders als im Falle eines registrierten Inkassodienstleisters, nicht als eigenständiges Geschäft im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG – mithin außerhalb einer ständigen haupt- oder nebenberuflichen Inkassotätigkeit lediglich als Nebenleistung im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit (siehe hierzu BT-Drucks., a.a.O.) – betrieben, ist sie, wenn es sich bei ihr gemäß § 2 Abs. 1 RDG um eine Rechtsdienstleistung handelt, nur in dem Umfang zulässig (§ 3 RDG), in dem sie durch § 5 RDG erlaubt ist. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind (§ 5 Abs. 1 Satz 2 RDG).
Hält sich eine Rechtsdienstleistung, namentlich die Forderungseinziehung, nicht im Rahmen des Erlaubnistatbestands (siehe hierzu BT-Drucks. 16/3655, S. 51 f.; Johnigk in Gaier/Wolf/Göcken, a.a.O., § 5 RDG Rn. 5 f.; Krenzler/Krenzler, a.a.O., § 5 RDG Rn. 3 f.) des § 5 RDG, ist sie gemäß § 3 RDG nicht zulässig und unterfallen die mit ihr im Zusammenhang stehenden Rechtsgeschäfte damit grundsätzlich der Nichtigkeit nach § 134 BGB. Ein sachlich einleuchtender Grund dafür, warum dies bei einer Überschreitung des Erlaubnistatbestands des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG allein aufgrund des Umstands der Registrierung des die Forderungseinziehung betreibenden Inkassodienstleisters im Rechtsdienstleistungsregister anders zu beurteilen sein und dieser daher bessergestellt werden sollte, ist nicht zu erkennen.
(6) Aus dem von der oben genannten Auffassung angeführten Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes in Bezug auf die Eintragung des Inkassodienstleisters im Rechtsdienstleistungsregister lässt sich ebenfalls nicht herleiten, dass – entgegen dem oben dargestellten Willen des Gesetzgebers – bei einem registrierten Inkassodienstleister ein Verstoß gegen § 3 RDG und eine hieraus folgende Nichtigkeit der zugrunde liegenden Verträge, namentlich der Forderungsabtretung, nach § 134 BGB regelmäßig nicht in Betracht kämen.
(a) Allerdings trifft es zu, dass der Gesetzgeber, wie sich den Gesetzesmaterialien des Rechtsdienstleistungsgesetzes entnehmen lässt, im Zusammenhang mit der Registrierung von Rechtsdienstleistern im Rechtsdienstleistungsregister dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes wesentliche Bedeutung beigemessen hat. So heißt es in der Einzelbegründung zu der – die Aufsichtsmaßnahme des Widerrufs der Registrierung betreffenden – Vorschrift des § 14 RDG:
„Die Widerrufsgründe sind zwingend. Rechtsuchende und der Rechtsverkehr müssen darauf vertrauen können, dass registrierte Personen neben besonderer Sachkunde auch persönlich und von ihrer Organisation her zuverlässig sind und sich rechtmäßig verhalten.“ (BT-Drucks. 16/3655, S. 72).
Ebenso trifft es zu, dass das Rechtsdienstleistungsregister, in dem auch die Klägerin als Inkassodienstleisterin nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG ein-getragen ist, der Information der Rechtsuchenden, der Personen, die Rechtsdienstleistungen anbieten, des Rechtsverkehrs und öffentlicher Stellen dient und jeder unentgeltlich Einsicht in dieses Register nehmen kann (§ 16 Abs. 1 RDG).
(b) Soweit die oben genannte Auffassung hieraus den Schluss ziehen will, dass deshalb ein Vertrauen darauf gerechtfertigt sei, dass die Tätigkeiten eines registrierten Inkassodienstleisters im Regelfall nicht gegen § 3 RDG verstoßen und nach § 134 BGB nichtig sein könnten, lässt sie jedoch außer Betracht, dass das Vertrauen der vorgenannten Personen auf eine Eintragung im Rechtsdienstleistungsregister nicht weiter gehen kann, als der Inhalt des Registers dies rechtfertigt.
Das Rechtsdienstleistungsregister enthält Angaben zu der registrierten Person sowie zu dem Inhalt und Umfang der Rechtsdienstleistungsbefugnis einschließlich erteilter Auflagen (§ 16 Abs. 2 RDG). Angaben zu dem Geschäftsmodell des registrierten Rechtsdienstleisters oder zu sonstigen Einzelheiten seiner Tätigkeit enthält das Rechtsdienstleistungsregister hingegen nicht. Auch findet seitens der Aufsichtsbehörde vor der Eintragung in das Register eine rechtliche Prüfung des jeweiligen Geschäftsmodells des Rechtsdienstleisters und der von ihm in diesem Rahmen entfalteten Tätigkeiten nicht statt nach der Eintragung erfolgt eine solche Prüfung lediglich anlassbezogen (vgl. Morell, NJW 2019, 2574, 2577; Hartmann, NZM 2019, 353, 356 f.).
Diese Umstände, insbesondere das Fehlen einer rechtlichen Überprüfung der Zulässigkeit des Geschäftsmodells eines Inkassodienstleisters vor dessen Eintragung in das Rechtsdienstleistungsregister, ergeben den Maßstab für den Umfang des aufgrund der Eintragung gerechtfertigten Vertrauensschutzes. Dieser kann danach nicht so weit gehen wie die oben genannte Auffassung meint. Insbesondere trifft die von einem Teil dieser Auffassung (vgl. Hartung, AnwBl Online 2019, 353, 360 Römermann/Günther, NJW 2019, 551, 553) unter Bezugnahme auf ein Urteil des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 13. September 2018 (I ZR 26/17, NJW 2018, 3581 Rn. 27) vertretene Ansicht nicht zu, aufgrund einer „Tatbestandswirkung des Verwaltungsakts“ – hier der Registrierung des Inkassodienstleisters im Rechtsdienstleistungsregister – sei die Zulässigkeit des Verhaltens der registrierten Person einer Nachprüfung durch die Zivilgerichte entzogen. Denn vorliegend wird – anders als in dem vom I. Zivilsenat entschiedenen Fall – durch den Verwaltungsakt der Registrierung gerade nicht konkret bestimmt, welche Tätigkeiten im Einzelnen zu den erlaubten Rechtsdienstleistungen gehören.
(c) Vor diesem Hintergrund betrachtet ist die oben erwähnte Passage aus der Gesetzesbegründung zum Widerruf der Registrierung nach § 14 RDG, wonach Rechtsuchende und der Rechtsverkehr darauf vertrauen könnten, dass registrierte Personen neben besonderer Sachkunde auch persönlich und von ihrer Organisation her zuverlässig seien und sich rechtmäßig verhielten, nicht dahin zu verstehen, dass bei einem registrierten Rechtsdienstleister ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz und die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB ausgeschlossen sind.
Ein dahingehender Vertrauensschutz lässt sich auch nicht etwa dem – in der Gesetzesbegründung des Rechtsdienstleistungsgesetzes (BT-Drucks. 16/3655, S. 26 f.) genannten – Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Februar 2002 (NJW 2002, 1190) entnehmen, in welchem unter dem – nachfolgend noch näher zu behandelnden – Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit einer Nichtigkeit der Abtretung nach § 134 BGB ausgeführt wird, der Inkassoerlaubnis komme Außenwirkung zu und die Kunden des Inkassodienstleisters könnten sich deshalb darauf verlassen, dass sie die Dienste konzessionierter Unternehmen in Anspruch nähmen und die Durchsetzung ihrer Forderung von nun an Sache ihres Vertragspartners sei (BVerfG, a.a.O. S. 1192). Damit verlangt das Bundesverfassungsgericht lediglich, dass die Gerichte bei der im Einzelfall vorzunehmenden Bewertung, ob eine Überschreitung der Inkassodienstleistungsbefugnis die Nichtigkeit der Forderungsabtretung nach § 134 BGB zur Folge hat, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in den Blick zu nehmen haben.
(d) Der mit der Eintragung in das Rechtsdienstleistungsregister verbundene Vertrauensschutz richtet sich – wie die Zielrichtung des Rechtsdienstleistungsgesetzes insgesamt – nicht in erster Linie auf den einzelnen Rechtsuchenden, sondern vorrangig darauf, dass die Rechtsuchenden insgesamt sowie der Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen geschützt werden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG). Es geht mithin im Interesse des Schutzes aller Verbraucher in erster Linie darum, insbesondere auch mittels der Rechtsfolge der Nichtigkeit nach § 134 BGB zu verhindern, dass ein Rechtsdienstleister sein verbotswidriges Verhalten fortsetzt und Nutzen aus diesem Verhalten zieht.
(e) Dementsprechend hat auch der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 14. Januar 2016 (I ZR 107/14, NJW-RR 2016, 1056), dem eine wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage gegen einen Versicherungsmakler zugrunde lag, der neben der für den Versicherungsnehmer vorgenommenen Vermittlung von Versicherungsverträgen zusätzlich im Auftrag des Versicherers auch mit der Schadensregulierung befasst war, sich nicht unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Vertrauens des einzelnen Versicherungsnehmers auf die Rechtmäßigkeit der Tätigkeit des Versicherungsmaklers oder unter dem Gesichtspunkt möglicher wirtschaftlicher Nachteile für die Versicherungsnehmer daran gehindert gesehen, die beanstandete Tätigkeit des Versicherungsmaklers als einen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (§ 3 i.V.m. §§ 4, 5 RDG) und damit auch gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften einzuordnen. Er hat vielmehr entscheidend auf das – der beanstandeten Tätigkeit widersprechende – gesetzliche Leitbild der Tätigkeit des Versicherungsmaklers und damit vorrangig auf den Schutz des Rechtsverkehrs insgesamt vor unerlaubten Rechtsdienstleistungen abgestellt. Für die im vorliegenden Fall in Rede stehende Tätigkeit eines registrierten Inkassodienstleisters gilt dieser Grundsatz in gleicher Weise.
(f) Mit ihrer ungeachtet der vorstehenden Erwägungen kategorisch mit unterschiedlichen Akzenten vertretenen Annahme, allein der Umstand der Registrierung eines Inkassodienstleisters nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG schließe einen Verstoß gegen § 3 RDG und eine hieraus folgende Nichtigkeit der Forderungsabtretung nach § 134 BGB (im Regelfall) aus, lässt die oben genannte Auffassung zudem außer Betracht, dass nach § 3 RDG die Zulässigkeit einer Rechtsdienstleistung – und dementsprechend auch deren (zur Nichtigkeit der Forderungsabtretung führende) Unzulässigkeit – sich nicht nur aus den Vorschriften des Rechtsdienstleistungsgesetzes – beziehungsweise einem Verstoß gegen diese -, sondern auch „aufgrund anderer Gesetze“ ergeben kann.
So kann eine Rechtsdienstleistung etwa – auch wenn sie von einem Inkassodienstleister vorgenommen wird, der über eine Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG verfügt und die Grenzen der sich hieraus ergebenden Inkassobefugnis einhält – gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) verstoßen (vgl. hierzu auch jurisPK-BGB/Rosch, Stand 1. Dezember 2016, § 398 Rn. 9). Ein solcher Verstoß gegen § 138 BGB ist von der Rechtsprechung beispielsweise in dem Fall angenommen worden, dass ein nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz registrierter Rechtsdienstleister nicht über die finanzielle Ausstattung verfügt, um die im Fall eines des Prozessverlustes vereinbarungsgemäß von ihm zu tragenden Prozesskosten vollständig decken zu können (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 17. Dezember 2013 – 37 O 200/09 [Kart], juris Rn. 76 ff., nachfolgend: OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. Februar 2015 – VI-U (Kart) 3/14, juris Rn. 61 ff.).
cc) Damit unterfallen auch Personen, die gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG für den Bereich der Inkassodienstleistungen registriert sind, dem Anwendungsbereich des § 3 RDG und hat eine Überschreitung der diesen Personen mit der Registrierung im Rechtsdienstleistungsregister verliehenen Befugnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen in Gestalt von Inkassodienstleistungen aufgrund des darin liegenden Verstoßes gegen das Verbotsgesetz des § 3 RDG entsprechend der oben (unter II 2 c bb (3) (a)) genannten ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nach § 134 BGB die Nichtigkeit der mit der Inkassodienstleistung verbundenen Rechtsgeschäfte, namentlich auch einer in diesem Zusammenhang erfolgten Forderungsabtretung (§ 398 BGB), zur Folge.
(1) Dies bedeutet indes nicht, dass ohne weiteres bereits jede auch geringfügige Überschreitung der Inkassodienstleistungsbefugnis (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG) stets auch die Nichtigkeit der auf die Verletzung des Rechtsdienstleistungsgesetzes gerichteten Rechtsgeschäfte nach § 134 BGB zur Folge hat. So kann es Fälle geben, bei denen die Überschreitung der Inkassodienstleistungsbefugnis so geringfügig ist, dass noch nicht einmal ein Verstoß gegen § 3 RDG vorliegt. Daneben kann es Fälle geben, bei denen ein solcher Verstoß zwar vorliegt, aber aufgrund einer verfassungsgemäßen Auslegung und Anwendung des § 134 BGB jedenfalls eine Nichtigkeit der diesem Verstoß zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (vgl. hierzu BVerfG, NJW 2002, 1190, 1192) nicht angenommen werden kann.
(2) So wird die Annahme einer Nichtigkeit nach § 134 BGB im Falle einer Überschreitung der Inkassodienstleistungsbefugnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG in der Regel voraussetzen, dass die Überschreitung bei einer – in erster Linie dem Tatrichter obliegenden – umfassenden Würdigung der Gesamtumstände aus der objektivierten Sicht eines verständigen Auftraggebers eindeutig vorliegt und unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Rechtsdienstleistungsgesetzes, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG), in ihrem Ausmaß als nicht nur geringfügig – etwa auf Randbereiche beschränkt – anzusehen ist. Der genannten Eindeutigkeit der Überschreitung der Inkassodienstleistungsbefugnis bedarf es dabei auch deshalb, um nicht dem Kunden, insbesondere bei schwieriger Rechtslage, das Risiko dieser Einschätzung aufzubürden.
Liegt nach diesen Maßstäben eine eindeutige, nicht nur geringfügige Überschreitung der Inkassodienstleistungsbefugnis vor, ist – bei objektiver Betrachtung – in der Regel auch für den Auftraggeber eine Nichtigkeit nach § 134 BGB zumutbar. Gleiches gilt für den von dem Inkassodienstleister außergerichtlich in Anspruch genommenen Schuldner der Forderung.
Für den Kunden des registrierten Inkassodienstleisters ist im Falle einer nicht nur geringfügigen Überschreitung der Inkassodienstleistungsbefugnis (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG) die Nichtigkeit nach § 134 BGB hinsichtlich der mit der Inkassodienstleistung verbundenen Rechtsgeschäfte auch deshalb nicht unzumutbar, weil für ihn die Möglichkeit besteht, bei dem Inkassodienstleister, der nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 RDG über eine Berufshaftpflichtversicherung mit einer Mindestversicherungssumme von 250.000 € € für jeden Versicherungsfall verfügen muss, Regress zu nehmen.
Diese Möglichkeit besteht auch dann, wenn die auf die Erbringung der Rechtsdienstleistung gerichteten Verträge wegen Verstoßes gegen § 3 RDG nach § 134 BGB nichtig sind. Wie der Bundesgerichtshof für den Bereich der Rechtsanwaltshaftung bereits entschieden hat, bleibt der Mandant im Falle einer Nichtigkeit des Anwaltsvertrages nach § 134 BGB nicht schutzlos. Hat ihm der Anwalt im Rahmen des nichtigen Vertrages Schaden zugefügt, kann er nach § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB (i.V.m. § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB) Ersatz dieses Schadens verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – IX ZR 241/14, NJW 2016, 2561 Rn. 13 m.w.N. [zur Nichtigkeit des Anwaltsvertrags gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen nach § 43 a Abs. 4 BRAO]). Nichts anderes gilt für die Haftung eines Inkassounternehmens gegenüber dessen Kunden im Falle der Nichtigkeit der auf die Erbringung der Inkassodienstleistung gerichteten Verträge nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 3 RDG (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 311 Rn. 38; vgl. auch MünchKommBGB/Emmerich, 8. Aufl., § 311 Rn. 183; BeckOGK-BGB/Herresthal, Stand 1. Juni 2019, § 311 Rn. 383; vgl. auch Wolf in Gaier/Wolf/Göcken, a.a.O., § 3 RDG Rn. 31 m.w.N. [zur Haftung (auch) nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG]).
Entgegen der von einem Teil der Instanzrechtsprechung und der Literatur – allerdings ohne Begründung – vertretenen Auffassung (LG Berlin [66. Zivilkammer], WuM 2018, 575, 578; Hartung, AnwBl Online 2019, 353, 360) führt die vorstehend genannte Nichtigkeit grundsätzlich auch nicht zu einem Wegfall des zugunsten der Rechtsuchenden erforderlichen Schutzes durch die nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 RDG notwendige Berufshaftpflichtversicherung des Inkassounternehmens (so zutreffend v. Lewinski/Kerstges, MDR 2019, 705, 709 f.; Rott, VuR 2018, 443, 446). Wie der Bundesgerichtshof bereits zur Notarhaftung ausgeführt hat, kann der Geschädigte auch im Falle einer Nichtigkeit von Rechtsgeschäften des Notars nach § 134 BGB Schadensersatzansprüche (unter anderem) gegen die Berufshaftpflichtversicherung des Notars (§ 19 a BNotO) geltend machen (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 – XI ZR 85/04, BGHZ 164, 275, 280 f.). Dies hat im Grundsatz für die Berufshaftpflichtversicherung des Inkassodienstleisters nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 RDG in Verbindung mit § 5 der Verordnung zum Rechtsdienstleistungsgesetz (Rechtsdienstleistungsverordnung – RDV) in gleicher Weise zu gelten.“ (BGH wie vor, Rz. 41 bis 95)
Vor diesem Hintergrund ist aus Sicht der Kammer somit die Erlaubnis nicht grenzenlos gewährt, sondern eine Prüfung für jeden Einzelfall geboten, ob sich der Rechtsdienstleister mit seiner erbrachten Tätigkeit innerhalb des durch die Registrierung als Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § Abs. 2 Satz 1 RDG gesteckten Rahmens hält:
„Ob die Maßnahmen jedoch (noch) als (zulässige) Inkassodienstleistung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG anzusehen und deshalb von der nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG bestehenden Befugnis der Klägerin, als registrierte Person Rechtsdienstleistungen im Bereich der Inkassodienstleistungen zu erbringen, (noch) gedeckt ist, ist dabei im Einzelfall anhand der getroffenen, konkreten Vereinbarung zu prüfen.“ (BGH wie vor Rz. 99). „Für die Beurteilung, ob die Tätigkeit eines registrierten Inkassodienstleisters sich innerhalb des durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG bestimmten Rahmens bewegt oder ob sie diesen über-schreitet und deshalb nach § 3 RDG unzulässig ist und die mit ihr zusammenhängenden Rechtsgeschäfte – einschließlich der Verfügungsverträge, wie hier die Forderungsabtretung (§ 398 BGB) – deshalb grundsätzlich nach § 134 BGB nichtig sind, lassen sich keine allgemeingültigen Maßstäbe aufstellen.
Erforderlich ist vielmehr stets eine am Schutzzweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG), orientierte (BT-Drucks. 16/3655, S. 37 f.) Würdigung der Umstände des Einzelfalls einschließlich einer Auslegung der hinsichtlich der Forderungseinziehung getroffenen Vereinbarungen. Dabei sind auch die Wertentscheidungen des Grundgesetzes zu berücksichtigen. Folglich sind die Grundrechte der Beteiligten namentlich zum einen die Berufsausübungsfreiheit des Inkassodienstleisters (Art. 12 Abs. 1 GG) und zum anderen die zugunsten des Kunden zu berücksichtigende Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG), die bereits entstandene schuldrechtliche Forderungen umfasst (BVerfG, NJW 2001, 2159 f. m.w.N.) sowie der Grundsatz des Vertrauensschutzes (vgl. hierzu BVerfG, NJW 2002, 1190, 1192; BVerfGE 143, 246 Rn. 268, 372 BVerfG, NVwZ 2017, 702 Rn. 19; jeweils m.w.N.) in den Blick zu nehmen und ist hierbei auch den Veränderungen der Lebenswirklichkeit Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, NJW 2004, 672 NJW 2002, 1190, 1191 f.; NJW-RR 2004, 1570, 1571 BVerfGE 97, 12, 32; [jeweils zum RBerG]; BT-Drucks. 16/3655, S. 37 f., 47 vgl. auch BGH, Urteile vom 30. Oktober 2012 – XI ZR 324/11, a.a.O. Rn. 11 ff.; vom 21. März 2018 – VIII ZR 17/17, a.a.O. Rn. 20 ff.; [jeweils zur Auslegung der dem Forderungseinzug zugrunde liegenden Vereinbarung und der Vorschriften des Rechtsdienstleistungsgesetzes])“ (a.a.O. Rz. 104 bis 110).
Vorliegend handelt es sich um ein „ähnliches“ Geschäftsmodell, wie bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus der sog. Mietpreisbremse. Unzweifelhaft handelt es sich auch im vorliegenden Fall nicht um Nebenleistungen, sondern die hier in Rede stehende Verfolgung von Ansprüchen betreibt die Klägerin innerhalb ihrer ständigen hauptberuflichen (Inkasso-)Tätigkeit. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin überhaupt nur zu diesem Zweck gegründet wurde. Auch im vorliegenden Fall sind ihre Handlungen letztlich auf die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Forderungen ausgerichtet im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1 RDG.
Unter Berücksichtigung der oben zitierten Ausführungen des BGH, dass sich zur Frage, ob die Tätigkeit sich noch innerhalb des mit § 2 Abs. 2 S. 1 RDG bestimmten Rahmens bewegt oder ob sie diesen Überschreitet und deshalb nach § 3 RDG unzulässig ist und die mit ihr zusammenhängenden Rechtsgeschäfte – einschließlich der Forderungsabtretungen – nach § 134 BGB nichtig sind, keine allgemeingültigen Maßstäbe aufstellen lassen, sondern eine stets am Schutzzweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes, die Rechtssuchenden und den Rechtsverkehr vor unqulifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, orientierte Würdigung der Umstände des Einzelfalls einschließlich einer Auslegung der hinsichtlich der Forderungseinziehung getroffenen Vereinbarungen notwendig ist und dabei auch die Wertenscheidungen des Grundgesetzes zu berücksichtigen sind, hatte die Kammer auch im vorliegenden Fall eine Einzelfallabwägung zu treffen.
Dabei sind – wie oben zitiert – zum einen die Berufsausübungsfreiheit des Inkassodienstleisters (Art. 12 Abs. 1 GG) und zum anderen die zugunsten des Kunden zu berücksichtigende Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG), die bereits entstandene schuldrechtliche Forderungen umfasst, sowie der Grundsatz des Vertrauensschutzes in den Blick zu nehmen und miteinander ins Benehmen zu setzen.
II.
Im vorliegenden Fall kommt die Kammer hier zu dem Ergebnis, dass sich die für die Zedenten erbrachten Tätigkeiten der Klägerin nicht mehr im Rahmen der zulässigen Inkassodienstleistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1 RDG halten, sondern den Rahmen überschreiten und deshalb nach §§ 3, 4 RDG unzulässig sind mit der Folge des § 134 BGB:
Zwar ist der Begriff der Inkassodienstleistung wegen des hohen Schutzes des Art. 12 GG grundsätzlich weit auszulegen, jedoch endet die Freiheit jedenfalls dort, wo die berechtigten und ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen der Verbraucher und des lauteren Rechtsverkehrs unangemessen beeinträchtigt werden.
Zwar liegt hier im vorliegenden Fall keine andere Leistungspflicht im Sinne von § 4 RDG vor, die Kammer nimmt jedoch im vorliegenden Fall eine erweiternde Auslegung/analoge Anwendung des § 4 RDG vor, da die Kammer einen erheblichen Konflikt zwischen den Interessen der Klägerin und der Zedenten erkennt.
Der BGH hat diese Möglichkeit explizit angesprochen:
„(ddd) Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob es Fälle geben kann, in denen zum Schutz des Rechtsverkehrs und der rechtsuchenden Kunden des Inkassodienstleisters eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung der – hinsichtlich ihres Tatbestandes aus den oben genannten Gründen grundsätzlich eher eng ausgestalteten – Vorschrift des § 4 RDG geboten sein kann, wenn zwar deren Tatbestandsvoraussetzungen – insbesondere weil es sich bei der in einem möglichen Konflikt mit der Rechtsdienstleistung stehenden Handlungsweise oder Verpflichtung des Inkassodienstleisters nicht um eine „andere Leistungspflicht“ handelt – nicht erfüllt sind, gleichwohl aber eine Interessenkollision besteht. Denn ein solcher Fall liegt hier, da es – wie ausgeführt – bereits an einer Interessenkollision nach § 4 RDG im engeren Sinne fehlt, nicht vor und wird von den Parteien im Revisionsverfahren auch nicht geltend gemacht.“ (BGH wie vor, Rz. 213).
1. Eine andere Leistungspflicht im Sinne des § 4 RDG liegt nicht vor.
Der Prozessfinanzierer ist schon nicht Vertragspartei der jeweiligen Abtretungsverträge. Damit ist die Voraussetzung, dass der Rechtsdienstleister und der Erbringer der anderen Leistungspflicht personenidentisch sein müssen (siehe Krenzler, Rechtsdienstleistungsgesetz, RDG § 4 Rn. 12) bereits nicht erfüllt. Das Verhältnis zwischen dem Prozessfinanzierer und der Klägerin ist rechtlich von dem Verhältnis zwischen der Klägerin und den jeweiligen Zedenten abzugrenzen.
Die Pflicht der Klägerin gegenüber den Zedenten, diese von den Kosten des Rechtsstreits freizuhalten, wenn die Durchsetzungsbemühungen nicht erfolgreich sein sollten, ist nicht als eigenständig und von der Forderungseinziehung abtrennbar anzusehen. Vielmehr steht sie mit der Forderungseinziehung in einem engen Zusammenhang.
2. Es ist aber eine analoge Anwendung von § 4 RDG angezeigt. Der Normzweck von § 4 RDG gebietet es, die Erbringung von Rechtsdienstleistungen auch zu verbieten, wenn zwar keine „andere Leistungspflicht“ vorliegt, bestimmte Interessen des Rechtsdienstleisters und seiner Auftraggeber aber gegensätzlich sind. Wenn der Interessenskonflikt nämlich so schwerwiegend ist, dass zu befürchten ist, dass sich der Rechtsdienstleister bei der Durchführung der Rechtsdienstleistung hauptsächlich von Überlegungen leiten lässt, die dem Interesse des Rechtssuchenden zuwider laufen. Denn aus Sicht des zu schützenden Rechtssuchenden (hier dem Zedenten) spielt es keine Rolle, ob er aufgrund einer anderen Leistungspflicht oder aufgrund von Erwägungen (des Rechtsdienstleisters), die nicht von einer anderen Rechtsdienstleistung herrühren, Opfer einer unqualifizierten Rechtsdienstleistung im Sinne von § 1 I 2 RDG wird. Bei § 4 RDG hatte der Gesetzgeber offenbar die Rechtsschutzversicherer im Blick (Krenzler, Rechtsdienstleistungsgesetz, RDG § 4 Rn. 1, beck-online). Geschäftsmodelle im Rahmen von Rechtsdienstleistungen können aber so ausgestaltet werden, dass sich eine ähnliche Interessenkollission ergibt, wie in dem Fall, dass ein eintrittspflichtiger Rechtsschutzversicherer mit dem Gegner seines Versicherungsnehmers in Kontakt tritt, um die Angelegenheit kostensparend zu erledigen. So auch im vorliegenden Fall.
Die Kammer erkennt eine schwerwiegende Interessenkollision, die sich insbesondere aus der Regelung bezüglich eines etwaigen Vergleichsschlusses (AGB der Klägerin, Ziff. 6.1) für die Zedenten ergibt. Eine nähere Betrachtung dieser Vorgaben in Verbindung mit den weiteren Vereinbarungen und Anpreisungen des Produkts durch die Klägerin ergibt im Rahmen der gebotenen Abwägung, dass hier die Interessen des Zedenten in unangemessener Weise hinter dem monetären Interesse der Klägerin als Zessionar zurückbleiben, da den Zedenten ein kostenneutraler Ausweg nach den vorgegebenen Regelungen nicht angeboten wird, ohne das Recht, über einen Vergleich entscheiden zu können, völlig aufgeben zu müssen.
Die Klägerin hat sich nach ihren AGB in wirtschaftlicher Hinsicht letztlich die alleinige Entscheidung vorbehalten, ob ein Vergleich zustande kommt und wenn ja, in welcher Höhe. Der Zedent hat – anders als in der Lexfox-Entscheidung – auf diese Entscheidung zunächst keinerlei Einfluss. Er hat lediglich das Recht, dem Vergleich nachträglich nicht zuzustimmen. Dies hat jedoch dann für ihn die Folge, dass die Klägerin das Recht hat, die Vereinbarung mit ihm vollständig aufzukündigen. Entgegen der Bewerbung, dass jegliches Kostenrisiko bei einer Beauftragung der Klägerin zur Geltendmachung seiner Forderungen – auch im Klagewege – entfalle, ist er dann verpflichtet, der Klägerin die Vergütung zu schulden, die im Falle des Zustandekommens des Vergleichs entstanden wäre. Im Falle der Kündigung durch die Klägerin ist nicht geregelt, welche rechtlichen, insbesondere prozessuale Folgen eine solche Kündigung wiederum für den Zedenten hätte. Wenn die Klägerin nach Kündigung den Anspruch an den Zedenten zurückabtreten würde, hätte dies prozessual zunächst einmal gem. § 265 ZPO die Folge, dass die Klägerin als gesetzlicher Prozessstandschafter zur Prozessführung befugt wäre. Sie müsste dann aber aufgrund des Wegfalls der Sachlegitimation den Antrag auf Leistung an den Zedenten umstellen. Ob die Klägerin aber überhaupt ein Interesse daran hätte, für einen einzelnen Zedenten den Rechtsstreit weiter zu führen, wenn sie bezüglich aller anderen Einzelansprüche einen Vergleich mit der Beklagten geschlossen hätte, erscheint fraglich. Es besteht damit die Gefahr für den Zedenten, dass er im Falle eines Vergleichswiderrufs plötzlich ohne die Klägerin und ohne einen Anwalt dastünde.
In jedem Fall aber sieht sich der Zedent, entgegen der Anpreisung des Produkts durch die Klägerin, er könne seine etwaigen Ansprüche gegen die Hersteller seines Fahrzeugs „ohne Risiken rein erfolgsbasiert durchsetzen“ in dieser Erwartung getäuscht. Vielmehr verpflichtet er sich danach, die bei Bestand des Vergleichs geschuldete Vergütung der Klägerin zahlen zu müssen im Gegenzug aber nichts zu erhalten, da der Vergleich keinen Bestand hat und selbst der geschlossene Vertrag diesem Schicksal folgen kann.
Diese doch erheblich negativen Folgen dürften den durchschnittlich vorsichtig agierenden Verbraucher in jedem Fall abschrecken, den bereits geschlossenen Vergleich widerrufen zu wollen. Durch die Regelung wird ein erheblicher wirtschaftlicher Druck aufgebaut. Typischerweise nämlich werden die Vertragspartner der Klägerin diejenigen Fahrzeugkäufer sein, die weder über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, noch über erhebliches Vermögen, da Kunden mit Vermögen oder Rechtsschutzversicherung auf scheinbar kostenlose Angebote, wie das der Klägerin, nicht angewiesen sind und in der Regel eine Einzelfallbetreuung durch einen Rechtsanwalt bevorzugen werden.
Auch in dem Vorbehalt, dass über die Annahme des Vergleichs nur „nach gewissenhafter Beurteilung eines sorgfältig handelnden Kaufmanns“ erfolgen würde, ergibt sich keine andere Beurteilung dieser Benachteiligung. Es handelt sich hierbei um eine unscharfe Vorgabe, die letztlich alles und nichts bedeuten kann und jedenfalls für den Zedenten keinen klaren Anhaltspunkt darstellt, bis zu welcher wirtschaftlichen Grenze ein Vergleich abgeschlossen werden kann. Anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall wird hier nämlich keinerlei messbare Grenze nach unten oder oben gezogen, etwa in Form eines prozentualen Abschlags von der Forderungssumme, sondern auf weiche Beurteilungsmaßstäbe verwiesen. Es könnte gar erforderlich sein, im Streifall mit Hilfe eines betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens zu klären, ob ein Vergleichsschluss noch dem Maßstab eines sorgfältig handelnden Kaufmanns entspricht. Hier stellt sich auch die Frage, nach welchen Maßstäben zu messen wäre. Nach den wirtschaftlichen Interessen des Zedenten oder den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin, gegebenenfalls sogar noch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen des Prozessfinanzierers.
Hierin ist eine Benachteiligung der Zedenten zu erkennen, die einer effektiven Rechtsverfolgung im Weg stehen kann. Entscheidet sich die Klägerin nämlich für eine Vergleichsvariante, braucht sie auf die Interessen des Zedenten keine Rücksicht zu nehmen, da sie in jedem Fall die hieraus entstehende Vergütung von ihm verlangen kann, selbst wenn der Zedent mit einem für die Klägerin jedenfalls im Hinblick auf die Verfahrenskosten günstigen Vergleich nicht einverstanden ist, und sie kann sich aus dem Vertragsverhältnis ohne weitere Risiken befreien, zumal nach der vorstehenden Regelung unklar ist, was mit dem anhängigen Prozessverhältnis in diesem Fall passieren würde.
Dabei ist auch die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Regelungen, die die Klägerin hier abweichend zu dem vom BGH entschiedenen und hier wiederholt zitierten Urteil zur Mietpreisbremse betreffend die Rechte des Zedenten im Falle eines Vergleichsschlusses getroffen hat zu berücksichtigen. Denn in dem vom BGH entschiedenen Fall waren die Mieter völlig frei, einem möglichen Vergleich zuzustimmen. Bei Nichtzustimmung wurde ein solcher für ihren Fall erst gar nicht geschlossen. Die Mieter hatten darüber hinaus keine Nachteile bei einer Nichtzustimmung zu besorgen, da dann das Verfahren von der dortigen Zessionarin/Klägerin einfach – bis zum Urteil – weiter betrieben wurde und dem Mieter drohte keinerlei Kostengefahr bei einem Scheitern seines Anspruchs.
Anders, als die Klägerin meint, handelt es sich auch nicht um eine kaum relevante Nebenbestimmung, deren Unwirksamkeit zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch gar keine Rolle spiele, weil ja noch überhaupt kein Vergleich im Raum stand und bis heute auch noch nicht im Raum steht.
Vielmehr ist zu sehen, dass der Vergleich eine elementare und häufig gewählte Möglichkeit zur Streitbeilegung nach der ZPO darstellt (vgl. § 278 I, II ZPO), und gerade in den Konstellationen, wie der vorliegenden, nämlich Klagen von Fahrzeugkäufern gegen die Hersteller infolge des Dieselskandals tausendfach und in zahllosen Varianten bereits praktiziert wurde.
Der Vergleich ist in diesen Fällen auch gerade deshalb so von Relevanz, da die betreffenden Klagen – wie auch die vorliegende – aus Rechtsgründen auf Rückgabe des jeweils betroffenen Fahrzeugs gerichtet wird, in vielen Fällen aber bereits Vergleiche dahingehend erfolgt sind dass das Fahrzeug tatsächlich von den Erwerbern behalten wurde und diese gleichzeitig eine „Entschädigungssumme“ von den Herstellern erhalten haben, deren Höhe – insbesondere abhängig von der Laufleistung des Fahrzeugs – variabel ausgehandelt wurde. Diese Möglichkeit gibt es für die Käufer nur im Wege des Vergleichs und entspricht in vielen Fällen eher deren Interesse, als eine Rückgabe. Zahlreiche Kläger wollen ihr vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug behalten, da die Fahrtauglichkeit oftmals offenbar nicht beeinträchtigt ist.
Die Höhe dieser möglichen Abstandssumme ist für die Zedenten der Klägerin natürlich von elementarer Bedeutung, insbesondere da damit eine etwaige höhere Reparaturanfälligkeit oder verringerte Leistungsfähigkeit des Motors nach Durchführung des herstellerseits entwickelten „Softwareupdates“ abgegolten werden muss. Ebenso abgegolten werden muss ein etwaiger Preisverfall durch die „Bemakelung“ des Fahrzeugs mit dem Softwareupdate, der im Falle des Verkaufs nicht sicher auszuschließen, und auch die Gefahr, dass ein solches Auto sich als weitgehend unverkäuflich zu einem vernünftigen Marktpreis darstellen könnte.
Für die Klägerin selbst hingegen ist es im Ergebnis irrelevant, ob sie einem Vergleich zustimmt, der auf Rückabwicklung der Fahrzeuge unter Abzug einer Nutzungsentschädigung lautet, oder auf die Zahlung einer solchen Abstandssumme, da auch bei der Berechnung Ihrer Vergütung der Wert des verbleibenden Fahrzeugs nach einer bestimmten, vorgegebenen Berechnungsmethode berücksichtigt werden soll.
Hinzu kommt, dass bereits bei Klageerhebung schwer vorstellbar war, dass der Klage stattgeben wird, ohne dass die einzelnen Ansprüche in getrennten Prozessen verhandelt werden. Denn wenn die einzelnen Ansprüche auch gemeinsam haben, dass die Fahrzeuge mit einem Motor des Typs EA 189 ausgestattet sind, so wird es Unterschiede bei der Frage der Kaufmotivation der Zedenten, des Zeitpunkts des Kaufvertragsschlusses oder der Laufleistungen der Fahrzeuge geben. Diese Umstände können Auswirkungen auf die Kausalität, den Vorsatz oder die Schadensberechnung im Rahmen etwaiger deliktischer Ansprüche haben, so dass hierzu Feststellungen für jeden Einzelfall notwendig sind. Dass diese Feststellungen alle bei gemeinsamer Verhandlung getroffen werden, ist praktisch unmöglich. Das Geschäftsmodell der Klägerin zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass keine Einzelklagen erhoben werden, sondern eine Vielzahl von Ansprüchen im Rahmen eines Verfahrens geltend gemacht werden. Die Regelung unter Ziffer 6.1 der AGB ist damit keine unbedeutende Nebenbestimmung, sondern spielt aufgrund des Geschäftsmodells der Klägerin eine entscheidende Rolle.
Zutreffend ist zwar, dass die Klägerin durchaus ein gewisses Interesse haben dürfte, möglichst hohe Vergleichsabschlüsse zu erzielen, da ihre Vergütung entsprechend ansteigt. Jedoch liegt insoweit kein allzu weit reichender Einklang der Interessen mehr vor, da letztlich bei der Klägerin irgendwann ein rechnerischer Punkt erreicht sein wird, wo sie jedenfalls unter Berücksichtigung ihrer Verpflichtungen gegenüber dem Prozessfinanzierer, nach Kalkulation der von ihr bereits eingebrachten Arbeitszeit und im Hinblick auf die Verfahrensdauer ein größeres Interesse als die Zedenten haben könnte, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt einen globalen Vergleich zu erreichen in einer Höhe, der jedenfalls ihre Kosten und einen entsprechend kalkulierten Mindestgewinn abdeckt. Bei einer möglicherweise langwierigen Beweisaufnahme läuft die Klägerin dagegen Gefahr, dass sich die ihr zustehende Vergütung aufgrund der Nutzungsentschädigung, die im Rahmen des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen ist und die mit fortschreitender Laufleistung der Fahrzeuge steigt, mit zunehmenden Zeitablauf immer weiter verringert.
Die Interessen der Zedenten erscheinen demgegenüber nicht gewahrt, da die ihnen eingeräumte Möglichkeit, einen solchen Vergleich ja nachträglich widerrufen zu können, aus den vorgenannten Gründen nur ein schwaches Schwert darstellt, da viele aus den oben dargestellten Erwägungen von dieser Möglichkeit eher keinen Gebrauch machen dürften. Sie stehen sonst nach einem Widerruf mit einer erheblichen Gebührenbelastung da, ohne im Gegenzug einen Titel für ihre Ansprüche erhalten zu haben, und gehen somit letztlich anders als ihnen versprochen mit einem erheblichen persönlichen Risiko und keineswegs kostenfrei aus diesem Rechtsstreit hinaus.
Für eine abweichende Beurteilung im vorliegenden Fall sieht die Kammer keinen Raum und die Klage war daher abzuweisen. Der Klägerin steht es frei, im Rahmen ihrer Berufsausübung den gesetzlichen Vorschriften entsprechende wirksame vertragliche Regelungen zur fiduziarischen Abtretung und Geltendmachung fremder Forderungen in eigenem Namen zu treffen, die den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechen.
3. Im Hinblick auf die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB ist grundsätzlich nicht davon auszugehen, dass eine geltungserhaltende Reduktion im Interesse der Privatautonomie bzw. Vertragsfreiheit erfolgen müsste. Es ist der Rechtsgedanke des § 139 BGB zu berücksichtigen, der für alle Fälle der Teilnichtigkeit – gleich auf welchem Rechtsgrund diese beruht – gilt und anordnet, dass das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn ein Teil nichtig ist und wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Auch hier gilt, dass der mutmaßliche Parteiwille nach den Kriterien der ergänzenden Vertragsauslegung zu ermitteln ist, also maßgeblich ist, welche Entscheidung die Parteien bei Kenntnis der Teilnichtigkeit nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte getroffen hätten, wobei aber auch hier zu berücksichtigen ist, dass der Regelfall die Nichtigkeit ist und vermutet wird (§§ 134, 139 BGB).
Die Nichtigkeit erstreckt sich in der Regel auch auf das Rechtsgeschäft im Ganzen (Rechtsgedanke des § 139 BGB), außer es ergibt sich aus dem Zweck der Verbotsnorm etwas anderes (Pal. wie vor Rz. 13 m.w.N. zur Rspr). Dies ist hier nicht ersichtlich. Auch der BGH hat in der zitierten Lexfox-Entscheidung die Nichtigkeitsfolge bei einem entsprechenden Verstoß ausdrücklich bekräftigt.
Die Nichtigkeit erstreckt sich nach umfassender Gesamtwürdigung vorliegend auch nicht nur auf das Verpflichtungsgeschäft, also die als AGB ausgestaltete vertragliche Vereinbarung im Allgemeinen, in der sich die Verbraucher zur Abtretung verpflichten, sondern gerade auch auf die Abtretungen durch die einzelnen Zedenten selbst. Gerade in dieser Abtretung auf Grundlage der getroffenen Regelungen liegt die Benachteiligung der Verbraucher, da sie ihre Rechte abtreten, jedoch keine Gegenleistung erhalten, die den Anforderungen des § 4 RDG entsprechen. Eine Trennung von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft hinsichtlich der Nichtigkeitsfolge ist daher nicht vorzunehmen.
4. a) Auch eine geltungserhaltende Reduktion ist vorliegend nicht geboten. Nach h.M. kommt diese bei AGB ohnehin nicht in Betracht. Verstößt der Inhalt einer AGB teilweise gegen die §§ 307 ff. BGB, so ist die Klausel grundsätzlich im Ganzen unwirksam, eine geltungserhaltende Reduktion unzulässig. Die Rechtsordnung darf es für den Verwender nicht risikolos machen, verbotswidrige Klauseln anzuwenden, indem sie diese Klauseln durch Reduktion auf das gerade noch zulässige oder angemessene Maß teilweise aufrecht erhält (Pal./Grüneberg, 78. Aufl. 2019, § 306 Rz. 6 mit Nachweisen zur st. Rspr. des BGH).
Bei teilbaren Klauseln hat der BGH nach dem sog. „blue pencil test“ zwar eine Teilaufrechterhaltung in Einzelfällen für möglich erachtet, dies setzt aber voraus, dass nach Wegstreichen der unwirksamen Teilregelung ein aus sich heraus verständlicher Klauselrest verbleibt und dieser eine sinnvolle Regelung im Interesse beider Vertragsteile enthält.
Dies würde vorliegend bedeuten, dass bei Wegfall der oben zitierten Regelungen der Klägerin, wie und wann sie über den Abschluss eines Vergleichs entscheidet, und welche Folgen der Widerruf für die Vergütungspflicht und den Fortbestand des Vertrags hat, eine Regelung zurückbleiben müsste, die keinen (schwerwiegenden) Interessenswiderstreit mehr zwischen Klägerin und Zedenten aufweist und eine klare Vorgabe enthält, wie der Vertrag ansonsten durchzuführen ist.
Eine solche sinnvoll verbleibende Regelung erkennt die Kammer bei Wegfall der fraglichen Teilklauseln nicht. Entfällt die Vergütungspflicht bei Widerruf, bleibt weiterhin ungeregelt, was mit dem anhängigen Anspruch geschehen soll, und ob die Klägerin dann den Vertrag kündigen kann, sowie die Frage, ob sie aus damaliger Sicht den Vertrag dann überhaupt hätte abschließen wollen. Für die Kammer ist dies auch nicht aus den restlichen Vertragsbestandteilen ersichtlich. Die Regelung kann gerade nicht dahingehend verlässlich ausgelegt werden, was anstelle der getroffenen Vereinbarung für den Fall gelten soll und sollte, dass die Kunden den Vergleich widerrufen wollen. Es ist aus den getroffenen Klauseln und dem verbleibenden Rest nicht ersichtlich, dass die Klägerin für diesen Fall den Rechtsstreit fortsetzen will, und auch nicht ersichtlich, dass die Zedenten den Rechtsstreit selbst fortsetzen sollen bzw. wollen.
Aufgrund der Unklarheit des tatsächlich Gewollten bei Kenntnis der Unwirksamkeit dieser Vergütungsklausel ist der Kammer eine geltungserhaltende, reduzierende Auslegung verwehrt.
„Allerdings ist eine solche richterliche Vertragskorrektur nur in eng begrenzten Ausnahmen zulässig. Dies zum einen aus Gründen der Prävention. Sie spielt gerade in den Fällen eine Rolle, in denen die Nichtigkeitsnorm den Schutz einer Partei bezweckt. Der überlegene Vertragspartner könnte sonst risikolos Vertragsbestimmungen zum Nachteil des anderen Vertragspartners vereinbaren, weil schlimmstenfalls die nichtige Vertragsbestimmung auf den gerade noch zulässigen Inhalt reduziert würde 30. Zum anderen aus Gründen des Vorrangs des Parteiwillens. Der Richter soll nicht an Stelle der Vertragspartner den Inhalt des Vertrages festsetzen und damit unter Umständen den Vertrag mit einem Inhalt aufrechterhalten, der so nicht beabsichtigt war.“ (Köhler in JuS 2010, 665, 668).
So liegt der Fall auch hier. Die Kammer hält es nicht für geboten, die fragwürdige Regelung der Klägerin zu etwaigen Vergleichen und deren Widerrufsmöglichkeit mit dem ausgeklügelten System der dann folgenden negativen Folgen für den Zedenten, das diesen offenkundig wegen mehrfach negativen oder unklaren Folgen davon abhalten sollte, den geschlossenen Vergleich – dessen Höhe nur vage eingegrenzt war mit dem weiteren Risiko für den Zedenten, die Angemessenheit der Höhe abschätzen zu können – zu widerrufen, durch eine Auslegung und Anpassung so zu gestalten, dass diese noch irgendwie dem notwendigen Gleichlauf der Interessen entspricht. Selbst wenn die Kostenpflicht entfallen würde, müsste die Kammer im Hinblick auf die Frage, was dann mit dem Recht der Klägerin, den Vertrag einseitig aufkündigen zu können, passieren soll und darüber hinaus, welches Schicksal die anhängige Forderung erleben soll, und mit welcher Konstruktion dann eine – überraschende – Kostenlast und ein persönliches Prozessrisiko des Zedenten ausgeschlossen werden könnte, eine eigene Regelung gestalten. Wird jedoch die gesamte Regelung zum Vergleich gekippt, wäre fraglich, ob dies dem mutmaßlichen Parteiwillen beider Parteien tatsächlich entsprochen hätte. Damit bietet sich ein simpler Entfall der unwirksamen Regelung oder eine offenkundige Auslegung des tatsächlich gewollten vorliegend in keiner Weise an und ist der Kammer daher verwehrt, da es seine eigene Fantasie nicht an Stelle des nicht feststellbaren mutmaßlichen Parteiwillens setzen kann, nur um zugunsten der Klägerin eine insoweit völlig misslungene Vertragsgestaltung zu retten.
Eine geltungserhaltende Reduktion ist auch im Hinblick auf die drohenden negativen Folgen für die Zedenten nicht anzunehmen. Insoweit ist der Entscheidung des Landgerichts Braunschweig gemäß Urteil vom 30.04.2020 – 11 O 3092/19 (vorgelegt als Anl. K 72) zu folgen, wonach auch der für die Zedenten drohende vollständige Rechtsverlust, etwa wegen der Gefahr der Verjährung für den Fall, dass bei nachfolgenden Einzelklagen die Einrede der Verjährung erhoben werden sollte, kein Anlass ist, von einer Nichtigkeitsfolge abzusehen:
Zum einen dient das RDG nur dem Schutz der Verbraucher im Hinblick auf einen Vertrauenstatbestand, dass die Rechtsdienstleister zugelassen und für die ihnen erlaubten Tätigkeiten auch befähigt sind. Es dient aber nicht dazu, den Verbraucher dahingehend abzusichern, dass jegliche, auch ihre Kompetenzen überschreitende Handlungen der Rechtsdienstleister wirksam wären und das jeweilige Geschäftsmodell des seitens der Aufsichtsbehörden geprüft worden wäre, bzw. dass mögliche Ansprüche in jedem Fall durchsetzungsfähig wären.
Eine Absicherung der Verbraucher ist jedoch dahingehend gewährleistet, dass die Rechtsdienstleister über eine entsprechende Berufshaftpflichtversicherung verfügen müssen und etwaige Regressansprüche der Verbraucher über diese Versicherung abgewickelt werden können. Der für jeden Einzelfall vorgesehene Höchstbetrag aus derartigen Versicherungen umfasst in der Regel auch im vorliegenden Fall die Ansprüche der einzelnen Anleger in ausreichender Weise.
b) Die Nichtigkeit gem. § 134 BGB entfällt auch nicht deshalb, weil die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angedeutet hat, dass die Geschäftsführung der Klägerin mittlerweile beschlossen habe, die Vergütungsregelung nicht mehr anzuwenden und die Zedenten für den Fall eines Vergleichsschlusses darauf hinzuweisen, dass entgegen der vertraglichen Regelung keine Kostenpflicht eintrete, wenn sie den Vergleich widerrufen würden.
Bei der Frage des Zeitpunktes bei § 134 BGB kommt es nämlich auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an und nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. im Ergebnis BeckOGK/Vossler, 1.10.2019, BGB § 134 Rn. 73). Es kann deshalb dahin gestellt bleiben, ob die Klägerin mittlerweile tatsächlich die oben dargestellte Absicht hat und ob es einen entsprechenden Beschluss der Geschäftsführung der Klägerin gab.
§ 134 BGB ist ein Verbotsgesetz und eine Schranke der Privatautonomie, die nicht zur Disposition der Parteien stehen.
Nichtigkeit tritt in der Regel ein, wenn das Verbot schon bei Vornahme des Rechtsgeschäftes bestand (Pal./Ellenberger 78. Aufl. 2019, § 134 Rz. 12 a, BayObLG BB 02, 908), was vorliegend unzweifelhaft der Fall war, da das RDG in der Fassung bereits vor dem Vertragsschluss vorlag, so dass es auf die zum Teil streitig diskutierte Frage einer möglichen Rückwirkung vorliegend nicht ankommt. Dieses trat bereits am 1.7.2008 in Kraft und löste das bis dato geltende Rechtsberatungsgesetz (RBerG) ab. Darin wurde bereits Art. 12 GG (infolge der Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 04, 2662)) hinreichend Rechnung getragen und der bisherige Verbotsumfang eingeschränkt. Bei Verstößen gegen das RDG ist auch nach der bisherigen Rechtsprechung von einer Nichtigkeit auszugehen (Pal. wie vor Rz. 21 ff, BGH 50, 92; 70, 17, NJW 00, 1560), die sich auch auf erteilte Vollmachten erstreckt (BGH NJW 03, 2088; 04, 840).
c) Die Klägerin kann auch nicht mit dem Einwand gehört werden, dass die von ihr selbst verwendeten allgemeinen Geschäftsbedingungen dann eben im Punkt 6.1 wegen der vorzunehmenden AGB-Kontrolle unwirksam seien, die restliche Regelung aber Bestand haben müsse.
Tatsächlich kann es vorliegend dahinstehen, ob die getroffene Vereinbarung auch nach der AGB-Kontrolle als unwirksam anzusehen wäre, da es für die Feststellung eines Interessenskonfliktes nach § 4 RDG nicht darauf ankommt, ob die Vereinbarung nach richterlicher AGB-Kontrolle Vereinbarungen enthält, die unwirksam sind, sondern auf eine umfassende Würdigung aller Umstände. Die danach getroffenen Vereinbarungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sind maßgeblich für die Beurteilung, ob es einen Interessenkonflikt gegeben hat, der eine Nichtigkeit nach § 134 BGB auslöst. Der Interessenskonflikt zwischen Zedenten und Zessionarin entfällt nicht dadurch, dass die Kammer nachträglich bestimmte Klauseln für unwirksam erklärt. Eine andere Ansicht würde dazu führen, dass die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Kriterien bzgl. eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz aufgrund eines Interessenskonflikts ins Leere gehen würden: Denn im Fall eines Interessenskonflikts würde in der Regel auch ein Verstoß gegen die §§ 307 ff. BGB vorliegen. Fälle, in denen ein Interessenskonflikt zu einer Nichtigkeit der Vereinbarung gem. § 134 BGB i.V.m. §§ 3, 4 RDG führen würde, wären damit so gut wie ausgeschlossen. Dies würde den unredlichen Rechtsdienstleister begünstigen und dem Schutzzweck von § 4 RDG, nämlich dem Schutz des Rechtssuchenden vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen, zuwiderlaufen. Die gesetzlich in den §§ 305 ff. BGB geregelte Inhaltskontrolle dient im Rahmen der sozialstaatlichen Ordnung nach Art. 20, 28 GG der Sicherstellung eines ausreichenden Maßes an Vertragsgerechtigkeit und damit dem Schutz der Verbraucher vor missbräuchlichen AGB, insbesondere durch einen Katalog verbotener AGB und dem Verbot überraschender und mehrdeutiger Klauseln. Würde man aufgrund der AGB-Kontrolle zu dem Ergebnis kommen, dass ein Interessenskonflikt im Sinne von § 4 RDG (analog) nicht vorliegt, würde das eine Schutzgesetz das andere Schutzgesetz aushebeln, obwohl beide dieselbe Zielrichtung haben.
d) Ebenso unbehelflich ist die Argumentation der Klägerin, dass schon deshalb kein Verstoß gegen das RDG vorliege, weil das gesetzliche Kündigungsrecht der Zedenten nach § 627 BGB nicht einschränkt worden sei. Abgesehen davon, dass die Einschränkung eines solchen Kündigungsrechts allenfalls einen zusätzlichen Unwirksamkeitsgrund wegen eines noch schwerwiegenderen Interessenskonflikts hätte bieten können, beseitigt es jedenfalls nicht die erheblichen Nachteile aus der getroffenen Vereinbarung. Die festgestellten Nachteile können auch durch die Bündelung der Ansprüche und gemeinsamen Vergleichsschluss nicht ausgeglichen oder beseitigt werden, da die Zedenten darauf ja gerade keinen Einfluss haben und bei fehlender Einwilligung nur Nachteile zu besorgen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO.


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