Europarecht

Umfang der Mitwirkungspflicht bei der Passbeschaffung

Aktenzeichen  M 24 K 19.6002

Datum:
14.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 12944
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 3, § 48 Abs. 3, § 61 Abs. 1c S. 2, § 82 Abs. 3 S. 1
AufenthV § 56

 

Leitsatz

Ein ausreisepflichtiger Ausländer hat alle zur Erfüllung seiner Ausreisepflicht erforderlichen Maßnahmen, und damit auch die zur Klärung seiner Identität und zur Beschaffung eines gültigen Passes oder Passersatzpapiers, grundsätzlich ohne besondere Aufforderung durch die Ausländerbehörde unverzüglich einzuleiten. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
Der sgB ist im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt, dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, rechtmäßig ist und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1.1. Die Ausländerbehörde des Landratsamts R.… (Kreisverwaltungsbehörde) ist sachlich und örtlich für den Erlass des sgB zuständig (§ 71 Abs. 1 AufenthG; § 1 Nr. 1, § 2, § 3 Abs. 1 Nr. 1 b) S. 2, § 6 Abs. 1 S. 2 Zuständigkeitsverordnung Ausländerrecht – ZustVAuslR vom 27.8.2018, BayGVBl. 2018, S. 714ff.).
1.2. Das Gericht folgt der Begründung des sgB und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
1.3. Ergänzend wird ausgeführt:
Nach § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG soll eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers auf den Bezirk der Ausländerbehörde u.a. dann angeordnet werden, wenn der Ausländer zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt (§ 61 Abs. 1c Satz 2 Alternative 3 AufenthG).
1.3.1. § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG wurde durch Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 20. Juli 2017 dem bisherigen § 61 Abs. 1c Satz 1 AufenthG angefügt (BGBl. I 2017, S. 2780). Durch die Anordnung der räumlichen Beschränkung des Aufenthalts sollen vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer, die über ihre Identität täuschen oder die bei der Beschaffung von Heimreisedokumenten nicht ausreichend mitwirken, enger an den Bezirk der Ausländerbehörde gebunden werden, um ggf. sicherzustellen, dass sie für etwaige Mitwirkungshandlungen leichter erreichbar sind und um ein mögliches Untertauchen zu erschweren (BT-Drs. 18/11546 S. 10, 22).
Ausländer unterliegen der Passpflicht nach § 3 AufenthG. Von der Passpflicht nach § 3 AufenthG sind die ausweisrechtlichen Vorschriften nach § 48 AufenthG und nach §§ 56 und 57 Aufenthaltsverordnung (AufenthV) zu unterscheiden. § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylG bleibt unberührt (vgl. Bergmann/Dienelt/Winkelmann/Wunderle, 13. Aufl. 2020, AufenthG § 48).
Ausländer sind verpflichtet, auf Verlangen der mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden ihren Pass, ihren Passersatz oder ihren Ausweisersatz vorzulegen, auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, soweit dies zur Durchführung oder Sicherung von Maßnahmen nach dem Aufenthaltsgesetz erforderlich ist (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG). Besitzt der Ausländer keinen gültigen Pass oder Passersatz, ist er nach § 48 Abs. 3 Satz 1 AufenthG verpflichtet, an der Beschaffung des Identitätspapiers mitzuwirken (Alt. 1) sowie alle Urkunden, sonstigen Unterlagen und Datenträger, die für die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit und für die Feststellung und Geltendmachung seiner Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat von Bedeutung sein können und in deren Besitz er ist (Alt. 2), den für die Ausführung des Aufenthaltsgesetzes betrauten Behörden auf Verlangen vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen. Die Pflicht nach § 48 Abs. 3 Satz 1 Alternative 1 AufenthG, an der Beschaffung eines Identitätspapiers – sei es ein Pass oder ein Passersatz – mitzuwirken, besteht ohne spezielle Aufforderung durch die Behörden. Deshalb hat ein ausreisepflichtiger Ausländer alle zur Erfüllung seiner Ausreisepflicht erforderlichen Maßnahmen, und damit auch die zur Klärung seiner Identität und zur Beschaffung eines gültigen Passes oder Passersatzpapiers, grundsätzlich ohne besondere Aufforderung durch die Ausländerbehörde unverzüglich einzuleiten (vgl. BeckOK AuslR/Hörich/Hruschka, 21. Ed. 1.3.2020, AufenthG § 48 Rn. 36 mit Verweis auf OVG Saarl BeckRS 2010, 48090; zur Reichweite dieser Verpflichtung VG Aachen BeckRS 2013, 57294). Der Ausländer soll aber gem. § 82 Abs. 3 AufenthG auf seine Pflichten nach § 48 Abs. 3 Satz 1 AufenthG hingewiesen werden.
Das Aufenthaltsgesetz normiert in § 48 Abs. 3 AufenthG keine abstrakte Passbeschaffungspflicht, sondern eine konkrete Verpflichtung des Ausländers an der Passbeschaffung mitzuwirken. Wenngleich im alltäglichen Sprachgebrauch durchaus von der „Verpflichtung des Ausländers zur Passbeschaffung“ die Rede ist, ist damit dessen Pflicht zur Mitwirkung bei der Passbeschaffung zum Ausdruck gebracht, z. B. dass der Ausländer bei der zuständigen Auslandsvertretung seines Herkunftsstaats auf Aufforderung der Behörde hierzu die Ausstellung (Erstausstellung oder Verlängerung eines ungültig gewordenen Passes) beantragen muss, also mitwirken muss, da der Ausländer sich selbst keinen gültigen Pass oder Passersatz ausstellen kann.
Die Verpflichtung des Ausländers, bei der Beschaffung seines Passes oder Passersatzes mitzuwirken, ist und bleibt eine dem Ausländer obliegende Pflicht. Überdies erschöpft sich die Mitwirkungspflicht des Ausländers bei der Beschaffung seines Passes oder seines Passersatzes nicht mit der (u.U. erfolglosen) Beantragung der Ausstellung eines Passes oder Passersatzes bei der zuständigen Auslandsvertretung seines Herkunftsstaats. Gegenstand dieser Mitwirkungspflicht sind alle Rechts- und Tatsachenhandlungen, die zur Beschaffung eines fehlenden Identitätsdokuments oder zur Verlängerung seiner Gültigkeit erforderlich sind und nur vom Betroffenen persönlich vorgenommen werden können (vgl. BeckOK AuslR/Hörich/Hruschka, 21. Ed. 1.3.2020, AufenthG § 48 Rn. 34 mit Verweis auf OVG NRW NVwZ-RR 2004, 689f.). In den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Aufenthaltsgesetzes (AVVabgedruckt in Bergmann/Dienelt/Winkelmann/Wunderle, 13. Aufl. 2020, Komm., AufenthG § 48, AVV 48.0, 48.3.1 wird zwischen § 48 Abs. 3 AufenthG und § 56 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AufenthV explizit differenziert: Während § 56 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AufenthV die Verpflichtung des Ausländers betreffe, selbständig für den Besitz eines Passes oder Passersatzes zu sorgen, betreffe § 48 Abs. 3 AufenthG eine Mitwirkungspflicht des Ausländers bei den Bemühungen der Behörde, einen Pass oder Passersatz zu beschaffen oder die Behörde sonst bei der Feststellung der Identität, Staatsangehörigkeit oder der Feststellung oder Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit zu unterstützen. Die Rechtsprechung spricht von den dem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer obliegenden Mitwirkungspflichten nach § 48 Abs. 3 und § 82 Abs. 1 AufenthG, wonach der Ausländer gefordert ist, bezüglich seiner Identität und Staatsangehörigkeit zutreffende Angaben zu machen, an allen zumutbaren Handlungen mitzuwirken, die die Behörden von ihm verlangen, und betont explizit – ohne konkret auf § 56 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AufenthV Bezug zu nehmen -, dass der Ausländer gefordert ist, „darüber hinaus eigeninitiativ ihm mögliche und bekannte Schritte in die Wege zu leiten, die geeignet sind, seine Identität und Staatsangehörigkeit zu klären und die Passlosigkeit zu beseitigen“ (BayVGH, B.v. 22.1.2018 – 19 CE 18.51 – juris Rn. 25).
Die dem Ausländer obliegende gesetzliche Pflicht zur Mitwirkung bei der Passbeschaffung nach § 48 Abs. 3 AufenthG wird nicht dadurch erfüllt, dass er Aufklärungsversuche der Ausländerbehörde nicht behindert u. gewissermaßen „über sich ergehen lässt“. Nichts Anderes ergibt sich hinsichtlich der Verpflichtung des Ausländers aus § 56 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AufenthV zur Pass- bzw. Passersatzpapierbeantragung. Aus § 48 Abs. 3 AufenthG i.V.m § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ergibt sich, dass der Ausländer vielmehr für den Vollzug des Ausländerrechts notwendige Unterlagen „beizubringen“ hat. Bei der Mitwirkung an der Beschaffung eines Rückreisedokuments handelt es sich nicht um separierbare Einzelpflichten, sondern um ein durch §§ 82 Abs. 4, 48 Abs. 3 u. 49 Abs. 2 AufenthG vorgegebenes Pflichtenbündel zur Erlangung von Rückreisedokumenten für einen ausreisepflichtigen Ausländer. Dabei kann der Ausländer sich nicht allein auf die Erfüllung derjenigen Pflichten, die ihm konkret von der Ausländerbehörde vorgegeben werden, beschränken, sondern ist vielmehr angehalten, eigenständig die Initiative zu ergreifen u. die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten, um das bestehende Ausreisehindernis nach seinen Möglichkeiten zu beseitigen (vgl. Bergmann/Dienelt/Winkelmann/Wunderle, 13. Aufl. 2020, AufenthG § 48 Rn. 6).
Die bisher ergangene Rechtsprechung verhält sich zu den Mitwirkungspflichten des Ausländers bei der Beschaffung von Reisedokumenten im Wesentlichen im Zusammenhang mit der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen, d.h. im Rahmen von § 25 Abs. 5 AufenthG oder § 104a AufenthG und insoweit in diesem Zusammenhang insbesondere zur Thematik, wann (noch) von einem vom Ausländer unverschuldeten Gehindertsein an seiner Ausreise auszugehen ist und er alle zumutbaren Anforderungen zur Beseitigung des bestehenden Ausreisehindernisses (Fehlen von Heimreisepapieren) als Erteilungsvoraussetzung erfüllt hat (vgl. BayVGH, U.v. 11.12.2006 – 24 B 06.2158 – juris Rn. 30ff., 48ff.; BVerwG, U.v. 26.10.2010 – 1C 18/09 – juris) oder im Zusammenhang mit der Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG a.F. [seit 1.3.2020 § 60c AufenthG] und dem Versagungsgrund des § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 AufenthG für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit, hierunter auch der unzureichenden Mitwirkung bei der Passbeschaffung als vom Ausländer zu vertretender Verhinderung / Behinderung des Vollzugs aufenthaltsbeendender Maßnahmen (vgl. Sächs. OVG, B.v. 15.9.2017 – 3 B 245/17 – juris; BayVGH, B.v. 22.1.2018 – 19 CE 18.51 – juris Rn. 25ff.; VGHBW, B.v. 26.11.2018 – 12 S 2460/18 – juris). Unter Heranziehung der Regelung des § 82 AufenthG und der Zielsetzung der gesetzlichen Regelungen, nämlich dem Erhalt eines Aufenthaltstitels / Bleiberechts (ebenso bei der gesetzlichen Zielsetzung der Erteilung einer Ausbildungsduldung), erschien es dem seinerzeit erkennenden Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs als „sinnvoll und angebracht davon auszugehen, dass die Beseitigung des Ausreisehindernisses im Interesse sowohl des Ausländers, wie auch der Ausländerbehörde liegen muss“. Für die Ausländerbehörde ergebe sich dies schon aus ihrem gesetzlichen Auftrag, den Aufenthalt von Ausländern, die über keinen Aufenthaltstitel verfügen, zu beenden. Auf Seiten des Ausländers folge dies – mag im Einzelfall faktisch auch eine andere Interessenlage festzustellen sein – aus seiner Pflicht, das Bundesgebiet zu verlassen, wenn er sich hier unberechtigt aufhält (BayVGH, U.v. 11.12.2006 – 24 B 06.2158 – juris Rn. 49). Hierauf stützt sich die in der Rechtsprechung entwickelte Wechselseitigkeit der Pflichten des betroffenen Ausländers und der zuständigen Ausländerbehörde, die im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalls zu ermitteln sind. Die Rechtsprechung hat diese den Beteiligten grundsätzlich obliegenden Verpflichtungen vom Ansatz her wie folgt umrissen und die Bedeutung der Wechselseitigkeit der den Beteiligten obliegenden Pflichten in der praktischen Anwendung dargelegt (BayVGH, U.v. 11.12.2006 – 24 B 06.2158 – juris Rn. 50-63) [Hervorhebungen durch den Verfasser]:
Welcher Seite welche konkreten Pflichten dann im Einzelfall obliegen, kann sachgerecht nur anhand der besonderen Umstände des jeweiligen Sachverhalts abschließend geklärt und festgelegt werden. Möglich ist es aber, die den Beteiligten grundsätzlich obliegenden Verpflichtungen vom Ansatz her wie folgt zu umreißen:
(a) Zunächst trifft, wie aus § 82 Satz 1 AufenthG und dem subjektiven Begriff des „Verschuldens“ folgt, den Ausländer eine Mitwirkungspflicht sowie eine Initiativpflicht.
Dies bedeutet einerseits, dass er an allen (zumutbaren) Handlungen mitwirken muss, die die Behörden von ihm verlangen. Hierzu gehört es, dass er Anträge ausfüllt, Bilder beibringt, bei der Vertretung seines Heimatlandes vorspricht und etwa Dokumente im Heimatland beschafft, welche für den weiteren Verfahrensfortgang relevant sind. In all diesen Fällen weiß der Ausländer auch, was von ihm verlangt wird. Vorbehaltlich der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit einer Handlung hat der Ausländer von der Ausländerbehörde vorgegebene Handlungen zeitnah und zuverlässig zu erfüllen. Er ist gehalten, die von ihm konkret geforderten Schritte zu unternehmen sowie konstruktiv die ihm aufgezeigten Aktivitäten zu entwickeln (Mitwirkungspflicht).
Daneben steht ihm jedoch nicht die Möglichkeit offen, ansonsten völlig untätig und passiv zu bleiben und nur darauf zu warten, welche weiteren Handlungen die Behörde noch von ihm verlangt. Er kann sich mithin nicht allein auf die Erfüllung derjenigen Pflichten stützen, die ihm konkret vorgegeben werden. Vielmehr ist auch der ausreisepflichtige Ausländer, dem das Bestehen von der Ausreise entgegen stehenden Gründen bekannt ist, gehalten, eigenständig die Initiative zu ergreifen, um nach Möglichkeiten zu suchen, dieses bestehende Ausreisehindernis zu beseitigen. Dies gilt umso mehr, als oft nur er selbst in der Lage ist, die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten. Zu den hier denkbaren Pflichten gehört etwa die Beschaffung von Identitätsnachweisen im Heimatland über Dritte (insbesondere Verwandte), die Benennung von Zeugen oder die Angabe des Arbeitgebers, der Militärdienstzeiten usw. Der Ausländer hat sich zumindest Gedanken darüber zu machen (und diese dann auch in die Tat umzusetzen), welche Möglichkeiten für ihn bestehen, noch offene Punkte aufzuklären und zu belegen. Ein zur Ausreise verpflichteter Ausländer, dem bekannt ist, dass seiner Ausreise Hindernisse entgegenstehen, die er gegebenenfalls beseitigen kann, hat die Pflicht, nach Möglichkeiten zu suchen, wie diese Hindernisse aus der Welt geschaffen werden können. Er ist gehalten, ihm mögliche und bekannte Schritte in die Wege zu leiten, auch wenn die Ausländerbehörde ihm dies nicht konkret vorgibt (Initiativpflicht).
Eine Grenze ergibt sich dabei aus der Frage, welche Möglichkeiten ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können. Nur insoweit kann ihm nämlich eine subjektive Verantwortlichkeit und ein Verschulden angelastet werden. Handlungen, die unmöglich, unzumutbar oder unverhältnismäßig sind, können auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG nicht verlangt werden. Je nach Herkunftsland und persönlicher Situation des Betroffenen kann diese Frage naturgemäß unterschiedlich zu beantworten sein. Beispielsweise ist es durchaus möglich, dass die Einschaltung eines Anwalts im Heimatland von einem Ausländer nicht gefordert werden kann, weil ihm dieser Weg unbekannt ist oder entsprechende Kontakte gänzlich fehlen. Auch können keine Unterlagen aus der Heimat nachgefordert werden, wenn der Ausländer dort über keinerlei Bezugspersonen mehr verfügt. Allerdings gilt, dass dann, wenn bestimmte Dokumente nicht mehr vorhanden sind, sich der Ausländer durchaus Gedanken darüber zu machen hat, mit welchen anderen Unterlagen oder Schriftstücken er seine Herkunft und Identität beweisen kann. Eine zweite Grenze der zu fordernden Initiativen bilden daneben die Fälle, in welchen weitere Handlungen nicht zugemutet werden können. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Ausländer durch Nachfragen in seiner Heimat Familienangehörige in akute Lebensgefahr bringt, wenn mit weiteren Ermittlungen so erhebliche Kosten verbunden wären, dass sie von ihm nicht aufgebracht werden können oder wenn er gesundheitlich etwa nicht in der Lage ist, erforderliche Handlungen durchzuführen.
Die Erfüllung der dem Ausländer obliegenden Pflichten (Mitwirkungspflicht und Initiativpflicht) hat dieser zu belegen und nachzuweisen. Gelingt ihm dies nicht, spricht vieles für die Annahme, er habe die Ausreisehindernisse verschuldet bzw. zumutbare Anforderungen nicht erfüllt. Gleiches würde – ohne dass dies näherer Ausführungen bedürfte – dann gelten, wenn der ausreisepflichtige Ausländer wissentlich Bemühungen zur Beseitigung der noch bestehenden Ausreisehindernisse vereitelt oder erschwert, etwa indem er falsche Angaben macht oder Identitätspapiere beseitigt.
(b) Auf der anderen Seite bestehen auch Pflichten der Ausländerbehörde, Ausreisehindernisse zu beseitigen bzw. hieran mitzuwirken.
Die zuständige Behörde hat, wie dies auch § 82 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgibt, den Ausländer auf seine Pflichten hinzuweisen. Sie hat ihm also grundsätzlich mitzuteilen, dass und in welchem Umfang er zur Erbringung von Handlungen verpflichtet ist. Diese Hinweise müssen so gehalten sein, dass es für den Ausländer hinreichend klar erkennbar ist, welche Schritte er zu unternehmen hat. Ein bloßer allgemeiner Verweis auf bestehende Mitwirkungspflichten oder die Wiedergabe des Gesetzestextes wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Denn nur durch konkrete und für den Ausländer nachvollziehbare Hinweise ist es diesem möglich, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen und die Beseitigung des Ausreisehindernisses zielführend in die Wege zu leiten. Die Ausländerbehörde kann einem Ausländer die Nichterfüllung bestimmter Handlungen im Grundsatz damit nur vorwerfen, wenn sie diesen hierauf hingewiesen hat (Hinweispflicht).
Daneben ist die Behörde auch gehalten, von sich aus das Verfahren weiter zu betreiben und auf weitere, dem Antragsteller gegebenenfalls nicht bekannte Möglichkeiten aufmerksam zu machen und diese Möglichkeiten mit dem Ausländer bei Bedarf zu erörtern (Anstoßpflicht). Eine Ausländerbehörde kann es – vor allem im Falle der Untätigkeit der Vertretung des Heimatlandes oder bei nur schwer zu beschaffenden Unterlagen – nicht allein dem Ausländer überlassen, den weiteren Gang des Verfahrens zu beeinflussen. Grund hierfür ist, dass sie – ggf. unter Inanspruchnahme anderer Stellen oder in Zusammenarbeit mit diesen – in aller Regel über weit bessere Kontakte und Kenntnisse hinsichtlich der noch bestehenden Möglichkeiten zur Beschaffung von Heimreisepapieren verfügt. Sie ist angesichts ihrer organisatorischen Überlegenheit und sachlichen Nähe zu öffentlichen Stellen meist viel besser in der Lage, die bestehenden Alternativen zu erkennen und die entsprechenden Schritte in die Wege zu leiten. So wie der einzelne Ausländer allein Kenntnis über seine persönlichen Beziehungen im Heimatstaat hat, verfügt die Ausländerbehörde in aller Regel über das Wissen, welche Stellen in Deutschland bzw. im Ausland welche „Leistungen“ erbringen können. Diese „Überlegenheit“ führt nach Auffassung des Senats dazu, dass in erster Linie die Ausländerbehörde nach Möglichkeiten zu suchen hat, Hindernisse zu beseitigen, wenn sich etwa die Beschaffung von Heimreisedokumenten als problematisch darstellt. So kann sie den Ausländer auf die Möglichkeit der Einschaltung eines Vertrauensanwalts hinweisen, dessen Name und Kontaktadresse diesem selbst in aller Regel nicht bekannt sind. Auch kann sie den Ausländer zum Beispiel auf nichtstaatliche Organisationen und Informationsquellen hinweisen, wie etwa den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes oder eine kirchliche Organisation. Auch diese Stellen dürften in aller Regel einem in Deutschland lebenden Ausländer nicht geläufig oder bekannt sein. Es ist ihm nur dann möglich, diese Schritte zu ergreifen, wenn er von der Ausländerbehörde hierzu angehalten (angestoßen) wird. Daraus folgt, dass die Ausländerbehörde gehalten ist, diese Pflicht (Anstoßpflicht) zu erfüllen.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn dem Ausländer – etwa infolge bereits ergangener gerichtlicher Entscheidungen – schon in vollem Umfang bekannt ist oder bekannt sein muss, welche weiteren Schritte er zur Beseitigung des Ausreisehindernisses zu ergreifen hat. Hier kann von der Ausländerbehörde nicht mehr verlangt werden, auf ohnehin schon bekannte Dinge hinzuweisen.
Auch der Behörde obliegt es im Übrigen nachzuweisen bzw. zu belegen, dass sie ihren Pflichten (Hinweispflicht und Anstoßpflicht) nachgekommen ist. Gelingt dies nicht, so spricht vieles dafür, dass das Bestehen eines Ausreisehindernisses nicht vom Ausländer zu vertreten ist.
(c) Die den am Verfahren Beteiligten obliegenden Pflichten stehen schließlich in einem Verhältnis der Wechselseitigkeit.
Je eher der eine Teil seine Obliegenheiten erfüllt, desto weniger kann sich der andere Teil darauf berufen, das Bestehen eines Abschiebehindernisses werde nicht von ihm verschuldet, sondern sei von der anderen Seite zu vertreten oder zu verantworten. In der praktischen Anwendung bedeutet dies, dass die Behörde von einem Verschulden des Ausländers ausgehen kann, wenn dieser Pflichten nicht erfüllt, die ihm konkret abverlangt wurden. In diesem Fall hätte sie nämlich ihre Hinweispflicht erfüllt, der Ausländer seine Mitwirkungspflicht hingegen nicht. Dies gilt jedoch dann nicht mehr, wenn der Ausländer sämtliche Anforderungen erfüllt hat und einerseits keine nahe liegenden Möglichkeiten mehr bestehen, Ausreisehindernisse zu beseitigen, andererseits eine Aufforderung zu weiteren Mitwirkungshandlungen der Behörde unterblieben ist. Der Ausländer wäre dann gegebenenfalls auch seiner Initiativpflicht nachgekommen, die Behörde ihrer Anstoßpflicht hingegen nicht. Der Ausländer muss nicht alles Menschenmögliche unternehmen, sondern nur sämtlichen Anforderungen der Behörde nachkommen, soweit diese für ihn zumutbar sind. Daneben hat er diejenigen Schritte zu ergreifen, die ihm bei objektiver Sichtweise geeignet und möglich erscheinen mussten, das Verfahren zielführend weiter zu betreiben. Zusätzliche Obliegenheiten werden ihm nur dann auferlegt, wenn die Behörde einen entsprechenden Anstoß in Richtung einer bestimmten Maßnahme oder Tätigkeit gegeben hat.
Wenn beide Seiten ihre Obliegenheiten erfüllt haben und das Ausreisehindernis gleichwohl nicht beseitigt werden konnte, kann dies nicht zulasten des Ausländers gehen. Ein Verschulden im Sinne einer subjektiven Vorwerfbarkeit liegt dann nämlich nicht vor. Dies ist etwa der Fall, wenn Dritte, zum Beispiel die Vertretung des Heimatstaates, sich trotz entsprechender Aufforderungen weigern, Heimreisedokumente auszustellen (vgl. hierzu Marx, Verfestigung des Aufenthaltsrechts im Übergangsprozess zwischen Ausländerrecht 1990 und Aufenthaltsgesetz 2004, ZAR 2004, 403/408).
Im Gegensatz zu den vorgenannten, in der bisherigen Rechtsprechung behandelten Fallgestaltungen, in denen es auch dem Ausländer (wohl) daran gelegen war, zur Erlangung eines Bleiberechts oder einer Ausbildungsduldung seine Passlosigkeit zu beseitigen oder jedenfalls soweit eigeninitiativ oder auf Aufforderung der Behörde bei der Beseitigung des Ausreisehindernisses mitzuwirken, dass ihm kein Verschulden am weiterbestehenden Ausreisehindernis angelastet werden kann, ist bei der Anwendung des seit 29. Juli 2017 in Kraft getretenen § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG und hierauf gestützter Anordnungen der räumlichen Beschränkungen des Aufenthalts nicht von einem mit dem Interesse der Ausländerbehörde gleichgerichteten Interessenslage des Ausländers an der Beseitigung des Ausreisehindernisses der Passlosigkeit auszugehen.
1.3.2. Der Tatbestand des § 61 Abs. 1c Satz 2 Alternative 3 AufenthG – zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt – hat seinem Wortlaut nach von vorneherein nur Ausreisehindernisse im Blick, deren Beseitigung einer Mitwirkung des ausreisepflichtigen Ausländers zugänglich ist, nicht aber solche, die unabhängig vom Verhalten des Betroffenen bestehen. Zudem verdeutlicht die Verwendung des Plurals „Ausreisehindernisse“, dass – anders als etwa bei § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG – keine Kausalität der mangelnden Mitwirkung für alle etwa bestehenden Ausreisehindernisse gefordert wird bzw. der Erteilung einer Ausbildungsduldung bzw. Beschäftigungserlaubnis nur solche Gründe entgegengehalten werden können, die aktuell den Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen behindern und Gründe, die den Vollzug ausschließlich in der Vergangenheit verzögert oder behindert haben, unbeachtlich sind (vgl. BayVGH, B.v. 22.1.2018 – 19 CE 18.51 – juris Rn. 26; B. 9.5.2018 – 10 CE 18.738 – juris Rn. 5, 8; OVG Nds, B.v. 15.5.2018 – 8 ME 23/18 – juris; VG Stuttgart, U.v. 20.8.2019 – 2 K 8316/18 – juris Rn. 34). Vielmehr bleibt der Betroffene nach § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG im Fall mehrfacher Hindernisse gehalten, solche, die er durch seine Mitwirkung beseitigen kann, auch zu beseitigen.
Eine Unzumutbarkeit an der Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen kann auf den Aspekt des noch nicht abgeschlossenen Asylerstverfahrens nur gestützt, solange das eigene Asylerstverfahren noch nicht abgeschlossen ist, nicht hingegen auf ein noch nicht abgeschlossenes Asylerstverfahren eines anderen Familienmitglieds, denn nur in jenem Fall gerät der Betroffene in den Verdacht, sich dem Schutz des Heimatstaates unterstellen zu wollen und damit in die Gefahr der Verwirklichung des Tatbestandes des § 72 Abs. 1 Nr. 1 AsylG (vgl. Funke-Kaiser, GK-AsylG, Stand 5/2019, § 15 Rn. 48). Die Zumutbarkeit einer von der Ausländerbehörde konkret eingeforderten Mitwirkungshandlung wird nicht durch den Umstand in Frage gestellt, dass sich der Ausländer trotz negativ abgeschlossenem Asylerstverfahren auf das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote beruft, denn insoweit sind die Ausländerbehörde und die Verwaltungsgerichte gemäß § 42 Satz 1 AsylG an die Feststellungsbescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge bzw. die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im asylgerichtlichen Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG gebunden (BVerwG, U.v. 26.10.2010 – 1C 18/09 – juris Rn. 18).
1.3.3. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG vor, soll eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde angeordnet werden. Durch die Verwendung des Wortes „soll“ kann die Ausländerbehörde bei ihrer Ermessensausübung von der für den Normalfall vorgesehenen Rechtsfolge (nur) aus wichtigem Grund oder in atypischen Fällen abweichen. Ein atypischer Fall liegt vor, wenn die Besonderheiten des Einzelfalls ein Abweichen nahelegen. Ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, unterliegt voller gerichtlicher Überprüfung.
2. Im vorliegenden Fall sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 61 Abs. 1c Satz 2 Alternative 3 AufenthG erfüllt.
Die Klägerin ist aufgrund des bestandskräftigen Bescheides des Bundesamtes vollziehbar ausreisepflichtig (§ 59 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 50 Abs. 1 AufenthG). Auch hat sie zumutbare Anforderungen an der Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
2.1. Wie der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen hat, hat die Klägerin nicht an der von der Ausländerbehörde von ihr verlangten Beantragung eines Passersatzpapiers mitgewirkt, denn sie hat die Unterzeichnung des PEP-Antrags verweigert. Diese konkret abverlangte Mitwirkungshandlung war der Klägerin zumutbar. Allein dadurch liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die angeordnete räumliche Beschränkung des Aufenthalts vor.
2.2. Darüber hinaus und neben der Verpflichtung der Mitwirkung an der Unterzeichnung eines PEP-Antrags hat die Klägerin auch die ihr eigeninitiativ obliegende Pflicht der Beantragung eines gültigen Passes, auf die sie hingewiesen wurde, nicht erfüllt.
Allein mit der Vorlage einer Geburtsurkunde und einer Heiratsurkunde ist die Klägerin ihren ausweisrechtlichen Pflichten nicht nachgekommen. Der vorgelegten Behördenakte lässt sich nicht entnehmen, dass sich die Klägerin – über die einmalige Vorsprache bei der nigerianischen Botschaft in Berlin am … Oktober 2019, bei der sie nicht alle für die (Erst-)Ausstellung eines (neuen) Reisepasses erforderlichen Dokumente vorgelegt hatte, hinausgehend – um die Ausstellung eines Nationalpasses oder sonstigen Heimreisepapiers bemüht hätte, um das bestehende Ausreisehindernis der Passlosigkeit zu beseitigen. Die Klägerin wurde zudem von der zuständigen Ausländerbehörde auf ihre bestehenden Pflichten und die von ihr zu veranlassenden Schritte einschließlich der Kontaktierung Dritter im Herkunftsland zur Beschaffung von Unterlagen für eine erfolgreiche Beantragung eines Nationalpasses oder sonstigen Heimreisepapiers hingewiesen. In Betreff der einmaligen Vorsprache der Klägerin bei der nigerianischen Botschaft in Berlin am … Oktober 2019 zur Beantragung eines Nationalpasses ist zu konstatieren, dass bereits dies, für die Klägerin ohne Weiteres erkennbar, ein sinnloses Unterfangen darstellte. Auf der Internetseite der nigerianischen Botschaft in Berlin (https://nigeriaembassygermany.org) werden für alle Passbeantragungen im Detail und differenziert für die Fallgestaltungen der Ersterteilung eines nigerianischen Nationalpasses (e-passports) – wie nach den Angaben der Klägerin vorliegend einschlägig, da sie vorträgt, noch nie im Besitz eines nigerianischen Nationalpasses gewesen zu sein – oder der Verlängerung / Neuausstellung eines nigerianischen Nationalpasses, wenn der Antragsteller zuvor bereits einen alten, ungültigen Nationalpass hatte, die für die Beantragung erforderlichen Dokumente aufgelistet. Zudem bedarf es u.a. der Online-Terminsvereinbarung, der vollständigen Ausfüllung des online-Antragsformulars und der vorgängigen Bezahlung der Gebühr. Die von der nigerianischen Botschaft geforderten Handlungen und deren Abfolge sind angegeben. FAQs sind auf- und ausgeführt und eine telefonische /elektronische Auskunftsmöglichkeit ist vorgesehen. Im Hinblick auf die Beibringung erforderlicher Unterlagen zur erfolgreichen Beantragung eines nigerianischen Nationalpasses bei der Botschaft in Berlin ist insbesondere die Begründung des Klägerbevollmächtigten, dass die Klägerin wegen ihrer Geburt im ländlichen Nigeria keine Geburtsurkunde habe und schon deshalb keine Registrierung vorliegen oder erfolgt sein könne, nach Aktenlage widerlegt. Die Klägerin selbst hat der Ausländerbehörde ihre Geburtsurkunde im Original vorgelegt. Soweit der Klägerbevollmächtigte sich darauf bezieht, dass die Klägerin mangels Innehabens eines alten Pass bei der Passbeantragung einen solchen nicht vorlegen könne, ist darauf hinzuweisen, dass ein solcher vorgelegt werden sollte bei der Passneubeantragung, sofern der Passantragsteller einen solchen habe. Im Übrigen ist es alleinige Initiativ-Verpflichtung der Klägerin, sich auch darüber zu informieren, was die Botschaft ihres Herkunftslandes an Unterlagen von ihr benötigt, damit sie einen Pass oder Passersatz beantragen kann. Dass und ggf. aufgrund welcher Umstände es der Klägerin nicht zumutbar sein sollte, sich um die Ausstellung von Identitätspapieren, einschließlich erforderlicher Beschaffung von Dokumenten im Herkunftsstaat über Vertrauensanwälte und / oder Familienmitglieder zu bemühen, wurde weder vorgetragen, noch von der Klägerin nachgewiesen, noch ist dies für das Gericht sonst ersichtlich. Die Klägerin hat nach Aktenlage nicht einmal einen (tauglichen) Anlauf genommen, um u. a. bei der – ausweislich der Geburtsurkunde für die Klägerin zuständigen LGA (=Local Government Area) Egor – ein Certificate of Origin/ Certificate of Identification from the applicant’s LGA in Nigeria, das u.a. für die Beantragung eines Nationalpasses nach den Angaben des Internet-Auftritts der nigerianischen Botschaft in Berlin erforderlich ist, zu erlangen. Es verhält sich so, dass die Klägerin – abgesehen von dem ohne die erforderlichen Unterlagen zur Beantragung eines nigerianischen Nationalpasses bereits untauglichen Botschaftsbesuch am 2. Oktober 2019 – rein gar nichts unternommen hat, um einen gültigen Nationalpass zu erlangen. Die Verpflichtung der Klägerin, sich eigeninitiativ um die Beschaffung der Unterlagen im Herkunftsland für eine erfolgreiche Beantragung eines Nationalpasses zu kümmern, ist nicht davon abhängig, dass die Ausländerbehörde der Klägerin eine Liste von Vertrauensanwälten aushändigt. Dies ist bereits nicht Teil der Hinweispflicht der Ausländerbehörde, noch hat die Klägerin bereits alle ihr möglichen Anforderungen erfüllt. Es handelt sich auch um keine entfernte Möglichkeit des Weiterkommens bei der Erlangung der Unterlagen für eine erfolgreiche Passbeantragung durch die Klägerin. Von einer Konstellation des Entstehens einer behördlichen Anstoßpflicht kann nicht im Ansatz die Rede sein.
3. Der Beklagte hat daher zu Recht vom Regelermessen Gebrauch gemacht und eine räumliche Beschränkung angeordnet, die verhältnismäßig ist.
Da die Tatbestandsvoraussetzungen des § 61 Abs. 1c Satz 2 Alternative 3 AufenthG vorliegen, soll eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts auf den Bezirk der Ausländerbehörde angeordnet werden. Wie bereits ausgeführt, macht die gesetzliche Formulierung als Sollvorschrift deutlich, dass die Ausländerbehörde zum Erlass einer räumlichen Beschränkung grundsätzlich verpflichtet ist, solange nicht ein besonderer Grund oder besondere atypische Umstände ein Abweichen vom Regelermessen erfordern. Dass solche atypischen Umstände oder ein besonderer Grund vorliegen würden, wurde weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich.
4. Die Klage ist demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff der Zivilprozessordnung (ZPO).


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