Aktenzeichen Au 9 S 20.2780
WHG § 13 Abs. 2, § 20 Abs. 2 S. 3, § 100 Abs. 1 S. 2
BayWG Art. 58 Abs. 1
Leitsatz
1. Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann sich im Einzelfall ergeben, dass eine auf die bloße formelle Illegalität einer Gewässerbenutzung gestützte Anordnung nur dann ausnahmsweise rechtmäßig ist, wenn eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts konkret zu erwarten ist und die Behörde zuvor die Möglichkeit einer Legalisierung der Gewässerbenutzung geprüft und verneint hat. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch alte Rechte und alte Befugnisse unterliegen nachträglichen Einschränkungen, die von der Wasserbehörde auf der Grundlage des § 100 Abs. 1 WHG und des Art. 58 BayWG angeordnet werden können. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Klärung von Rechtsfragen hat grundsätzlich in dem dafür vorgesehen Erlaubnisverfahren zu erfolgen und nicht bei Gelegenheit von Anordnungen im Zusammenhang mit Maßnahmen der Gewässerüberwachung. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 3.125,– EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen wasserrechtlichen Untersagungsbescheid des Antragsgegners.
Die Antragstellerin betreibt das Wasserkraftwerk, das als sogenanntes Kopfkraftwerk Teil einer Stützschwellenkraftwerkskette mit den Wasserkraftwerken,, * und * darstellt. Die Errichtung und der Betrieb des Wasserkraftwerks * wurde aufgrund der zu diesem Zeitpunkt geltenden Zuständigkeitsregelung durch das Landratsamt * mit Bescheid vom 20. Juni 1956 in der Fassung des Beschwerdebescheids der Regierung von * vom 16. Dezember 1959 wasserrechtlich zugelassen und bis ins Jahr 2050 gestattet. Auf Antrag der Antragstellerin wurden seit den 1960er Jahren gesonderte befristete Genehmigungen des Schwellbetriebs für die Kraftwerke * und * erteilt. Das Wasserkraftwerk * liegt im Wasserschutzgebiet des Zweckverbands „*“, des FFH-Gebiets „*“, der Naturschutzgebiete „*“ und „*“
Mit Schreiben vom 6. Mai 2014 beantragte die Antragstellerin unter Bezugnahme auf den Vorgängerbescheid vom 16. Februar 2007 die Neuerteilung der am 31. März 2013 abgelaufenen beschränkten Erlaubnis für den Schwellbetrieb für das Kraftwerk * mit dem Ziel einer Anpassung der zulässigen Stauhöhen. Nach Beteiligung der entsprechenden Fachbehörden und Durchführung einer Umweltverträglichkeitsvorprüfung nach § 3a Satz 3 UVPG erteilte der Antragsgegner mit Bescheid vom 30. September 2015 unter Bestimmung wasserwirtschaftlicher, fischerreichlicher und naturschutzfachlicher Nebenbestimmungen eine bis zum 31. März 2018 befristete wasserrechtlich beschränkte Erlaubnis im Sinn von § 10 Abs. 1 WHG i.V.m. Art. 15 BayWG.
Mit Schreiben vom 23. August 2019 beantragte die Antragstellerin unter Vorlage der nach § 9 UVPG erforderlichen Unterlagen (FFH-Vorprüfung, landschaftspflegerischer Begleitplan, spezielle artenschutzfachliche Prüfung) eine langfristige wasserrechtliche beschränkte Erlaubnis nach § 10 Abs. 1 WHG i.V.m. Art. 15 BayWG für einen Schwellbetrieb in *. Die Antragsunterlagen wurden in der Folgezeit an die zuständigen Fachbehörden zur Stellungnahme übermittelt. Am 12. Mai 2020 stellte der Fachbereich Wasserrecht des Antragsgegners fest, dass für das beantragte Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei, weil dieses erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne, die nach § 25 Abs. 2 UVPG bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen seien. Dieses Ergebnis wurde der Antragstellerin am 29. Mai 2020 mitgeteilt. Der Scoping-Termin für die Umweltverträglichkeitsprüfung wurde auf den 9. Juli 2020 festgelegt.
Mit Schreiben vom 6. Juli 2020 machte die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner geltend, sie sei aufgrund der Regelungen im Beschwerdebescheid der Regierung von * vom 16.12.1959 bezüglich des Schwellbetriebs in der Staustufe * Inhaberin eines alten Rechts und benötige aus diesem Grund für die Durchführung des Schwellbetriebs keine zusätzliche wasserrechtliche Zulassung. Dem Schreiben war ein Rechtsgutachten vom 5. Juli 2020 beigefügt, in dem die Auffassung vertreten werde, dass sich die Antragstellerin auf ein Altrecht beziehen könne. Die Antragstellerin bat um Überprüfung der in dem Gutachten geäußerten Rechtsauffassung und um vorläufige Aussetzung des Wasserrechtsverfahrens.
Mit Schreiben vom 25. September 2020 nahm die Antragstellerin den Antrag vom 23. August 2020 auf Neuerteilung der Erlaubnis für den Schwellbetrieb am Stützschwellenkraftwerk * zurück.
Mit Schreiben vom 29. September 2020 teilte der Antragsgegner mit, dass nach seiner Auffassung kein Altrecht für den Schwellbetrieb bestehe und für den Betrieb eine zusätzliche wasserrechtliche Erlaubnis nötig sei.
Mit Schreiben vom 24. November 2020, beim Antragsgegner eingegangen am 26. November 2020, teilte die Antragstellerin mit, dass das Modernisierungsprojekt der Kraftwerkskette abgeschlossen sei und seit dem 28. September 2020 zwischen * und * im Hinblick auf die für diese Kraftwerkskette bestehende klare Rechtslage ein Schwellbetrieb gefahren werde. Ab Montag, dem 30. November 2020, sei die Aufnahme des Schwellbetriebs zwischen den Kraftwerken * und * geplant. Das Schreiben sei als Anzeige an die zuständige untere Wasserrechtsbehörde gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 des Altrechtsbescheids der Regierung von * vom 16. Dezember 1959 für die nunmehr wieder ausgeübte altrechtlich zugelassene Gewässerbenutzung zu verstehen.
Mit Bescheid des Antragsgegners vom 27. November 2020 wurde die mit Schreiben der Antragstellerin vom 24. November 2020 angekündigte Aufnahme und Durchführung des Schwellbetriebs in der Staustufe * ab dem 30. November 2020 untersagt (Nr. 1). Für die Nichterfüllung dieser Anordnung werde ein Zwangsgeld in Höhe von 25.000,- EUR fällig (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung der in Nr. 1 erfolgten Untersagungsanordnung wurde angeordnet (Nr. 3). Zur Begründung wird ausgeführt, die Untersagungsverfügung stütze sich auf Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG i.V.m. § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG sowie auf § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG. Dem Antragsgegner obliege es, im Rahmen der Gewässeraufsicht nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen anzuordnen, die im Einzelfall notwendig seien, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen sicherzustellen, die nach oder aufgrund von Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen. Die Durchführung eines Schwellbetriebs im Kraftwerk * stelle eine nach § 8 Abs. 1 WHG erlaubnispflichtige Nutzung im Sinn von § 9 Abs. 1 Nr. 2 WHG dar. Jedoch besitze die Antragstellerin nach Auffassung des Antragsgegners für den angekündigten Schwellbetrieb keine Erlaubnis. Der zuletzt mit Bescheid vom 30. September 2015 für das Kraftwerk * erlaubte Schwellbetrieb sei bis zum 31. März 2018 befristet gewesen. Der am 23. August 2019 gestellte Antrag auf Erteilung einer neuen Erlaubnis sei mit Schreiben vom 25. September 2020 zurückgenommen worden, weil die Antragstellerin der Meinung sei, sie könne sich bezüglich des Schwellbetriebs auf ein sog. Altrecht beziehen. Der Antragstellerin sei jedoch mit Schreiben vom 29. September 2020 mitgeteilt worden, dass nach Auffassung des Antragsgegners ein solches Altrecht nicht bestehe. Ohne die nach § 8 Abs. 1 WHG erforderliche Erlaubnis stelle der angekündigte Schwellbetrieb eine formell illegale Gewässerbenutzung dar, die eine Untersagungsverfügung rechtfertige. Eine auf die bloße formelle Illegalität der Gewässerbenutzung gestützte Anordnung sei nur dann rechtmäßig, wenn eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts konkret zu erwarten ist und die Behörde zuvor die Möglichkeit einer Legalisierung der Gewässerbenutzung geprüft und verneint hat. Im Rahmen des am 23. August 2019 eingeleiteten Wasserrechtsverfahrens sei aufgrund der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde festgestellt worden, dass für das beantragte Vorhaben eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe. Gemäß § 15 UVPG habe am 9. Juli 2020 ein Scoping-Termin zur Festlegung des Untersuchungsrahmens stattfinden sollen. Ohne Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung und ohne vorliegende abschließenden Stellungnahmen der relevanten Fachbehörden sowie ohne Erlaubnisbescheid mit konkreten Inhalts- und Nebenbestimmungen sei davon auszugehen, dass ein Schwellbetrieb ab 30. November 2020 zu erheblichen nachteiligen Gewässerveränderungen führen könne und damit nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG materiell-rechtlich nicht erlaubnisfähig wäre. Eine Stellungnahme des amtlichen Sachverständigen des Wasserwirtschaftsamts * liege noch nicht vor. Nachdem die Antragstellerin mit Schreiben vom 25. September 2020 den Antrag zurückgenommen habe, sei eine weitere Prüfung nicht möglich. Selbst wenn man der Auffassung sei, dass sich die Antragstellerin auf ein altes Recht berufen könne, wäre bei einer Durchführung eines Schwellbetriebs lediglich auf Grundlage der Bescheide von 1959 und 1960 mit erheblich nachteiligen Gewässerauswirkungen zu rechnen. Für einen Schwellbetrieb wären zum derzeitigen Zeitpunkt nachträgliche Inhalts- und Nebenbestimmungen nach § 13 WHG erforderlich, insbesondere um erheblich nachteilige Umweltauswirkungen auf das Naturschutzgebiet „*“ auszuschließen. Durch den Schwellbetrieb würde sich die Wasserfläche im *-Altwasser oberhalb der Staustufe im genannten Naturschutzgebiet um insgesamt 6,3 ha verringern, wodurch viele Flachwasserbereiche regelmäßig trockenfallen dürften. Die Benutzung eines Gewässers ohne Erlaubnis und ohne Bewilligung stelle eine Ordnungswidrigkeit nach § 103 Abs. 1 Nr. 1 WHG dar. Eine Untersagung sei somit auch zur Verhinderung eventueller Rechtsverstöße erforderlich. Der Bescheid entspreche pflichtgemäßen Ermessen. Angesichts der rechtlichen Komplexität sei der Antragstellerin mit Schreiben vom 29. September 2020 mitgeteilt worden, dass der Rechtsauffassung über das Bestehen eines alten Rechts nicht gefolgt werde. Seitens der Antragstellerin seien keine Rechtsbehelfe erhoben worden. Vielmehr sei am 24. November 2020 überraschend für den 30. November 2020 ein unmittelbar bevorstehender Beginn des Schwellbetriebs angekündigt worden. Zur Klärung der Rechtsfragen und um erhebliche nachteilige Auswirkungen eines praktisch ungeregelten Schwellbetriebs zu vermeiden, sei die Untersagung des Schwellbetriebs erforderlich. Die sofortige Vollziehung des Bescheids sei anzuordnen. Durch die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage könne die Antragstellerin einen Schwellbetrieb durchführen, bevor die Genehmigungssituation abschließend geklärt sei. Nach Kenntnis des Landratsamts sei seit sieben Jahren, mindestens aber sei 31. März 2018 im Kraftwerk * kein Schwellbetrieb mehr durchgeführt worden. Von der Antragstellerin seien keine Gründe vorgetragen worden, warum ein Schwellbetrieb jetzt und vor allem so kurzfristig für die Stromversorgung erforderlich wäre. Durch die aufschiebende Wirkung würden auch keine unumkehrbaren Tatsachen geschaffen. Es werde lediglich der seit Jahren bestehende Zustand erhalten. Die Androhung des Zwangsgeldes stütze sich auf Art. 29, 31 und 36 BayVwZVG.
Am 18. Dezember 2020 erhob die Antragstellerin gegen den Bescheid vom 27. November 2020 Klage (Au 9 K 20.2777) und stellte zugleich im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO mit dem Ziel,
die in Ziffer IV (richtig: Nr. 3) des Bescheids vom 27. November 2020 (Az. *) des Landratsamts * angeordnete sofortige Vollziehung der in Ziffer I (richtig: Nr. 1) des genannten Bescheids angeordneten Untersagung der Wiederaufnahme des Schwellbetriebs an der Staustufe * aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der erhobenen Anfechtungsklage wiederherzustellen.
Zur Begründung wird ausgeführt, der Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Antragstellerin in ihren Rechten. Es bestehe daher kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids. Der Antragstellerin stehe eine wasserrechtliche Befugnis nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG i.V.m. § 8 Abs. 1 2. Halbsatz und § 9 Abs. 1 Nr. 2 WHG zum Absenken des * an der Staustufe * zur Ermöglichung eines Schwellbetriebs zwischen * und * zu. Sie könne sich auf der Grundlage des § 7 Abs. 4 des Beschwerdebescheids der Regierung von * vom 16. Dezember 1959 bezüglich des Schwellbetriebs auf ein Altrecht berufen. Mit Beschluss des Landratsamts * vom 20. Juni 1956 sei der Antragstellerin nach Art. 42 und 43 WG 1907 eine wasserrechtliche Erlaubnis zum Aufstauen und Absenken des * an der Staustufe * erteilt worden. Die Regierung von * habe mit Beschwerdebescheid vom 16. Dezember 1959 die Ziffer 1 des Ausgangsbescheids aufgehoben und neu gefasst. Die neugefassten Regelungen beträfen den Umfang der Nutzungsbefugnis im Regelbetrieb wie auch im Schwellbetrieb. Unstrittig bestehe ein altes Recht für den Regelbetrieb der Staustufen,, * und *. Die in der Zeit von 1968 bis 2018 erteilten behördlichen Genehmigungen zum Schwellbetrieb an der Kraftwerkskette * bis * hätten ein bestehendes altes Recht im Sinn von § 15 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. bzw. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG 2010 weder aufgehoben noch anderweitig entfallen lassen. Der Wegfall alter Rechte sei abschließend in § 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 WHG geregelt. Dennoch erteilte Erlaubnisse oder Bewilligungen seien entweder nichtig oder, soweit sie Inhalts- und Nebenstimmungen für die Ausübung des alten Rechts enthalten, umzudeuten als Vorbehaltsbescheide nach § 15 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 5 WHG a.F. bzw. § 20 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 13 Abs. 2 WHG 2010. Zudem seien die Bescheide durch Fristablauf erloschen und daher für die Beurteilung, ob der Antragstellerin ein altes Recht für den beschriebenen Schwellbetrieb zusteht, nicht maßgeblich. Nach Erkenntnis über das Bestehen eines alten Rechts habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 25. September 2020 den Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Zulassung für den Schwellbetrieb zwischen * und * zurückgenommen. Aus der irrigen Beurteilung der wasserrechtlichen Rechtslage könnten keine Rechtsfolgen für die Beurteilung des Verhaltens der Antragstellerin abgeleitet werden. Der Umstand, dass bei Ausübung des Schwellbetriebs möglicherweise schädliche Gewässerveränderungen einhergehen, ließen das alte Recht nicht entfallen. Vielmehr enthalte das Wasserrecht gegenüber alten Rechten die Möglichkeit nachträglicher Festsetzung von Inhalts- und Nebenbestimmungen, mittels derer der Besorgnis schädlicher Gewässerveränderungen entgegengewirkt werden könne. Die nachträglichen Anforderungen seien von Amts wegen festzusetzen. Ein Antragserfordernis bestehe insoweit nicht. Wasserrechtlich könnten gegenüber einem Schwellbetrieb nur Maßnahmen angeordnet werden, die in einem Maßnahmenprogramm nach § 82 WHG enthalten seien oder zu dessen Durchführung erforderlich seien. Das derzeit geltende Maßnahmenprogramm enthalte für den Bereich des * unterhalb der Einmündung des *kanals bei * keine ergänzenden Maßnahmen für die Durchführung des Schwellbetriebs. Die Untersagungsverfügung sei auch ermessensfehlerhaft. Eine Untersagungsverfügung sei nur dann rechtmäßig, wenn eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts konkret zu erwarten ist. Vor Erlass einer Anordnung habe die Wasserrechtsbehörde grundsätzlich zu prüfen, ob die illegal vorgenommenen Maßnahmen tatsächlich zu einer konkreten Beeinträchtigung wasserrechtlicher Belange führen und damit auch künftig nicht gestattungsfähig seien. Bei zutreffender Anwendung der einschlägigen wasserrechtlichen Bestimmungen hätte der Antragsgegner erkennen müssen, dass nicht die gänzliche Untersagung eines Schwellbetriebs, sondern die Prüfung der Festsetzung nachträglicher Inhalts- und Nebenbestimmungen ausgereicht hätte. Der Antragsgegner habe diese Möglichkeit eines milderen Mittels in seiner Erwägung nicht angestellt. Die Untersagungsverfügung leide deshalb an einem gänzlichen Abwägungsausfall. Sie verstoße auch gegen öffentlich-rechtliche vertragliche Verpflichtungen der Antragstellerin im Konzessionsvertrag vom 30. Dezember 1921. Die Untersagungsverfügung sei ein schwerer und unerträglicher Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragstellerin. Mit einem Schwellbetrieb und der dadurch bewirkten erhöhten Stromerzeugung könne durch eine erhöhte Einspeisung in das öffentliche Netz zur Stabilisierung der öffentlichen Netze beigetragen werden. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die weiteren im Verfahren vorgelegten Schriftsätze verwiesen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragstellerin könne sich zur Durchführung des Schwellbetriebs am Kraftwerk * nicht auf ein bestehendes Altrecht nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG berufen. Ein solches Recht ergebe sich auch nicht aus § 7 Abs. 4 des Beschwerdebescheids der Regierung von * vom 16. Dezember 1959. Mit dieser Vorschrift sei nur ein Genehmigungsvorbehalt verbunden gewesen. Nach Wortlaut, Systematik und unter Berücksichtigung der Genehmigungshistorie der Kraftwerkskette,, * und * ergebe sich nichts anderes. Da keine Erlaubnis für den nach § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 WHG erlaubnispflichtigen Schwellbetrieb in * bestehe, liege bereits eine formelle Illegalität vor, die eine Anordnung nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG rechtfertige. Die Untersagungsverfügung entspreche auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Anordnung einer Untersagungsverfügung wegen formeller Illegalität setze voraus, dass durch die illegale Nutzung eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts konkret zu erwarten ist und die Möglichkeit der Legalisierung konkret geprüft und verneint wurde. Nach § 5 UVPG sei für den Schwellbetrieb eine UVP-Prüfung vorzunehmen. Der Scoping-Termin sei für den 9. Juli 2020 vorgesehen gewesen. Dieser Termin habe wegen der Rücknahme des Genehmigungsantrags nicht durchgeführt werden können. Ohne eine UVP-Prüfung und ohne Stellungnahmen der zu beteiligenden Fachbehörden könne nicht beurteilt werden, welche Inhalts- und Nebenbestimmungen zur Verhinderung erheblicher nachteiliger Gewässerveränderungen infolge des Schwellbetriebs festgelegt werden müssten. Selbst wenn ein Altrecht bestünde, sei bei Durchführung des Schwellbetriebs auf der Grundlage der Bescheide aus den Jahren 1959 und 1960 ohne weitere Inhalts- und Nebenbestimmungen erheblich nachteilige Gewässerauswirkungen zu befürchten. Selbst wenn ein Altrecht bestanden haben sollte, sei dieses verwirkt worden. Die Antragstellerin habe in der Vergangenheit mehrfach Bewilligungen für einen Schwellbetrieb beantragt. Zuletzt sei im Jahr 2014 ein entsprechender Antrag gestellt worden. Die Untersagungsverfügung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Das Fehlen einer Gestattung begründe regelmäßig eine Anordnung zur Untersagung der Gewässerbenutzung bis zum Abschluss eines Erlaubnisverfahrens. Die Untersagung sei notwendig, um eine behördliche Kontrolle der Nutzung zu erreichen. Nach derzeitigem Kenntnisstand bestehe aus wasserwirtschaftlicher und naturschutzfachlicher Sicht keine Genehmigungsfähigkeit eines uneingeschränkten Schwellbetriebs. Aufgrund der kurzfristigen Ankündigung der Wiederaufnahme des Schwellbetriebs habe eine umfassende Prüfung notwendiger Inhalts- und Nebenbestimmungen nicht erfolgen können. Angesichts des von der Antragstellerin erwarteten jährlichen Gewinns in Höhe von 6.250,- EUR sei die Untersagungsverfügung auch nicht unverhältnismäßig.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer am 18. Dezember 2020 erhobenen Klage (Az. Au 9 K 20.2777) hinsichtlich der nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärten Nr. 1 des Bescheids vom 27. November 2020 (Untersagungsanordnung) sowie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Zwangsgeldandrohung in Nr. 2 des Bescheids.
2. Der Antrag ist in der Sache jedoch unbegründet.
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Abwägungsentscheidung, bei der das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage abzuwägen ist. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung der Antragstellerin auszugehen ist. Wenn sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dagegen weder die offensichtliche Rechtswidrigkeit noch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung feststellen lässt, hängt der Ausgang des Verfahrens vom Ergebnis einer vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung ab (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2015 – 10 CS 14.2244 – juris).
a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids ist formell rechtmäßig.
Soweit die Behörde die sofortige Vollziehung ausdrücklich angeordnet hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) hat das Gericht zunächst zu prüfen, ob sich die behördliche Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung als im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO ausreichend erweist; ist das nicht der Fall, hat das Gericht die Vollziehungsanordnung ohne weitere Sachprüfung aufzuheben, nicht jedoch die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – m.w.N. juris).
Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen der Anordnung des Sofortvollzug nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei reicht jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die anordnende Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet. Die Begründung muss kenntlich machen, dass sich die Behörde bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen (Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55). Es müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2000 – 10 CS 99.3290 – juris Rn. 16). Es kommt jedoch nicht darauf an, ob die angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind.
Diesen Vorgaben wird die streitgegenständliche Begründung des Sofortvollzugs gerecht. Der Antragsgegner hat in der streitgegenständlichen Anordnung vom 27. November 2020 ausgeführt, dass angesichts der nicht abschließend geklärten Genehmigungssituation die Gefahr einer unerlaubten Gewässerbenutzung mit damit verbundenen nachteiligen Auswirkungen auf das *-Altwasser oberhalb der Staustufe im Naturschutzgebiet „*“ führt. Nach Kenntnis des Landratsamts sei seit sieben Jahren, mindestens jedoch seit dem 31. März 2018 an der Staustufe * kein Schwellbetrieb mehr durchgeführt worden. Es seien keine Gründe vorgetragen worden, warum der Schwellbetrieb kurzfristig für die Stromversorgung erforderlich wäre. Damit wurde der Funktion des Begründungserfordernisses nach § 80 Abs. 3 VwGO, die vor allem darin besteht, der Behörde die besondere Ausnahmesituation bewusst zu machen, ausreichend Rechnung getragen. Sonstige Gründe, die die Anordnung der sofortigen Vollziehung als formell rechtswidrig erscheinen lassen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Ob die behördliche Begründung inhaltlich zutreffend ist, ist im Rahmen der Prüfung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unerheblich.
b) Die streitgegenständliche Untersagungsanordnung ist nach summarischer Prüfung voraussichtlich rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das öffentliche Interesse und das Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung der Anordnung überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 100 Abs. 1 WHG liegen vor. Auch die Ermessensausübung ist nicht zu beanstanden. Die Untersagung des von der Antragstellerin beabsichtigten Schwellbetriebs war notwendig, um eine vorherige behördliche Kontrolle der mit dem Schwellbetrieb verbundenen Gewässerbenutzung sicherzustellen (§ 100 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WHG).
aa) Der Antragsgegner hat die in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids verfügte Untersagungsanordnung zutreffend auf § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG i.V.m. Art. 58 Abs. 1 BayWG gestützt.
Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG ist es Aufgabe der Gewässeraufsicht, die Gewässer sowie die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die nach oder auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen. Nach Satz 2 ordnet die zuständige Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach Satz 1 sicherzustellen. Voraussetzung für ein Einschreiten der zuständigen Wasserbehörde auf der Grundlage des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG ist entweder das Erfordernis der Vermeidung oder Beseitigung einer Beeinträchtigung des Wasserhaushalts (Alt. 1) oder die Erforderlichkeit zur Sicherstellung der Verpflichtungen nach Satz 1 (Alt. 2). Anerkannt ist, dass nach § 100 Abs. 1 Satz 2 Alternative 3 WHG – unabhängig von einer tatsächlichen Bedrohung des Wasserhaushalts – bereits der formelle Verstoß gegen eine wasserrechtliche Verpflichtung seitens des Verantwortlichen, wie etwa die Benutzung eines Gewässers ohne die dafür nach § 8 Abs. 1 WHG erforderliche Erlaubnis oder Bewilligung genügt (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 100 Rn. 40 ff.). Ob und unter welchen Voraussetzungen die zuständige Behörde eine wasserrechtliche Ordnungsverfügung auf die bloße formelle Illegalität eines Zustandes stützen kann, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt und von einer Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall abhängig (BVerwG, B.v. 21.12.1993 – 7 B 119.93 – juris).
Allerdings kann sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Einzelfall ergeben, dass eine auf die bloße formelle Illegalität der Gewässerbenutzung gestützte Anordnung nur ausnahmsweise dann rechtmäßig ist, wenn eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts konkret zu erwarten ist und die Behörde zuvor die Möglichkeit einer Legalisierung der Gewässerbenutzung geprüft und verneint hat (BayVGH, B.v. 19.3.2012 – 8 ZB 10.2343 – juris Rn. 14).
bb) Von einer Anhörung der Antragstellerin vor Erlass des Bescheids konnte nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG abgesehen werden, weil angesichts der am Donnerstag, dem 26. November 2020, beim Antragsgegner eingegangenen Ankündigung, am Montag, dem 30. November 2020, den Schwellbetrieb aufzunehmen, eine sofortige Entscheidung notwendig war. Im Übrigen wäre das Fehlen einer Anhörung nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG geheilt.
cc) Bei der Durchführung des Schwellbetriebs handelt es sich um eine nach § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 WHG erlaubnispflichtige Benutzung. Da weder eine aktuell gültige wasserrechtliche Bewilligung zur Durchführung des Schwellbetriebs an der Staustufe * vorliegt – die zuletzt erteilte Bewilligung vom 30. September 2015 ist mit Ablauf des 31. März 2018 ausgelaufen – noch das behauptete Altrecht gegenwärtig den Schwellbetrieb trägt, stellt die Aufnahme des Schwellbetriebs eine formell illegale Nutzung dar, die grundsätzlich ein Einschreiten der Gewässeraufsicht rechtfertigt.
(1) Ob die formelle Illegalität bezüglich des angekündigten Schwellbetriebs durch das von der Antragstellerin unter Bezugnahme auf § 7 Abs. 4 des Beschwerdebescheids der Regierung von * vom 16. Dezember 1959 behauptete Altrecht im Sinn von § 20 Abs. 1 WHG überwunden wird, kann und muss im Rahmen der im vorliegenden Verfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung nicht entschieden werden. Denn selbst wenn sich die Antragstellerin auf ein Altrecht aus den Bescheiden vom 1959/1960 berufen könnte, so bedeutet dies nicht, dass der angekündigte Schwellbetrieb zulässig wäre. Denn unabhängig von der Frage, ob für das Kraftwerk * hinsichtlich des Schwellbetriebs ein Altrecht besteht, unterliegen auch alte Rechte und alte Befugnisse nachträglichen Einschränkungen, die von der Wasserbehörde auf der Grundlage des § 100 Abs. 1 WHG und Art. 58 BayWG angeordnet werden können. Ein sogenanntes Altrecht gilt nicht uneingeschränkt, sondern unterliegt den Anforderungen der aktuell geltenden wasserrechtlichen Vorschriften, wie die Bezugnahme in § 20 Abs. 2 Satz 3 WHG auf die Zulässigkeit von nachträglichen Nebenbestimmungen nach § 13 Abs. 2 WHG zeigt (VGH BW, U.v. 8.12.2015 – 3 S 2158/14 – juris Rn. 57). Diese nachträglichen Anordnungen sind insbesondere zum Ausgleich einer auf die Benutzung zurückzuführenden nachteiligen Veränderung der Gewässereigenschaften erforderlich.
(2) § 20 Abs. 2 Satz 3 WHG bestimmt in Bezug auf alte Rechte und alte Befugnisse, dass für die Zulässigkeit nachträglicher Anforderungen und Maßnahmen ohne Entschädigung § 13 Abs. 2 WHG entsprechend gilt. Nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d) WHG kann die Wasserbehörde Maßnahmen anordnen, die zum Ausgleich einer auf die Benutzung zurückzuführenden nachteiligen Veränderung der Gewässereigenschaften erforderlich sind.
Die Wiederaufnahme des Schwellbetriebs hat nachteilige Veränderungen der Gewässereigenschaften im Sinn des § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d) i.V.m. § 3 Nr. 7 WHG zur Folge. Das (Wieder) Aufstauen des * und das Ableiten des Wassers in den Triebwerkskanal haben eine stark verminderte Wasserführung im Flussbett zur Folge. Damit wird unmittelbar in die biozönotischen, insbesondere fischzönotischen Verhältnisse eingegriffen, werden die Fließgeschwindigkeit, die natürliche Strukturentwicklung und der Sauerstoffeintrag nachteilig verändert. Durch eine veränderte Abflussdynamik können sich die hydromorphologischen Bedingungen für die Flora und Fauna verschlechtern. Niedrigwasser kann in physikalischer Hinsicht insbesondere zu Temperaturerhöhungen und zum Absinken der Fließgeschwindigkeit sowie zur Sauerstoffsättigung führen. Ferner kann eine Beeinträchtigung der Gewässergüte eintreten, weil Schadstoffkonzentrationen infolge industrieller oder landwirtschaftlicher Einträge nur in vermindertem Maße der Verdünnung durch natürliche Abflüsse unterliegen (vgl. OVG Bremen, U.v. 4.6.2009 – 1 A 9/09 – ZfW 2010, 233; Faßbender in Landmann/Rohmer, UmwR, Bd. 1, WHG, Stand August 2020, § 33 Rn. 6; Knopp in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, Stand August 2020, § 33 Rn. 8; Niesen, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 33 Rn. 3; Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 33 Rn. 5). Die Wasserentnahme am Oberlauf zu Turbinen einer Wasserkraftnutzung kann weiterhin ein Trockenfallen größerer Gewässerabschnitte am Unterlauf bewirken. So würde sich nach der Einschätzung der Fachbehörden beispielsweise durch den Schwellbetrieb die Wasserfläche im *-Altwasser oberhalb der Staustufe im Naturschutzgebiet „*“ um insgesamt 6,3 ha verringern, wodurch viele Flachwasserbereiche regelmäßig trockenfallen dürften.
Selbst wenn ein Altrecht bestünde, sind daher nach summarischer Prüfung bei Durchführung des Schwellbetriebs auf der Grundlage der Bescheide aus den Jahren 1959 und 1960 ohne weitere Inhalts- und Nebenbestimmungen erheblich nachteilige Gewässerauswirkungen zu erwarten. Die Antragstellerin räumt in ihrer Antragsbegründung selbst ein, dass mit der Ausübung des Schwellbetriebs möglicherweise schädliche Gewässerveränderungen einhergehen, dem mit der Möglichkeit nachträglicher Festsetzung von Inhalts- und Nebenbestimmungen entgegengewirkt werden könne. Selbst wenn man daher vom Bestehen eines Altrechts ausgehen sollte, wäre dieses den Anforderungen des derzeit geltenden Wasserrechts anzupassen. Dieses wird auch durch die Kontroll- und Anpassungspflichten in Umsetzung der Vorgaben des Art. 11 Abs. 3 Wasser-Rahmen-Richtlinie deutlich.
Solange nicht festgestellt ist, welche Maßnahmen zur Verhinderung nachteiliger Gewässereigenschaften durch die von der Antragstellerin geplante Nutzung erforderlich sind, kann sich die Antragstellerin für die beabsichtigte Nutzung nicht auf das behauptete Altrecht berufen.
(3) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Untersagungsverfügung nicht deswegen rechtswidrig, weil es Aufgabe des Antragsgegners wäre, die – auch von der Antragstellerin für notwendig erachteten – Inhalts- und Nebenbestimmungen von Amts wegen zu bestimmen. Durch die mit Schreiben vom 24. November 2020, eingegangen beim Antragsgegner am 26. November 2020, kurzfristige Ankündigung der Aufnahme des Schwellbetriebs für Montag, dem 30. November 2020, war es dem Antragsgegner unter Einbeziehung der Fachbehörden nicht mehr möglich, eine umfassende Überprüfung der zu erwartenden Beeinträchtigungen des Gewässers vorzunehmen. Angesichts der Tatsache, dass die Antragstellerin zumindest seit dem 31. März 2018 keinen Schwellbetrieb mehr durchgeführt hat, war die Vornahme der Untersagungsverfügung zur Vermeidung weiterer gewässerrechtlicher Beeinträchtigungen geboten.
dd) Der Antragsgegner hat das ihm zustehende Ermessen auch sachgerecht ausgeübt. Die Untersagungsverfügung war notwendig, um sicherzustellen, dass durch den beabsichtigten Schwellbetrieb die Gewässereigenschaften (§ 3 Nr. 7 WHG) und der Gewässerzustand (§ 3 Nr. 8 WHG) nicht erheblich beeinträchtigt werden. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die Untersagungsverfügung zur Klärung der Rechtsfragen und zur Vermeidung von erheblichen nachteiligen Auswirkungen durch den Schwellbetrieb für erforderlich hielt. Die Klärung dieser Fragen hat grundsätzlich in dem dafür vorgesehen Erlaubnisverfahren zu erfolgen und nicht bei Gelegenheit von Anordnungen im Zusammenhang mit Maßnahmen der Gewässerüberwachung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz, dass eine auf die bloße formelle Illegalität der Gewässerbenutzung gestützte Anordnung ausnahmsweise nur dann rechtmäßig ist, wenn eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts konkret zu erwarten ist und die Behörde zuvor die Möglichkeit einer Legalisierung der Gewässerbenutzung geprüft und verneint hat (BayVGH, B.v. 19.3.2012 – 8 ZB 10.2343 – juris Rn. 14). Die Untersagungsverfügung erfolgte ausschließlich deswegen, weil die Antragstellerin durch die kurzfristige Ankündigung des Schwellbetriebs den Antragsgegner vor vollendete Tatsachen stellte, ohne dass diesem die Prüfung der Zulässigkeit des Vorhabens zeitlich noch möglich war. Die Frage, ob sich die Antragstellerin bezüglich des Schwellbetriebs auf ein Altrecht berufen kann, kann nicht im Rahmen einer kurzfristig zu treffenden Maßnahme der Gewässeraufsicht erfolgen. Es wäre an der Antragstellerin gelegen, beispielsweise im Rahmen eines Feststellungsverfahren klären zu lassen, ob und in welchem Umfang sie sich möglicherweise auf ein Altrecht im Sinn von § 20 Abs. 1 WHG berufen kann.
c) Die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Androhung eines Zwangsgelds in Nr. 3 des Bescheids beruht auf Art. 29, 31 und 36 VwZVG. Als das mildeste aller Zwangsmittel ist das angedrohte Zwangsgeld als solches jedenfalls angemessen im Sinn von Art. 29 Abs. 3 VwZVG. Gegen die Höhe des Zwangsgelds, das sich im Bereich des in Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG vorgegebenen Rahmens von 15,- EUR bis 50.000,- EUR hält, bestehen keine Bedenken. Da mit der Zwangsgeldandrohung ein Unterlassen durchgesetzt werden soll, bedarf es auch keiner Fristsetzung nach Art. 32 Abs. 1 Satz 2 VwZVG. Das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin ist daher auch in Bezug auf die Zwangsgeldandrohung weniger gewichtig als das öffentliche Vollzugsinteresse.
3. Darüber hinaus ergibt die Folgenabwägung, dass das private Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegenüber dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug der Untersagungsverfügung zurücktreten muss. Dem von der Antragstellerin angegebenen wirtschaftlichen Interesse in Höhe eines Jahresbetrags in Höhe von 6.250,- EUR stehen gegebenenfalls erhebliche gewässer- und naturschutzrechtliche Auswirkungen bei Aufnahme eines unbeschränkt durchgeführten Schwellbetriebs auf der Grundlage eines behaupteten Altrechts gegenüber. Es ist der Antragstellerin zuzumuten, abzuwarten, bis im Hauptsacheverfahren eine Entscheidung über die Untersagungsverfügung ergangen ist.
4. Nach alledem ist der Rechtsschutzantrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (BayVBl. Sonderbeilage Januar 2014). Die Antragstellerin gab als wirtschaftliches Interesse einem Jahresbetrag von 6.250,- EUR an. Dieser Betrag war nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.