Europarecht

Unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss eines Finanzgerichts zur Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung von Haftungsbescheiden des Hauptzollamts.

Aktenzeichen  Vf. 91-VI-20

Datum:
14.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 39683
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Dem Beschwerdeführer wird eine Gebühr von 750 € auferlegt. 

Gründe

I.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen den Beschluss vom 17. August 2020 Az. 14 V 431/20, mit dem das Finanzgericht München den Antrag des Beschwerdeführers auf Aussetzung der Vollziehung von Haftungsbescheiden des Hauptzollamts Augsburg für Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt 751.750,24 € abgelehnt hat.
1. Mit Durchführungsverordnungen (EU) Nr. 1238/2013 (ABl Nr. L 325/1) und 1239/2013 (ABl Nr. L 325/66) vom 2. Dezember 2013 führte der Rat der Europäischen Union endgültige Antidumping- und Ausgleichszölle auf Fotovoltaik-Module aus kristallinem Silicium und Schlüsselkomponenten davon (Zellen) mit Ursprung in oder versandt aus der Volksrepublik China ein. Die Verordnungen, deren Geltungsdauer am 7. Dezember 2015 endete, nahmen bestimmte Warentypen (u. a. tragbare Solarladegeräte, die aus weniger als sechs Zellen bestehen, dauerhaft in Elektrogeräte integrierte Fotovoltaikprodukte sowie Module oder Paneele mit geringer Ausgangsspannung und -leistung, die ausschließlich zur unmittelbaren Verwendung als Batterieladegeräte bestimmt sind) von der Zollpflicht aus (Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1238/2013, Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1239/2013). Darüber hinaus war nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1238/2013 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1239/2013 eine Befreiung von der Zollpflicht möglich, wenn ein im Anhang des Durchführungsbeschlusses 2013/707/EU der Europäischen Kommission vom 4. Dezember 2013 (ABl Nr. L 325/214) genanntes Unternehmen die Ware hergestellt, versandt und in Rechnung gestellt hat. Mit diesem Durchführungsbeschluss bestätigte die Kommission die Annahme eines Verpflichtungsangebots (sog. Undertaking) der im Anhang des Beschlusses aufgeführten Hersteller und der Chinesischen Handelskammer für die Ein- und Ausfuhr von Maschinen und Elektronikerzeugnissen (CCCME) zur Festlegung von Mindesteinfuhrpreisen für FotovoltaikModule. Voraussetzung für die Befreiung von der Zollpflicht war die Angabe der hierfür vorgesehenen Codes bei der Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr, die Vorlage einer Verpflichtungsrechnung des Unternehmens mit bestimmten Angaben (u. a. exakte Warenbeschreibung, Warencodes, Beschreibung der Verkaufsbedingungen mit Zahlungsbedingungen, Preisnachlässen und Mengenrabatten) und einer Ausfuhrverpflichtungsbescheinigung der CCCME sowie einer Erklärung, dass die Angaben vollständig und zutreffend sind (Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c i.V. m. Anhang III und IV der Verordnung (EU) Nr. 1238/2013 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. b und c i.V. m. Anhang 2 und 3 der Verordnung (EU) Nr. 1239/2013). Außerdem mussten die Waren der Beschreibung auf der Verpflichtungsrechnung genau entsprechen (Art. 3 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EU) Nr. 1238/2013 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EU) Nr. 1239/2013). Wurde bei der Einfuhr festgestellt, dass eine oder mehrere der Befreiungsvoraussetzungen nicht erfüllt waren, entstand bei der Annahme der Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr eine Zollschuld (Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1238/2013 und Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1239/2013).
2. Die T. GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer der Beschwerdeführer war, hatte in der Zeit vom 16. April 2014 bis 30. August 2015 über verschiedene Speditionen Fotovoltaik-Module des chinesischen Herstellers H. Ltd eingeführt. Bei den Zollbehörden angemeldet waren die Module jeweils zur Einfuhr in den zollrechtlich freien Verkehr der Union mit Codierungen für von der Zollpflicht ausgenommene Warentypen. Da bei der Abfertigung keine zollamtlichen Beschauen durchgeführt wurden, wurden für die Module zunächst keine Einfuhrabgaben erhoben.
Wegen unzutreffender Angaben in den Zollanmeldungen, die im Rahmen einer Zollprüfung nachträglich festgestellt worden waren, hatte das Hauptzollamt Augsburg zunächst die T. GmbH mit Einfuhrabgabenbescheid vom 7. April 2017 zu Antidumping- und Ausgleichszöllen herangezogen.
3. a) Nachdem das Amtsgericht Weilheim mit Beschluss vom 29. März 2018 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der T. GmbH eröffnet hatte, nahm das Hauptzollamt Augsburg den Beschwerdeführer mit Haftungsbescheid vom 23. April 2018 für Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt 752.391,62 € (davon 651.441,80 € für Antidumpingzoll und 100.949,82 € für Ausgleichszoll) in Anspruch. Die T. GmbH habe in der fraglichen Zeit in zwölf Fällen Solarmodule aus der Volksrepublik China bezogen. Um die Solarmodule zollfrei einführen zu können, habe sie bei der zollrechtlichen Anmeldung, die von der Zollstelle zunächst ohne weitere Prüfung angenommen worden sei, eine unzutreffende Codenummer angegeben. Diese sei für Warentypen vorgesehen, die von den Zöllen ausgenommen seien. Die eingeführten Solarmodule hätten jedoch aus mehr als sechs Solarzellen bestanden und seien rückseitig mit einer Anschlussbox ausgestattet, in der drei Bypassdioden verbaut seien. Die maximale Leistung betrage 300 W. Diese Waren hätten Antidumping- und Ausgleichszöllen unterlegen. Sie seien auch nicht mit der Codierung für das Vorliegen einer Verpflichtungsrechnung und einer Ausfuhrverpflichtungsbescheinigung angemeldet worden. Nachträglich vorgelegte Verpflichtungsrechnungen und Ausfuhrverpflichtungsbescheinigungen seien nicht anzuerkennen, weil die Befreiungsvoraussetzungen nicht mehr geprüft werden könnten. Die Zölle seien demnach im maßgeblichen Zeitpunkt geschuldet gewesen. Als Geschäftsführer, der seine Pflichtenwahrnehmung zumindest gröblich verletzt habe, hafte der Beschwerdeführer für die Einfuhrabgaben.
Gegen den Haftungsbescheid vom 23. April 2018 ließ der Beschwerdeführer Einspruch einlegen.
Aufgrund nachträglich festgestellter Rückzahlungen des Lieferanten der Solarmodule an die T. GmbH nahm das Hauptzollamt Augsburg den Haftungsbescheid vom 23. April 2018 mit Bescheid vom 26. Februar 2019 teilweise zurück und setzte die Haftungssumme für die Einfuhrabgaben auf insgesamt 614.135,23 € herab.
b) Mit weiterem Haftungsbescheid vom 13. März 2019 nahm das Hauptzollamt Augsburg den Beschwerdeführer als Geschäftsführer der T. GmbH für Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 137.615,01 € in Anspruch. Er sei hinreichend verdächtig, bei der Einfuhr der Solarmodule gegenüber den Finanzbehörden wissentlich unrichtige Angaben gemacht zu haben. In elf Fällen stimme der tatsächlich gezahlte Preis für die Solarmodule nicht mit dem in der Verpflichtungsrechnung ausgewiesenen Preis überein, weil der Hersteller Preisnachlässe in Form von Rückzahlungen gewährt habe. Entsprechende Zahlungen seien auf dem privaten Konto des Beschwerdeführers eingegangen. Die geforderte Mindestangabe der Preisnachlässe oder Mengenrabatte sei in den Verpflichtungsrechnungen nicht enthalten. In einem weiteren Fall könne die erst nachträglich vorgelegte Verpflichtungsrechnung nicht anerkannt werden. Daher sei gleichzeitig mit der Annahme der jeweiligen Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr eine Zoll- und Einfuhrumsatzsteuerschuld entstanden, für die der Beschwerdeführer neben der T. GmbH als Gesamtschuldner hafte.
Auch gegen diesen Haftungsbescheid ließ der Beschwerdeführer Einspruch einlegen.
4. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 17. August 2020, den Bevollmächtigten des Beschwerdeführers zugestellt am 21. August 2020, lehnte das Finanzgericht dessen Antrag vom 20. Februar 2020 auf Aussetzung der Haftungsbescheide von der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung ab. Bei summarischer Prüfung bestünden keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Haftungsbescheide. Das Hauptzollamt habe zu Recht angenommen, dass bei den Einfuhren mit der Annahme der Zollanmeldung im Namen der T. GmbH jeweils Antidumping- und Ausgleichszoll sowie Einfuhrumsatzsteuer in der festgesetzten Höhe entstanden seien. Eine Zuweisung der eingeführten Solarmodule zu der angemeldeten Codenummer scheide ersichtlich von vornherein aus, weil die Ware aus mehr als sechs Solarzellen bestanden habe, es sich nicht um dauerhaft in Elektrogeräte integrierte Fotovoltaikprodukte handele und sie eine maximale Ausgangsleistung von 300 W besäßen. Die Möglichkeit zur nachträglichen Vorlage einer Verpflichtungsrechnung habe der Europäische Gerichtshof ausdrücklich verneint. Hinzu komme, dass die Verpflichtungsrechnungen des Lieferanten bei elf Einfuhranmeldungen wegen der nicht angegebenen Rückzahlungen an die T. GmbH auch unrichtig gewesen seien. Der Lieferant habe sich unzweifelhaft dem System zur Vermeidung der Festsetzung eines höheren Antidumping- bzw. Ausgleichszolls unterworfen. Für die Herausgabe weiterer Unterlagen zur Verpflichtungsvereinbarung zwischen dem Hersteller der Solarmodule und der EU-Kommission sei keine rechtliche Grundlage ersichtlich. Nach den bisher vorliegenden Unterlagen bestehe kein Zweifel, dass die T. GmbH gemeinsam mit dem Lieferanten ein System zum Ausgleich der überhöht in Rechnung gestellten Modulpreise durch Rückzahlungen entwickelt habe. Beiden Beteiligten sei bei den Einfuhren klar gewesen, dass die abgegebene Erklärung, die Ware werde unter den Bedingungen der von der Kommission angenommenen Verpflichtung verkauft, aufgrund der späteren KickbackZahlungen unzutreffend gewesen sei. Der angemeldete Zollwert der Waren habe ausschließlich dazu gedient, die Mindestpreisregelung auf dem Papier einzuhalten. Wegen des Zusammenspiels mit dem Lieferanten bedürfe es auch keines Widerrufs der Annahme der Verpflichtung und Erklärung der Ungültigkeit durch die Europäische Kommission. Das Hauptzollamt habe den Beschwerdeführer, der seiner Pflicht, die Zollanmeldungen zutreffend zu erklären, vorsätzlich nicht nachgekommen sei, auch zu Recht als Haftenden in Anspruch genommen. Weil der Beschwerdeführer am 31. Juli 2018 die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe und deshalb schon vor der Antragstellung zahlungsunfähig gewesen sei, sei die Vollziehung auch nicht wegen der Gefahr eines unersetzbaren Schadens auszusetzen.
5. Gegen diesen Beschluss ließ der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 4. September 2020 Anhörungsrüge erheben und zur Begründung ausführen, das Gericht habe seine Entscheidung auf Unterlagen gestützt, die dem Beschwerdeführer nicht zugänglich gemacht worden seien. Das Verpflichtungsangebot bzw. Undertaking, welches Besteuerungs- bzw. Verzollungsgrundlage sei und mit dessen angeblicher Verletzung das Hauptzollamt und das Gericht die Verzollung begründet hätten, sei dem Beschwerdeführer nicht vorgelegt worden. Die Regelungen des Undertaking seien entscheidend sowohl für die Frage des Entstehens der Zollschuld als auch für den angeblichen Pflichtenverstoß. Das Gericht habe in seinem Beschluss mehrfach auf das Undertaking abgestellt. Da dem Beschwerdeführer der Inhalt dieser Verpflichtung, die offensichtlich die Mindestpreise für die Einfuhr von Solarmodulen regele, nicht bekannt sei, habe er gar nicht die Möglichkeit, sich gegen den Vorwurf zu wehren. Die Behauptung sogenannter „Kickback-Zahlungen“ durch das Hauptzollamt lasse keinen Schluss auf eine Unterschreitung des Mindestpreises zu, wenn diese Mindestpreise nicht bekannt seien.
Mit Beschluss vom 22. Januar 2021 Az. 14 V 2007/20, den Bevollmächtigten des Beschwerdeführers zugestellt am 27. Januar 2021, wies das Finanzgericht die Anhörungsrüge zurück. Das Gericht habe den Vortrag des Beschwerdeführers ausführlich wiedergegeben und dazu umfangreich Stellung genommen. Es habe sich auch mit der Problematik des Undertaking auseinandergesetzt. Alle eingereichten Aktenteile hätten dem Beschwerdeführer zur Verfügung gestanden. Dem Gericht hätten keine weiteren Unterlagen vorgelegen, die dem Beschwerdeführer nicht bekannt gemacht worden seien.
II.
1. Mit seiner am 20. Oktober 2020 eingegangenen Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Finanzgerichts vom 17. August 2020 rügt der Beschwerdeführer, der zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt hat, einen Verstoß gegen sein Recht auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV).
Das Finanzgericht habe seinen Beschluss auf Dokumente und Regelungen gestützt, in die dem Beschwerdeführer keine Einsicht gewährt worden sei und zu denen er sich nicht habe äußern können. Das Gericht dürfe seiner Entscheidung jedoch keine Tatsachen zugrunde legen, zu denen die Beteiligten nicht hätten Stellung nehmen können. Sowohl das Hauptzollamt als auch das Finanzgericht hätten die Haftung für Einfuhrabgaben und die Versagung der Aussetzung der Vollziehung mehrfach mit Regelungen in der nicht veröffentlichten Vereinbarung zwischen der chinesischen Außenhandelskammer und der Europäischen Kommission begründet. Diese Verpflichtungsvereinbarung, das sog. Undertaking, sehe eine Ausnahmeregelung und Befreiung von den Einfuhrabgaben für Solarmodule chinesischer Hersteller vor, die sich verpflichtet hätten, gewisse Mindestpreise bei der Einfuhr einzuhalten. Der Beschwerdeführer habe im Rahmen des Verfahrens auf Aussetzung der Vollziehung beantragt, das Undertaking beizuziehen und ihm Einsicht zu gewähren.
Zwar habe das Finanzgericht die Zollverwaltung zur Vorlage des Undertaking aufgefordert. Die Zollverwaltung habe dies jedoch abgelehnt. Das Gericht habe den Beschluss unter anderem mit einem Verstoß gegen die in der Verpflichtungsvereinbarung geregelten Mindestpreise begründet und hinsichtlich der angeblich inhaltlichen Unrichtigkeit der Anmeldungen und der Umgehung der Mindestpreise darauf Bezug genommen. Es habe sich in dem angefochtenen Beschluss nicht dazu geäußert, weshalb dem Beschwerdeführer keine Einsicht in das Undertaking gewährt worden sei.
Es sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt, dem Beschwerdeführer die Verpflichtungsvereinbarung komplett vorzuenthalten, zumal das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung nicht öffentlich sei. Die Informationspflicht erstrecke sich auf den gesamten tatsächlichen Verfahrensstoff. Der Beschluss des Gerichts verstoße gegen die Pflicht zur Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen nach § 75 FGO. Dabei sei der Begriff der Unterlagen der Besteuerung weit zu fassen. Auch das Undertaking, das die Voraussetzungen für die Befreiung von den Antidumping- und Ausgleichszöllen und daran anknüpfend auch der Einfuhrumsatzsteuer regle und an dem der Hersteller der von der T. GmbH eingeführten Solarmodule teilnehme, sei eine wesentliche Besteuerungsgrundlage. Ohne dessen Kenntnis lasse sich nicht entscheiden, ob und in welcher Höhe die Mindestpreise durch die Kickback-Zahlungen unterschritten worden seien. Es könne ebenso gut sein, dass es zwar zu Kickback-Zahlungen gekommen sei, der schließlich bezahlte Betrag aber noch über den Mindestpreisen gelegen habe. Wäre dem Beschwerdeführer das Undertaking zugänglich gemacht worden, hätte er darlegen können, dass keine Umgehung des Mindestpreises vorliege. Dies sei ihm jedoch verwehrt worden. Er habe auch keine alternative Möglichkeit gehabt, Einblick in die Verpflichtungsvereinbarung zu erhalten.
Die Vorenthaltung des Undertaking sei auch kausal für die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Zwar habe das Finanzgericht die Entscheidung auch mit der Verwendung der falschen Zolltarifnummern begründet. Ganz wesentlich habe es jedoch auch auf die Verletzung der Verpflichtungsvereinbarung abgestellt.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei geboten, weil der Beschwerdeführer der Gefahr der Vollstreckung eines hohen sechsstelligen Betrags und damit der Gefahr der privaten Insolvenz ausgesetzt sei. Etwaige Vollstreckungsmaßnahmen und bereits eingeleitete Insolvenzverfahren könnten nicht mehr vollständig rückgängig gemacht werden.
Nach Zurückweisung der Anhörungsrüge haben die Bevollmächtigten des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 9. Februar 2021 um Fortführung des Verfassungsbeschwerdeverfahrens gebeten und mit Schriftsatz vom 27. April 2021 ergänzend ausgeführt, dieser könne sich mangels Kenntnis des Inhalts des Undertaking nicht dazu äußern, ob das Gericht darauf in entscheidungserheblicher Weise Bezug genommen habe. Eine fehlende Entscheidungserheblichkeit könne nicht damit begründet werden, dass eine Abgabenpflicht bereits nach anderen Vorschriften gegeben sei. In die Abwägungsentscheidung des Finanzgerichts müssten sämtliche Umstände eingestellt werden und somit auch ein angeblicher Verstoß gegen die Verpflichtungen der Undertaking-Vereinbarung. Bereits die Bezugnahme des Finanzgerichts auf diese Vereinbarung an mehreren Stellen des Beschlusses spreche dafür, dass sie in die Entscheidung eingeflossen sei oder eingeflossen sein könnte.
2. Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat hat zu der Verfassungsbeschwerde eine Stellungnahme des Finanzgerichts übermittelt. Das Gericht habe dem Beschwerdeführer mehrmals die Möglichkeit zur Stellungnahme gewährt, großzügige Fristen gesetzt und zu seinen Gunsten die Annahme der Undertaking-Vereinbarung durch die EU-Kommission unterstellt. Darüber hinaus sei der Inhalt des Verpflichtungsangebots und der vereinbarten Mindestpreise für die Entscheidung nicht maßgeblich gewesen. Die Voraussetzungen für die Nichterhebung der Einfuhrabgaben seien nach Aktenlage nicht erfüllt gewesen, weil die Angaben in der Verpflichtungsrechnung falsch gewesen seien. Die Preisangaben seien unzutreffend gewesen, weil sie die Kickback-Zahlungen nicht berücksichtigt hätten und die Versicherungen, dass die Angaben vollständig und richtig seien, unwahr gewesen seien. Dies sei der T. GmbH und dem chinesischen Unternehmen bekannt gewesen. Entstehungsgrund für die Zollschuld seien ausschließlich die falschen Angaben gewesen. Auf die vereinbarten Mindestpreise oder den Inhalt der Vereinbarungen mit dem chinesischen Unternehmen oder die Kenntnis der T. GmbH davon sei es nicht angekommen. Es habe kein Zweifel daran bestanden, dass die T. GmbH gemeinsam mit dem chinesischen Unternehmen ein System entwickelt habe, nach dem die überhöht in Rechnung gestellten Modulpreise durch Rückzahlungen ausgeglichen worden seien, und dass der Beschwerdeführer hierfür nach der Abgabenordnung hafte.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
1. Die Zulässigkeit ist bereits im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität zweifelhaft. Aus dem Erfordernis der Rechtswegerschöpfung folgt nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs und auch des Bundesverfassungsgerichts, dass die Verfassungsbeschwerde wegen ihres subsidiären Charakters über Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG hinaus nur dann zulässig ist, wenn alle prozessualen und faktischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, um dem als verfassungswidrig beanstandeten Hoheitsakt entgegenzutreten. Der Grundsatz der Subsidiarität verlangt, dass ein Beschwerdeführer im fachgerichtlichen Verfahren sowohl den Rechtsweg formal durchlaufen als auch alle zumutbaren prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um die geltend gemachte Verletzung von Verfassungsrecht zu verhindern oder zu beseitigen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 22.10.2018 BayVBl 2019, 465 Rn. 19; vom 8.11.2019 – Vf. 51-VI-18 – juris Rn. 24; vom 17.8.2021 – Vf. 84-VI-20 – juris Rn. 31).
Die angegriffene Entscheidung des Finanzgerichts ist in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen. Das finanzgerichtliche Verfahren zur Gewährung der Aussetzung der Vollziehung bei Einfuhrabgaben auf Waren, die in das und aus dem Zollgebiet der Union verbracht werden, richtet sich nach der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union – Unionszollkodex (UZK – ABl Nr. L 269/1), die insoweit nationalen Bestimmungen vorgeht. Gemäß Art. 45 Abs. 1 UZK hat die Einlegung eines Rechtsbehelfs keine aufschiebende Wirkung. Nach Art. 45 Abs. 2 UZK, der auch für das gerichtliche Verfahren gilt, setzen die Zollbehörden die Vollziehung der Entscheidung jedoch ganz oder teilweise aus, wenn sie begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Dabei wird die Vollziehung der Entscheidung gemäß Art. 45 Abs. 3 UZK grundsätzlich nur gegen Sicherheitsleistung ausgesetzt, es sei denn, es wird auf der Grundlage einer dokumentierten Bewertung festgestellt, dass dem Schuldner durch die Leistung einer solchen Sicherheit ernste wirtschaftliche oder soziale Schwierigkeiten entstehen könnten.
Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde kann zwar grundsätzlich auch eine letztinstanzliche fachgerichtliche Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sein, wenn diese bereits unmittelbar in verfassungsmäßig geschützte Rechte eingreift. Da das Finanzgericht die Beschwerde nicht zugelassen hat, war seine Entscheidung unanfechtbar (§ 128 Abs. 3 i.V. m. § 115 Abs. 2 FGO). Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist jedoch eine Verfassungsbeschwerde, die sich gegen eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren wendet, im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität unzulässig, wenn dem Beschwerdeführer zugemutet werden kann, die gerügte Verletzung verfassungsmäßiger Rechte im Hauptsacheverfahren geltend zu machen, oder wenn und soweit sonst ohne Inanspruchnahme des Verfassungsgerichtshofs eine andere Möglichkeit besteht, die gerügte Rechtsverletzung zu verhindern, zu beseitigen oder im praktischen Ergebnis dasselbe zu erreichen. Dementsprechend lässt der Verfassungsgerichtshof Verfassungsbeschwerden gegen letztinstanzliche Entscheidungen in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur dann zu, wenn der Beschwerdeführer die Verletzung subjektiver verfassungsmäßiger Rechte gerade durch die Entscheidung über den vorläufigen Rechtsschutz geltend macht und wenn der entstehende Nachteil durch das Hauptsacheverfahren oder auf andere Weise nicht oder nicht mehr ausreichend ausgeräumt werden kann (vgl. VerfGH vom 13.12.2016 VerfGHE 69, 365 Rn. 13; vom 18.7.2017 – Vf. 3-VI-16 – juris Rn. 9; vom 8.7.2021 – Vf. 47-VI-19 – juris Rn. 22).
Ob ein solcher Ausnahmefall hier trotz der Abgabe der Verrmögensauskunft durch den Beschwerdeführer am 31. Juli 2018 vorliegt und ob und mit welchem Ergebnis die Einspruchsverfahren gegen die angefochtenen Haftungsbescheide inzwischen abgeschlossen sind, kann jedoch dahinstehen, da die Verfassungsbeschwerde jedenfalls aus nachstehenden Gründen unzulässig ist.
2. Der Beschwerdeführer rügt ausschließlich die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) durch das Fachgericht. Insoweit hat er sich jedoch nicht mit den Gründen des Beschlusses vom 22. Januar 2021 auseinandergesetzt, mit dem das Finanzgericht seine Anhörungsrüge zurückgewiesen hat. Dies führt zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde.
a) Ist hinsichtlich des Beschwerdegegenstands ein Rechtsweg zulässig, muss der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde spätestens zwei Monate nach der schriftlichen Bekanntgabe der vollständigen letztgerichtlichen Entscheidung beim Verfassungsgerichtshof einreichen und begründen (Art. 51 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 VfGHG). Wenn zur Erschöpfung des Rechtswegs – wie hier – die Erhebung einer Anhörungsrüge geboten ist, weil der Beschwerdeführer mit seiner Verfassungsbeschwerde eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 91 Abs. 1 BV) geltend macht, beginnt die Zweimonatsfrist erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung über die Anhörungsrüge und nicht schon mit der Bekanntgabe der vorausgegangenen fachgerichtlichen Entscheidung zu laufen. Erst wenn das Ausgangsverfahren bei den Fachgerichten endgültig beendet ist, hat sich der Verfassungsgerichtshof damit zu befassen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 23.9.2015 VerfGHE 68, 180 Rn. 27; vom 20.4.2021 BayVBl 2021, 516 Rn. 30). Die Entscheidung über die Anhörungsrüge ist für den Beginn der Verfassungsbeschwerdefrist nur dann nicht maßgeblich, wenn diese Rüge offensichtlich unzulässig war. Durch die Einlegung einer offensichtlich unzulässigen Anhörungsrüge wird keine neue Beschwerdefrist in Lauf gesetzt (VerfGHE 68, 180 Rn. 28; VerfGH BayVBl 2021, 516 Rn. 30).
Nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG sind in der Verfassungsbeschwerde die Handlung oder Unterlassung der Behörde, gegen die sich der Beschwerdeführer wendet, und das verfassungsmäßige Recht, dessen Verletzung der Beschwerdeführer geltend macht, zu bezeichnen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs gehört dazu auch der Vortrag des wesentlichen Sachverhalts, aus dem die Rechtsverletzung hergeleitet wird. Die Verfassungsbeschwerde muss aus sich heraus verständlich sein (VerfGH vom 2.2.1966 VerfGHE 19, 14/15; vom 10.2.2014 – Vf. 53-VI-12 – juris Rn. 17; vom 15.11.2018 – Vf. 10-VI-17 – juris Rn. 14; vom 8.11.2019 – Vf. 77-VI-18 – juris Rn. 12). Insbesondere setzt eine aus sich heraus verständliche und nachvollziehbare Darlegung eines Grundrechtsverstoßes voraus, dass sich der Beschwerdeführer mit dem Inhalt der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt (VerfGH vom 24.10.2017 – Vf. 9-VI-17 – juris Rn. 40; vom 20.3.2018 BayVBl 2019, 207 Rn. 14 m. w. N.). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, verlangt das Darlegungsgebot des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG eine ins Einzelne gehende argumentative Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung (VerfGH vom 13.2.2020 – Vf. 23-VI-18 – juris Rn. 19; BVerfG vom 10.11.2015 NJW 2016, 1505 Rn. 9; vom 28.3.2019 – 2 BvR 2432/18 – juris). Rügt der Beschwerdeführer – wie hier – mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör und hat er diesbezüglich im Ausgangsverfahren eine Anhörungsrügeentscheidung herbeigeführt, muss er sich deshalb nicht nur mit der fachgerichtlichen Ausgangsentscheidung, sondern insbesondere auch mit den Gründen der Entscheidung über die Anhörungsrüge auseinandersetzen. Dies gebieten Sinn und Zweck des Gebots der Rechtswegerschöpfung (VerfGH vom 8.11.2019 – Vf. 77- VI-18 – juris Rn. 13; BVerfG vom 21.11.2008 – 1 BvR 2399/06 – juris Rn. 14). Andernfalls ist eine mögliche Grundrechtsverletzung nicht ausreichend dargelegt und die auf eine Gehörsverletzung gestützte Verfassungsbeschwerde unzulässig.
b) Vorliegend hat der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde mit Schreiben vom 20. Oktober 2020 eingelegt und begründet, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch keine Entscheidung über seine Anhörungsrüge vom 4. September 2020 ergangen war. Nach Bekanntgabe der mit Beschluss des Finanzgerichts vom 22. Januar 2021 erfolgten Zurückweisung der Anhörungsrüge am 27. Januar 2021 haben die Bevollmächtigten des Beschwerdeführers zwar mit Schreiben vom 9. Februar 2021 um Fortführung des Verfassungsbeschwerdeverfahrens gebeten, jedoch erst mit Schreiben vom 27. April 2021 – nach Ablauf der Verfassungsbeschwerdefrist – eine ergänzende Begründung eingereicht und sich auch darin nicht mit den Gründen der Zurückweisung der Anhörungsrüge auseinandergesetzt. Die Verfassungsbeschwerde genügt daher nicht den Begründungsanforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG, zumal nach Ablauf der Zweimonatsfrist des Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG fehlende notwendige Bestandteile der Verfassungsbeschwerde und damit auch eine Auseinandersetzung mit der Entscheidung über die Anhörungsrüge nicht mehr nachgeschoben werden können (VerfGH vom 8.11.2019 – Vf. 77-VI-18 – juris Rn. 13 m. w. N.).
IV.
Im Übrigen wäre die Verfassungsbeschwerde, ihre Zulässigkeit unterstellt, auch unbegründet.
1. Der Verfassungsgerichtshof überprüft gerichtliche Entscheidungen nur in engen Grenzen. Er ist kein Rechtsmittelgericht; es ist nicht seine Aufgabe zu kontrollieren, ob die Fachgerichte den Sachverhalt zutreffend ermittelt oder die Gesetze richtig ausgelegt und angewandt haben. Vielmehr hat er nur zu prüfen, ob das Fachgericht gegen die vom Beschwerdeführer bezeichneten subjektiven Rechte der Bayerischen Verfassung verstoßen hat. Gegenüber der Anwendung von Bundesrecht, das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung bei materiellrechtlichen Rügen darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat (Art. 118 Abs. 1 BV). In verfahrensrechtlicher Hinsicht überprüft der Verfassungsgerichtshof Entscheidungen, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, bei entsprechender Rüge auch daraufhin, ob ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt wurde, das, wie zum Beispiel der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV), mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGHE 68, 180 Rn. 30 ff. m. w. N.). Die Tatsachenfeststellungen und Subsumtionsvorgänge innerhalb des einfachen Rechts sind jedoch der Nachprüfung durch den Verfassungsgerichtshof so lange entzogen, als nicht Mängel der Sachverhaltsermittlung oder Auslegungsfehler sichtbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des verfassungsmäßigen Rechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. VerfGHE 68, 180 Rn. 32; VerfGH vom 18.7.2017 – Vf. 3-VI-16 – juris Rn. 18).
2. Hiervon ausgehend hat das Finanzgericht München den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) mit dem angegriffenen Beschluss vom 17. August 2020 nicht verletzt.
a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör hat grundsätzlich eine doppelte Ausprägung. Zum einen gibt er den Parteien einen Anspruch darauf, dass das Gericht ein rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht, soweit es nach den Prozessvorschriften nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann. Zum anderen untersagt er dem Gericht, seiner Entscheidung Tatsachen oder Beweisergebnisse zugrunde zu legen, zu denen die Parteien sich nicht äußern konnten (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 15.7.2005 VerfGHE 58, 178/180; vom 31.3.2008 VerfGHE 61, 66/70; vom 19.9.2018 – Vf. 1-VI-18 – juris Rn. 36; vom 8.7.2021 – Vf. 47-VI-19 – juris Rn. 27).
Das Gericht wird durch Art. 91 Abs. 1 BV jedoch nicht verpflichtet, in seiner Entscheidung auf alle Ausführungen eines Beteiligten einzugehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht die von ihm entgegengenommenen Äußerungen eines Beteiligten zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung gewürdigt hat. Dies gilt auch dann, wenn es davon abgesehen hat, sie in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu erörtern. Nur dann, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls klar und deutlich ergibt, dass das Gericht ein entscheidungserhebliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hat, kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs angenommen werden (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGHE 68, 180 Rn. 45 m. w. N.; VerfGH vom 19.9.2018 – Vf. 1-VI-18 – juris Rn. 36; vom 8.7.2021 – Vf. 47-VI-19 – juris Rn. 27). Geht das Gericht etwa auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vorbringens schließen, sofern es nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstanziiert war (VerfGH vom 9.2.1994 VerfGHE 47, 47/52; vom 16.11.2017 – Vf. 1-VI-17 – juris Rn. 15). Hingegen ergibt sich aus Art. 91 Abs. 1 BV kein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung eines Beteiligten anschließt, also „auf ihn hört“. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs kann auch nicht damit begründet werden, die vom Gericht vertretene Auffassung sei unrichtig (VerfGHE 68, 180 Rn. 45 m. w. N.; VerfGH vom 19.9.2018 – Vf. 1-VI-18 – juris Rn. 36; vom 8.7.2021 – Vf. 47-VI-19 – juris Rn. 27).
b) Das Finanzgericht hat die Argumentation des Beschwerdeführers, er könne sich nicht zu den Regelungen des Undertaking und den dort festgelegten Mindesteinfuhrpreisen äußern, weil ihm diese nicht bekannt seien, zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung berücksichtigt.
Auf Seite 4 der angefochtenen Entscheidung wird das entsprechende Vorbringen des Beschwerdeführers ausführlich wiedergegeben. In den Entscheidungsgründen führt das Gericht auf Seite 8 hierzu aus, es habe keiner weiteren Vorlagen durch das Hauptzollamt zum Ablauf des Verfahrens beim Erlass der Verordnungen (EU) Nrn. 1238/2013 und 1239/2013 bedurft, weil sich der Lieferant unzweifelhaft dem vorgegebenen System zur Vermeidung der Festsetzung eines höheren Antidumping- bzw. Ausgleichszolls unterworfen habe. Für die Herausgabe weiterer Unterlagen zur Verpflichtungsvereinbarung sei keine rechtliche Grundlage ersichtlich.
Damit wird deutlich, dass das Finanzgericht seiner Pflicht zur Kenntnisnahme und Berücksichtigung des Vortrags des Beschwerdeführers nachgekommen ist, wenn auch nicht mit dem von ihm angestrebten Ergebnis. Daraus ergibt sich allerdings kein Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs.
c) Es liegt auch keine Verletzung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör darin, dass das Finanzgericht die Verpflichtungsvereinbarung, deren Einzelheiten dem Erwägungsgrund 14 des Durchführungsbeschlusses 2013/707/EU zufolge zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und Preismanipulationen am Markt für Solarpaneele nicht offengelegt wurden, nicht beigezogen und in das Verfahren eingeführt hat. Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Finanzgerichts kam es auf die in der Verpflichtungsvereinbarung konkret festgelegten Mindesteinfuhrpreise der chinesischen Hersteller nicht entscheidungserheblich an. Das Gericht hat seine ablehnende Entscheidung tragend auf das Entstehen der Abgabenschuld für die Einfuhr der Solarmodule durch die in mehrfacher Hinsicht unzutreffenden Angaben bei der Anmeldung zur Überführung in den zollfreien Verkehr durch falsche Codenummern und unrichtige Verpflichtungsrechnungen und nicht auf eine Unterschreitung der Mindesteinfuhrpreise gestützt.
aa) In der Begründung der angegriffenen Entscheidung hat das Finanzgericht ausgeführt, bei der Anmeldung der Solarmodule seien Codenummern für zollfreie Solarladegeräte verwendet worden, für die eine einfache Handelsrechnung genügen würde. Die gelieferten Module bestünden jedoch aus mehr als sechs Solarzellen, seien keine dauerhaft in Elektrogeräte integrierten (Dünnschicht-)Fotovoltaikprodukte, die eine andere Funktion als die Stromerzeugung hätten und besäßen zudem eine maximale Ausgangsleistung von 300 W. Auf solche Solarmodule mit Ursprung in China würden Antidumping- und Ausgleichszölle erhoben, es sei denn, der chinesische Hersteller und Ausführer verpflichte sich, Regularien einzuhalten, die in Art. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1238/2013 und Art. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1239/2013 detailliert aufgeführt seien. Danach sei unter anderem eine Verpflichtungsrechnung des Verkäufers mit bestimmten Angaben und der Erklärung vorzulegen gewesen, wonach der Verkauf gemäß den Bedingungen der mit Durchführungsbeschluss 2013/707/EU angenommenen Verpflichtung erfolge und dass die Angaben auf dieser Rechnung vollständig und zutreffend seien. Diese Verpflichtungsrechnung könne allerdings nicht nachträglich vorgelegt werden. Es komme außerdem hinzu, dass die Verpflichtungsrechnungen bei elf Einfuhranmeldungen auch inhaltlich unrichtig gewesen seien, weil die Rückzahlungen nicht angegeben worden seien. Zur Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Haftender gemäß § 191 i.V. m. §§ 69, 71 AO hat das Finanzgericht insbesondere dargelegt, dass dieser als Geschäftsführer der T. GmbH deren steuerliche Pflicht, die Zollanmeldungen für die fraglichen Einfuhren ordnungsgemäß und inhaltlich zutreffend zu erklären, zu erfüllen gehabt habe und er dieser Pflicht vorsätzlich nicht nachgekommen sei. Es gebe nach Aktenlage keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die fehlerhafte Zollanmeldung auf den Vorgaben des Beschwerdeführers beruht habe und von ihm in Anbetracht der Beschaffenheit der eingeführten Ware bewusst die falsche Codenummer gewählt worden sei.
Damit hat das Finanzgericht die Abgabenschuld der T. GmbH und entsprechend die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Haftenden trotz der Erwähnung der Verpflichtungsvereinbarung aus der Beschaffenheit der gelieferten Solarmodule und der insoweit unzutreffenden Codierung bei der Anmeldung zur Einfuhr hergeleitet. Entscheidungserheblich kam es für das Gericht nicht auf die Mindesteinfuhrpreise in der Verpflichtungsvereinbarung zwischen der Europäischen Kommission und der chinesischen Handelskammer CCCME an.
bb) Soweit das Finanzgericht die Richtigkeit der Verpflichtungserklärungen geprüft hat, ergibt sich ebenfalls keine Gehörsverletzung daraus, dass es dem Beschwerdeführer keine Einsicht in die Verpflichtungsvereinbarung gewährt oder ermöglicht hat. Zum einen lag auch dem Finanzgericht diese Vereinbarung nicht vor. Das Hauptzollamt, dem sie ebenfalls nicht vorlag, hatte mit Schreiben vom 7. Juli 2020 darauf hingewiesen, es habe dem Gericht alle relevanten und vorhandenen Unterlagen übersandt. Zum anderen war nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Finanzgerichts für die Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Befreiung von der Abgabenschuld erfüllt sind, die Kenntnis des genauen Inhalts der Verpflichtungsvereinbarung, insbesondere der dort festgelegten Mindesteinfuhrpreise, nicht erforderlich.
Das Finanzgericht hat hierzu ausgeführt, Voraussetzung für die Befreiung sei zunächst, dass ein im Anhang des Durchführungsbeschlusses 2013/707/EU genanntes Unternehmen die Waren hergestellt, versandt und in Rechnung gestellt habe (Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1238/2013 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1239/2013). Vorliegend sei dies der Fall, da die H. Ltd als chinesischer Lieferant, von der die T. GmbH die Solarmodule bezogen habe, in der dem Durchführungsbeschluss 2013/707/EU als Anhang beigefügten Liste von Unternehmen ausdrücklich aufgeführt sei. Damit stehe fest, dass sich der Vertragspartner der T. GmbH den Regularien der Verpflichtungsvereinbarung unterworfen habe.
Weitere Befreiungsvoraussetzung sei die Vorlage einer Verpflichtungsrechnung des Herstellers und Lieferanten der Ware, die unter anderem eine Beschreibung der Verkaufsbedingungen einschließlich der geltenden Zahlungs- und Lieferbedingungen und von Preisnachlässen und Mengenrabatten insgesamt enthalten müsse (Art. 3 Abs. 1 Buchst. b i.V. m. Anhang III Nr. 7 der Verordnung (EU) Nr. 1238/2013 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. b i.V. m. Anhang 2 Nr. 7 der Verordnung (EU) Nr. 1239/2013). Dabei habe die zuständige Person des Unternehmens, das die Rechnung ausgestellt hat, zu versichern, dass der Verkauf gemäß den Bedingungen der mit Durchführungsbeschluss 2013/707/EU angenommenen Verpflichtung erfolge und dass die Angaben auf dieser Rechnung vollständig und zutreffend seien (Anhang III Nr. 9 der Verordnung (EU) Nr. 1238/2013 und Anhang 2 Nr. 9 der Verordnung (EU) Nr. 1239/2013). Werde bei der Einfuhr festgestellt, dass eine oder mehrere dieser Bedingungen nicht erfüllt seien, entstehe bei der Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkauf eine Zollschuld (Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1238/2013 und Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1239/2013). Dass die abgegebenen Erklärungen in elf Fällen unzutreffend seien, ergebe sich bereits aus dem Verschweigen der zwischen der H. Ltd und der T. GmbH vereinbarten Rück- bzw. Kickback-Zahlungen. Preisnachlässe und Mengenrabatte seien notwendiger Bestandteil der Verpflichtungsrechnung und die Richtigkeit der entsprechenden Angaben von der zuständigen Person des Unternehmens ausdrücklich zu bestätigen.
Das Finanzgericht hat somit die Unrichtigkeit der Verpflichtungserklärungen auf die abgegebenen Erklärungen des Herstellers und Lieferanten der Ware zu den Preisnachlässen und Mengenrabatten gestützt. Es bestehe kein Zweifel daran, dass die T. GmbH gemeinsam mit dem Ausführer H. Ltd ein System entwickelt habe, nach dem die überhöht in Rechnung gestellten Modulpreise durch Rückzahlungen ausgeglichen worden seien. Für die Beurteilung der Richtigkeit der Erklärungen in der Verpflichtungsrechnungen hielt das Gericht jedenfalls bei der vorliegenden Fallkonstellation die Kenntnis der zwischen der EU-Kommission und der chinesischen Handelskammer CCCME vereinbarten Mindesteinfuhrpreise und damit der Verpflichtungsvereinbarung im Einzelnen nicht für erforderlich.
Es kam für das Finanzgericht nicht entscheidungserheblich darauf an, ob im Falle der rechtzeitigen Vorlage der Verpflichtungserklärungen und korrekten Angabe der vereinbarten Rückzahlungen eine Unterschreitung der im Undertaking festgelegten Mindesteinfuhrpreise vorgelegen hätte. Ausschlaggebend war nach Auffassung des Gerichts vielmehr allein die Unrichtigkeit der Erklärungen, wonach die Angaben auch hinsichtlich der Preisnachlässe und Mengenrabatte vollständig und zutreffend seien, obwohl vereinbarte Rückzahlungen verschwiegen wurden. Ein Verstoß gegen Art. 91 Abs. 1 BV ist darin nicht zu sehen.
cc) Schließlich ergibt sich eine Gehörsverletzung entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch nicht daraus, dass das Undertaking einschließlich der Mindesteinfuhrpreise im Rahmen einer Abwägung in die Entscheidung des Finanzgerichts eingeflossen wäre oder hätte einfließen müssen. Die Aussetzung der Vollziehung gemäß Art. 45 Abs. 2 UZK setzt tatbestandlich begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung oder die Möglichkeit des Entstehens eines dem Beteiligten unersetzbaren Schadens voraus. Wird – wie hier – vom entscheidenden Gericht beides verneint, bleibt kein Raum mehr für eine Abwägungsentscheidung hinsichtlich der Aussetzung der Vollziehung.
V.
Durch die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde hat sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt.
VI.
Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 750 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).


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