Europarecht

Unzulässiger Verzicht auf Eigenbeteiligung bei der Abgabe von FFP2-Schutzmasken durch Apotheke

Aktenzeichen  3 U 2128/21

Datum:
30.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MD – 2022, 25
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 3a, § 8 Abs. 3 Nr. 2
SchutzmV § 5, § 6, § 7
ZPO § 522 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Es kommt im Lauterkeitsrecht für die Frage einer Klagebefugnis nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG darauf an, ob sich die betreffenden Waren oder Dienstleistungen ihrer Art nach so gleichen oder nahe stehen, dass der Absatz des einen Unternehmers durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann (ebenso BGH 7.5.2015 – I ZR 158/14, BeckRS 2015, 17167 Rn. 14 –  Der Zauber des Nordens). Es reicht aus, dass die Mitgliedsunternehmen eine zumindest nicht gänzlich unbedeutende Beeinträchtigung durch die Wettbewerbsmaßnahme mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit zu befürchten haben (ebenso BGH 24.11.1999 – I ZR 189/97, BeckRS 1999, 30083821 – Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für eine Einstufung als Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG muss eine Vorschrift zumindest auch dazu bestimmt sein, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Wie sich aus dem Wort „auch“ ergibt, muss dieser Zweck nicht der einzige und nicht einmal der primäre sein. Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm dann, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt; es genügt nicht, dass sie ein wichtiges Gemeinschaftsgut oder die Interessen Dritter schützt, sofern damit nicht gleichzeitig auch die Interessen von Marktteilnehmern geschützt werden sollen (ebenso BGH 1.12.2016 – I ZR 143/15, BeckRS 2016, 118159 Rn. 20 – Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln). Ob ein entsprechender Normzweck vorliegt, ist durch Auslegung der Norm zu ermitteln.  (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei § 6 SchutzmV handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG. Die Vorschrift dient der Verhaltenssteuerung von Marktteilnehmern, nämlich der zum Bezug der Schutzmasken berechtigten Nachfrager. Sie dient aber auch dem Interesse anderer Marktteilnehmer, nämlich der anderen zum Bezug der Masken berechtigten Verbraucher am zeit- und wohnortnahen Bezug dieser Masken. (Rn. 23) (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

4 HK O 1004/21 2021-05-26 Urt LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26.05.2021, Az. 4 HK O 1004/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Gründe

A.
I.
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Bewerbung einer kostenlosen Abgabe von FFP2-Schutzmasken auf Grundlage der Corona-Virus-Schutzmaskenverordnung (im folgenden: SchutzmV).
Der Verfügungskläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Zu den Mitgliedern des Verfügungsklägers gehören der H…Apothekerverein e.V., die Apothekerkammer N…, der M..A e.V. M..V..D..Apotheker e.V., 134 Unternehmen der Heilmittelbranche, 48 Unternehmen der Branche Heilwesen/Dienstleistungen, 3 Lebensmittelfilialbetriebe, die auch Schutzmasken vertreiben, sowie der Edeka Verband kaufmännischer Genossenschaften e.V., dessen Mitglieder ebenfalls Schutzmasken vertreiben.
Der Verfügungsbeklagte ist Inhaber einer Apotheke nebst Filialapotheken in Nürnberg und Umgebung. Er bewirbt die Abgabe von FFP2-Masken wie folgt: „6+1 FFP2-Masken gratis* erhalten! 2 EUR Eigenanteil sparen! Bei Abholung in der Apotheke gegen Einlösung des offiziellen Bezugsscheins oder Zustellung per Post bei Zusendung des Bezugsscheins …“.
Der Verfügungskläger berief sich auf § 8 Abs. 2 UWG und behauptete einen Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 3a, 8 UWG, 6 SchutzmV, 7 HWG. Er trug vor, die Selbstbeteiligung i.H.v. 2 EUR sei eine bindende Verpflichtung und diese Regelung sei auch dazu bestimmt, das Marktverhalten zu regeln. Verhindert werden solle die unkontrollierte Abgabe der Masken an anspruchsberechtigte Personen. Die Regelung diene der gleichmäßigen und sinnvollen Verteilung der nicht in unbegrenztem Maß zur Verfügung stehenden FFP2-Masken. Die Regelung diene ferner dazu, durch die Abgabe über Apotheken im gesamten Bundesgebiet für jeden Verbraucher auf kurzen Wegen erreichbar eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen. Außerdem liege ein Verstoß gegen § 7 HWG vor, bei den Masken handle es sich um Medizinprodukte. Ein Barrabatt i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a HWG liege wegen des vollständigen Erlasses nicht vor.
Auf der Grundlage dieses Sachvortrags erwirkte der Verfügungskläger beim Landgericht Nürnberg-Fürth eine entsprechende Beschlussverfügung.
Hiergegen legte der Verfügungsbeklagte Widerspruch ein.
Dieser trug vor, der Verzicht auf die Eigenbeteiligung sei wettbewerbsrechtlich nicht relevant. Die Grundzüge des SGB V seien anwendbar. FFP2-Masken seien weder Medizinprodukte noch Hilfsmittel, sondern persönliche Schutzausrüstungen. Sie unterlägen nicht dem Konformitätsbewertungsverfahren nach dem MPG. Der Händler könne die Preise frei festsetzen und Zugaben gewähren. Bei der Eigenbeteiligung handle es sich nicht um einen Anspruch des Kostenträgers, sondern dies sei ein originärer Anspruch des Inhabers der Apotheke gegenüber dem Kunden. Ein Verstoß gegen § 6 SchutzmV liege nicht vor. Die Eigenbeteiligung habe sicherstellen sollen, dass Berechtigte, die keine Masken benötigen, diese nicht in Anspruch nehmen. Die SchutzmV habe keine anderen Zielsetzungen. Zudem spielten die für § 2 Abs. 1 SchutzmV angestellten Überlegungen (kurzfristige flächendeckende Versorgung) für die Berechtigung nach § 2 Abs. 2 keine Rolle mehr. Alleiniger Zweck der Eigenbeteiligung sei ein Beitrag zur verantwortungsvollen Inanspruchnahme der Berechtigung zum Bezug von Schutzmasken. Die kurzfristige flächendeckende Versorgung sei abgeschlossen gewesen. Die Behauptung, der Verordnungsgeber habe zur Vermeidung eines Wettbewerbs der Apotheken untereinander gleiche Voraussetzungen und Bedingungen für die Abgabe der Masken und Erstattung der Kosten schaffen wollen, könne nicht überzeugen.
Mit Schriftsatz vom 16.04.3032 erklärte der Verfügungskläger die Erledigung des Rechtsstreits. Der Verfügungsbeklagte schloss sich der Erledigterklärung des Rechtsstreits nicht an.
Am 26.05.2021 erließ das Landgericht Nürnberg-Fürth folgendes Endurteil:
I. Es wird festgestellt, dass das Verfahren in der Hauptsache erledigt ist.
II. Der Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens
Zur Begründung führe das Landgericht u.a. aus, dass sich die Klagebefugnis des Klägers aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ergebe. Ein Verfügungsanspruch habe gemäß §§ 3, 3a UWG i.V.mm. § 6 SchutzmV bestanden. Bei § 6 SchutzmV handle es sich um eine Marktverhaltensregelung. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob auch ein Verfügungsanspruch aus §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 7 HWG bestanden habe.
II.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Verfügungsbeklagte.
Er beantragt,
I. Unter Aufhebung des Urteils vom 26.05.2021 wird festgestellt, dass der am 18. Februar 2021 gestellte Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung, so wie am 23. Februar 2021 erlassen, von Beginn an unbegründet war
Zur Begründung führt er aus, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung von Anfang an unbegründet gewesen sei, da der Verfügungskläger insoweit nicht aktivlegitimiert gewesen sei und zudem Ansprüche nach §§ 3, 3a UWG ausscheiden würden, da es sich bei § 6 SchutzmV nicht um eine Marktverhaltensregel gehandelt habe und auch keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen § 7 HWG bestünden. Der Verfügungsbeklagte nahm insoweit Bezug auf seine erstinstanzlichen Ausführungen, insbesondere in Erwiderung auf den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und im Rahmen des Widerspruchsverfahrens sowie auf die Darlegungen im Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. April 2021, Az. 15 U 17/21 (Anlage BK 1), in welchem umfassend herausgearbeitet worden sei, dass es sich bei § 6 SchutzmV nicht um eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 3a UWG handele.
Der Verfügungskläger beantragt die Zurückweisung der Berufung. Er sei entgegen der Auffassung des Beklagten aktivlegitimiert. Das Landgericht habe § 6 SchutzmV zu Recht als Marktverhaltensregelung gewertet, so dass ihm bis zum Zeitpunkt der Erledigung der geltend gemachte Unterlasssungsanspruch zugestanden habe. Der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf könne nicht gefolgt werden.
B.
Das angefochtene Urteil hält den Berufungsangriffen stand. Der Verfügungsbeklagte hat weder neue berücksichtigungsfähige Tatsachen vorgetragen (§ 529 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) noch konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts begründen würden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist daher von dem im angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Sachverhalt auszugehen. Dieser rechtfertigt weder eine andere Entscheidung noch ist eine Rechtsverletzung vorgetragen, auf der die erstinstanzliche Entscheidung beruhen würde (§ 531 Abs. 1 ZPO).
I.
Das Landgericht hat zu Recht eine Klagebefugnis des Verfügungsklägers nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG bejaht.
Den Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen ist die Klagebefugnis und Anspruchsberechtigung verliehen, weil die Bekämpfung unlauterer geschäftlicher Handlungen auch im Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb (§ 1 S. 2) liegt (vgl. BGH GRUR 1990, 282 (284) – Wettbewerbsverein IV; BGH GRUR 1994, 304 (305) – Zigarettenwerbung in Jugendzeitschriften (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, 39. Aufl. 2021, UWG § 8 Rn. 3.30).
Rechtsfähigkeit und Satzungszweck sind hier gegeben. Das Vorhandensein der erforderlichen Ausstattung ist angesichts der jahrelangen, unbeanstandeten Verbandstätigkeit zu vermuten (BGH GRUR 1986, 320f. – Wettbewerbsverein I).
Das Landgericht hat überzeugend ausgeführt, dass dem Verfügungskläger eine erhebliche Zahl von Mitgliedern angehört, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben räumlich und sachlich relevanten Markt vertreiben, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.
Es kommt im Lauterkeitsrecht darauf an, ob sich die betreffenden Waren oder Dienstleistungen ihrer Art nach so gleichen oder nahe stehen, dass der Absatz des einen Unternehmers durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann (vgl. BGH GRUR 2015, 1240 Rn. 15 – Der Zauber des Nordens). Es reicht aus, dass die Mitgliedsunternehmen eine zumindest nicht gänzlich unbedeutende Beeinträchtigung durch die Wettbewerbsmaßnahme mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit zu befürchten haben (BGH GRUR 2000, 438 (440) – Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge; BGH GRUR 2000, 1084 (1085) – Unternehmenskennzeichnung; BGH GRUR 2006, 778 Rn. 19 – Sammelmitgliedschaft IV; BGH GRUR 2007, 610 Rn. 17 – Sammelmitgliedschaft V; BGH GRUR 2007, 809 Rn. 14 – Krankenhauswerbung (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen a.a.O. § 8 Rn. 3.36).
Dies ist hier bei den räumlich in unmittelbarer Nähe angesiedelten drei Lebensmittelfilialbetrieben, L…, N… und V…, sowie dem E…-Verband kaufmännischer Genossenschaften eV bzw. bei dessen Mitgliedern der Fall, da auch diese Schutzmasken und damit Waren gleicher Art vertreiben. Diese können durch die Wettbewerbsmaßnahme des Verfügungsbeklagten in ihrem eigenen Absatz beeinträchtigt werden. Dass die Lebensmittelfilialisten nicht zum Kreis derer gehörten, die zur Entgegennahme der Berechtigungsscheine berechtigt gewesen sind, steht dem nicht entgegen, weil die Werbemaßnahme des Verfügungsbeklagten geeignet ist, auch die Kaufentscheidung eines potentiellen Kunden anderer Verkaufsstellen als der Apotheken zu beeinflussen (vgl. OLG Bremen Beschluss vom 06.05.2021, Gz.: 2 U 27/21, Anlage A 19).
Im übrigen wirbt der Verfügungsbeklagte mit der beanstandeten Aussage im Internet dergestalt, dass die Schutzmasken beim Verfügungskläger auch zur Zustellung per Post erhältlich sein sollten, so dass der maßgebliche räumliche Markt zumindest auch das Bundesgebiet umfasst.
II.
Bei § 6 SchutzmV handelt es sich nach Ansicht des Senats auch um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG.
Gemäß § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Marktteilnehmer sind nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG neben den Mitbewerbern und Verbrauchern alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind.
Die Vorschrift muss demnach zumindest auch dazu bestimmt sein, im Interesse der Marktteilnehmer (iSv § 2 I Nr. 2 UWG) das Marktverhalten zu regeln. Wie sich aus dem Wort „auch“ ergibt, muss dieser Zweck nicht der einzige und nicht einmal der primäre sein. Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm dann, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt; es genügt nicht, dass sie ein wichtiges Gemeinschaftsgut oder die Interessen Dritter schützt, sofern damit nicht gleichzeitig auch die Interessen von Marktteilnehmern geschützt werden sollen (BGH GRUR 2017, 641 Rn. 20 – Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln). Ob ein entsprechender Normzweck vorliegt, ist durch Auslegung der Norm zu ermitteln (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021, UWG § 3a Rn. 1.61).
Ob es sich bei § 6 SchutzmV um eine Marktverhaltensregel handelt oder nicht hat der Verordnungsgeber nicht festgehalten.
Der vorliegend durch Auslegung zu ermittelnde Normzweck ergibt, dass § 6 SchutzmV zumindest auch im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten regeln soll.
1. Der Verordnung selbst sowie der Begründung des Referentenentwurfs des Bundesministeriums für Gesundheit vom 13.12.2020 zur SchmV ist folgendes zu entnehmen.
a. Die SchutzmV hat u.a. folgenden Wortlaut:
§ 2[1] Inhalt des Anspruchs
(1) Die anspruchsberechtigten Personen nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 2 oder Absatz 2 Nummer 1 haben im Zeitraum vom 15. Dezember 2020 bis zum Ablauf des 6. Januar 2021 einen Anspruch auf einmalig drei Schutzmasken.
(2) Die anspruchsberechtigten Personen nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 2 oder Absatz 2 Nummer 1 haben im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum Ablauf des 28. Februar 2021 einen Anspruch auf einmalig sechs Schutzmasken und im Zeitraum vom 16. Februar 2021 bis zum Ablauf des 15. April 2021 einen weiteren Anspruch auf einmalig sechs Schutzmasken.
§ 5[1] Erstattungspreis für die Schutzmasken
(1) Für die Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Absatz 1 erhält die Apotheke eine Pauschale aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds über den Fonds zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes von Apotheken nach § 18 Absatz 1 Satz 1 des Apothekengesetzes nach Maßgabe des § 7 Absatz 1.
(2) Für die Abgabe der Schutzmasken nach § 4 Absatz 2 Satz 1 erhält die Apotheke sechs Euro je Schutzmaske einschließlich Umsatzsteuer.
(3) Die Apotheke erhält einen Erstattungspreis in Höhe von 3,90 Euro einschließlich Umsatzsteuer
1. für jede Schutzmaske, die nach § 4 Absatz 2a Satz 1 abgegeben wird, und
2. abweichend von Absatz 2 für jede nach § 4 Absatz 2 Satz 1 abgegebene Schutzmaske, auf die nach § 2 Absatz 2 im Zeitraum vom 16. Februar 2021 bis zum Ablauf des 15. April 2021 ein Anspruch besteht.
[1]§ 5 Abs. 3 angef. mWv 6.2.2021 durch VO v. 4.2.2021 (BAnz AT 05.02.2021 V1).
§ 6 Eigenbeteiligung der Anspruchsberechtigten
1Jede anspruchsberechtigte Person hat bei der Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Absatz 2 Satz 1 an die abgebende Apotheke eine Eigenbeteiligung in Höhe von zwei Euro je Abgabe von sechs Schutzmasken zu leisten. 2Die Eigenbeteiligung verbleibt in der Apotheke und wird auf den in § 5 Absatz 2 genannten Erstattungsbetrag angerechnet.
§ 7[1] Abrechnung der Schutzmasken durch die Apotheken
(1) 1Die Pauschale nach § 5 Absatz 1 setzt der Deutsche Apothekerverband e.V. durch Bescheid für jede Apotheke fest und zahlt sie nach Abzug der Verwaltungskosten an die Apotheken aus. 2Die Pauschale errechnet sich durch Multiplikation des in § 9 Absatz 3 genannten Betrages mit dem Quotienten aus der Anzahl der im dritten Quartal 2020 von der jeweiligen Apotheke abgegebenen und nach § 19 Absatz 3 Satz 1 und 2 und Absatz 5 Satz 1 des Apothekengesetzes an den Deutschen Apothekerverband e.V. gemeldeten Packungen verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel zur Anwendung bei Menschen und der Anzahl der von den anspruchsberechtigten Apotheken insgesamt im dritten Quartal 2020 abgegebenen und nach § 19 Absatz 3 Satz 1 und 2 und Absatz 5 Satz 1 des Apothekengesetzes an den Deutschen Apothekerverband e.V. gemeldeten Packungen verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel zur Anwendung bei Menschen. 3Liegen für eine Apotheke die in Satz 2 genannten Angaben für das dritte Quartal 2020 nicht oder nicht vollständig vor, sind diese vom Deutschen Apothekerverband e.V. zu schätzen. 4Der Deutsche Apothekerverband e.V. nimmt die Aufgaben nach den Sätzen 1 bis 3 als Beliehener wahr. 5Das Nähere bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch einen Beleihungsbescheid nach § 20a des Apothekengesetzes.
(2) 1Für die Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Absatz 2 erstellen die Apotheken mindestens einmal pro Monat eine Abrechnung, aus der sich die Anzahl der abgegebenen Masken, die eingenommenen Eigenbeteiligungen und der geltend gemachte Erstattungsbetrag ergeben. 2Die Abrechnung wird von den Apotheken an das jeweilige Rechenzentrum im Sinne von § 300 Absatz 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch übermittelt. 3Die übermittelten Angaben dürfen keinen Bezug zu der Person aufweisen, an die die Schutzmasken abgegeben wurden. 4Die für den Nachweis der korrekten Abrechnung erforderlichen rechnungsbegründenden Unterlagen einschließlich der nach § 4 Absatz 2 Satz 2 einbehaltenden[2] Bescheinigungen sind von den Apotheken bis zum 31. Dezember 2024 unverändert zu speichern oder aufzubewahren.
b. Dem Referentenentwurf zur SchutzmV ist folgendes zu entnehmen:
… Ziel ist es, das Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 für besonders vulnerable Personengruppen mittels der Verwendung von Schutzmasken zu reduzieren…
… Die Abgabe der Masken erfolgt in Apotheken. Um die Abgabe bereits im Dezember 2020 aufnehmen zu können, erhalten die Anspruchsberechtigten die ersten drei Masken in einem vereinfachten Verfahren nach Vorlage des Personalausweises oder nach nachvollziehbarer Darlegung des Anspruchs durch Eigenauskunft. Für die Abgabe der weiteren 12 Masken haben die Versicherten ab Januar 2021 ihre Anspruchsberechtigung durch die Vorlage einer Bescheinigung ihrer Krankenkasse oder ihres privaten Krankenversicherungsunternehmens nachzuweisen. Der Erstattungspreis für jede Maske beträgt sechs Euro
Zu § 2
Zu Absatz 1: Um allen anspruchsberechtigten Personen noch im Jahr 2020 die Möglichkeit zu geben, sich vor einer Infektion mit dem Coronavirus auch mithilfe von Schutzmasken zu schützen, wird in einem ersten Schritt ein Anspruch auf drei Schutzmasken vorgesehen.
Zu Absatz 2: Ab Januar 2021 erfolgt in einem zweiten Schritt die Abgabe von zweimal je sechs Schutzmasken. Auch vor dem Hintergrund der begrenzten Verfügbarkeit von partikelfilternden Halbmasken in den Apotheken können die anspruchsberechtigten Personen nicht sofort vollumfänglich mit Schutzmasken versorgt werden. Es bedarf daher einer zeitlich versetzten Abgabe der Schutzmasken
Zu § 4 
Zu Absatz 1: Damit der Anspruch nach § 2 Abs. 1 zügig umgesetzt werden kann, sollen die Schutzmasken durch inländische Apotheken im Rahmen eines unkomplizierten und bürokratiearmen Verfahrens, das auf ortsnahe Apotheken ausgerichtet ist, abgegeben werden
Zu Absatz 2: … Im Unterschied zu Absatz 1 können nach Absatz 2 die Schutzmasken auch durch Versandapotheken in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union abgegeben und abgerechnet werden
Zu § 6
Bei der Abgabe der Schutzmasken, die nach § 4 Abs. 2 ab Januar 2021 erfolgt, haben alle Anspruchsberechtigten eine Eigenbeteiligung in Höhe von 2 Euro je Abgabe von sechs Schutzmasken zu leisten. Die Eigenbeteiligung soll zur verantwortungsvollen Inanspruchnahme der Berechtigung zum Bezug von Schutzmasken beitragen. Die Eigenbeteiligung stellt keine Zuzahlung im Sinne des § 61 SGB V dar und ist auf die Belastungsgrenze nach § 62 SGB V nicht anzurechnen. Die Eigenbeteiligung ist von den Anspruchsberechtigten in der Apotheke zu leisten und verbleibt in der Apotheke. Auf den Erstattungsbetrag ist die von den Apotheken einzuziehende Eigenbeteiligung anzurechnen. Der Abrechnungsbetrag mindert sich entsprechend.
Zu § 7 
Zu Absatz 2: 
Apotheken erstellen zum Zwecke der Abrechnung einen Sammelbeleg, aus dem sich die Gesamtanzahl der abgegebenen Masken, die Höhe der eingenommenen Eigenbeteiligung und der geltend gemachten Erstattungsbetrag ergibt Die für den Nachweis einer korrekten Abrechnung erforderlichen rechnungsbegründenden Unterlagen sind von den Apotheken bis zum 31. Dezember 2024 unverändert zu speichern oder aufzubewahren. Davon umfasst sind auch die Bescheinigungen nach § 3 Absatz 1, gegen deren Vorlage eine Abgabe von Schutzmasken erfolgt und die die Voraussetzung für die Abrechnung der Schutzmasken durch die Apotheken nach § 7 sind.
2. Das Gesamtgefüge der SchutzmV ergibt, dass es sich bei der Eigenbeteiligung nach § 6 SchutzmV (anders als etwa bei der Entscheidung BGH GRUR 2017, 641 – Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln) nicht allein um eine Form der Selbstbeteiligung der Versicherten handelt, die das Kostenbewusstsein der Versicherten stärkt und die Inanspruchnahme von Leistungen auf der Basis des Wirtschaftlichkeitsgebots fördert.
Der Senat nimmt zunächst Bezug auf die hierzu erfolgten überzeugenden Ausführungen des Landgerichts. Ergänzend ist auszuführen:
Nach der Begründung zu § 6 SchutzmV im Referentenentwurf sollte die Eigenbeteiligung zur verantwortungsvollen Inanspruchnahme der Berechtigung zum Bezug der aus der Sicht des Verordnungsgebers seinerzeit begrenzt verfügbaren Schutzmasken beitragen.
Die Vorschrift diente damit der Verhaltenssteuerung von Marktteilnehmern, der zum Bezug der Schutzmasken berechtigten Nachfrager. Sie diente damit aber auch dem Interesse anderer Marktteilnehmer, nämlich der anderen zum Bezug der Masken berechtigten Verbraucher am zeit- und wohnortnahen Bezug dieser Masken. Anders als in der zum Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln getroffenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs ging es dem Verordnungsgeber auch in Bezug auf die Eigenbeteiligung ersichtlich nicht allein um eine finanzielle Abfederung im Interesse des Gesundheitssystems oder Gemeinwesens. Das Anliegen der „verantwortungsvollen Inanspruchnahme“ hatte vielmehr erkennbar auch zum Ziel, zu verhindern, dass Berechtigte ohne aktuellen Bedarf (etwa, weil sie Masken von Dritter Seite zur Verfügung gestellt bekamen), das Angebot nutzen würden, etwa, um vorsorglich Vorräte mit Schutzmasken anzulegen, womit das Angebot an den aus Sicht des Verordnungsgebers knappen Masken im Interesse der anderen Verbraucher geschützt werden sollte. Da auch das Ziel der flächendeckenden Versorgung im Interesse der Verbraucher verfolgt werden sollte, kommt es nicht darauf an, ob ein solches Angebot bundesweit in hinreichender Weise bestanden hat, sondern darauf, dass dies lokal und vor Ort etwa auch für immobile Personen und solchen, denen die Möglichkeiten des Versandhandels nicht zur Verfügung standen, der Fall war. Die Regelung sollte das Verhalten der Verbraucher steuern, die durch die Marktteilnahme selbst – durch Erwerb bzw. Entgegennahme der Masken auf Grundlage von Berechtigungsscheinen – die Interessen der anderen Verbraucher beeinträchtigen. In diesem Schutz eines ausreichenden lokalen und aktuellen Angebotes von Masken liegt eine das Marktverhalten steuernde Regelung, die durch den Verzicht des Apothekers auf die Vereinnahmung der Eigenbeteiligung verletzt wird, da der Verzicht gerade die das Verbraucherverhalten steuernde Regelung beseitigt (so bereits das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen im Beschluss vom 06. Mai 2021, Gz.: 2 U 27/21, vgl. Anlage A 19).
Das Ziel einer möglichst schnellen und flächendeckenden Versorgung der vulnerablen Personengruppen wird nach Ansicht des Senats nicht lediglich durch die mengenmäßig kontingentierte Abgabe von zweimal sechs Schutzmasken innerhalb zweier aufeinanderfolgenden Zeitabschnitten erreicht (so OLG Düsseldorf GRUR-RR 2021, 374).
Vielmehr dient hierzu auch die Eigenbeteiligung, weil sie eine verantwortungsvolle Inanspruchnahme des Rechts zum Bezug der Schutzmasken befördern bzw. herbeiführen und damit auch eine Bedarfsdeckung anderer bezugsberechtigter Verbraucher ermöglichen sollte.
Dem Wortlaut der sich aufeinander beziehenden §§ 5, 6 und 7 SchutzmV ist zudem nach Ansicht des Senats insoweit zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber von einer tatsächlichen Einnahme der Eigenbeteiligung durch die Apotheken ausgegangen ist (§ 6 SchutzmV: Jede anspruchsberechtigte Person hat bei der Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Absatz 2 Satz 1 an die abgebende Apotheke eine Eigenbeteiligung in Höhe von zwei Euro je Abgabe von sechs Schutzmasken zu leisten. Die Eigenbeteiligung verbleibt in der Apotheke und wird auf den in § 5 Absatz 2 genannten Erstattungsbetrag angerechnet; § 7 SchutzmV: Für die Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Absatz 2 erstellen die Apotheken mindestens einmal pro Monat eine Abrechnung, aus der sich die Anzahl der abgegebenen Masken, die eingenommenen Eigenbeteiligungen und der geltend gemachte Erstattungsbetrag ergeben). Der Verordnungsgeber ging dementsprechend ersichtlich auch von einer Beteiligung der Apotheken an der Verteilung der Schutzmasken unter gleichen Bedingungen aus, wodurch ein Wettbewerb zwischen den Apotheken vermieden und hierdurch eine Versorgung sämtlicher vulnerabler Personengruppen mit Schutzmasken sichergestellt werden sollte. Dementsprechend ist insbesondere auch § 7 Abs. 2 SchutzmV zu entnehmen, dass die Apotheken zum Zwecke der Abrechnung einen Sammelbeleg erstellen, aus dem sich die Gesamtanzahl der abgegebenen Masken, die Höhe der eingenommenen Eigenbeteiligung und der geltend gemachte Erstattungsbetrag ergibt. Die Berechtigungsscheine selbst müssen bei der Abrechnung nicht vorgelegt werden. Eine korrekte Abrechnung ergibt sich aber folglich nur dann, wenn die Höhe der eingenommenen Eigenbeteiligung mit den entsprechend nach der SchutzmV aufgrund eines Berechtigungsscheins abgegebenen Schutzmasken korrespondiert. Von einer lediglich zahlenmäßig anzurechnenden, aber nicht tatsächlich eingenommenen Eigenbeteiligung infolge eines Wettbewerbs zwischen den Apotheken durch den Verzicht auf die Einnahme der Eigenbeteiligung ging der Verordnungsgeber somit gerade nicht aus.
C.
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Fall der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.


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