Europarecht

Verfassungsmäßigkeit der Gebühr für die Ausstellung eines Personalausweises, Gebühr trotz bußgeldbewehrter Verpflichtung zur Beantragung der Amtshandlung zulässig, Amtshandlung überwiegend im öffentlichen Interesse, kein Verstoß gegen höherrangiges Recht, Stufenklage, Vollzugsfolgenbeseitigung, öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch

Aktenzeichen  W 7 K 21.879

Datum:
8.4.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 16844
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 2 und 3
PAuswGebV § 1 Abs. 1 Nr. 2
PAuswG § 31
GG Art. 14

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), bleibt ohne Erfolg.
I. Der wörtliche Antrag des unvertretenen Klägers, „die Verwaltungsgemeinschaft M. anzuweisen, die Gebühr über 37,00 EUR zu erstatten“, ist zugunsten des Klägers dem erkennbaren Begehren entsprechend nach § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass er neben der Gebührenerstattung auch die Aufhebung des Gebührenbescheids vom 11. Juli 2021 begehrt.
Das Gericht muss das Klagebegehren gemäß § 88 VwGO von Amts wegen ermitteln. Maßgebend ist das wirkliche Rechtsschutzziel, das aus dem gesamten Parteivorbringen, insbesondere der Klagebegründung sowie aus etwa beigefügten Bescheiden zu entnehmen ist. An vom Kläger gestellte Anträge ist das Gericht nicht gebunden. Diese können das Klagebegehren nicht nur unzutreffend, sondern insbesondere auch unvollständig erfassen. Die Anträge sind daher gemäß §§ 133, 157 BGB auszulegen, auch unter Rückgriff auf die Interessenlage (Rennert in Eyermann, 15. Aufl. 2019, VwGO, § 88 Rn. 8 m.w.N.). Übersieht der Kläger, dass es sich um Verwaltungsakte handelt und begehrt er eine Leistung, die er ohne Aufhebung der Verwaltungsakte nicht erreichen kann, muss der gestellte Antrag so ausgelegt werden, dass das Rechtsschutzziel erreicht werden kann (BVerfG, B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – NVwZ 2016, 238/241 Rn. 37).
Nach diesen Grundsätzen entspräche es nicht dem Interesse des Klägers, nur die Rückerstattung zu beantragen, da eine Leistungsklage auf Rückerstattung ohne Aufhebung des zugrundeliegenden Gebührenbescheids keine Aussicht auf Erfolg hätte. Die Schriftsätze des Klägers, die mit Klage „wegen Gebührenrechnung 7399 zur Erteilung eines Personalausweises“ überschrieben sind, stützen diese Auslegung. Untermauert wird dies noch dadurch, dass sich auch der Widerspruch des Klägers „gegen die Gebührenrechnung 7399 zum Personalausweis“ richtete. Zudem trägt der Kläger vor, die PAuswGebV, die Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung ist, sei verfassungswidrig.
II. Die Klage gegen den Gebührenbescheid vom 11. Juli 2021 ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger (schon deshalb) nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zulässig. Der Gebührenbescheid ist Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG und kann gemäß Art. 12 Abs. 3 KG selbstständig angefochten werden. Er ist vorliegend in dem Passus im Antragsformular unter dem Stichwort „Kostenregelung“ zu sehen, in dem ausgeführt wird, dass der Antrag gebührenpflichtig ist und die Gebühr 37,00 EUR beträgt. Maßgebend für die Qualifizierung als Verwaltungsakt ist dabei der erklärte Wille, wie ihn der Adressat von seinem Standpunkt aus bei verständiger Würdigung verstehen konnte (objektiver Erklärungswert). Bereits aus dem Wort „Kostenregelung“ ist für einen Adressaten ausreichend deutlich, dass es sich um eine verbindliche Regelung handelt, was durch die weitere Ausführung, dass der Antrag gebührenpflichtig ist, ebenso gestützt wird, wie durch die Nennung der konkreten Gebührenhöhe. Daraus wird unmissverständlich klar, dass von einem Adressaten, der den Antrag auf einen Personalausweis stellt, verlangt wird, dass er hierfür diese Gebühr entrichtet. Vor diesem Hintergrund ist die ungewöhnliche äußere Form des Bescheids, die fehlende Bezeichnung als solcher sowie die fehlende Rechtsbehelfsbelehrungunschädlich (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 35 Rn. 51 ff.; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 71 ff.).
Trotz Zahlung der Gebühr ist keine Erledigung eingetreten, da der Bescheid noch Rechtsgrund für das Behaltendürfen des Geldes für die Behörde ist. Die Klage wurde auch fristgerecht erhoben, § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO, zumal aufgrund der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrunggemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO die Jahresfrist greift.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die Gebührenerhebung beruht auf einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage und ist sowohl formell als auch materiell rechtmäßig.
a) Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung in Höhe von 37,00 EUR für die Ausstellung eines Personalausweises, wenn der Inhaber wie vorliegend im Zeitpunkt der Antragstellung über 24 Jahre alt ist, ist § 1 Abs. 1 Nr. 2 PAuswGebV.
Es bestehen keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Norm. Ermächtigungsgrundlage für ihren Erlass ist § 31 Abs. 3 PAuswG, wonach das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat ermächtigt wird, für den Bereich der Landesverwaltung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats die gebührenpflichtigen Tatbestände, die Gebührenhöhe und die Auslagenerstattung näher zu bestimmen. Es gibt keine Anhaltspunkte, die gegen die formelle Rechtmäßigkeit und damit Wirksamkeit des § 1 Abs. 1 Nr. 2 PAuswGebV sprechen würden.
Die Norm ist auch materiell rechtmäßig und wirksam.
Die Voraussetzungen des § 31 Abs. 3 PAuswG sind erfüllt. Die Gebührenerhebung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 PAuswGebV steht darüber hinaus sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach in Einklang mit den diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Vorgaben und verstößt auch sonst nicht gegen höherrangiges Recht.
aa) Die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben bedarf mit Blick auf die Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung (Art. 104 a ff. GG) und zur Wahrung der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen (Art. 3 Abs. 1 GG) einer über den Zweck der Einnahmeerzielung hinausgehenden besonderen sachlichen Rechtfertigung. Es gibt zwar keinen verfassungsrechtlich abschließend geprägten Gebührenbegriff. Bundesrechtliche Voraussetzung für die Erhebung einer Gebühr ist allerdings, dass zwischen der kostenverursachenden Leistung der Verwaltung und dem Gebührenschuldner eine besondere Beziehung besteht, die es gestattet, ihm die Amtshandlung individuell zuzurechnen. In der individuellen Zurechenbarkeit liegt die Rechtfertigung dafür, dass die Amtshandlung nicht aus allgemeinen Steuermitteln, sondern ganz oder teilweise zulasten des Gebührenschuldners über Sonderlasten finanziert wird (stRspr., vgl. etwa BVerfG B.v. 17.1.2017 – 2 BvL 2/14 u.a. – NVwZ 2017, 696/697 Rn. 62 ff.; BVerwG U.v. 29.3.2019 – 9 C 4.18 – NVwZ 2019, 1444 Rn. 21 f.; U.v. 16.11.2017 – 9 C 15.16 – BeckRS 2017, 144707 Rn. 11).
Unter Beachtung dieser Kriterien verfügt der Gebührengesetzgeber über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, welche individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen, welche Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze er hierfür aufstellen und welche über die Kostendeckung hinausreichenden Zwecke er mit einer Gebührenregelung anstreben will (BVerfG, B.v. 12.10.1994 – 1 BvL 19/90 – NVwZ 1995, 368/369; BVerwG, U.v. 29.3.2019 – 9 C 4.18 – NVwZ 2019, 1444/1445 Rn. 21 f.; U.v. 16.11.2017 – 9 C 15.16 – BeckRS 2017, 144707 Rn. 44; U.v. 25.8.1999 – 8 C 12.98 – NVwZ 2000, 73/75; jeweils m.w.N.). Dabei stellt es das Vorliegen einer Gebühr nicht in Frage, wenn die Leistung, für die sie erhoben wird, auch oder sogar in erster Linie aus Gründen des öffentlichen Wohls verlangt wird und damit zugleich oder überwiegend allgemein öffentliche Interessen verfolgt werden. Dass bei einer gebührenpflichtigen Amtshandlung das Individualinteresse das öffentliche Interesse überwiegt, ist jedenfalls von Verfassungs wegen nicht bereits begriffliches Element einer Gebühr und nicht Voraussetzung für das Vorliegen einer gebührenpflichtigen Amtshandlung. Ebenso wenig steht der Gebührenerhebung unter dem Aspekt des Äquivalenzprinzips entgegen, dass dem Gebührenschuldner aus der behördlichen Tätigkeit kein unmittelbarer, konkret bezifferbarer Wert im Sinne eines objektiven Nutzens zufließt (BVerwG, U.v. 25.8.1999 – 8 C 12.98 – NVwZ 2000, 73/75 m.w.N.; OVG RhPf, U.v. 15.1.2004 – 12 A 11556/03 – NVwZ-RR 2004, 656/657; VGH BW B.v. 12.5.2003 – 1 S 964/02 – NVwZ-RR 2003, 712 m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei der Ausstellung eines Personalausweises um eine individuell zurechenbare Leistung, für die unabhängig von einem Überwiegen des Individualinteresses des Klägers eine Gebühr erhoben werden kann, da die individuelle Zurechnung jedenfalls aufgrund der Beantragung durch den Einzelnen gegeben ist (VGH BW B.v. 12.5.2003 – 1 S 964/02 – NVwZ-RR 2003, 712 m.w.N. zur Vorgängernorm des § 1 Abs. 1 PAuswGebV). Dabei ist anzumerken, dass der Einwand des Klägers, dass der zitierte Beschluss des VGH BW im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, nicht durchgreift. Denn die darin enthaltenen Ausführungen sind allgemeiner Natur und gelten unabhängig vom konkreten Vortrag des dortigen Klägers, zumal sie auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fußen. Auch der Einwand des Klägers, er sei zur Beantragung eines Personalausweises insbesondere aufgrund der Bußgeldbewehrung der Personalausweispflicht (§ 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 PAuswG) und daher auch zur Zahlung der entsprechenden Gebühr gezwungen, ändert an der Zulässigkeit der Gebührenerhebung nichts. Denn wie dargestellt, steht es der Gebührenpflicht einer Amtshandlung nicht entgegen, wenn diese auch oder sogar in erster Linie aus Gründen des öffentlichen Wohls erfolgt und damit zugleich oder überwiegend allgemein öffentliche Interessen verfolgt werden, was auch einen entsprechenden Ordnungswidrigkeitstatbestand umfasst. Dies gilt umso mehr, als § 31 Abs. 1 PAuswG regelt, dass die Personalausweisbehörden (hier die Beklagte) für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen nach diesem Gesetz und den auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsverordnungen Gebühren und Auslagen nach den Abs. 2 und 3 erheben – also gerade auch im Rahmen der diesen allgemeinen Grundsatz konkretisierenden PAuswGebV.
bb) Die sachliche Rechtfertigung der Gebührenhöhe kann sich jedenfalls aus den Gebührenzwecken der Kostendeckung, des Vorteilsausgleichs, der Verhaltenslenkung sowie aus sozialen Zwecken ergeben. Anerkannt ist, dass die Kostendeckung ein legitimer Gebührenzweck ist. Mit Gebühren wird regelmäßig die besondere Zweckbestimmung verfolgt, Einnahmen zu erzielen, um spezielle Kosten der individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung ganz oder teilweise zu decken (BVerfG, U.v. 19.3.2003 – 2 BvL 9/98 u.a. – NVwZ 2003, 715, 716 m.w.N.). Sofern der Zweck darin besteht, die speziellen Kosten der dem Gebührenschuldner individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung ganz oder teilweise zu decken, sind auf Ebene der Gebührenbemessung mithin die Kosten der gebührenpflichtigen Staatsleistung maßgeblich (Wienbracke, Begriffliche und verfassungsrechtliche Grundlagen des Gebührenrechts, JuS 2019, 1070/1073 m.w.N.). Eine Gebührenregelung ist jedoch dann als sachlich nicht gerechtfertigt zu beanstanden, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu den verfolgten legitimen Gebührenzwecken steht. Der mit der Abgabenerhebung verbundene Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG ist in einem solchen Fall unverhältnismäßig und läuft der Begrenzungs- und Schutzfunktion der grundgesetzlichen Finanzverfassung sowie dem Gleichheitsgrundsatz zuwider (BVerfG B.v. 17.1.2017 – 2 BvL 2/14 u.a. – NVwZ 2017, 696/697 Rn. 66.; U.v. 16.11.2017 – 9 C 15.16 – BeckRS 2017, 144707 Rn. 44; U.v. 25.8.1999 – 8 C 12.98 – NVwZ 2000, 73/75; jeweils m.w.N.).
Dass mit der Erhebung von Gebühren für die Ausstellung von Personalausweisen der Zweck der Kostendeckung verfolgt wird, ist in § 31 Abs. 2 Satz 1 PAuswG ausdrücklich festgelegt. In § 31 Abs. 2 PAuswG sind zudem weitere Vorgaben für die Zusammensetzung bzw. Ermittlung der Gebührenhöhe festgelegt. Es ist weder vorgetragen, noch gibt es sonst Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorgaben bei der auf § 31 Abs. 3 PAuswG beruhenden PAuswGebV – insbesondere dem hier in Rede stehenden § 1 Abs. 1 Nr. 2 – nicht beachtet worden wären. Die gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 PAuswGebV zu erhebende Gebühr von 37,00 EUR setzt sich aus den Herstellungskosten von 22,80 EUR und dem Verwaltungskostenanteil zusammen (vgl. Bundesministerium des Innern und für Heimat, Beantragung, Kosten und Abholung des Personalausweises – Warum ist der Personalausweis gebührenpflichtig, obwohl er ein Pflichtdokument …, https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/faqs/Webs/PA/DE/Haeufige-Fragen/1_beantragung_faq/beantragung_faq-liste.html, abgerufen am 6.4.2022; § 1 Abs. 1 Nr. 1 PAuswGebV). Der sich danach auf 14,20 EUR belaufende Verwaltungskostenanteil erscheint auch im Hinblick auf die Vorgaben des § 31 Abs. 2 PAuswG plausibel. Ein grobes Missverhältnis der Gebühr zum Zweck der Kostendeckung liegt damit nicht vor, so dass § 1 Abs. 1 Nr. 2 PAuswGebV auch bezüglich der Höhe der Gebühr die verfassungsrechtlichen Anforderungen erfüllt.
cc) Darüber hinaus liegt weder eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG noch eine (sonstige) Verletzung des Art. 14 GG durch § 1 Abs. 1 Nr. 2 PAuswGebV vor, da bereits der Schutzbereich des Art. 14 GG nicht eröffnet ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt eine Beeinträchtigung des Art. 14 GG durch die Erhebung von Abgaben voraus, dass die betreffende Abgabe eine erdrosselnde Wirkung entfaltet bzw. an das Innehaben einer bestimmten Eigentumsposition anknüpft (BVerfG, B.v. 18.1.2006 – 2 BvR 2194/99 – NJW 2006, 1191/1193 Rn. 34; U.v. 8.4.1997 – 1 BvR 48/94 – NJW 1997, 1975; BVerwG, U.v. 21.6.2018 – 9 C 2.17 – NVwZ-RR 2019, 70/71 Rn. 20). Danach stellt eine Gebührenerhebung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 PAuswGebV keine Beeinträchtigung dar und greift daher auch nicht in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie ein, da die Gebühr in Höhe von 37,00 EUR weder erdrosselnd ist, noch an das Innehaben einer bestimmten Eigentumsposition anknüpft.
b) Der mithin auf einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage fußende Gebührenbescheid vom 11. Juni 2021 ist formell rechtmäßig, insbesondere ist die im übertragenen Wirkungskreis (Art. 1 Abs. 1 Halbs. 2 AGPaßPAuswG) tätig gewordene Verwaltungsgemeinschaft M. sachlich (§ 31 Abs. 1, 7 Abs. 1 PAuswG, Art. 1 Abs. 1 AGPaßPAuswG, Art. 4 Abs. 1 Satz 1 VGemO) wie örtlich (§ 8 Abs. 1 Satz 1 PAuswG) zuständig.
c) Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 2 PAuswGebV sind erfüllt. Dem Kläger, der zum Zeitpunkt der Antragstellung älter als 24 Jahre war, wurde ein Personalausweis ausgestellt. Die Gebühr in Höhe von 37,00 EUR war daher verpflichtend zu erheben. Der Kläger macht auch keine Bedürftigkeit gemäß § 1 Abs. 6 PAuswGebV geltend. Hierfür gibt es auch sonst keine Anhaltspunkte.
III. Die vorliegende objektive Klagehäufung ist nach § 44 VwGO zulässig. Dabei ist aufgrund der ausdrücklichen Regelung in § 113 Abs. 1 Satz 2 und 3 VwGO die Klage auf Rückerstattung der Gebühr als Vollzugsfolgenbeseitigung aus prozessökonomischen Gründen bereits vor der rechtskräftigen Aufhebung des zugrunde liegenden Bescheids im Rahmen einer Stufenklage zulässig (Decker in BeckOK VwGO, 60. Edition, Stand: 1.1.2022, § 113 Rn. 43; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 113 Rn. 32; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 187).
Die Klage auf Rückerstattung der Gebühr ist zwar zulässig, aber unbegründet.
1. Statthafte Klageart ist die Leistungsklage (Decker a.a.O., § 113 Rn. 44; Wolff a.a.O., § 113 Rn. 187). Im Hinblick auf die Vollzugsfolgenbeseitigung kann das Gericht nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den Fall, dass der Verwaltungsakt schon vollzogen ist, auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Nach Satz 3 ist dieser Ausspruch nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Diese prozessualen Voraussetzungen (vgl. hierzu auch Decker a.a.O. § 113 Rn. 46; Schübel-Pfister a.a.O. § 113 Rn. 39) liegen vor. Insbesondere ist der Gebührenbescheid durch die Zahlung der Gebühr bereits vollzogen. Der Umstand, dass der Kläger dies freiwillig getan hat und keine zwangsweise Durchsetzung erforderlich war, steht dabei nicht entgegen (Decker a.a.O.; Wolff a.a.O., § 113 Rn. 197).
2. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Rückerstattung der gezahlten Gebühr.
Dabei stellt § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO keine eigenständige Anspruchsgrundlage dar, sondern setzt die Existenz einer solchen voraus und regelt nur die prozessuale Geltendmachung (Decker a.a.O., § 113 Rn. 45). Anspruchsgrundlage für die begehrte Rückerstattung ist vielmehr der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Auch für diesen kommt der Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch des § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO zum Tragen (Riese in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 41. EL Juli 2021, VwGO, § 113 Rn. 92; Wolff a.a.O., § 113 Rn. 231).
Mit dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch kann eine Leistung zurückverlangt werden, die ohne Rechtsgrund vorgenommen wurde bzw. deren Rechtsgrund später weggefallen ist, wie dies vorliegend geltend gemacht wird (Wolff a.a.O., § 113 Rn. 231 ff.). Allerdings sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, da der Gebührenbescheid nach dem Vorgesagten rechtmäßig und daher Rechtsgrund für die vom Kläger entrichtete Gebühr ist.
Die Klage war nach alledem vollumfänglich abzuweisen.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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