Europarecht

Veröffentlichung einer Verbrauchertäuschung durch falsche Herkunfstbezeichnung für Lebensmitteln

Aktenzeichen  W 8 E 19.1223

Datum:
7.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27198
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
LFGB § 11 Abs. 1 Nr. 1, § 39 Abs. 1, § 40 Abs. 1a Nr. 3, § 59 Abs. 1 Nr. 7
VO (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV)Art. 7 Abs. 1 lit. a
LMIV Art. 8 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Einem Unternehmen kann nicht zugemutet werden, die Bekanntgabe lebensmittelrechtlicher Kontrollergebnisse im Internet bis zu einer Klärung der streitigen Rechtsfragen im Hauptsacheverfahren hinzunehmen.  (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Lebensmittel sind auch ungefüllte Kapseln, die mit Inhalt befüllt und dann verzehrt werden sollen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Veröffentlichung eines Lebensmittelkontrollergebnisses steht nicht entgegen, dass das Lebensmittel vom Markt genommen worden ist. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Unternehmen kann sich von seiner lebensmittelrechtlichen Verantwortlichkeit nicht mit der Behauptung exkulpieren, ein Lagermitarbeiter habe versehentlich eine Falschetikettierung vorgenommen.   (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege eines Verfahrens im Eilrechtsschutz gegen die vom Antragsgegner (vertreten durch das Landratsamt Würzburg) beabsichtigte Veröffentlichung einer Beanstandung wegen Verbrauchertäuschung in Bezug auf ein von der Antragstellerin vertriebenes Produkt.
Am 14. Februar 2019 wurden von der Lebensmittelüberwachung des Kreises B. im Ladengeschäft der R.F.L. GmbH in B. Exemplare der von der Antragstellerin vertriebenen „Vegi Fix Kapseln“ (ungefüllte Kapselhülsen) zur Prüfung entnommen, wobei das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt R.-R.-W. am 11. Juli 2019 eine Auffälligkeit feststellte. Der Vorgang wurde an das Landratsamt Würzburg weitergeleitet. Am 30. Juli 2019 stellte die Lebensmittelüberwachung des Antragsgegners beim Landratsamt Würzburg fest, dass sich auf der Verpackung der von der Antragstellerin vertriebenen „Vegi-Fix Kapseln“ ein Aufkleber mit Name, Anschrift und Telefonnummer der S.T. GmbH aus Österreich befand. Tatsächlich werden die Kapseln in China hergestellt und von der Antragstellerin importiert und in Verkehr gebracht. Nach Beanstandung durch das Landratsamt wurde das Produkt am 30. Juli 2019 von der Antragstellerin aus dem Verkauf genommen.
Das Landratsamt sah in der Falschetikettierung den Verdacht einer Straftat nach § 59 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) i.V.m. Art. 7 Abs. 1 lit a.) und Art. 8 Abs. 4 VO (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) und gab den Vorgang zur Prüfung an die Staatsanwaltschaft Würzburg weiter. Mit Schreiben vom 3. September 2019 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin zur geplanten Veröffentlichung der Feststellung nach § 40 Abs. 1a LFGB an, wozu diese mit anwaltlichen Schreiben vom 4. September und 5. September 2019 Stellung nahm. Der damalige Bevollmächtigte der Antragstellerin führte dabei im Wesentlichen aus:
Eine Straftat nach den oben bezeichneten Normen liege nicht vor. Das Aufbringen des falschen Aufklebers sei durch das Versehen eines Lagerarbeiters der Antragstellerin erfolgt. Dies sei entgegen ausdrücklicher Anweisung und aus Unachtsamkeit geschehen. Hierfür könne die Antragstellerin nicht haftbar gemacht werden. Es liege kein bedingter Vorsatz vor. Ein vorsätzliches Anbringen eines falschen Etiketts würde für die Antragstellerin keinerlei Vorteile bringen. Auch ein Fahrlässigkeitsvorwurf sei ihr nicht zu machen, da es sich um eine isolierte Unachtsamkeit eines einzelnen Mitarbeiters gehandelt habe. Weiterhin sei auch keine Verbrauchertäuschung gegeben. Der Verweis auf Art. 8 Abs. 4 VO (EU) Nr. 1169/2011 gehe bereits deswegen fehl, weil § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB auf diese Norm nicht verweise. Im Übrigen liege aber auch kein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 4 LMIV vor, da keine Änderung einer Information zu einem Lebensmittel vorgenommen worden sei. Auch liege keine Irreführung über das Ursprungsland oder den Herkunftsort eines Lebensmittels im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a.) LMIV vor. Ursprungsland und Herkunftsort müssten nicht verpflichtend angegeben werden, weshalb die produzierende chinesische Firma nicht gesondert in den Etikettenangaben anzuführen sei. Die Begriffe Ursprungsland und Herkunftsort bezögen sich allein auf die geographische Herkunft und nicht die betriebliche. Auch habe die Etikettierung im vorliegenden Fall letztlich keinen Einfluss auf die Kaufentscheidung der Verbraucher, denn es sei irrelevant, ob das Produkt aus Österreich oder aus Deutschland komme. Der Verbraucher verbinde beim konkreten Produkt (leere Kapseln ohne Füllgut) mit der Herkunftsangabe keine besondere qualitative Wertschätzung. Weiterhin sehe das Gesetz in § 40 Abs. 1a LFGB zwei Untersuchungen des zu prüfenden Produkts vor. Hier habe aber nur eine einmalige Untersuchung stattgefunden. Vor diesem Hintergrund liege auch kein wiederholter Verstoß im Sinne der Vorschrift vor. Ferner seien die in Rede stehenden Kapseln umgehend aus dem Vertrieb genommen und die Falschetikettierung beseitigt worden. Eine Wiederholung sei nicht zu erwarten, da keine der fraglichen Etiketten mehr bei der Antragstellerin vorhanden seien. Eine Veröffentlichung stelle einen Ermessensfehlgebrauch dar, da sie auf sachfremden Erwägungen beruhe und die Belange der Antragstellerin in rechtswidriger Weise nicht ausreichend berücksichtigt würden.
Mit Schreiben vom 6. September 2019 teilte das Landratsamt Würzburg dem Antragsteller mit, dass es eine Veröffentlichung der Informationen für erforderlich halte. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Antragstellerin als Lebensmittelunternehmerin im Sinne von Art. 3 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 dafür verantwortlich sei, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts in ihrem Betrieb erfüllt werden. Sie könne sich insoweit nicht auf das Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters zurückziehen. Ferner liege der Verdacht einer Straftat nach den genannten Vorschriften vor und es sei ein Bußgeld von mehr als 350,00 EUR zu erwarten. Die Falschetikettierung sei dazu geeignet den Verbraucher über den tatsächlichen Importeur oder Hersteller des in Rede stehenden Produkts zu täuschen. Im Falle einer Beanstandung würden Verbraucher nicht die Antragstellerin, sondern vielmehr die S.T. GmbH, welche mit dem Produkt aber in keinerlei Beziehung stehe, kontaktieren. Nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. h) VO (EU) Nr. 1169/2011 sei auf Produkten verpflichtend der Name oder die Firma und die Anschrift des Lebensmittelunternehmers anzugeben. Dies sei hier die Antragstellerin. Die Angabe der chinesischen Herstellerfirma sei auch vom Antragsgegner nicht gefordert worden. Auch die weiteren Voraussetzungen von § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB seien erfüllt, da seit 2017 zwei Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Irreführung gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin durchgeführt worden seien. Insgesamt lägen seit 2017 drei Verstöße gegen § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Buchstabe a.) VO (EU) Nr. 1169/2011 vor. Es handle sich daher um wiederholte Verstöße im Sinne der Vorschrift, da es hierfür ausreichend sei, dass mindestens zweimal gegen unterschiedliche Vorschriften im Anwendungsbereich des § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB verstoßen worden sei. Mindestens zwei Untersuchungen des Produkts seien zudem nur bei Proben im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 LFGB erforderlich. Um eine Probe im Sinne dieser Vorschrift handle es sich hier aber nicht, da keine chemisch-technische Untersuchung des Produkts, sondern lediglich ein Abgleich der auf dem Produkt gemachten Angaben mit den gesetzlichen Bestimmungen stattgefunden habe. Die Beanstandungen seien allein auf Kennzeichnungsmängel bezogen. Ergebnisschwankungen könnten bei einer derartigen Überprüfung ausgeschlossen werden. Eine Veröffentlichung müsse vor dem Hintergrund des Verbraucherschutzes und der Verbraucherinformation erfolgen. Dies ergebe sich schon aus der Zweckrichtung der gesetzlichen Regelungen. Die Interessen der Antragstellerin müssten dahinter zurücktreten. Diese sei auch nicht rechtswidrig in ihrem Grundrecht auf Berufsausübung betroffen. Zudem würde die Veröffentlichung mit dem Hinweis erfolgen, dass die Mängel mittlerweile beseitigt worden seien.
Am 13. September 2019 ließ die Antragstellerin durch ihren neuen Bevollmächtigten beantragen,
dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, gemäß § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB folgende Informationen zu veröffentlichen:
Verantwortliche Behörde
Landratsamt Würzburg
Lebensmittelunternehmen
Kategorie
„ Lebensmitteleinzelhandel
Name
… Strasse Hausnummer

PLZ Ort

Betroffenes Lebensmittel
Name:
„ Vegi Fix Kapseln Los-/Chargennummer:
ohne
MHD:
ohne
Verstoß
Verbrauchertäuschung
Verstoß festgestellt am:
30.07.2019
Verstoß beseitigt am:
30.07.2019
Zur Antragsbegründung ließ die Antragstellerin im Wesentlichen vortragen:
Eine Veröffentlichung der Informationen sei unverhältnismäßig, da es sich um ein unvermeidbares individuelles Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters gehandelt habe. Die Antragstellerin sei auf die Übertragung einer Vielzahl von Tätigkeiten auf Mitarbeiter angewiesen und es könnten ihr daher nicht sämtliche individuelle Missgeschicke als eigene Fahrlässigkeit zugeordnet werden. Eine Fahrlässigkeit sei vom Antragsgegner nicht nachgewiesen worden. Vielmehr dürfe die Antragstellerin davon ausgehen, dass bei arbeitsteiligem Zusammenarbeiten andere Personen die ihnen nach dem Organisationsplan zugewiesenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllten. Es könne nicht verlangt werden, dass die Antragstellerin ihre Mitarbeiter ständig beaufsichtige und überwache. Darüber hinaus liege keine Verbrauchertäuschung vor, da der Antragsgegner nicht nachgewiesen habe, inwieweit das Aufbringen des Etiketts überhaupt relevant für eine Kaufentscheidung sei. Die Angabe einer falschen Firmenadresse sei nicht relevant für den Kauf. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebiete es zudem, dass nicht über jede Abweichung berichtet werden dürfe, sondern nur wenn eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschritten sei. Dies sei hier aber gerade nicht der Fall, da im Hinblick auf die angeblich festgestellten Mängel kein Gesundheitsrisiko ersichtlich sei. Vor diesem Hintergrund seien die drastischen Konsequenzen einer Veröffentlichung für die Antragstellerin unter Umständen existenzgefährdend und daher nicht verhältnismäßig.
Das Landratsamt Würzburg beantragte für den Antragsgegner mit Schriftsatz vom 24. September 2019, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung der Antragserwiderung ist im Wesentlichen ausgeführt: Ein Anordnungsanspruch bestehe nicht, da die Antragstellerin keinen materiell-rechtlichen Anspruch auf Gewährung auf die Nichtveröffentlichung der Mitteilung nach § 40 Abs. 1a LFGB glaubhaft gemacht habe. Es werde nicht beanstandet, dass das Produkt aus China bezogen worden sei, sondern dass die Angaben zum Importeur gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. h) der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 falsch gewesen seien. Statt der Antragstellerin sei dort die S.T. GmbH als Importeurin nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 aufgeführt gewesen. Die Antragstellerin könne sich nicht auf ein individuelles Fehlverhalten eines ihrer Mitarbeiter berufen, da sie als Verantwortliche im Sinne von Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 anzusehen sei und damit verantwortlich für die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften in ihrem Betrieb. Der Begriff der Verantwortlichkeit leite sich aus Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 her und sei von dem straf- bzw. bußgeldrechtlichen Begriff der Verantwortlichkeit zu unterscheiden. Es komme nicht auf die individuelle Schuld des Geschäftsführers der Antragstellerin an. Der Lebensmittelunternehmer habe vielmehr ungeachtet der Delegation einzelner Aufgaben auf andere dafür Sorge zu tragen, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts eingehalten werden. Im Übrigen sei dem Mitarbeiter die Aufkleber mit dem entsprechenden Aufdruck zur Verfügung gestellt worden. Hinsichtlich des Merkmals der Irreführung sei es ausreichend, dass die Information über Lebensmittel zur Täuschung geeignet sei. Auf eine tatsächlich eingetretene Irreführung oder gar Schädigung komme es nicht an. Es sei daher irrelevant, ob die falsche Etikettierung für den Kaufentschluss der Verbraucher entscheidend sei. Unerheblich sei darüber hinaus auch, dass hier keine Gesundheitsschädigung durch das Produkt zu befürchten sei, denn dies sei für eine Veröffentlichung gerade nicht erforderlich. Eine Irreführung liege vor, da die Verbraucher annehmen müssten, dass die Firma S.T. GmbH das Produkt hergestellt oder zumindest importiert habe und nicht die Antragstellerin. Zuletzt bestehe auch weiterhin ein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung, da aufgrund der Konsistenz des Produktes davon ausgegangen werden könne, dass dieses über einen deutlich längeren Zeitraum als zehn Tage aufbewahrt und verwendet werden könne. Deshalb sei nicht zu erwarten, dass die Verbraucher ein erworbenes Produkt bereits aufgebraucht haben.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahren zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Dies ist dann der Fall, wenn aufgrund einer im Verfahren des Eilrechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung ein Anordnungsgrund, also ein Grund für die erhöhte Eilbedürftigkeit der Entscheidung besteht und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht wird (vgl. § 920 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 123 Abs. 3 VwGO).
Die begehrte einstweilige Anordnung würde zudem – jedenfalls teil- bzw. zeitweise – die Hauptsache vorwegnehmen. Eine solche eingeschränkte Vorwegnahme der Hauptsache ist im Hinblick auf den Charakter des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 123 Abs. 1 VwGO nur dann zulässig, wenn eine bestimmte Regelung zur Wahrung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn sonst die zu erwartenden Nachteile unzumutbar wären und eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen in der Hauptsache besteht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 25. Aufl. 2019, Rn. 13 und 14).
Letztgenannte Voraussetzung ist nicht erfüllt, da die Antragstellerin in der Hauptsache nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Gerichts voraussichtlich nicht obsiegen wird.
Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, denn es liegt auf der Hand, dass die geplante Veröffentlichung im Internet für die Antragstellerin ganz erhebliche negative Konsequenzen haben kann, die auch bei einem späteren Obsiegen in der Hauptsache nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Das Verwaltungshandeln durch amtliche Informationen ist irreversibel. Bei Fehlinformationen ändern daran auch spätere Gegendarstellungen, Richtigstellungen oder sonstige Korrekturen nichts, da die faktischen Wirkungen von Informationen regelmäßig nicht mehr eingefangen und umfassend beseitigt werden können. Eine Verbraucherinformation zu angeblichen Rechtsverstößen eines Unternehmens kann für dieses existenzgefährdend oder sogar existenzvernichtend sein. Der Antragstellerin kann nicht zugemutet werden, die Bekanntgabe des Kontrollergebnisses im Internet bis zu einer Klärung der streitigen Rechtsfragen im Hauptsacheverfahren hinzunehmen (vgl. VGH BW, B.v. 21.5.2019 – 9 S 584/19 – juris; HessVGH, B.v. 8.2.2019 – 8 B 2575/18 – ZLR 2019, 281). Der Antragsgegner hat die unmittelbar beabsichtigte Veröffentlichung angekündigt und ausdrücklich bestätigt.
Die Antragstellerin hat jedoch einen Anordnungsanspruch, den materiell-rechtlichen Anspruch auf die begehrte Leistung, nicht glaubhaft gemacht. Es ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner Informationen zu dem streitgegenständlichen Produkt und dessen Beanstandung auf sein Internetportal einstellen will. Der geltend gemachte öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch setzt – ungeachtet seiner dogmatischen Herleitung – jedenfalls einen rechtswidrigen Eingriff in ein Recht der Antragstellerin, etwa in das Grundrecht der Berufsfreiheit, voraus (vgl. VGH BW, B.v. 21.5.2019 – 9 S 584/19 – juris; HessVGH, B.v. 8.2.2019 – 8 B 2575/18 – ZLR 2019, 281). Daran mangelt es hier, denn die beabsichtigte Veröffentlichung ist von § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB gedeckt.
Nach § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB informiert die zuständige Behörde die Öffentlichkeit unverzüglich unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie unter Nennung des Lebensmittels- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Name oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, wenn der durch Tatsachen, im Falle von Proben nach § 39 Abs. 1 Satz 2 LFGB auf der Grundlage mindestens zweier Untersuchungen durch eine Stelle nach Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004, hinreichend begründete Verdacht besteht, dass gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, in nicht unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist und die Verhängung eines Bußgelds von mindestens 350,00 EUR zu erwarten ist.
Wie das Bundesverfassungsgericht mittlerweile entschieden hat, verstößt § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB – in der heute geltenden Fassung mit einer gesetzlich vorgeschriebenen Befristung von sechs Monaten – nicht gegen das Grundgesetz (siehe BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40).
Die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB sind erfüllt.
Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei den „Vegi Fix Kapseln“ um ungefüllte Leerkapseln handelt, eröffnet. Es handelt sich dabei um Lebensmittel im Sinne von § 2 Abs. 2 LFGB i.V.m. Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Danach sind Lebensmittel im Sinne dieser Verordnung alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Dies ist bei den „Vegi Fix Kapseln“, welche dazu bestimmt sind mit Inhalt gefüllt und dann eingenommen zu werden, der Fall.
Der Antragsgegner geht mit Bezugnahme auf die Untersuchung vom 14. Februar 2019 zu Recht davon aus, dass ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Buchst. a VO (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) vorliegt.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB ist es zum Schutz vor Täuschung verboten, Informationen über Lebensmittel, die den Anforderungen des Art. 7 Abs. 1, auch in Verbindung mit Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011, nicht entsprechen, in den Verkehr zu bringen oder allgemein oder im Einzelfall dafür zu werben. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein, insbesondere in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprungsland oder Herkunftsort und Methode der Herstellung oder Erzeugung. Nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 müssen Informationen über Lebensmittel zutreffend, klar und für den Verbraucher leicht verständlich sein. Nach Art. 7 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 gilt das Vorstehende auch für die Werbung und die Aufmachung von Lebensmitteln, insbesondere für ihre Form, ihr Aussehen und ihre Verpackung, die verwendeten Verpackungsmaterialien, die Art ihrer Anordnung und den Rahmen ihrer Darbietung.
Gegenstand der Regelung ist die Information der Endverbraucher durch den Lebensmittelunternehmer. Erfasst werden alle Informationen, die vom Lebensmittelunternehmer den Endverbrauchern zur Verfügung gestellt werden (Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand, 173. EL März 2019, Art. 7 LMIV Rn. 13 u. 31). Verboten sind irreführende Informationen über Lebensmittel. Vorrangig ist darauf abzustellen, wie eine Information nach dem allgemeinen Sprachgebrauch verstanden wird. Zweck ist allein den Verbraucher davor zu schützen, dass er Lebensmittel erhält, die seinen durch Angaben oder Aufmachung bewirkten berechtigten Erwartungen nicht entsprechen (Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand, 173. EL März 2019, Art. 7 LMIV Rn. 31). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist das zunehmende Informationsbedürfnis der Verbraucher. Zusätzliche Informationen haben zwangsläufig zur Folge, dass sie von weniger informierten oder aufmerksamen Verbrauchern missverstanden werden können. Das gilt sowohl für verbindlich vorgeschriebene als auch für freiwillige Angaben (Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand, 173. EL März 2019, Art. 7 LMIV Rn. 7).
Als Maßstab für irreführende Informationen über Lebensmittel ist auf den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen. Zu fragen ist, wie ein solcher Verbraucher eine Information oder eine Aufmachung wahrscheinlich auffassen wird, ohne dass es eines Sachverständigengutachtens oder einer Verbraucherbefragung bedarf (Boch, Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, 8. Online-Auflage 2019, § 11 LFGB Rn. 6).
Ausgehend davon ist zunächst festzuhalten, dass die Antragstellerin mit dem Vortrag, das Produkt sei unmittelbar nach der Beanstandung aus dem Verkauf genommen und die verbleibenden Etiketten entsorgt worden, nicht zum Erfolg gelangen kann, weil das streitgegenständliche Produkt jedenfalls zum Zeitpunkt der Überprüfung von der Antragstellerin vertrieben und auch im Internet angeboten wurde (VGH BW, B.v. 21.5.2019 – 9 S 584/19 – juris, siehe auch BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40). Dies belegt auch § 40 Abs. 4 Satz 2 LFGB, wonach bei der Veröffentlichung auf die zugrundeliegende Beseitigung des Mangels (wie auch hier vorgesehen) in der Information der Öffentlichkeit hinzuweisen ist, die Veröffentlichung aber nicht zu unterbleiben hat.
Ein Gesetzesverstoß ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht wegen eines fehlerhaften Prüfungsverfahrens zu verneinen, weil keine zwei unabhängige Untersuchungen hinsichtlich der „Vegi Fix Kapseln“ durchgeführt worden sind.
Gemäß § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB sind im Falle von Proben nach § 39 Abs. 1 Satz 2 LFGB zwei unabhängige Untersuchungen durch eine Stelle nach Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 durchzuführen. Auch wenn vorliegend eine Bezeichnung als „Probe“ erfolgt ist, so liegt eine solche nicht im Sinne des § 40 Abs. 1a LFGB i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 2 LFGB vor. § 43 Abs. 1 LFGB stellt insoweit klar, dass Proben zum Zwecke der Untersuchung entnommen werden dürfen. Sinn und Zweck der Vorgabe, dass zwei unabhängige Untersuchungen durchzuführen sind, ist es mess- und analysebedingten Schwankungen entgegenzutreten. Dies kann aber denknotwendig schon nur bei einer Überprüfung der Inhaltstoffe eines Lebensmittels zu fordern sein. Werden wie hier nur Mängel in der Kennzeichnung beanstandet, so bedarf es einer weiteren Untersuchung, wie der Antragsgegner zutreffend ausgeführt hat, nicht.
Des Weiteren ist auch eine Irreführung und Täuschung von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu bejahen. Denn wenn entsprechende Angaben auf einem Lebensmittel angegeben werden, so müssen diese auch korrekt sein (vgl. schon Art. 7 Abs. 2 LMIV). Der Verbraucher muss sich auf die Angaben auf einem Produkt verlassen können. Auch insofern hat der Antragsgegner unter Hinweis auf entsprechende Rechtsprechung und Kommentarliteratur zutreffend ausgeführt, dass eine Information über Lebensmittel irreführend ist, wenn sie zur Täuschung geeignet ist. Ebenso wie bei der Gesundheitsgefährdung setzt auch ein Verstoß gegen die Vorschriften zur Täuschung nur voraus, dass die Angabe oder Aufmachung zur Täuschung geeignet ist (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand 173. EL März 2019, § 40 LFGB Rn. 70). Eine tatsächlich eingetretene Irreführung oder gar Schädigung muss weder vorliegen noch nachgewiesen werden, um einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot zu begründen. Die Irreführung ist der Täuschungseignung immanent. Zur Täuschung geeignet ist eine Information dann, wenn sie den tatsächlichen Gegebenheiten nicht entspricht und daher geeignet ist bei den angesprochenen Verkehrskreisen zumindest auch unrichtige Vorstellungen über das Produkt zu erwecken (Meyer in Meyer/Streinz, LFGB – BasisVO, 2. Auflage 2012, § 11 LFGB Rn. 18, Wehlau, LFGB, Kommentar, 2010, § 11 Rn. 17 ff.).
Der aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, der das fragliche Etikett wahrnimmt, muss davon ausgehen, dass die S.T. GmbH das Produkt „Vegi Fix Kapseln“ produziert oder zumindest in Verkehr gebracht hat. Es ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese in einer irgendwie gearteten Beziehung zu diesem Produkt steht. Die Etikettierung steht daher mit den tatsächlichen Gegebenheiten, nämlich dass die Antragstellerin das Produkt importiert und in Verkehr gebracht hat, nicht im Einklang. Ein Verbraucher, der beispielsweise eine Beanstandung zu dem Produkt „Vegi Fix Kapseln“ hat, wird sich dann an die S.T. GmbH wenden und nicht an die Antragstellerin. Es kommt diesbezüglich auch nicht darauf an, ob die Angabe des Herstellers bzw. Importeurs des Produkts für die Kaufentscheidung des Verbrauchers relevant ist. Eine Täuschungseignung ist aufgrund der Diskrepanz zwischen den tatsächlichen Gegebenheiten und der Angabe der S.T. GmbH auf dem Etikett jedenfalls gegeben. Ob tatsächlich eine Irreführung des Verbrauchers eingetreten ist, ist nach oben Gesagtem nicht notwendig.
Ohne dass es vorliegend entscheidungserheblich wäre, liegt auch ein Verstoß gegen Art. 9 Abs. 1 Buchst. h LMIV vor. Danach müssen Name und Anschrift des Lebensmittelunternehmers im Sinne von Art. 8 Abs. 1 LMIV auf dem Produkt angegeben sein. Lebensmittelunternehmer nach dieser Vorschrift ist auch der Importeur eines Lebensmittels, wenn dieses nicht in der Europäischen Union hergestellt wird. Importeur der „Vegi Fix Kapseln“ ist hier die Antragstellerin und nicht die S.T. GmbH. Diese hat das Produkt zudem auch nicht hergestellt, sondern eine Firma aus China.
Im Übrigen ist das Vorliegen einer Gesundheitsgefahr, welche hier unstreitig nicht im Raum steht und auch vom Antragsgegner nicht behauptet wird, weder für die Annahme eines Rechtsverstoßes noch für eine darauf bezügliche Information nach § 40 Abs. 1a LFGB Voraussetzung (OVG NRW, B.v. 14.3.2019 – 13 B 67/19 – juris). Dass die Rechtsverstöße nicht unbedingt mit einer Gesundheitsgefährdung verbunden sein müssen, begegnet grundsätzlich auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil auch der Schutz vor Täuschung und die Ermöglichung eigenverantwortlicher Konsumentscheidungen legitime Zwecke des Verbraucherschutzes sind (VG Oldenburg, B.v. 18.1.2019 – 7 B 4420/18 – LRE 77, 354 mit Verweis auf BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40). Denn die Informationen nach § 40 Abs. 1a LFGB dienen nicht der Abwehr einer konkreten Gesundheitsgefährdung der Verbraucher. Vielmehr sollen die Informationen in erster Linie eine hinreichende Grundlage für eigenverantwortliche Konsumentscheidungen der Verbraucher schaffen sowie – nachrangig – (quasi erzieherisch) zur Einhaltung der Bestimmungen des Lebensmittel- und Futterrechts beitragen. Der drohende Nachteil der Informationsverbreitung soll das Einzelunternehmen dazu veranlassen, den Betrieb in Einklang mit den lebensmittel- und futtermittelrechtlichen Bestimmungen zu betreiben (OVG NRW, B.v. 15.1.2019 – 13 B 1587/18 – ZLR 2019, 287).
Der Antragsgegner geht weiter zutreffend davon aus, dass die Verbrauchertäuschung in nicht nur unerheblichem Ausmaß erfolgt ist. Die Schwere des Verstoßes spricht für eine Erheblichkeit des Ausmaßes. Damit ist auch ein Verstoß von hinreichendem Gewicht gegeben (vgl. BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40). Die Behörde hat hierbei einen Beurteilungsspielraum, der gerichtlich voll überprüfbar ist. Vorliegend ist das Landratsamt rechtsfehlerfrei zu der Annahme eines nicht nur unerheblichen Verstoßes im Sinne der Vorschrift gekommen. Die Angabe der Anschrift des Lebensmittelunternehmers soll Verbrauchern ermöglichen den Verantwortlichen für das jeweilige Lebensmittel im Sinne des Art. 8 Abs. 1 LMIV zu bestimmen und mit ihm in Kontakt zu treten (vgl. Meisterernst in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand 173. EL März 2019, Art. 9 LMIV Rn. 31). Dies ist freilich nicht möglich, wenn nicht der tatsächlich Verantwortliche, also entweder der Hersteller oder der Importeur eines Produkts, angegeben ist. Es handelt sich bei der Angabe des verantwortlichen Lebensmittelunternehmers im Sinne von Art. 8 Abs. 1 LMIV auch nicht um eine Angabe von untergeordneter Wichtigkeit, gerade wenn man das oben benannte gesteigerte Informationsbedürfnis der Verbraucher zu Grunde legt. Es erscheint danach bereits zweifelhaft, ob, wie die Antragstellerin vorbringen lässt, die Angabe einer falschen Firmenadresse keinerlei Relevanz für die Kaufentscheidung der Verbraucher hat, da bei einem aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher davon auszugehen ist, dass dieser mit einem Hersteller bzw. Importeur eines Produkts gewisse, auch qualitative Merkmale verbindet. Jedenfalls aber ist die Angabe des zutreffenden verantwortlichen Lebensmittelunternehmers im Sinne von Art. 8 Abs. 1 LMIV für den Verbraucher unerlässlich, um feststellen zu können, wer letztlich ein bestimmtes Produkt in Verkehr gebracht hat, um sich im Falle einer Beanstandung oder eines Informationsbegehrens an diesen wenden zu können.
Des Weiteren liegt hier auch ein wiederholter Verstoß gegen Vorschriften zum Schutz der Verbraucher vor Täuschung vor. Das Landratsamt führt in seiner Stellungnahme vom 6. September 2019 zutreffend aus, dass schon in der Vergangenheit wiederholt Verstöße erfolgt sind, insbesondere wurden gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin seit 2017 zwei Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Irreführung nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 59 Abs. 1 Nr. 7 LFGB durchgeführt, in einem weiteren Fall wurde der Vorgang aufgrund des Verdachts einer Straftat an die Staatsanwaltschaft Würzburg abgegeben (enger Nr. 3.8 der Vollzugshinweise zur Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB vom 24. April 2019, BayMBl. 2019, Nr. 161 vom 8. Mai 2019, wonach kein wiederholter Verstoß anzunehmen ist, wenn bei zwischenzeitlichen weiteren Kontrollen kein Verstoß derselben Kategorie, sondern nur einer anderen Kategorie erfolgt ist). Dies genügt. Denn eine Wiederholung liegt vor, wenn mindestens zweimal gegen ein und dieselbe Vorschrift verstoßen worden ist. Es genügt aber auch, wenn ein Lebensmittelunternehmer mindestens zweimal gegen unterschiedliche Vorschriften im Anwendungsbereich des § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB verstößt (Boch, Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, 8. Online-Auflage 2019, § 40 LFGB, Rn. 53; Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand 173. EL März 2019, § 40 LFGB Rn. 73). Einem Lebensmittelunternehmer kann es nicht zugutekommen, dass er in kurzer Zeit gegen weitere Vorschriften des Lebensmittelrechts oder sonstige Rechtsvorschriften verstößt. Dadurch verblassen die vorhergehenden einschlägigen Verstöße nicht automatisch. Andernfalls würde ein Lebensmittelunternehmer, der in rascher Zeitfolge gegen verschiedene lebensmittelrechtliche Vorschriften verstößt, bevorzugt. Dies wäre systemwidrig.
Auch die weitere Voraussetzung der zu erwartenden Verhängung eines Bußgelds von mindestens 350,00 EUR ist im Ergebnis zu bejahen. Das Landratsamt hat mit Schriftsatz vom 12. August 2019 Anzeige an die Staatsanwaltschaft Würzburg wegen Verdachts einer Straftat nach § 59 Abs. 1 Nr. 7 LFGB i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Buchst. a und Art. 8 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 gestellt und dazu unter anderem ausgeführt, dass aufgrund des geschilderten Sachverhalts und der seit dem Jahr 2017 festgestellten Beanstandungen anzunehmen sei, dass hier keine Fahrlässigkeit, sondern zumindest bedingter Vorsatz vorliege. Der alleinige Geschäftsführer nehme zumindest seit zwei Jahren billigend in Kauf, dass immer wieder lebensmittelrechtliche Verstöße bei seinen Produkten festgestellt worden seien. Das Tatbestandsmerkmal eines zu erwartenden Bußgelds von mindestens 350,00 EUR sei damit im Sinne eines „Erst-Recht-Schlusses“ erfüllt (ebenso Boch, Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, 8. Online-Auflage 2019, § 40 LFGB, Rn. 54; Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand 173. EL März 2019, § 40 LFGB Rn. 74 sowie Nr. 3.0 der Vollzugshinweise zur Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB vom 24. April 2019, BayMBl. 2019, Nr. 161 vom 8. Mai 2019; offen gelassen von OVG NRW, B. v. 14.3.2019 – 13 B 67/19 – juris).
Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf Straftaten ist angesichts des klaren Wortlauts („Bußgeld“) gerade im Bereich der Eingriffsverwaltung indes nicht unkritisch zu bejahen. Eine geforderte Klarstellung ist durch den Gesetzgeber bislang unterblieben (vgl. BT-Drs. 19/4726, S. 10; BR-Drs. 369/1/18, S. 3 f. bzw. 369/18, S. 3). Weiterhin ist es vorliegend zweifelhaft, ob ein Vorsatz, den § 59 LFGB voraussetzt, im Sinne eines hinreichend begründeten Verdachts vorliegt.
Dies kann hier aber im Ergebnis dahinstehen, da jedenfalls – wie vom Landratsamt im Schreiben vom 6. September 2019 dargestellt – ein Bußgeld von mehr als 350,00 EUR zu erwarten ist, weil seit 2017 bereits zweimal Bußgelder gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin wegen Irreführung von Verbrauchern festgesetzt worden sind und ihm zumindest ein Fahrlässigkeitsvorwurf in Bezug auf den streitgegenständlichen Verstoß zu machen ist. Die Verhängung eines Bußgeldes setzt dabei ein schuldhaftes Verhalten voraus, dessen Vorliegen in der Regel erst im Bußgeldverfahren geprüft wird, weshalb Vorsatz oder Fahrlässigkeit bei dem Lebensmittelunternehmer vor der Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB festgestellt werden müssen (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand 173. EL März 2019, § 40 LFGB Rn. 74). Die Antragstellerin kann sich hier mit ihrem Vortrag, die Falschetikettierung habe aufgrund eines isolierten Versehens eines Lagermitarbeiters stattgefunden, nicht vom Vorwurf der Fahrlässigkeit exkulpieren. Als verantwortlicher Lebensmittelunternehmer im Sinne von Art. 8 Abs. 1 LMIV ist sie verantwortlich für die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften in ihrem Betrieb. Die Definition des Begriffs des Lebensmittelunternehmers nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a LMIV i.V.m. Art. 3 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 stellt dies auch für juristische Personen wie die Antragstellerin klar. Dabei gehört zu den Sorgfaltspflichten des Unternehmers auch eine Aufsichtspflicht für Dritte (vgl. Meyer in Streinz/Meyer, BasisVO 2. Aufl. 2012, Art. 3 Rn. 6 und Art. 17 Rn. 15). Das Ausmaß der Aufsichtspflicht des Betriebsinhabers hängt dabei von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von Größe und Organisation des Unternehmens, den unterschiedlichen Überwachungsmöglichkeiten sowie den zu beachtenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften. Die Aufsichtsmaßnahmen müssen erforderlich und zumutbar sein, wobei der Aufsichtspflicht nicht schon dadurch Genüge getan wird, dass der Aufsichtspflichtige gelegentlich die Betriebsangehörigen beobachtet und nach dem Rechten sieht (vgl. Meyer in Streinz/Meyer, BasisVO, 2. Aufl. 2012, Art. 17 Rn. 15 sowie BGH, B.v. 11. Juli 1956 – 1 StR 306/55 – BGHSt 9, 319-324). Zu gesteigerten Kontroll- und Aufsichtsmaßnahmen besteht Anlass, wenn es bereits in der Vergangenheit zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist, welche der Lebensmittelunternehmer bei ordnungsgemäßer Wahrnehmung seiner Aufgaben hätte erkennen können (Meyer in Streinz/Meyer, BasisVO, 2. Aufl. 2012, Art. 17 Rn. 17 m.w.N.). Insbesondere letzteres führt hier zur Annahme von Fahrlässigkeit beim Geschäftsführer der Antragstellerin. Gerade im Hinblick auf die Anzahl der lebensmittelrechtlichen Beanstandungen und Verfahren in der Vergangenheit ist ihm eine erhöhte Kontrollpflicht in Bezug auf seine Mitarbeiter zuzumuten, um weitere Verstöße gegen das Lebensmittelrecht zu vermeiden. Dem ist der Geschäftsführer der Antragstellerin hier nicht nachgekommen, da die falsch etikettierten Produkte in den Verkauf gelangt sind.
Die wiederholten Verstöße in den letzten zwei Jahren gegen das Lebensmittelrecht und die wiederholten einschlägigen Verstöße wegen Irreführung tragen zudem die Prognose eines zu erwartenden Bußgelds von mindestens 350,00 EUR. Die Behörde, die wie hier auch selbst Bußgeldbehörde ist, kann zur Bemessung der Höhe des Bußgelds auch auf ihre Erfahrungen mit Geldbußen und ihre Verwaltungspraxis bei vergleichbaren Vorwürfen zurückgreifen (vgl. Rohnfelder/Freytag in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand 224. EL März 2019, § 40 LFGB Rn. 13c). Die betreffende Prognoseentscheidung des Landratsamts ist unter diesem Gesichtspunkt nachvollziehbar. Bei der Bemessung des Bußgelds steht der Behörde ein Ermessen zu (vgl. VGH BW, B. v. 21.5.2019 – 9 S 584/19 – juris). Für Ermessensfehler ist insoweit aber nichts ersichtlich.
Ferner steht auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer Veröffentlichung hier nicht entgegen. § 40 Abs. 1a LFGB verpflichtet die zuständige Behörde – im Gegensatz zu § 40 Abs. 1 LFGB – zwingend zu einer Veröffentlichung von nach dieser Norm festgestellten Verstößen. Wegen der erheblichen Grundrechtsrelevanz einer derartigen Veröffentlichung, wird diese zwingende Verpflichtung durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingeschränkt (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand 173. EL März 2019, § 40 LFGB Rn. 61). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wurde vorliegend aber nicht verletzt. Insbesondere stellt sich die Veröffentlichung auch im Hinblick auf eine Beeinträchtigung von Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 3 GG als angemessen dar. Die geplante Veröffentlichung greift lediglich in die Art und Weise der Berufsausübung ein, die durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden kann (st. Rspr. seit BVerfG, U.v. 11.6.1958 – 1 BvR 596/56 – juris). Solche Allgemeinwohlerwägungen liegen hier im öffentlichen Interesse der Verbraucher an der Information über Verstöße gegen das Lebensmittelrecht – auch im Hinblick auf die Ermöglichung eigenverantwortlicher Konsumentscheidungen – vor. Dieses besteht auch vor dem Hintergrund, dass das Produkt nunmehr aus dem Verkauf genommen wurde. Da es sich bei den „Vegi Fix Kapseln“ nicht um verderbliche oder saisonale Ware handelt, ist nicht davon auszugehen, dass bereits sämtliche erworbenen Produkte mit der falschen Etikettierung von den Käufern verbraucht worden sind (vgl. zum umgekehrten Fall OVG NRW, B.v. 15.1.2019 – 13 B 1587/18 – juris). Für die Veröffentlichung ist ferner nicht nötig, dass eine Gesundheitsgefahr von dem fraglichen Produkt ausgeht (vgl. BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40). Zudem wird dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch dadurch Rechnung getragen, dass die geplante Veröffentlichung mit dem Zusatz, dass die Beanstandung beseitigt worden ist, erfolgt.
Schließlich bestehen gegen Art und Weise der geplanten Veröffentlichung keine Bedenken. Der Inhalt der Veröffentlichung ist einheitlich vorgegeben. Die Information nach § 40 Abs. 1a LFGB wird einschließlich zusätzlicher Informationen nach Abs. 4 sechs Monate nach der Veröffentlichung gemäß § 40 Abs. 4a LFGB automatisch entfernt (vgl. Nr. 2.5 der Vollzugshinweise zur Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB vom 24. April 2019, BayMBl. 2019, Nr. 161 vom 8. Mai 2019). Der Hinweis auf die Mängelbeseitigung nach § 40 Abs. 4 Satz 2 LFGB ist enthalten. Im Übrigen hat der Gesetzgeber außer der Bezeichnung des Lebensmittels und der Nennung des Lebensmittelunternehmens keine weiteren konkreten Vorgaben gemacht, so dass die Ausgestaltung der Darstellung im Wesentlichen dem Antragsgegner obliegt. Eine Veröffentlichung ist nicht zu beanstanden, wenn sie inhaltlich richtig ist und möglichst schonend für den Betroffenen erfolgt sowie dem Zweck der Vorschrift dient. Einzelne Normen müssen nicht zwingend bezeichnet werden (VG Freiburg, B.v. 30.4.2019 – 4 K 168/19 – juris; vgl. auch BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40). Die Umschreibung des Verstoßes mit der am Gesetzeswortlaut angelehnten Formulierung „Verbrauchertäuschung“ ist auch für den juristischen Laien hinreichend verständlich (vgl. auch OVG NRW, B.v. 14.3.2019 – 13 B 67/19 – juris).
Nach alledem war der Antrag abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Sie richtet sich nach dem Auffangstreitwert, weil die wirtschaftlichen Auswirkungen der Veröffentlichung nicht im Einzelnen beziffert werden können (vgl. Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs). Der Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren, so dass ein Streitwert von 2.500,00 EUR festzusetzen war.


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