Europarecht

Verpflichtungsklage, Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h, Anordnung eines absoluten Haltverbots, Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm

Aktenzeichen  W 6 K 21.1499

Datum:
26.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 2831
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVO § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3
VwGO § 42 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die erhobene Verpflichtungsklage hat keinen Erfolg.
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt, soweit er sich auf die auf sein Anwesen einwirkende Lärmbelastung durch den Verkehr in der K* … straße beruft. Er verfügt diesbezüglich über die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis, denn er hat möglicherweise einen Anspruch auf die von ihm geforderten Entscheidungen der Beklagten zum Schutz vor Lärm. Dieser Anspruch folgt aus § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Straßenverkehrsordnung (StVO), der nicht lediglich auf den Schutz der Allgemeinheit gerichtet ist, sondern daneben auch die Belange Einzelner schützt, soweit deren Individualinteressen berührt werden (BVerwG, U.v. 22.12.1993 – 11 C 45.92 – NZV 1994, 244; vgl. auch BVerwG, U.v. 26.9.2002 – 3 C 9/02 – NJW 2003, 601). Die insoweit durch das Bundesverwaltungsgericht verfolgte Rechtsprechung wird dem Schutzzweck des § 45 Abs. 1 StVO gerecht, der nicht lediglich die Wahrung der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG), sondern vorab bereits den Schutz vor Einwirkungen des Straßenverkehrs bezweckt, die das nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß übersteigen. Der Kläger kann daher geltend machen, möglicherweise Anspruch auf Schutz seiner Individualinteressen zu haben, wenn grundrechtsgefährdende oder billigerweise nicht mehr zuzumutende Verkehrseinwirkungen in Form von Lärm zu befürchten sind.
Zwar gewährt § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO grundsätzlich nur einen Anspruch auf eine ermessenfehlerfreie Entscheidung der Behörde über das Ergreifen lärmschützender verkehrsregelnder Maßnahmen. Jedoch kann sich im Einzelfall auch ein Anspruch des Bürgers auf eine konkrete Verkehrsregelung ergeben, insbesondere dann, wenn die Behörde bereits mit der Thematik befasst war und aus Sicht des Klägers unzureichende Maßnahmen getroffen hat. Unter Zugrundelegung des umfangreichen Vortrags des Klägers zur Verkehrssituation in der K* … straße besteht vorliegend die Möglichkeit, dass der Kläger als unmittelbar angrenzender Anwohner durch die Lärmbelastung in unzumutbarer Weise in seinen Rechten beeinträchtigt wird und Anspruch auf eine konkrete verkehrsregelnde Maßnahme hat.
Hingegen vermag der Vortrag des Klägers zur Sicherheit des Verkehrs und der Verkehrsteilnehmer, insbesondere der Fußgänger und Grundschüler, der Problematik beim Abbiegen von größeren Fahrzeugen im Einmündungsbereich zur B* … Straße oder Stauungen vor dem Anwesen sowie Verstöße gegen das bestehende eingeschränkte Haltverbot keine Klagebefugnis des Klägers begründen. Denn hierbei handelt es sich um allgemeine verkehrliche Interessen, die auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zielen, die aber nicht den Kläger in eigenen oder zumindest drittschützenden Rechten betreffen. Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist es dem Kläger verwehrt, sich als Statthalter für fremde Interessen zu betätigen.
2. Die insoweit zulässige Klage ist weder im Haupt- noch Hilfsantrag begründet und hat daher keinen Erfolg. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die konkreten verkehrsrechtlichen Anordnungen, da es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO fehlt. Folglich hat der Kläger auch keinen Anspruch auf eine erneute Entscheidung der Beklagten über seine Anträge.
2.1. Nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Die Verkehrsregelungen erfolgen aus immissionsschutzrechtlichen Gründen, jedoch geht es um die Abwehr verkehrsbezogener Gefahren, folglich muss der Emittent der Straßenverkehr sein (Koehl in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Aufl. 2017, StVO § 45 Rn. 20, beck-online). Diese Vorschrift gewährt Schutz vor Verkehrslärm und Abgasen, wenn der Lärm bzw. Abgase Beeinträchtigungen mit sich bringen, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen und damit zugemutet werden muss. Ein Anspruch des Klägers auf (ermessensfehlerfreie) Entscheidung über lärmschützende verkehrsrechtliche Anordnungen setzt tatbestandlich zunächst voraus, dass sich der verkehrsbedingte Lärm über dem ortsüblich Zumutbaren bewegt (BayVGH, U.v. 21.3.2012 – 11 B 10.1657, BeckRS 2016, 25875, Rn. 32).
Bei der Prüfung, welcher Verkehrslärmschutz im Einzelfall rechtlich zulässig ist, ist auf die jeweilige gebietsbezogene Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit sowie das Vorhandensein bzw. Fehlen einer bereits gegebenen Lärmvorbelastung abzustellen. Die Grenze der zumutbaren Lärmbelastung, bei deren Überschreitung Maßnahmen nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO in Betracht kommen, ist nicht durch auf Rechtsetzung beruhende Grenzwerte festgelegt (BayVGH, U.v. 12.4.2016 – 11 B 15.2180, BeckRS 2016, 45482 Rn. 21). Zwar können die Vorschriften der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung – 16. BImSchV) vom 12. Juni 1990 (BGBl I S. 1036) bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbelastung im Rahmen des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO nicht unmittelbar angewendet werden, denn bei § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO geht es um straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen des Lärmschutzes für bestehende Straßen (siehe zum Ganzen: BayVGH, U. v. 21.3.2012 – 11 B 10.1657 – juris Rn. 27). Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV können aber im Anwendungsbereich des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO als Orientierungspunkte für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze, deren Überschreitung die Behörde zu Maßnahmen ermächtigt, herangezogen werden (so ausdrücklich BVerwG, U. v. 22.12.1993 – 11 C 45.92 – NZV 1994, 244; vgl. ferner BayVGH, U. v. 26.11.1998 – 11 B 95.2934 – juris; U. v. 11.5.1999 – 11 B 97.695 – juris). Denn die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung bringen ganz allgemein die Wertung des Normgebers zum Ausdruck, von welcher Schwelle an eine nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigung der jeweiligen Gebietsfunktion, die zumindest auch dem Wohnen zu dienen bestimmt ist, anzunehmen ist.
Eine Unterschreitung der Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung ist danach jedenfalls ein Indiz dafür, dass die Lärmbelastung auch die Zumutbarkeitsschwelle in straßenverkehrsrechtlicher Hinsicht nicht erreicht (BayVGH, U. v. 21.3.2012 – 11 B 10.1657 – juris Rn. 28). Anhaltspunkte für die Überschreitung des ortsüblich Zumutbaren sind aber dann gegeben, wenn die Grenzwerte der 16. BImSchV nicht nur unwesentlich überschritten werden (Koehl in Haus/Krumm/Quarch, a.a.O., beck-online). Insoweit darf aber nicht übersehen werden, dass die Überschreitung dieser Richtwerte nach der Rechtsprechung nicht erst einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über Maßnahmen nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO auslöst, sondern bereits die Verdichtung des Ermessens der Behörde zu einer Pflicht zum Einschreiten zur Folge haben kann (vgl. BVerwG, U.v. 4.6.1986 – 7 C 76/84, NJW 1986, 2655). Folglich ist die Erfassung der Verkehrslärmbelastung unter Heranziehung der Grenzwerte der § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV ein erster Anhaltspunkt.
2.2. Für den Bereich des Anwesens des Klägers, welcher nach übereinstimmendem Vorbringen der Beteiligten als allgemeines Wohngebiet eingestuft werden kann, legt § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV den Immissionsgrenzwert zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche in reinen und allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten auf 59 dB(A) am Tag und 49 dB(A) in der Nacht fest. Nachdem es sich bei den Grenzwerten lediglich um Orientierungswerte handelt, sind die Besonderheiten des Einzelfalles stets maßgeblich zu berücksichtigen, da im Rahmen der Schutzwürdigkeit auch Lärmbelästigungen einzupreisen sind, mit denen der Kläger aufgrund der Ortsüblichkeit rechnen und sie hinnehmen muss.
Zur Beurteilung der Frage, welche Größenordnung und Intensität die Belastung durch Verkehrslärm hat, ist die Erfassung der Verkehrsbelastung mittels einer Verkehrszählung erforderlich. Dem ist die Beklagte mit ihrer Verkehrszählung vom 25. Juni 2021 bis 1. Juli 2021 nachgekommen. Folglich kann dahinstehen, ob die ursprüngliche Bezugnahme der Beklagten auf eine Verkehrszählung aus dem Jahr 2018 (noch) ausreichend gewesen wäre.
Entgegen der Auffassung des Klägers war die Beklagte im Zuge der Verkehrslärmermittlung nicht verpflichtet, ein Lärmgutachten erstellen zu lassen. Grundsätzlich ist ein Verwaltungsverfahren nach Art. 10 BayVwVfG u.a. zweckmäßig durchzuführen. Nach Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayVwfVG bestimmt die Behörde Art und Umfang der Ermittlungen, die sich wiederum nach den Erfordernissen des Einzelfalls bestimmen (Kallerhoff/Fellenberg in Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 24 Rn. 26). Sie ist verpflichtet, die entscheidungserheblichen Tatsachen so weit aufzuklären, dass die Voraussetzungen für den Abschluss des Verfahrens zu ihrer Überzeugung vorliegen. Die Ermittlungsmaßnahmen müssen unter Berücksichtigung der Belastung für die Betroffenen, der Bedeutung des jeweiligen öffentlichen Interesses und des Gebotes, unnötige Kosten zu vermeiden, angemessen sein. Zeitraubende Ermittlungen mit äußerst geringfügiger Erfolgsaussicht muss die Behörde auch auf Antrag des Betroffenen nicht einleiten (Kallerhoff/Fellenberg a.a.O.). Gleiches muss angesichts des haushaltsrechtlichen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. Art. 7 BayHO, Art. 61 Abs. 2 GO) hinsichtlich kostenintensiver Ermittlungsmaßnahmen gelten. Davon ausgehend sind Lärmberechnungen dann durchzuführen, wenn zumindest hinreichende Anhaltspunkte oder ein begründeter Verdacht ein Erreichen bzw. eine Überschreitung der in § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV bestimmten Immissionsgrenzwerte nahelegen bzw. glaubhaft erscheinen lassen (vgl. § 10 des Gesetzes über die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden – USchadG – vom 10. Mai 2007 [BGBl I S. 666]; BayVGH, B.v. 6.7.2020 – 11 ZB 18.1840, BeckRS 2020, 16892 Rn. 27). Derartige Anhaltspunkte können auch aus Verkehrszählungen gewonnen werden (vgl. VGH BW, U.v. 16.5.1997 – 5 S 1842/95 – ZfSch 1997, 436 = juris Rn. 32).
Eine kostengünstige und zeitsparende Möglichkeit für die Abschätzung der Lärmbetroffenheit des Klägers bietet das Einspeisen der Ergebnisse von Verkehrszählungen in einen sog. Lärmrechner, bei dem Parameter wie Verkehrsstärken, Geschwindigkeit, Fahrbahnoberfläche oder Abstand variiert werden können. Je nachdem, welche Ergebnisse diese erste Beurteilung der Verkehrslärmbelastung ergibt, kann sich unter Umständen ein weiterer Aufklärungsbedarf – z.B. mittels eines Lärmgutachtens – ergeben.
2.3. Nach überschlägigen Berechnungen mittels eines frei zugänglichen Online-Lärmrechners (z.B. www.vcd.org/themen/verkehrslaerm/online-laerm-rechner) gemäß den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS 90), werden die einschlägigen Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV durch den täglichen Verkehr beim Anwesen des Klägers vorliegend nicht erreicht.
Unter Zugrundelegung der Verkehrszählung von 2021, welche auf sieben Tage 2.148 Fahrzeuge zählte, befahren täglich im Schnitt 307 Fahrzeuge die K* … straße, welche eine Gemeindestraße mit einer Gussasphaltoberfläche ist. Eine Steigung bzw. ein Gefälle zum Anwesen des Klägers, welches unmittelbar an die Straße angrenzt, besteht nicht (0%). Der Immissionsort – das Schlafzimmerfenster des Klägers – befindet sich 3,5 m von der Fahrbahnmitte entfernt (Straßenbreite am Abzweig Am Kirchberg 5,90 m, zzgl. Gehsteig von über 1 m Breite) und in 2 m Höhe (Schlafzimmer ist zwar im Erdgeschoss, befindet sich von Seite der K* … straße in einer Art Hochparterre, das Geschoss sitzt über einem 1,8 m hohen Basaltmauerwerk) über dem Fahrtstreifen. Die letztgenannten zwei Entfernungen wurden zugunsten des Klägers bewusst kürzer geschätzt, obwohl nach Vortrag der Klägerseite der Gehsteig beim Anwesen eine „maximale Breite von 1,66 m“ hat (Schriftsatz d. Kl.Bev. v. 29.4.2021, S. 5, Bl. 119 d. Gerichtsakte) ebenso ist zu Gunsten des Klägers eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h anzusetzen. Unbeachtet bleibt bewusst, dass ab der Abzweigung „Am Kirchberg“, d.h. ab dem Anwesen des Klägers aufgrund des Gemeinderatsbeschlusses vom 24. August 2021 von Montag bis Freitag zwischen 7 Uhr und 15 Uhr (ausweislich der Verkehrszählung die Hauptverkehrszeit) nur noch 30 km/h gelten. Der vom Gericht angewendete Verkehrslärmrechner (s.o.) kommt mit diesen Werten zu einem Ergebnis von 58,6 dB(A) tags und 48,4 dB(A) nachts, sodass die Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV nicht erreicht werden.
Das Gericht übersieht nicht, dass die Grenzwerte für ein allgemeines Wohngebiet eher knapp unterschritten werden. Nachdem jedoch bei den Angaben im Verkehrslärmrechner Daten zugunsten des Klägers genommen wurden und insbesondere die jetzt geltende Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h, welche eine weitere Absenkung der Lärmbelastung gerade zur Hauptverkehrszeit zur Folge hat, nicht eingeflossen ist, sind weitere Ermittlungen in Form eines Lärmgutachtens nicht veranlasst.
2.4. Wie bereits ausgeführt sind die Grenzwerte i.R.d. § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV lediglich Orientierungswerte, welche Indizwirkung haben. Die Frage nach dem ortsüblich Zumutbaren ist in jedem Einzelfall im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu beantworten. Zur Überzeugung des Gerichts kommt es am Anwesen des Klägers auch bei Berücksichtigung der besonderen örtlichen Verhältnisse nicht zu einer unzumutbaren Belastung durch Verkehrslärm.
So muss vorliegend beachtet werden, dass die K* … straße keine Durchfahrts straße, sondern eine Sackgasse ist, welche in einem land- und forstwirtschaftlichen Wald- und Flurweg endet. Am Ende der Straße steht das Verkehrszeichen 260 (Verbot für Kraftfahrzeuge), von dem der land- und forstwirtschaftliche Verkehr ausgenommen ist. Ein allgemeiner Durchfahrtsverkehr ist damit ausgeschlossen. Ausweislich der Luftaufnahmen sowie der klägerseits vorgelegten Bilder befinden sich lediglich einige wenige Wohnhäuser entlang der K* … straße, ansonsten werden über die K* … straße nur das Sportheim samt Sportplatz, des Weiteren ein Schwimmbad samt angeschlossenem Café, ein Tennisplatz und am Ende der Straße ein Hotel erschlossen. Auch wenn diese Einrichtungen unbestritten einen gewissen Zu- und Abfahrtsverkehr anziehen, fällt dieser ausweislich der Verkehrszählung – wohl auch aufgrund der geringen Größe der Beklagten (1.204 Einwohner zum Stichtag 31.12.2020) – relativ gering aus. Dies spiegelt sich auch im Vortrag der Beklagten wider, indem darauf verwiesen wird, dass das Hotel mit 28 Doppelzimmern und nicht täglich wechselnden Gästen sowie einem Lieferverkehr von zwei bis drei Mal die Woche keine großen Verkehrsströme verursacht. Gleiches gilt aufgrund der geringen Größe der Beklagten für das Schwimmbad, den Tennisplatz sowie den Sportplatz. In Anbetracht dieser Umstände hat das Gericht auch keine Zweifel, dass die durch die Verkehrszählung ermittelten Zahlen repräsentativ sind, zumal sie in einem Zeitraum außerhalb von Ferien oder Feiertagen ermittelt wurden.
Soweit der Kläger die besondere Belastung durch die Holzabfuhr vorträgt, welche durch große Lkw mit Anhänger durchgeführt wird, ändert dies nichts an der Einschätzung durch das Gericht. So ist zum einen ausweislich der Verkehrszählung die Belastung durch die Holztransporte (LZ) mit insgesamt 15 Bewegungen auf sieben Tagen mit zwei Fahrten pro Tag als gering einzuschätzen. Zum anderen ist die Krummbach straße die einzige Erschließungsmöglichkeit für Holztransporte aus dem dahinter liegenden Gemeindewald. Die 1. Bürgermeisterin der Beklagten hat hierzu in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass der Gemeindewald nach forstwirtschaftlichen Gesichtspunkten gemäß eines Jahresplans bewirtschaftet wird. Hierbei handele es sich jeweils um einen flächig punktuellen Einschlag, da die Bäume erst nachwachsen müssten, sodass die Holzabfuhr aus dem durch die K* … straße erschlossenen Gemeindewaldgebiet unregelmäßig in verschiedenen Jahren und auch nicht das gesamte Jahr über erfolge. Andere Zufahrtsmöglichkeiten der großen Schwerlasttransporte in diesen Waldbereich gebe es nicht. Zur Überzeugung des Gerichts handelt es sich bei der Nutzung der K* … straße durch Holzfuhrwerke um eine nicht durchgehende, aber ortsübliche und vom Kläger hinzunehmende Nutzung, welche im Rahmen der Schutzwürdigkeit zu berücksichtigen ist. Nachdem die Belastung ihrer Häufigkeit nach als sehr gering einzuschätzen ist, ist eine anderweitige Bewertung auch nicht angezeigt.
Das in der Klagebegründung bemängelte lärmerhöhende Verbundpflaster direkt am Anwesen des Klägers ist zwischenzeitlich beseitigt, ebenso wurden die aus der Fahrbahndecke herausstehenden Kanaldeckel angeglichen, sodass diese Umstände keine zusätzliche Lärmbelastung verursachen können. Soweit der Kläger noch ein „Klappern“ eines der Kanaldeckel bei Überfahren moniert, handelt es sich hierbei um eine übliche Eigenschaft der Verkehrsanlagestraße, die zwar lärmerhöhend sein mag, aber zu keiner besonderen Schutzwürdigkeit führen kann, da Kanaldeckel in jeder Straßendecke vorhanden sind und bei Überfahren klappern können.
Eine weitere verkehrliche Entlastung ergibt sich zwischenzeitlich auch dadurch, dass der ursprünglich direkt gegenüber dem klägerischen Anwesen gelegene Kindergarten verlegt wurde und sich seit Dezember 2021 in gut 700 m Entfernung befindet. Damit entfällt der vom Kläger monierte Zu- und Abfahrtsverkehr durch das Bringen und Holen der Kindergarten-Kinder restlos.
Maßgeblich zu Gunsten des Klägers dürfte sich die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h, welche ab seinem Anwesen für eine Länge von ca. 600 m gilt, auswirken. Damit wird eine der Forderungen des Klägers zumindest teilweise erfüllt. Zwar moniert der Kläger, dass die meisten Fahrzeugführer zu schnell in die K* … straße hineinführen und erst auf Höhe seines Anwesens bremsen würden, was wiederum zu einer für ihn erhöhten Lärmbelastung führe. Hierbei handelt es sich jedoch um ein nicht rechtskonformes Verhalten der Autofahrer und damit um ein Vollzugsproblem. Im Übrigen kann diese Argumentation nicht nachvollzogen werden, da der Beginn der Geschwindigkeitsbeschränkung nur ca. 80 m von der Einmündung in die B* … Straße entfernt liegt, sodass es schon wenig plausibel erscheint, dass Autofahrer nach dem Abbiegevorgang in die K* … straße so schnell bzw. stark auf 50 km/h beschleunigen, um sodann gleich wieder auf 30 km/h abzubremsen.
Nachdem die auf Grundlage des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO erlassenen Verkehrsregelungen aus immissionsschutzrechtlichen Gründen erfolgen, es aber dennoch um die Abwehr verkehrsbezogener Gefahren geht, muss der Emittent der Straßenverkehr sein. Daher sind die Emissionen, die vom in der Nähe gelegenen Altglascontainer ausgehen ebenso unbeachtlich, wie die Geräusche in Zusammenhang mit dem Zigarettenautomaten, der gegenüber dem klägerischen Anwesen auf Privatgrund steht. Der Zigarettenautomat (siehe Lichtbild auf Bl. 139 d. Gerichtsakte, vorgelegt mit Schriftsatz d. Kl.Bev. v. 29.4.2021) befindet sich zudem nicht direkt an der Straße, sondern neben dem Eingang zum Sportheim. Zwischen der Straße und dem Grundstück fließt der …bach.
2.5. Nach alldem kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass bereits keine Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm vorliegen, die jenseits dessen liegen, was im konkreten Fall vom Kläger als ortsüblich hingenommen werden muss. Folglich sind schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO nicht erfüllt, sodass dahinstehen kann, inwiefern die zusätzliche Anforderung des § 45 Abs. 9 Satz 1 und Satz 3 StVO erfüllt wäre. Dies wäre vor dem Hintergrund zweifelhaft, nachdem ausweislich der Verkehrszählung alle erfassten Verkehrsteilnehmer unterhalb von 50 km/h blieben und die erfasste Durchschnittsgeschwindigkeit deutlich niedriger lag.
Ebenso kann dahinstehen, ob überhaupt eine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich der beiden vom Kläger konkret geforderten verkehrsrechtlichen Maßnahmen – absolutes Haltverbot sowie Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h, jeweils in der gesamten K* … straße – gegeben sein könnte. Eine Ermessensreduzierung auf Null kann nur dann vorliegen, wenn – ungeachtet der Rechtspflicht zum Einschreiten – nur die vom Kläger beantragten Maßnahmen in Frage kämen (Auswahlermessen). Dies ist jedoch weder ersichtlich noch vorgetragen. Dies gilt insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die K* … straße eine Gesamtlänge von ca. 900 m hat und das Anwesen des Klägers im vorderen (östlichen) Bereich, ca. 80 m von der Einmündung in die B* … Straße entfernt liegt. Es liegt weder auf der Hand noch ergibt es sich aus dem Vortrag des Klägers, inwiefern sein Anwesen von verkehrsrechtlichen Maßnahmen z.B. im Bereich des Hotels K* … in 700 m Entfernung profitieren könnte. Soweit diesbezüglich auf eine bessere Übersichtlichkeit und einen angeblich bestehenden „Schilderwald“ verwiesen wird, kann nicht nachvollzogen werden, inwiefern es mit der Lärmbelastung zusammenhängt.
2.6. Nachdem bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO nicht vorliegen, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf erneute Entscheidung über seinen Antrag, sodass auch der Hilfsantrag keinen Erfolg hat.
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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