Europarecht

Vorliegen der Fördervoraussetzungen, Hauswirtschaftliche Assistentin, Gleichbehandlung

Aktenzeichen  B 8 K 20.1045

Datum:
17.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 44534
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
CoBoR
Corona-Pflegebonusrichtlinie

 

Leitsatz

Reinigungsarbeiten und das Versorgen bzw. Verteilen von Speisen sind als „klassische“ hauswirtschaftliche Aufgaben nicht als „pflegerische Tätigkeiten“ im Sinne der CoBoR unter Berücksichtigung der Behördenpraxis zu verstehen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört. Auf ein „Einverständnis“ eines Beteiligten kommt es nicht an.
1. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 17.09.2020 ist rechtmäßig und damit nicht aufzuheben (§ 113 Abs. 1 VwGO). Der Klägerin steht kein Anspruch auf Gewährung eines Pflegebonus nach der Richtlinie über die Gewährung eines Bonus für Pflege- und Rettungskräfte in Bayern zu (Corona-Pflegebonusrichtlinie – CoBoR) zu (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Wesentlichen zur Begründung auf die zutreffenden Ausführungen im genannten Bescheid des Beklagten Bezug genommen, § 117 Abs. 5 VwGO. Ergänzend ist auszuführen:
1.1 Ein Anspruch auf die Förderung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 23). Daran setzt der Maßstab der gerichtlichen Überprüfung an.
Nach Ziff. 2 der CoBoR sind Begünstigte der Richtlinie Personen, die in bestimmten Einrichtungen (1.) eine geförderte pflegerische Tätigkeit (2.) in einem bestimmten Zeitraum (3.) nachweisen können. Dabei müssen alle Voraussetzungen für die Förderfähigkeit erfüllt sein.
Die Klägerin erfüllt die persönlichen Voraussetzungen im Hinblick auf ihre Tätigkeit nicht:
1.1.1 Eine Tätigkeit als „Pflegende“ nach Ziff. 2 Satz 1 der CoBoR kommt mangels Qualifikation nicht in Betracht. Die Bewilligungspraxis der Behörde ist gerade nicht darauf ausgerichtet, jede Person in den abschließend genannten Einrichtungen zu begünstigen, sondern „Pflegende“ (Ziff. 2 Satz 1) – und „tatsächlich in der Pflege Tätige“ (Ziff. 2 Satz 2) -. Eine „Auslegung“ im Sinne einer Generalklausel verbietet sich nach dem Maßstab der gerichtlichen Überprüfung. Die CoBoR darf nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (vgl. BayVGH, a.a.O.). Anhaltspunkte für eine entgegenstehende Bewilligungspraxis sind nicht ersichtlich.
1.1.2 Die Klägerin ist auch keine „tatsächlich in der Pflege Tätige“ nach Ziff. 2 Satz 2 der CoBoR. Sie hat weder im behördlichen noch im Klageverfahren Tätigkeiten angeben bzw. nachweisen können, die einer Pflegetätigkeit entsprechen würden. Soweit sie angegeben hat, Reinigungsarbeiten auszuführen; Speisen zu verteilen oder als Hilfskraft an der Seite der Pflegekraft zu arbeiten, erfüllt dies nicht die Voraussetzungen, die regelmäßig an pflegerische Tätigkeiten zu stellen sind. Vielmehr handelt es sich dabei um klassische Aufgaben einer hauswirtschaftlichen Assistentin.
Hauswirtschaftshelfer/innen bzw. Hauswirtschaftsassistenten und -assistentinnen erledigen in der Regel hauswirtschaftliche Tätigkeiten in Krankenhäusern oder Seniorenheimen, wie die Versorgung mit Speisen und Getränken sowie die Reinigung der Wohn-, Schlaf-, Sanitär- und Wirtschaftsräume (vgl. z.B. Steckbrief der Bundesagentur für Arbeit, abrufbar unter https://berufenet.arbeitsagentur.de/berufenet/bkb/10186.pdf; abgerufen am 19.02.2021).
Auch wenn – wie vorgetragen – den Pflegekräften „assistiert“ werden sollte, wird daraus ohne Weiteres keine entsprechend pflegerische Tätigkeit der Klägerin ersichtlich. Insofern merkt die Beklagtenseite zutreffend an, dass der Vortrag zu pauschal ist, um davon ausgehend eine etwaig pflegerische Tätigkeit nachzuvollziehen (vgl. Schriftsatz vom 22.12.2020, S. 3). Die Klägerseite hat auch nach gerichtlichem Hinweis vom 22.02.2021 und Gelegenheit zur Stellungnahme keine konkreteren Angaben dazu gemacht.
Im Übrigen hätte die Klägerin nach wie vor versäumt, einen Nachweis ihrer Beschäftigung vorzulegen, aus dem hervorginge, inwiefern sie im streitgegenständlichen Zeitraum als „tatsächlich in der Pflege Tätige“ im Sinne von Ziff. 2 Satz 2 der CoBoR gearbeitet hätte. Auch dies ist Fördervoraussetzung nach Ziff. 5.2 der CoBoR. Aus der vorgelegten Arbeitgeberbescheinigung vom 04.05.2020 geht Entsprechendes nicht hervor. Auch die zuletzt vorgelegte „Bestätigung“ ihres Arbeitgebers vom 03.03.2021 lässt gerade keine pflegerischen Tätigkeiten nachvollziehen, sondern bestätigt sinngemäß, dass die Klägerin als hauswirtschaftliche Mitarbeiterin infolge der Corona-Pandemie einer „massiven direkten“ Infektionsgefahr ausgesetzt war.
Gemäß den Voraussetzungen der Richtlinie kommt es allerdings nicht darauf an, inwieweit sich die Klägerin durch ihre Tätigkeiten einem besonderen Infektionsrisiko aussetzen musste. Vielmehr ist gemäß den Behördenvorgaben auf die Tätigkeit und damit auf das Erfordernis abzustellen, „tatsächlich in der Pflege tätig“ zu sein. Auch hier gilt, dass Subventionstatbestände einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich und nur eingeschränkt überprüfbar sind. Anhaltspunkte für eine seiner eigenen Richtlinie widersprechenden Bewilligungspraxis des Beklagten dahingehend sind weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich. Bei der konkret vorgebrachten Bewilligung des Pflegebonus für eine Kollegin handelt es sich nach Angaben des Beklagten um eine fehlerhafte Bewilligung, zumal der weit überwiegende Teil der Kolleginnen den Bonus ebenfalls nicht erhalten hat. Insofern sind damit keine weiteren Zweifel an einer Behördenpraxis abseits der Richtlinie nachvollziehbar.
1.2 Die Klägerin erfüllt auch nicht die Voraussetzungen betreffend Ihre Tätigkeit mit Blick auf die beispielhaften Aufzählungen in Anlage 1 oder Anlage 2 zur CoBoR, da ihre Qualifikation dort nicht benannt ist. Deshalb kann sich daraus kein Anspruch ergeben.
Dabei wird das persönliche Engagement der Klägerin durchaus wahrgenommen und mit hohem Respekt gewürdigt; trotz allem werden die Voraussetzungen der CoBoR unter Berücksichtigung der Bewilligungspraxis der Behörde nicht erfüllt.
1.3 Auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) kommt kein Anspruch auf Bewilligung des Pflegebonus in Betracht.
Es sind bislang keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Beklagte Personen mit dem konkret vorgetragenen Aufgabenbereich der Klägerin im hauswirtschaftlichen Bereich, der sich nicht auf pflegerische Tätigkeiten erstreckt (s.o.), generell einen Bonus nach der genannten Richtlinie gewährt hat und die Klägerin unter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz davon ausgenommen hätte. Dies scheint auch nicht im Umfeld der Klägerin passiert zu sein (s.o.), sodass sich aus daraus ein stichhaltiger Anhaltspunkt ergäbe. Die fehlerhafte Bewilligung des Pflegebonus der Kollegin kann vor diesem Hintergrund keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Gewährung der Klägerin unter Bezugnahme auf den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen. Es obliegt dem Beklagten, erkannte fehlerhafte Bescheide zurückzunehmen, um Gleichheit innerhalb der gesetzlichen Grenzen wiederherzustellen. Dies will der Beklagte selbst auch in Ziff. 8 der CoBoR sicherstellen, was er auch mit Schriftsatz vom 22.12.2020 und sowie 13.01.2021 zu erkennen gegeben hat.
2. Als unterliegender Teil trägt die Klägerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung – ZPO -.


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