Europarecht

Widerruf einer Waffenhandelserlaubnis nach Äußerungen auf Facebook

Aktenzeichen  W 5 K 15.1008

Datum:
23.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a, § 45 Abs. 2 S. 1
GG GG Art. 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, Art. 12 Abs. 1

 

Leitsatz

In Anbetracht von Sinn und Zweck der Regelungen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a und c WaffG und der erheblichen Gefahren, die von Waffen oder Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, bedarf es für die Prognose der Unzuverlässigkeit keines Nachweises, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder Personen überlassen wird, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind; es genügt eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Einschätzung, im Rahmen derer ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (Anschluss an VGH München BeckRS 2013, 59079 Rn. 18 f.; vgl. auch BVerwG BeckRS 2015, 42545 Rn. 17). (redaktioneller Leitsatz)
Legen Äußerungen des Betroffenen auf Facebook seine Bereitschaft zur Konfliktlösung mit Gewalt nahe und fordert er andere im Internet dazu auf, sich mit Waffen auszustatten, um gegen vermeintliche Bedrohungen gewappnet zu sein, rechtfertigt das den Schluss darauf, dass er keine Gewähr dafür bietet, im Rahmen des von ihm betriebenen Handels jederzeit und in jeder Hinsicht mit Schusswaffen oder Munition ordnungsgemäß umzugehen (Parallelentscheidung zu BeckRS 2016, 49872). (redaktioneller Leitsatz)
Der auf solche Äußerungen gestützte Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis verletzt den Betroffenen nicht in seiner Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG. Das der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienende WaffG (vgl. § 1 Abs. 1 WaffG) ist ein “allgemeines Gesetz” iSV Art. 5 Abs. 2 GG; der Behörde ist es deshalb nicht verwehrt, aus Äußerungen des Betroffenen Rückschlüsse auf seine Zuverlässigkeit iSd § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WaffG zu ziehen (Anschluss an VGH München BeckRS 2016, 41901 Rn. 26 = vorangegangenes Eilverfahren; vgl. auch BVerwG BeckRS 2013, 47174; Parallelentscheidung zu BeckRS 2016, 49872). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist im noch anhängigen Umfang zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Teil des Bescheides vom 1. Oktober 2015 Nr. 1351-30-2015WBKKM ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Voraussetzungen für den Widerruf der Waffenhandelserlaubnis des Klägers lagen zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung vor. In seinem Beschluss vom 27. Oktober 2015 im Eilverfahren (W 5 S 15.1009) hat das Gericht – soweit vorliegend entscheidungserheblich – ausgeführt:
„Rechtsgrundlage des Widerrufs der Waffenhandelserlaubnis ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist eine Erlaubnis zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.
Diese Widerrufsvoraussetzungen sind im Fall des Antragstellers – nach summarischer Prüfung – erfüllt.
§ 5 Abs. 1 WaffG regelt in Abgrenzung zur regelmäßigen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 WaffG die Fälle der absoluten waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit. Liegt ein Fall der absoluten Unzuverlässigkeit vor, ist eine bereits erteilte waffenrechtliche Erlaubnis – wie im vorliegenden Fall – nach § 45 Abs. 1 WaffG zu widerrufen (vgl. zur Rücknahme waffenrechtlicher Erlaubnisse BayVGH, U.v. 10.10.2013 – 21 B 12.964 – juris).
Ausgehend von dieser Absicht des Gesetzgebers genügt für die erforderliche Prognoseentscheidung über die waffenrechtliche Zuverlässigkeit ein rationaler Schluss von der Verhaltensweise eines Betroffenen auf dessen in Zukunft zu erwartendes Verhalten. Dabei wird in Anbetracht von Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG und der erheblichen Gefahren, die von Waffen oder Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, für die gerichtlich uneingeschränkt überprüfbare Prognose nicht der Nachweis verlangt, der Betroffene werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder Personen überlassen, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind, sondern es genügt eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Einschätzung (BayVGH, a. a. O.; BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1/14 – juris).
Weitergehende Anforderungen übersehen den präventiven Charakter des Waffenrechts genauso wie die Tatsache, dass auch vermeintlich exakte Begutachtungen ein Restrisiko nicht ausschließen können (vgl. Bushart in Apel/Bushart, Waffenrecht Bd. 2, 3. Aufl., § 58 Rn. 19). Ein Restrisiko muss im Waffenrecht aber nicht hingenommen werden (BayVGH, a. a. O., m. w. N. zur st. Rspr.).
Erforderlich sind daher konkrete Tatsachen, die den nachvollziehbaren und plausiblen Schluss rechtfertigen, dass der Erlaubnisinhaber in Zukunft entweder selbst mit Waffen in einer vom Waffengesetz nicht geduldeten Form umgehen oder Dritten einen solchen Umgang durch willentliche Überlassung ermöglichen wird. Eine missbräuchliche Verwendung in diesem Sinn ist auch dann zu befürchten, wenn die Gefahr besteht, dass der Erlaubnisinhaber „sein Recht“ außerhalb oder neben der bestehenden Rechtsordnung durchsetzen wird, sei es im Rahmen planvoll begangener Straftaten, sei es im Rahmen sogenannter Selbsthilfeexzesse (Papsthart in Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht, 9. Aufl., § 5 Rn. 9). Eine aggressive Grundhaltung genügt, die die Taten anderer eher begünstigt als verhindert. Denn hierin zeigt sich die Bereitschaft zur Konfliktlösung mit Gewalt und damit der Mangel, Konflikte friedlich zu lösen (vgl. BayVGH, a. a. O.).
Es wäre lebensfremd und widerspräche dem präventiven Zweck des Waffenrechts, wenn die Behörde bei Vorliegen konkreter Umstände im o.g. Sinn solange mit dem Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse warten müsste, bis es zu Straftaten und Verurteilungen gekommen ist (vgl. zur Rücknahme einer waffenrechtlichen Erlaubnis für den Fall der Zugehörigkeit zum Milieu einer „Outlaw Motorcycle Gang“ BayVGH, a. a. O.).
Ausgehend hiervon liegen die Voraussetzungen für die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers voraussichtlich vor.
Der Antragsteller betreibt ein Facebook-Profil, auf dem er öffentlich und für jeden einsehbar zumindest im August 2015 Beiträge wie „V-Mann. Linker, Asylant – Legt jeden Brand mit eigner Hand“ teilte und in mehreren Posts die Leser zur Bewaffnung aufforderte, wie „Morgen auch bei Dir. Bereite Dich schon mal darauf vor. Und bewaffne Dich.“, „Passt auf Eure Frauen und Töchter auf. Aber vor allem – bewaffnet Euch!“ oder „Kopftreten. Wegen einer Sonnenbrille. Beliebt bei Irakern und anderen Arschlöchern. Bewaffnet Euch.“ Zum Artikel „Kommentar zur Flüchtlingspolitik: Neuankömmlinge sind ein Geschenk des Himmels“ schrieb er am 21. August 2015 „Lasst sie kommen, kein Problem. Es darf nur kein Steuergeld mehr an sie fließen. Und die Steuerzahler müssen bewaffnet werden. Dann wird alles gut.“
Wie den Äußerungen des Antragstellers zu entnehmen ist, besteht bei ihm eine Bereitschaft zur Konfliktlösung mit Gewalt. Zudem fordert er andere im Internet dazu auf, sich mit Waffen (gleich welcher Art) auszustatten, um gegen (vermeintliche) Bedrohungen gewappnet zu sein. Seiner Facebook-Seite ist gleichzeitig zu entnehmen, dass er „Sales Manager“ einer Firma, die die Waffenpflegeserie „Tetra-Gun“ vertreibt, ist. Seine Aufforderung kann vom Empfängerhorizont nicht nur so verstanden werden, dass man erlaubnisfreie Waffen erwerben solle oder dass eine Bewaffnung und Verwendung von Waffen ausschließlich im Rahmen der Legalität stattfinden solle. Die Äußerungen des Antragstellers legen es nahe, dass er keine Gewähr dafür bietet, dass er im Rahmen des Handels mit Schusswaffen oder Munition jederzeit und in jeder Hinsicht mit Schusswaffen ordnungsgemäß umgehen wird.
Das Vorbringen des Antragstellers führt zu keiner anderen Beurteilung. Im Einzelnen:
Die von der Kriminalpolizeiinspektion Schweinfurt ermittelten und vom Landratsamt Bad Kissingen seiner Entscheidung zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen hat der Antragsteller nicht mit schlüssigen Argumenten ernsthaft in Frage gestellt. Er bestreitet nicht, dass er die vom Landratsamt zitierten Äußerungen getätigt hat bzw. die entsprechenden Artikel geteilt hat, sondern versucht lediglich, die Bedeutung seiner Äußerungen herunterzuspielen.
Der Einwand des Antragstellers, er habe im Rahmen seines Rechts auf freie Meinungsäußerung bestimmte Vorgänge, die in den letzten Monaten mit dem Zuzug von Flüchtlingen verbunden gewesen seien, „satirisch und durchaus bissig“ kommentiert, kann die vom Landratsamt vorgenommene Bewertung zumindest der o.g. Äußerungen nicht in Frage stellen. Es ist bereits fraglich, ob der nunmehr auf der Facebook-Seite des Antragstellers unter der Unterrubrik „Info – Details über dich“ enthaltene Hinweis, die Beiträge seien „auch als Satire zu verstehen“ zum Zeitpunkt der Feststellung der für den Widerruf herangezogenen Äußerungen, die mittlerweile aus dem Facebook-Profil entfernt worden sind, bereits vorhanden war. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, war dieser nicht im Zusammenhang mit den Äußerungen aufgeführte, eher versteckte Hinweis nicht geeignet, die Bedeutung der Äußerungen herabzusetzen. Insbesondere die mehrfachen Aufrufe zur Bewaffnung erwecken im Zusammenhang mit den dazu geposteten Artikeln den Eindruck, dass sie ernst gemeint sind. Der Antragsteller hat im Rahmen der Anhörung hierzu auch angegeben, dass er seine Facebook-Bekannten darauf hinweise, dass sie sich für „Fälle von Ausschreitungen und Übergriffen von Neuankömmlingen“ auf „legale Weise bewaffnen“ dürften. Die Verwendung des von ihm (ohne Kommentar) geteilten Beitrags „V-Mann. Linker, Asylant – Legt jeden Brand mit eigner Hand“ kann ohnehin mit satirischen Absichten nicht erklärt werden. Im Rahmen der behördlichen Anhörung hat der Antragsteller hierzu auch nur ausgeführt, er müsse sich zu Recht ankreiden lassen, dass er „die Pauschalität dieser Aussage nicht deutlich angeprangert habe“. Die vom Antragsteller zur Verharmlosung seiner Aussage „Lasst sie kommen, kein Problem. Es darf nur kein Steuergeld mehr an sie fließen. Und die Steuerzahler müssen bewaffnet werden. Dann wird alles gut.“ gegenüber dem Landratsamt abgegebene Erklärung lässt auch diese Äußerung nicht in einem anderen, milderen Licht erscheinen als sie vom objektiven Empfängerhorizont wirkt.
Dass der Antragsteller bislang strafrechtlich und waffenrechtlich nicht negativ in Erscheinung getreten ist und früher waffenrechtlich zuverlässig gewesen sein mag, rechtfertigt keine andere Einschätzung. Mit seinen Äußerungen im Internet hat er Tatsachen geschaffen, die eine Prognoseänderung erfordern.“
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat hierzu im Beschluss vom 8. Januar 2016 (21 CS 15.2466) dargelegt:
„1.1 Die Beschwerde rügt, das Verwaltungsgericht lasse sich von der Überlegung leiten, dass bei dem Antragsteller eine aggressive Grundhaltung bestehe und sich darin die Bereitschaft zeige, Konflikte mit Gewalt zu lösen. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass die dem Antragsteller zur Last gelegten Äußerungen eine solche Tendenz zur Aggressivität nicht belegten. Der Antragsteller habe seine Äußerungen als Satire verstanden. Er habe auch mit keinem Wort von Schusswaffen und deren illegaler Beschaffung gesprochen.
Das gibt keinen Anlass, von der im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung getroffenen Feststellung des Verwaltungsgerichts abzuweichen, die Klage werde voraussichtlich erfolglos bleiben. Nach der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung rechtfertigen die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Tatsachen die Annahme, dass der Antragsteller Waffen oder Munition missbräuchlich verwenden wird und damit nicht mehr die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit besitzt (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG). Die gesamten Umständen, wie sie sich nach derzeitigem Sachstand darstellen, geben hinreichend Anlass für die Befürchtung, dass der Antragsteller künftig (Schuss-)Waffen nicht nur dann benutzt, wenn die Rechtsordnung ihm das gestattet.
Der Antragsteller hat mehrfach auf seinem Facebook-Profil dazu aufgefordert, sich zu bewaffnen. Der Zusammenhang, in den diese „Aufrufe“ gestellt sind, lässt die Schlussfolgerung zu, dass der Antragsteller eine Verteidigung mit der (Schuss -)Waffe ohne Ansehung der konkreten Situation befürwortet. Denn er nahm mehrfach Medienberichte über Straftaten zum Anlass, allgemein zur Bewaffnung aufzufordern. Hinzu kommt die auf die Zuwanderung von Flüchtlingen bezogene Äußerung des Antragstellers: „Lasst sie kommen, kein Problem. Es darf nur kein Steuerzahlergeld mehr an sie fließen. Und die Steuerzahler müssen bewaffnet werden. Dann wird alles gut.“ Das illustriert die Einstellung des Antragstellers zu Waffen und deren Anwendung, die er ersichtlich als bevorzugtes Mittel betrachtet, Konflikte zu lösen. Hinzu kommen weitere Äußerungen, die unter Berücksichtigung von Wortwahl und Diktion den Eindruck einer erheblichen (latenten) Aggressivität des Antragstellers unterstreichen und ebenfalls die Befürchtung nähren, der Antragsteller werde Waffen missbräuchlich verwenden. So enthält der Facebook-Auftritt Kommentare wie etwa „Die Wichser wollen Dich verarschen. … Ramelow ist ein dreckiger Rassist. … Diese Wichser [die Bundesregierung] sollen in der Hölle schmoren.“ Der Umstand, dass der Antragsteller das Bild einer Munitionsmaschine mit der Bemerkung versehen hat „Muss ich haben! ☺“, trägt ebenfalls zu der für ihn negativen Bewertung bei. Im Übrigen gibt der Antragsteller dadurch Anlass zu der Annahme, dass seine waffenrechtlich nicht hinzunehmende Einstellung unterschiedslos Waffen, Munition und explosionsgefährliche Stoffe betrifft.
Der Antragsteller kann sich summarisch geprüft nicht darauf zurückziehen, er habe lediglich auf aktuelle Ereignisse satirisch überspitzt reagiert. Die Aufrufe zur Bewaffnung lassen nach ihrem Inhalt und Zusammenhang nicht erkennen, dass der Antragsteller in Wahrheit nur eine ordnungsgemäße Verwendung von Waffen befürwortet und deshalb das Vertrauen verdient, er werde auch künftig mit Schusswaffen verantwortungsbewusst umgehen. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem vom Antragsteller bereits in erster Instanz angeführten Hinweis, mit dem er sein Facebook-Profil (angeblich) wie folgt eingeleitet hat: „Diese vorherrschende Dummheit meiner Zeitgenossen ist für mich nur mit Satire und Sarkasmus zu ertragen, insoweit sind meine Beiträge auf Facebook und anderswo auch als Satire zu verstehen und nichts anderes hineinzuinterpretieren.“ Eine derartige „salvatorische Klausel“ ist schon deshalb nicht geeignet, den konkreten Erklärungsinhalt der Aufrufe zur Bewaffnung herunterzuspielen, weil diese, worauf das Verwaltungsgericht der Sache nach hingewiesen hat, keinen erkennbar satirischen Charakter haben. Das gilt umso mehr, als das Profilbild des Facebook-Auftritts den Antragsteller in kämpferischer Pose beim Abfeuern einer Pistole zeigt (u. a. beidhändiger Anschlag, Mündungsfeuer). Die übrigen Äußerungen haben unabhängig von dem behaupteten satirischen Hintergrund ersichtlich einen aggressiven Charakter.
Ebenso wenig führt der Hinweis weiter, der Antragsteller habe nicht von Schusswaffen und deren illegaler Beschaffung gesprochen. Indem der Antragsteller den allgemeinen Begriff „Waffen“ verwendete, bezog er sich auch auf Schusswaffen.
Auf den von der Beschwerde infrage gestellten Umstand, ob der Antragsteller zu einem illegalen Erwerb von Waffen aufgerufen hat, kommt es nach allem nicht an.
1.2 Die Beschwerde führt an, der Antragsteller habe sich in den vielen Jahren, in denen er als Sportschütze und Waffenhändler mit Schusswaffen umgegangen sei, immer als zuverlässig und untadelig erwiesen. Das rechtfertigt nach derzeitigem Sachstand bezüglich der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit keine dem Antragsteller günstige Prognose.
Die Prüfung der Zuverlässigkeit ist anhand einer umfassenden Bewertung aller Tatsachen vorzunehmen, die für die zu treffende zukunftsbezogene Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit bedeutsam sein können. Die erforderliche Prognose hat sich am Zweck des Gesetzes zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem gesamten Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2008 – 6 B 4.08 – juris). Mit seinem nunmehr zu würdigenden Verhalten hat der Antragsteller (neue) Tatsachen geschaffen, die nach aller Lebenserfahrung ein plausibles Risiko dafür begründen, dass er künftig eine Verhaltensweise im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG an den Tag legen wird.
Auch mit Blick auf den Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) des Antragstellers besteht kein Anlass, die inmitten stehenden Tatsachen weniger streng zu bewerten. Ein milderer Maßstab ließe unberücksichtigt, dass die mit der Waffenhandelserlaubnis einhergehende Berechtigung, Waffen oder Munition in Verkehr zu bringen, besondere Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in sich birgt.
1.3 Der Antragsteller lässt einwenden, das Verwaltungsgericht habe das Urteil des Senats vom 10. Oktober 2013 (21 B 12.964) als Entscheidungsgrundlage herangezogen, obgleich der hier zu beurteilende Sachverhalt nicht vergleichbar sei.
Das greift nicht durch, weil sich das Verwaltungsgericht nur insoweit auf das genannte Urteil bezieht, als es verallgemeinerungsfähige Feststellungen zu der im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG vorzunehmenden Prognoseentscheidung enthält.
1.4 Die Beschwerde wendet ohne Erfolg ein, die Äußerungen des Antragstellers seien vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.
Der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse verstößt summarisch geprüft nicht gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GG). Dabei ist bereits zweifelhaft, ob die Maßnahme überhaupt in den Schutzbereich dieses Grundrechts eingreift. Sie verbietet dem Antragsteller nicht, eine bestimmte Meinung überhaupt oder in einer bestimmten Art und Weise zu äußern, und belegt auch nicht das Äußern einer bestimmten Meinung mit einer Sanktion (vgl. BVerwG, U.v. 7.11.2012 – NVwZ-RR, 2013, 357/360). Unabhängig davon wäre ein solcher Eingriff gerechtfertigt. Die Meinungsfreiheit findet ihre Grenze unter anderem in den Schranken der allgemeinen Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG). Dazu gehört das Waffengesetz, das ersichtlich nicht eine Meinung als solche verbietet und sich nicht gegen die Äußerung einer Meinung als solche richtet, sondern den Umgang mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung regelt (§ 1 Abs. 1 WaffG). Dementsprechend ist eine waffenrechtliche Erlaubnis nur dann zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eingetreten sind, die zu deren Versagung hätten führen müssen (§ 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG).“
Im Klageverfahren hat der Kläger nichts vorgetragen, was Anlass bietet, die vorläufige Einschätzung des Verwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger Waffen oder Munition missbräuchlich verwenden wird und damit nicht mehr die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit besitzt (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG), zu revidieren. Das Gericht hat im Klageverfahren vielmehr die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger nicht die erforderliche Zuverlässigkeit zum Umgang mit Waffen besitzt.
Soweit der Kläger darzustellen versucht, seine Aufforderungen zur Bewaffnung im Internet seien einschränkend auszulegen, kann dem nicht gefolgt werden. Dem gesamten zum Zeitpunkt der polizeilichen Sicherung vorhandenen Internetauftritt des Klägers kann weder eine Beschränkung auf legal erworbene Waffen – erst recht nicht konkret auf Reizstoffsprühgeräte oder Schreckschusspistolen -, noch auf den Einsatz von Waffen ausschließlich in einer Notwehrsituation entnommen werden. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob die vom Kläger angeführten Situationen überhaupt unter den Begriff der Notwehr i. S. d. § 32 Abs. 2 StGB fallen würden. Insbesondere hat der Kläger nicht konkret auf die Möglichkeit einer legalen Bewaffnung – soweit diese überhaupt denkbar ist – hingewiesen. Seine Aufrufe konnten vom objektiven Empfängerhorizont, auch vor dem Hintergrund seiner Tätigkeit als Waffenhändler und der Abbildung des Klägers in kämpferischer Pose beim Abfeuern einer Pistole, auch nicht eingeschränkt verstanden werden. Der Kläger hat zwar versucht, sich als friedliebenden Menschen darzustellen, der gegen den Einsatz von Gewalt ist. Diese Darstellung konnte ihm das Gericht aufgrund der Diskrepanz zu seinen aggressiven Äußerungen im Internet aber nicht abnehmen. Wenn es tatsächlich zutreffen sollte, dass der Kläger den Einsatz von Gewalt ablehnt, hätte er zumindest überlegen müssen, wie seine (unbeschränkten) Aufforderungen zur Bewaffnung auf die Leser seiner Internetbeiträge wirken und wie sich diese auswirken können. Den Aufforderungen zur Bewaffnung kann ebenfalls keine satirische Komponente entnommen werden. Die Äußerungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung bestätigen nach Auffassung des Gerichts vielmehr, dass die Aufforderungen zur Bewaffnung – auch vor dem Hintergrund eigener persönlicher Erfahrungen des Klägers – ernst gemeint waren.
Der weitere Vortrag des Klägers im Klageverfahren ist ebenfalls nicht geeignet, die Befürchtung auszuräumen, dass der Kläger künftig (Schuss-)Waffen nicht nur dann benutzt, wenn die Rechtsordnung ihm das gestattet, sondern bestärkt zumindest teilweise die Überzeugung des Gerichts, dass der Kläger nicht die für den Umgang mit Waffen erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Soweit der Kläger z. B. einen Vergleich mit der Aufrüstung der Bundeswehr zieht, stellt er damit gleichsam das staatliche Gewaltmonopol in Frage und maßt sich Rechte und Befugnisse zu eigenmächtiger Durchsetzung von Rechten an.
Unbehelflich ist die vom Kläger anhand des Falles „Böhmermann/Erdogan“ dargestellte kontroverse Diskussion um die Strafbarkeit von Äußerungen, da die Strafbarkeit einzelner Äußerungen vorliegend irrelevant ist.
Die vom Kläger zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. September 2012 (3 K 1305/11) kann seiner Klage ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt ist mit der vorliegenden Fallkonstellation nicht vergleichbar, da es dort im Wesentlichen nur um eine Äußerung ging, für die sich eine mögliche plausible Erklärung finden ließ.
Soweit der Kläger sich auf die Meinungsfreiheit beruft, kann offen bleiben, ob die behördliche Maßnahme überhaupt in den Schutzbereich dieses Grundrechts eingreift. Einschränkungen der Meinungsfreiheit sind gemäß Artikel 5 Abs. 2 Grundgesetz, soweit sie nicht dem Schutze der Jugend oder dem Recht der persönlichen Ehre dienen, nur im Rahmen der „allgemeinen Gesetze“ zulässig. Dies sind Gesetze, die sich nicht gegen die Meinungsfreiheit an sich oder gegen die Äußerung einer bestimmten Meinung richten, sondern dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsguts dienen (BVerfG, NJW 1998, 1381; NJW 2004, 2814, 2815). Das Waffengesetz ist ein solches „allgemeines Gesetz“; die Vorschriften der §§ 45 Abs. 2 Satz 1, 4 Abs. 1 Nr. 2, 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG dienen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (vgl. § 1 Abs. 1 WaffG) und richten sich damit weder gegen die Meinungsfreiheit als solche noch gegen eine bestimmte Meinung. Der Behörde ist es deshalb nicht verwehrt, aus Äußerungen des Klägers Rückschlüsse auf seine Zuverlässigkeit i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG zu ziehen.
Der Einwand des Klägers, ihm sei nicht zuvor die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die geistige oder körperliche Eignung aufgegeben worden, um Bedenken gegen die persönliche Eignung auszuräumen, geht ins Leere. Im angefochtenen Bescheid ist der Widerruf nicht mit dem Mangel an persönlicher Eignung des Klägers, sondern mit dem Fehlen der erforderlichen Zuverlässigkeit begründet worden. Auf diesen Fall ist die Hinweispflicht des § 6 Abs. 2 WaffG aber nicht anwendbar, wie sich schon eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut ergibt und durch die systematische Trennung dieser Begriffe im Waffenrecht (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 bzw. § 6 WaffG) und durch Sinn und Zweck der Vorschrift bestätigt wird. § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV hat also nur für die Fälle Bedeutung, in denen eine mangelnde persönliche Eignung anzunehmen ist, nicht aber – wie hier- beim Fehlen der erforderlichen waffenrechtlichen Zuverlässigkeit.
Nachdem vorliegend die Voraussetzungen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG für die unwiderlegliche Vermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers vorliegen, kann dahinstehen, ob beim Kläger auch die (widerlegliche) Regelvermutung nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b WaffG hinzukommt.
Die sonstigen Anordnungen begegnen ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Die Verpflichtung, das erteilte Erlaubnisdokument an das Landratsamt Bad Kissingen zurückzugeben, ergibt sich aus § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG. Nr. 8 des angefochtenen Bescheides beruht auf § 46 Abs. 2 WaffG. Durch den Widerruf der Waffenhandelserlaubnis erlischt das Recht des Klägers, die im Waffenhandelsbuch aufgeführten Waffen zu besitzen. Die dem Kläger für die Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung eingeräumte Frist ist – auch unter dem Aspekt der sofortigen Vollziehbarkeit in Nr. 11 – als ausreichend anzusehen. Nr. 9 des angefochtenen Bescheides beruht auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Die Gebühren- und Auslagenfestsetzung in Nr. 12 des Bescheids, gegen die Einwendungen nicht vorgetragen wurden, begegnet ebenfalls keinen Bedenken.
Nach alledem war die Klage, soweit über diese noch zu entscheiden war, insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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