Europarecht

Wohnsitzerfordernis beim Erwerb einer tschechischen Fahrerlaubnis

Aktenzeichen  AN 10 S 19.02004

Datum:
10.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 34999
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV § 7 Abs. 1 S. 2, § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, S. 2
RL 2006/126/EG Art. 2 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 lit. e, Art. 12

 

Leitsatz

1. Die Prüfung, ob Informationen über den Wohnsitz des Fahrerlaubnisinhabers zum Zeitpunkt der Erteilung einer EU-Fahrerlaubnis als vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührend und unbestreitbar eingestuft werden können, obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats. Wenn diese Informationen darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen, sind zur endgültigen Beurteilung dieser Frage die Umstände des gesamten Falles heranzuziehen, also ergänzend auch die „inländischen Umstände“ (stRspr, vgl. EuGH BeckRS 2012, 80440 Rn. 73-75, BayVGH BeckRS 2018, 498 Rn. 10 mwN). (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mit der im Führerschein enthaltenen Eintragung eines Wohnsitzes im Ausstellerstaat wird keine unwiderlegliche Vermutung dafür begründet, dass das Wohnsitzerfordernis im Sinne der  Führerscheinrichtlinie erfüllt ist, vielmehr dürfen Angaben im Führerschein selbst und andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen als Erkenntnisquellen gleichrangig herangezogen werden (vgl. EuGH BeckRS 2009, 71013 Rn. 51; BayVGH BeckRS 2018, 6973 Rn. 24). (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zwar setzt das Wohnsitzerfordernis nicht zwangsläufig voraus, dass die 185-Tage-Frist im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis bzw. der Ausstellung des Führerscheins bereits verstrichen ist. Grundsätzlich bildet jedoch der Umstand, dass sich der Betreffende erst kurz vor der Ausstellung des Führerscheins unter der angegebenen Adresse im Ausstellungsmitgliedstaat angemeldet hat, ein gewichtiges Indiz dafür, dass er sich nur zum Zweck des Erwerbs einer Fahrerlaubnis dort angemeldet hat, ohne einen ordentlichen Wohnsitz zu begründen (vgl. BayVGH BeckRS 2019, 7140 Rn. 26 mwN). (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
4. Da ein ordentlicher Wohnsitz neben einer bestimmten Aufenthaltsdauer und einer (tatsächlich bewohnten) Unterkunft  persönliche oder berufliche Bindungen voraussetzt und zu erwarten wäre, dass im Falle eines gewöhnlichen Aufenthalts den dortigen Behörden auch Vermögensinteressen oder administrative Kontakte zu Verwaltungsbehörden oder sozialen Dienstleistungsstellen bekannt werden, sind auch entsprechende behördliche Negativauskünfte grundsätzlich geeignet, Zweifel am Vorhandensein eines tatsächlichen Wohnsitzes zu wecken (vgl. BayVGH BeckRS 2019, 3426 Rn. 24). (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
5. Ein Fahrerlaubnisinhaber muss substantiierte und verifizierbare Angaben zu Beginn und Ende seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat im Zusammenhang mit der Fahrerlaubniserteilung sowie zu den persönlichen und beruflichen Bindungen machen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden, wenn er trotz der das Gegenteil ausweisenden Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat darauf beharrt, das Wohnsitzerfordernis eingehalten zu haben (vgl. BVerwG BeckRS 2015, 41971 Rn. 6). (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Aberkennung des Rechts, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.
Der am … 1983 in … geborene und bis … 2010 ununterbrochen in … gemeldete Antragsteller mit deutscher Staatsangehörigkeit wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 17. Juni 2008 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt. Zugleich wurde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen und eine fünfmonatige Sperrfrist angeordnet. Nach dem Antrag auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis vom 30. Juli 2008 wurde aufgrund weiterer Eintragungen im Verkehrszentralregister eine medizinisch-psychologische Untersuchung angeordnet. Der Antragsteller nahm seinen Antrag mit Schreiben vom 22. Januar 2009 zurück. Der erneute Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis vom 11. Februar 2009 wurde nach vorgelegtem medizinisch-psychologischem Gutachten vom 12. Mai 2009 und später vorgelegtem psychologischen Gutachten des psychologischen Laboratoriums … in … vom 13. Mai 2010 mit Bescheid vom 25. März 2011 abgelehnt.
Zwischenzeitlich legte der Antragsteller im April 2010 bei Verkehrskontrollen als Führer eines Kraftfahrzeugs eine beglaubigte Kopie eines am 10. Dezember 2009 ausgestellten tschechischen Führerscheins vor. Daraufhin wurde dem Antragsteller mit Schreiben vom 27. April 2010 mitgeteilt, dass er nach § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV in Deutschland nicht fahrberechtigt sei. Mit am 10. Dezember 2010 beim Landratsamt … eingegangenem Formular beantragte der Antragsteller die Umschreibung seiner tschechischen Fahrerlaubnis. Mit Schreiben vom 26. Juni 2012 teilte ihm das Landratsamt … mit, dass er aufgrund der Entscheidung des europäischen Gerichtshofes vom 26. April 2012 (Az. C-419/10) berechtigt ist, mit der tschechischen Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge im Bundesgebiet zu führen. Hinsichtlich des noch offenen Antrags auf Umschreibung der tschechischen Fahrerlaubnis wurde um Mitteilung gebeten, ob der Antrag zurückgenommen oder weiterhin die Umschreibung gewünscht werde. Daraufhin nahm der Antragsteller seinen Antrag auf Umschreibung der Fahrerlaubnis am 24. November 2013 zurück.
Am 19. Februar 2018 war der Antragssteller in Sachen Fahrerlaubnis im Landratsamt … vorstellig. Am 7. April 2018 wurde der Antragsteller von der Polizei einer Verkehrskontrolle unterzogen. Daraufhin erhielt das Landratsamt … eine Anfrage der Polizeiinspektion … hinsichtlich der Fahrberechtigung des Antragtellers.
Mit Schreiben vom 20. Juli 2018 reichte die Polizeiinspektion … eine Auskunft des Gemeinsamen Zentrums der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in … vom 17. Juli 2018 nach, aus der sich ergibt, dass der Antragsteller ausweislich des tschechischen Ausländerregisters seit 29. September 2009 an der Adresse „… Hotel, …, … …, …“ zum vorübergehenden Aufenthalt als EU-Bürger registriert ist.
Mit Schreiben vom 28. August 2018 wurde über das Kraftfahrt-Bundesamt bei den tschechischen Behörden angefragt, ob der Antragsteller während der Erteilung der Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und B1 einen ordentlichen Wohnsitz in der Tschechischen Republik gehabt habe. Am 21. Januar 2019 ging beim Antragsgegner die Auskunft des tschechischen Verkehrsministeriums ein. Nach dem vom tschechischen Verkehrsministerium beantworteten Formularfrageborgen hat der Antragsteller einen Wohnsitz unter der Adresse „…, …“ inne. Er habe sich dort für mindestens 185 Tage aufgehalten; die Unterkunft existiere. Zugleich wurde mitgeteilt, dass ein Ort, an dem sich der Antragsteller für mindestens 185 Tage aufgehalten habe, unbekannt sei. Es sei ebenfalls unbekannt, ob sich dort auch engere Familienmitglieder aufhielten, Vermögensinteressen oder Verwaltungskontakte zu Behörden und sozialen Einrichtungen (Zahlungen von Steuern, Bezug von Sozialleistungen, Kfz-Anmeldung) bestünden.
Daraufhin wurde dem Antragsteller mit Schriftsatz vom 26. Juli 2019 mitgeteilt, dass ein ordentlicher Wohnsitz in der Tschechischen Republik nicht bestätigt worden sei und er nicht berechtigt sei, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein Fahrzeug zu führen.
Mit Schreiben vom 31. Juli 2019 erteilte das Landratsamt … dem Landratsamt … für die Fortführung des Verfahrens über die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund eines Verstoßes gegen das Wohnsitzprinzip bei Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis die Zustimmung nach § 73 Abs. 2 FeV.
Der Antragsteller teilte mit Schreiben vom 14. August 2019 mit, dass er seit 25. Juli 2018 seinen Wohnsitz in … habe und für den Antrag auf Umschreibung der tschechischen Fahrerlaubnis vom 3. Juli 2019 das Landratsamt … zuständig sei.
Mit Bescheid vom 19. September 2019, zugestellt am 24. September 2019, wurde die fehlende Berechtigung zum Führen eines Kraftfahrzeugs in der Bundesrepublik Deutschland festgestellt (Ziffer 1) sowie das Anbringen eines Sperrvermerks für die Bundesrepublik Deutschland angeordnet (Ziffer 2), andernfalls wurde unmittelbarer Zwang angedroht (Ziffer 4). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 wurde angeordnet (Ziffer 3). Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass von den tschechischen Behörden ein ordentlicher Wohnsitz in der Tschechischen Republik zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis nicht bestätigt worden sei und der Antragsteller seit Geburt ununterbrochen bis 9. Juni 2010 in Deutschland gemeldet gewesen sei.
Am 2. Oktober 2019 wurde der Sperrvermerk auf dem tschechischen Führerschein angebracht. Dieser wurde am gleichen Tag gegen 8:40 Uhr vom Beistand des Antragstellers entfernt.
Gegen den Bescheid legte der Antragsteller mit am 2. Oktober 2019 beim Antragsgegner eingegangenem Schreiben Widerspruch ein. Daraufhin wurde ihm mit Schreiben vom 4. Oktober 2019 mitgeteilt, dass ein Widerspruch nicht statthaft sei. Zudem wurde der Antragsteller aufgefordert, seinen Führerschein bis 11. Oktober 2019 erneut zur Eintragung des Sperrvermerks vorzulegen. Die Polizeiinspektion … wurde um die zwangsweise Einziehung des tschechischen Führerscheins gebeten. Laut Mitteilung des Polizeipräsidiums … vom 22. Oktober 2019 ist der Führerschein nach Angaben des Antragstellers bei einer Fahrschule in Tschechien hinterlegt, da der Antragsteller die Erweiterung seiner Führerscheinklasse auf Lkw anstrebt.
Der Antragsteller erhob mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 15. Oktober 2019, bei Gericht am 16. Oktober 2019 eingegangen, gegen den streitgegenständlichen Bescheid Klage, stellte zugleich einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO und begründete dies im Wesentlichen damit, dass bereits in einem strafrechtlichen Verfahren geprüft worden sei, dass der Führerschein rechtmäßig erworben worden und auch gültig sei. Zudem sei der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins als Beweis dafür anzusehen, dass sein Inhaber am Tag der Ausstellung die dafür maßgeblichen Voraussetzungen erfüllte. Aus der Tatsache, dass der Antragsteller in Deutschland gemeldet war, könne nicht auf das Vorliegen eines Wohnsitzverstoßes geschlossen werden. Ein Führerschein, der nach Ablauf der im Inland rechtskräftig festgesetzten Sperrfrist in einem anderen Mitgliedstaat unter Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses erteilt worden sei, müsse anerkannt werden. Es könnten nur vom Ausstellermitgliedstaat herrührende und deutlich auf eine bloße Umgehung des Wohnsitzerfordernisses hinweisende Umstände berücksichtigt werden. Es sei zu weitgehend, das bloße Ausbleiben angeforderter ergänzender Informationen aus dem Ausstellermitgliedstaat etwa durch den formularmäßigen Hinweis, die näheren Umstände des Aufenthalts des Betroffenen seien unbekannt („unknown“) als Indiz für einen Wohnsitzverstoß zu bewerten. Weiterhin wurde eine Bestätigung des Innenministeriums der Tschechischen Republik vom 23. Oktober 2019 vorgelegt, die dem Antragsteller einen vorübergehenden Aufenthalt auf dem Gebiet der Tschechischen Republik ab dem 19. Oktober 2009 bestätigt.
Der Antragsteller beantragte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner beantragte mit Schreiben vom 12. November 2019:
Der Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO bzw., soweit einschlägig, der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO wird abgelehnt.
Zur Begründung wurde auf den Bescheid verwiesen und ergänzt, dass das OLG … als Gericht der zivilen Gerichtsbarkeit nicht das für die Klärung öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten zuständige Gericht sei. Zudem werde der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Die Zuständigkeit des Landratsamtes ergebe sich durch die gemäß Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG erteilte Zustimmung des Landratsamtes … vom 31. Juli 2019 zur Fortführung des Verfahrens.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antragsteller begehrt nach Auslegung des gestellten Antrags (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Aberkennung des Rechts, von der tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen und die Vorlagepflicht seines Führerscheins zur Eintragung des Sperrvermerks gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 VwGO. Dem Widerspruch des Antragstellers kommt diesbezüglich aufgrund der behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung zu. Ausweislich des insoweit eindeutigen Wortlauts des gestellten Antrags ist eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der nach Art. 21a VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Androhung der Einziehung des Führerscheins zur Eintragung des Sperrvermerks im Wege des unmittelbaren Zwangs nicht Streitgegenstand des Verfahrens. Diesbezüglich wurde von Seiten des Antragstellers auch nichts vorgetragen.
Der so verstandene Antrag hat keine Aussicht auf Erfolg. Er ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.
Im vorliegenden Fall eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ganz oder teilweise anordnen bzw. in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes angeordnet worden ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs dagegen ganz oder teilweise wiederherstellen. Bei der Entscheidung sind die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung können auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs berücksichtigt werden. Bleibt dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil des Betroffenen ausfallen, da dann das von der Behörde geltend gemachte besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug regelmäßig überwiegt.
In Anwendung dieser Grundsätze bleibt der Antrag ohne Erfolg. Nach summarischer Prüfung erweisen sich die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung in Deutschland sowie die Vorlageverpflichtung des Führerscheins zur Eintragung des Sperrvermerks als rechtmäßig. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt daher das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
1. Die Begründung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid vom 19. September 2019 entspricht den formellen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug in ausreichender Form begründet wurde. Es wurde insbesondere ausgeführt, dass bei einer weiteren Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr die Befürchtung bestehe, dass andere Verkehrsteilnehmer gefährdet oder geschädigt werden können. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner ausführt, dass die Möglichkeit einer Gefährdung oder Schädigung von Leben und Gesundheit ausgeschlossen werden müsse. Im Hinblick darauf muss das persönliche Interesse hinter dem öffentlichen Interesse der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung mit sofortiger Wirkung zurücktreten. Da es sich beim Fahrerlaubnisrecht um einen besonderen Teil des Sicherheitsrechts handelt, entspricht es der ständigen Rechtsprechung der Kammer, dass es für die Anordnungsbehörde ausreicht, die typische Interessenlage dieser Fallgruppe aufzuzeigen und auszuführen, dass im Falle möglicherweise ungeeigneter Fahrzeugführer ein Ausschluss an der weiteren Teilnahme am Straßenverkehr wegen der davon ausgehenden akuten Gefahr schnellstmöglich anzuordnen ist. Der Antragsteller hat hierzu auch nichts vorgetragen. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob die Fahrerlaubnis bei der Fahrt am 7. April 2018 gültig gewesen ist. Dies ist noch nicht rechtskräftig geklärt, dem Bescheid lässt sich jedoch entnehmen, dass nicht hingenommen werden kann, dass der Antragsteller bis zur Bestandskraft weiterhin als Führer eines Kraftfahrzeuges am Straßenverkehr teilnimmt.
Auch bezüglich der Vorlage des Führerscheins zur Eintragung des Sperrvermerks wurde der Sofortvollzug hinreichend im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Insoweit wurde in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass bei Nichtvorlage und Nichteintragung des Sperrvermerks die nicht auszuschließende Gefahr des Missbrauchs durch dessen Vorzeigen bei eventuellen Verkehrskontrollen bestehe, da die Polizei bei Verkehrskontrollen über die Gültigkeit der ausländischen Fahrerlaubnis in Deutschland getäuscht werden könne.
2. Der streitgegenständliche Bescheid ist auch im Übrigen rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Nach der in diesem Verfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage liegen die Voraussetzungen der Feststellung, dass die tschechische Fahrerlaubnis nicht zum Führen von fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtigt nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 FeV vor, so dass der Bescheid des Antragsgegners vom 19. September 2019 zu Recht ergangen ist.
a. Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist das Landratsamt … örtlich zuständig. Zwar trägt der Antragsteller zutreffend vor, dass sich die örtliche Zuständigkeit im Regelfall nach dem Wohnort des Betreffenden richtet. Für den Fall, dass es nach Einleitung eines Verwaltungsverfahrens zu einer Veränderung der die örtliche Zuständigkeit begründenden Umstände kommt, kann allerdings die bisher zuständige Behörde unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 VwVfG bzw. der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften das Verwaltungsverfahren fortführen (vgl. Geiger, in: Münchener Kommentar zum StVR, 1. Aufl. 2016, § 73 FeV Rn. 7). Dem steht § 73 Abs. 2 Satz 2 FeV nicht entgegen, da davon nur antragsgebundene Verwaltungsverfahren erfasst werden, nicht jedoch Verwaltungsverfahren, die die Behörde von Amts wegen einleitet.
Die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG liegen vor. Das Landratsamt … war ursprünglich für das Verfahren der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung zuständig, da der Antragsteller nach Aktenlage von Dezember 2015 bis Juli 2018 in … im Landkreis … lebte und das Verwaltungsverfahren, zu dem auch vorbereitende verwaltungsinterne Maßnahmen zählen, in diesem Zeitraum begann. Da der Antragsteller am 25. Juli 2018 nach … zog, wäre nunmehr das Landratsamt … zuständig. Dieses hat jedoch die nach Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG erforderliche Zustimmung erteilt. Unschädlich ist, dass das Landratsamt … hinsichtlich der Zustimmung auf § 73 Abs. 2 FeV abstellt, da inhaltlich die Zustimmung zur Fortführung des bereits eingeleiteten Verfahrens zur Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung des Antragstellers aufgrund eines Verstoßes gegen das Wohnsitzprinzip bei Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis gemeint war (vgl. Bl. 593 und 607 der Behördenakte). Darüber hinaus dient die Fortführung des Verfahrens durch das Landratsamt … der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens. Es stehen auch keine schutzwürdigen Belange des Antragstellers entgegen, insbesondere liegt zwischen dem bisherigen und dem neuen Wohnort keine große Entfernung, die ggf. eine weite Anreise erforderlich machen würde, sondern lediglich etwa 10 km.
b. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Grund hierfür ist vorliegend § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. Danach gilt die Berechtigung, Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, nicht, wenn der Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hatte, es sei denn, dass er als Studierender oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 FeV die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben hat. Ein ordentlicher Wohnsitz wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Bewerber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Ausstellerstaat wohnt.
Grundsätzlich sind nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anzuerkennen. Allerdings darf ein Führerschein nur an Bewerber ausgestellt werden, die im Hoheitsgebiet des den Führerschein ausstellenden Mitgliedstaates ihren ordentlichen Wohnsitz nachweisen können oder nachweisen können, dass sie während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten dort studiert haben. Dabei achten die Mitgliedstaaten bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis sorgfältig darauf, dass eine Person die Anforderungen des Art.7 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG, darunter auch die Wohnsitzvoraussetzung, erfüllt (vgl. Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2006/126/EG).
Die Prüfung, ob Informationen über den Wohnsitz des Fahrerlaubnisinhabers zum Zeitpunkt der Erteilung des Führerscheins als vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührend und unbestreitbar eingestuft werden können, obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – Akyüz, C-467/10 – NJW 2012, 1341 Rn. 73 und 74). Bei der Prüfung der Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses sind die Behörden und Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats berechtigt, von sich aus Informationen von einem anderen Mitgliedstaat einzuholen (EuGH, U.v. 1.3.2012 – Akyüz, C-467/10 – NJW 2012, 1341 Rn. 72). Dabei muss die Begründung eines Scheinwohnsitzes aufgrund der vom Ausstellungsmitgliedstaat stammenden Informationen nicht bereits abschließend erwiesen sein (vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – juris Rn. 10; B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 9.1.2018 -16 B 534/17 – juris Rn. 14 ff. m.w.N). Vielmehr reicht es aus, wenn diese Informationen darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 a.a.O. Rn. 75). Dann können die Behörden und Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats auch inländische Umstände zur Beurteilung der Frage, ob die Wohnsitzvoraussetzung eingehalten ist, heranziehen (st.Rspr., vgl. nur BayVGH, B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – juris Rn. 10).
Nach diesem Maßstab ist im vorliegenden Fall ein Wohnsitzverstoß zu bejahen. Es liegen unbestreitbare Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat vor, die darauf hindeuten, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis keinen ordentlichen Wohnsitz in der Tschechischen Republik hatte.
Der Antragsteller macht zwar geltend, dass bei Ausstellung der Fahrerlaubnis die Mindestanforderungen zur Erteilung der Fahrerlaubnis auch hinsichtlich des Wohnsitzerfordernisses überprüft wurden und eine erneute Überprüfung durch einen Mitgliedstaat nicht möglich sei. Im am 10. Dezember 2009 ausgestellten tschechischen Führerschein ist auch ein tschechischer Wohnsitz in … (vgl. Nr. 8 des Führerscheins; Anhang I Nr. 3 der 3. Führerscheinrichtlinie) eingetragen. Diesem Umstand kommt aber keine durchgreifende rechtliche Bedeutung zu, insbesondere wird mit der Eintragung eines Wohnsitzes im Ausstellerstaat keine unwiderlegliche Vermutung dafür begründet, dass das Wohnsitzerfordernis im Sinne der 2. und 3. Führerscheinrichtlinie (RL 91/439/EWG und RL 2006/126/EG) erfüllt ist (vgl. VGH Mannheim, Beschluss v. 21.6.2012 – 10 S 968/12 = NJW 2012, 3194 m.w.N.). Die Fahrerlaubnisbehörde ist daher durch den Eintrag des tschechischen Wohnsitzes im Führerschein des Antragstellers nicht gehindert, die über das Kraftfahrt-Bundesamt beigebrachten Erkenntnisse der tschechischen Behörden zu berücksichtigen. Vielmehr dürfen Angaben im Führerschein selbst und andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen als Erkenntnisquellen gleichrangig herangezogen werden (vgl. EuGH, B.v. 9.7.2009 – C-445/08, Wierer – NJW 2010, 217 Rn. 51; BayVGH, U.v. 20.3.2018 – 11 B 17.2236 – juris Rn. 24). Solche Informationen können insbesondere Angaben einer Einwohnermeldebehörde des Ausstellungsmitgliedstaates sein.
Nach vom Antragsteller vorgelegter Bestätigung des Innenministeriums der Tschechischen Republik vom 23. Oktober 2019 begründete der Antragsteller ab dem 19. Oktober 2009 einen vorübergehenden Aufenthalt auf dem Gebiet der Tschechischen Republik. Dass die 185-Tage-Frist zum Zeitpunkt der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis am 10. Dezember 2009 (vgl. Rückseite des Führerscheins unter Nr. 10; Anhang I Nr. 3 der 3. Führerscheinrichtlinie) noch nicht verstrichen ist, schließt nicht aus, dass der Antragsteller einen ordentlichen Wohnsitz in der Tschechischen Republik hatte. Denn nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes setzt das Wohnsitzerfordernis nicht zwangsläufig voraus, dass die 185-Ta-ge-Frist im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis bzw. der Ausstellung des Führerscheins bereits verstrichen ist (vgl. etwa BayVGH, U.v. 1.4.2019 – 11 B 18.2100 – juris Rn. 26 m.w.N). Lässt sich eine Person an einem Ort, an dem sie über persönliche (sowie ggf. zusätzlich über berufliche) Bindungen verfügt, in einer Weise nieder, die es als gesichert erscheinen lässt, dass sie dort während des Kalenderjahres an 185 Tagen wohnen wird, spricht viel für die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes ab dem Beginn des Aufenthalts. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn der Betreffende über keine weitere Wohnung verfügt oder wenn die Art und die Einrichtung dieser Wohnung bzw. die Art und Intensität der bestehenden persönlichen oder beruflichen Bindung eine Beendigung des Aufenthalts bereits vor dem Ablauf eines halben Jahres als praktisch ausgeschlossen erscheinen lassen (BayVGH, U.v. 1.4.2019 – 11 B 18.2100 – juris Rn. 26). Grundsätzlich bildet jedoch der Umstand, dass sich der Betreffende erst kurz vor der Ausstellung des Führerscheins unter der angegebenen Adresse im Ausstellungsmitgliedstaat angemeldet hat, ein gewichtiges Indiz dafür, dass er sich nur zum Zweck des Erwerbs einer Fahrerlaubnis dort angemeldet hat, ohne einen ordentlichen Wohnsitz zu begründen (vgl. BayVGH, U.v. 1.4.2019 – 11 B 18.2100 – juris Rn. 26). Vorliegend handelt es sich bei der auf der Bestätigung angegebenen Adresse „… * – …“ um ein Hotel. Die Art der Unterkunft lässt nicht darauf schließen, dass der Antragsteller die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Tschechien beabsichtigte. Dass es sich um ein Hotel handelt, ergibt sich bereits aus der Auskunft des Gemeinsamen Zentrums der deutsch-tsche-chischen Polizei- und Zollzusammenarbeit vom 17. Juli 2018 (Bl. 565 der Behördenakte). In der Rechtsprechung ist geklärt, dass es sich bei der Auskunft des Gemeinsamen Zentrums der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit um unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaates handelt, wenn die vom Gemeinsamen Zentrum an deutsche Stellen weitergegebenen Erkenntnisse ihrerseits auf Informationen beruhen, die von Behörden des Ausstellermitgliedstaates, wie hier der tschechischen Polizei, stammen (vgl. BVerwG, B.v. 15.8.2013 – 3 B 38.13 – juris Rn. 15 m.w.N.). Hinzu kommt, dass sich der Antragsteller nur gut sieben Wochen vor Erteilung der Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik angemeldet hat.
Ein weiteres Indiz auf einen Wohnsitzverstoß ergibt sich aus dem vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Fragebogen (Auskunft des technischen Verkehrsministeriums vom 14. November 2018, Bl. 584 – 586 der Behördenakten). Diese Auskunft des zuständigen tschechischen Ministeriums besagt, dass der Antragsteller nach den vorliegenden Informationen seinen normalen Wohnsitz in Tschechien gehabt habe, da ein Ort bekannt sei, an dem er gewöhnlich während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr wohne und die Unterkunft tatsächlich vorhanden sei. Als Adresse benennt die Auskunft den vom Antragsteller mitgeteilten Ort. Zugleich besagt die Auskunft jedoch – quasi widersprüchlich -, dass sie dort nach den vorliegenden Informationen keine Kenntnis über einen Ort habe, an dem der Antragsteller gewöhnlich während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr wohne bzw. gewohnt habe („unknown“). Auch die Frage des Vorhandenseins der Unterkunft wird widersprüchlich ebenfalls mit „unknown“ beantwortet. Aus dieser Auskunft ergeben sich neben der widersprüchlichen Beantwortung des Fragebogens weitere Zweifel, ob der Antragsteller zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis im Dezember 2009 tatsächlich einen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV hatte, denn es wird ausdrücklich angegeben, dass zu persönlichen oder beruflichen Bindungen, Behördenkontakten sowie Eigentumsinteressen (auch) nichts bekannt sei („unknwon“). Ein ordentlicher Wohnsitz setzt aber neben einer bestimmten Aufenthaltsdauer und dem Vorhandensein einer Unterkunft eine (tatsächlich bewohnte) Unterkunft sowie persönliche oder berufliche Bindungen voraus. Es wäre daher zu erwarten gewesen, dass im Falle eines gewöhnlichen Aufenthalts in Tschechien den dortigen Behörden auch Vermögensinteressen oder administrative Kontakte zu Verwaltungsbehörden oder sozialen Dienstleistungsstellen bekannt werden. Vor diesem Hintergrund sind auch entsprechende behördliche Negativauskünfte grundsätzlich geeignet, Zweifel am Vorhandensein eines tatsächlichen Wohnsitzes zu wecken (vgl. in diese Richtung BayVGH, B.v. 4.3.2019 – 11 ZB 18.34 – juris Rn. 24). Zudem kann auch nicht ohne besonderen Anhalt unterstellt werden, dass eine europäische Behörde die in einem auf europäischer Ebene abgestimmten Formular gestellten Fragen jeweils ohne Ermittlungen mit „unknown“ beantwortet und damit der Sache nach keine Auskünfte erteilt (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2019, a.a.O.).
Die Zusammenschau der Informationen der tschechischen Behörden ergibt vorliegend, dass erhebliche Zweifel daran bestehen, ob der Wohnsitz des Antragstellers im Ausstellungsmitgliedstaat die Voraussetzungen des Art. 12 RL 2006/126/EG erfüllt hat. Zum einen hat der Antragsteller die Fahrerlaubnis erst kurze Zeit nach seiner Anmeldung erworben. Angesichts der Notwendigkeit einer entsprechenden Fahrausbildung und -prüfung, ggf. in einer fremden Sprache, deutet dies darauf hin, dass der Antragsteller die strengeren Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis in Deutschland umgehen wollte. Zum anderen handelt es sich bei der Meldeadresse um ein Hotel. Zudem anderen bestehen nach der vorliegenden Auskunft keinerlei Bindungen des Antragstellers zum Ausstellungsmitgliedstaat.
Unter Heranziehung der Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat und Berücksichtigung der inländischen Umstände steht im vorliegenden Fall zur Überzeugung des Gerichts ein Wohnsitzverstoß bei Erteilung der Fahrerlaubnis und Ausstellung des tschechischen Führerscheins fest. Soweit unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vorliegen, aus denen sich die Möglichkeit ergibt oder die darauf hinweisen, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht gegeben war, sind zur endgültigen Beurteilung dieser Frage die Umstände des gesamten Falles heranzuziehen, also ergänzend auch die „inländischen Umstände“ (st.Rspr., vgl. etwa BayVGH, U.v. 1.4.2019 – 11 B 18.2100 – juris Rn. 30). Hier spricht als gewichtiger inländischer Umstand für einen Scheinwohnsitz des Antragstellers in Tschechien lediglich zur Erlangung einer Fahrerlaubnis die Tatsache, dass er während des gesamten Zeitraums im Bundesgebiet, von der Geburt bis zum Jahr 2010 sogar ununterbrochen in …, gemeldet war.
Der Antragsteller hat diese Informationen auch nicht entkräftet. Er hat lediglich eine Auskunft vorgelegt, die einen vorübergehenden Aufenthalt ab dem 19. Oktober 2019 bestätigt. Aufgrund dieser durchgreifenden Zweifel an der Erfüllung der Wohnsitzvoraussetzungen bei Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis hätte es dem Antragsteller jedoch oblegen, die Angaben zu seinem Aufenthalt in Tschechien weiter zu substantiieren. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Fahrerlaubnisinhaber substantiierte und verifizierbare Angaben zu Beginn und Ende seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat im Zusammenhang mit der Fahrerlaubniserteilung sowie zu den persönlichen und beruflichen Bindungen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden, machen muss, wenn er trotz der das Gegenteil ausweisenden Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat darauf beharrt, das Wohnsitzerfordernis eingehalten zu haben (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2015 – 3 B 48.14 – juris Rn. 6). Der Antragteller hat jedoch solche Angaben nicht gemacht, etwa hinsichtlich eines Arbeitsverhältnisses, oder Unterlagen hinsichtlich einer angemieteten Wohnung in … vorgelegt.
Der Antragsteller kann auch mit dem Argument, dass bereits in einem strafrechtlichen Verfahren geprüft worden sei, dass der Führerschein rechtmäßig erworben wurde, nicht durchgreifen. Denn zum einen fand eine solche Prüfung ausweislich der in der Akte befindlichen Unterlagen durch das OLG … nicht statt. Vielmehr wurde das Verfahren nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. Zum anderen ist für die Überprüfung der Fahrberechtigung bei Besitz einer ausländischen Fahrerlaubnis nicht das OLG … als ordentliches Gericht, sondern die Fahrerlaubnisbehörde zuständig (vgl. § 73 Abs. 1 FeV).
Nach den gesamten Umständen ist das Wohnsitzerfordernis nicht erfüllt. Die Fahrerlaubnisbehörde durfte daher nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV den feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Fahrberechtigung erlassen.
Die Verpflichtung zur unverzüglichen Vorlage des Führerscheins ergibt sich aus § 47 Abs. 2 Satz 1 FeV, weil die fehlende Fahrberechtigung in der Bundesrepublik Deutschland festgestellt wurde. Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 FeV wird auf dem Führerschein vermerkt, dass von der Fahrerlaubnis im Inland kein Gebrauch gemacht werden darf, so dass auch das Anbringen eines Sperrvermerks rechtmäßig ist.
3. Nach alledem ist der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO vollumfänglich abzulehnen. Die Festsetzung des Streitwerts basiert auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffern 1.5 und 46.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung des Jahres 2013.


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