Europarecht

Zur sprengstoffrechtlichen Unzuverlässigkeit sog. “Reichsbürger”

Aktenzeichen  M 7 K 18.2986

Datum:
2.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 26429
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SprengG § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 8a Abs. 1 Nr. 2 lit. b, lit. c, § 27 Abs. 2
1. SprengV § 34 Abs. 2
WaffG § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a, lit. b, lit. c

 

Leitsatz

1. Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, besitzen nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG; dies gilt gleichermaßen für den Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen im Sinne des Sprengstoffgesetzes (Anschluss an BayVGH BeckRS 2017, 137087). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wer gegenüber einer Behörde dem Gedankengut der sog. „Reichsbürger“ entlehnte Äußerungen in der „reichsbürgertypischen Weise“ trifft und entsprechende Verhaltensweisen zeigt, geht davon aus und beabsichtigt gerade, seine ablehnende Haltung gegenüber der Rechtsordnung sozusagen amtlich und ernsthaft einer Behörde gegenüber kund zu tun (Anschluss an BayVGH BeckRS 2018, 199).  (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 34 Abs. 2 1. SprengV (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VWGO).
Die Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 34 Abs. 2 1. SprengV ist dem Kläger nicht zu erteilen, da er nicht die erforderliche sprengstoffrechtliche Zuverlässigkeit besitzt.
Nach § 8a Abs. 1 Nr. 2 SprengG besitzen die erforderliche (sprengstoffrechtliche) Zuverlässigkeit Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie explosionsgefährliche Stoffe im Sinne des Sprengstoffgesetzes missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (Buchst. a), mit explosionsgefährlichen Stoffen nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese nicht sorgfältig aufbewahren werden (Buchst. b) oder explosionsgefährliche Stoffe Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese nicht berechtigt sind (Buchst. c). Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG besitzen Personen die erforderliche (waffenrechtliche) Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden (Buchst. a) oder mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Buchst. b) oder Waffen oder Munition Personen überlasen werden die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c).
Maßgeblich für die Beurteilung, ob die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht gegeben ist, ist eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. BT-Drs 14/7758, S. 54). Diese Prognose ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellen. Dabei ist der allgemeine Zweck des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren, zu berücksichtigen. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen. In Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich. Vielmehr genügt eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris Rn. 12; B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 14). Unter Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes ist die Prognose der Unzuverlässigkeit nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass der Betroffene künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen werde (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1.14 – juris Rn. 17).
Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, besitzen nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2017 – 21 CS 17.1300; B.v. 12.12.2017 – 21 CS 17.1332; B.v. 10.1.2018 – 21 CS 17.1339; B.v. 15.1.2018 – 21 CS 17.1519; B.v. 12.3.2018 – 21 CS 17.1678; B.v. 16.1.2019 – 21 C 18.578 – alle juris). Diese Grundsätze gelten ebenfalls für den Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen im Sinne des Sprengstoffgesetzes (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2017 – 21 CS 17.1332 – juris Rn. 13).
Der Verfassungsschutzbericht 2018 des Bundes (S. 94) beschreibt die Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ als personell, organisatorisch und ideologisch heterogen. Sie setzt sich aus Einzelpersonen ohne Organisationsanbindung, Kleinst- und Kleingruppierungen, länderübergreifend aktiven Personenzusammenschlüssen und virtuellen Netzwerken zusammen. Verbindendes Element der Szeneangehörigen ist die fundamentale Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland sowie deren bestehender Rechtsordnung. Nach dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 (S. 175) sind „Reichsbürger“ Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Dabei berufen sie sich unter anderem auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht. Den Vertretern des Staates sprechen sie die Legitimation ab oder definieren sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie berufen sich in unterschiedlichster Form auf den Fortbestand des Deutschen Reiches. Dabei werden z.B. der Rechtsstand von 1937, 1914 zwei Tage vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges oder auch 1871 genannt. Reichsbürger behaupten, Deutschland habe keine gültige Verfassung und sei damit als Staat nicht existent, oder das Grundgesetz habe mit der Wiedervereinigung seine Gültigkeit verloren. Daher fühlen sich Reichsbürger auch nicht verpflichtet, den in der Bundesrepublik geltenden Gesetzen Folge zu leisten. In ihrer Gesamtheit ist die Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ als staatsfeindlich einzustufen (vgl. Verfassungsschutzbericht 2018 des Bundes, S. 95). Die Reichsbürgerideologie insgesamt ist geeignet, Personen in ein geschlossenes verschwörungstheoretisches Weltbild zu verstricken, in dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden kann. Dies kann Grundlage für Radikalisierungsprozesse sein bis hin zur Gewaltanwendung (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018, S. 176).
Wer der Ideologie der Reichsbürgerbewegung folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird. Dies gilt für den Umgang mit Waffen ebenso wie für die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung, die Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition, die Pflicht zu gewährleisten, dass andere Personen keinen Zugriff haben können, sowie die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen im Besonderen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG). Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird, muss einer der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnenden Person anknüpfend an die Tatsache, dass sie die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansieht, die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2018 – 21 CS 17.1964 – juris Rn. 15 m.w.N.). Keine andere Beurteilung ist gerechtfertigt, wenn sich jemand (glaubhaft) selbst nicht als diesem Spektrum zugehörig betrachtet oder in einzelnen – auch wesentlichen – Bereichen von dort anzutreffenden Thesen nachvollziehbar und glaubhaft distanziert. Auch jenseits der Nähe zum eigentlichen „Reichsbürger“-Spektrum rechtfertigt eine Einstellung, die die Existenz und die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung nicht als für sich verbindlich betrachtet, die Annahme der waffenrechtlichen absoluten Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. OVG RhPf, B.v. 3.12.2018 – 7 B 11152/18 – juris Rn. 23). Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise auch in Bezug auf den Umgang mit bzw. die Aufbewahrung und Überlassung von explosionsgefährlichen Stoffen, d.h. auf die sprengstoffrechtliche Zuverlässigkeit nach § 8a Abs. 1 Nr. 2 SprengG.
Die Tatsachen, die dem Gericht vorliegen, rechtfertigen im Fall des Klägers die Prognose seiner waffen- und sprengstoffrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG und nach § 8a Abs. 1 Nr. 2 SprengG. Die Verhaltensweisen und Einlassungen des Klägers begründen in ihrer Gesamtwürdigung die Annahme, dass dieser der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen ist bzw. er sich deren Ideologie für sich bindend zu eigen gemacht hat. Es bestehen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die nach außen getätigten Äußerungen und Verhaltensweisen auch seine innere Einstellung widerspiegeln.
So verweigerte der Kläger eine (sowie im Folgenden noch eine weitere) Lebensmittelkontrolle mit der Aussage, dass die Kontrolleure kein Recht hätten, bei ihm zu kontrollieren. Im Rahmen des daraufhin eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahrens führte der Kläger in dem Schreiben an die „Verwaltungseinheit der BRD F. GmbH ‘Landratsamt Eichstätt‘“ vom 10. Mai 2011 aus, dass mit dem 2. Rechtsbereinigungsgesetz (erlassen von den Besatzungsmächten) vom 29. November 2007, bekanntgegeben im Bundesgesetzblatt, das Einführungsgesetz zum Ordnungswidrigkeitengesetz im Artikel 57 aufgehoben worden sei. Die Aufhebung des Vorschaltgesetzes des Ordnungswidrigkeitengesetzes bewirke, dass der Geltungsbereich des Ordnungswidrigkeitengesetzes derart abgeändert worden sei, dass dieses nur noch in Flugzeugen und auf Schiffen der „BRD“ anwendbar sei. Der Kläger hat hiermit eindeutig gegenüber einer Behörde im Ordnungswidrigkeitenverfahren „reichsbürgertypisch“ zur Ungültigkeit des Ordnungswidrigkeitengesetzes argumentiert (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2018 – 21 CS 18.502 – juris Rn.18). Er hat hierbei für die sog. „Reichsbürgerbewegung“ typische Verhaltens- und Ausdrucksweisen eindeutig zu erkennen gegeben. Denn „Reichsbürger“ überziehen regelmäßig Behörden und Gerichte mit querulatorischen Schreiben, in denen sie der öffentlichen Verwaltung und der Justiz ihre Autorität oder ihre Existenz absprechen. Zum Teil verfolgen sie damit das Ziel, sich rechtlichen Verpflichtungen, wie z.B. Forderungen des Staates aus Steuer-, Bußgeld- oder Verwaltungsverfahren zu entziehen (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018, S. 181). So führte der Kläger in dem Schreiben vom 10. Mai 2011 zudem aus, dass die Behörde bzw. die Sachbearbeiterin mangels Staatsgebiet keine staatlichen und mangels Staatsvolk keine hoheitlichen Befugnisse habe. Er sehe die Anordnung daher als nichtig an. Außerdem sei der Rechtsbehelf mangelhaft, weil das angegebene Gericht bzw. die Richter des Bayerischen Verwaltungsgerichts dem Artikel 101 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland nicht gerecht werden könnten. Auch in der Hauptverhandlung des Amtsgerichts Ingolstadt vom 16. August 2018 rügte der Kläger ausweislich des Sitzungsprotokolls, an dessen Richtigkeit keine begründeten Zweifel bestehen, dass der räumliche Geltungsbereich des Ordnungswidrigkeitengesetzes nicht definiert und damit nicht gültig sei. Gemäß dem 1. Rechtsbereinigungsgesetz sei der räumliche Geltungsbereich der Strafprozessordnung aufgehoben, insofern verstoße auch die Strafprozessordnung gegen diese Rechtsstaatlichkeit. Es gebe keine gesetzliche Grundlage, ihn zu bestrafen. Weiterhin erklärte der Kläger, dass das Besatzungsrecht in Kraft sei, nicht die Gesetze der BRD. Es sei privatrechtlich, was gegen ihn abgezogen werde, als angeblicher Bürger der BRD, die gar nicht existiere. Er sehe keine Möglichkeit, ihn zu be- oder verurteilen, auch nicht zu kontrollieren.
Auch die Stellung eines Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit (Staatsangehörigkeitsausweis) spricht dafür, dass der Kläger der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen ist bzw. er sich deren Ideologie für sich bindend zu eigen gemacht hat. Denn Reichsbürger sind davon überzeugt, dass sie aus der Bundesrepublik Deutschland austreten können. Als ersten Schritt zu ihrem vermeintlichen Austritt betrachten sie häufig die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises (in der Terminologie der Reichsbürger sog. „gelber Schein“) unter Berufung auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2017 S. 175). Vom Staatsangehörigkeitsausweis erhofft sich dieser Personenkreis – rechtlich völlig unzutreffend – unter anderem den „Ausstieg aus der Firma BRD“ oder die Sicherung vermeintlicher Rechte beim „Untergang des Systems“ (vgl. BayVGH, B.v. 19.12.2017 – 21 CS 17.2029 – juris Rn. 16). Zwar fehlen im Antrag des Klägers auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit, der bereits vom 23. November 2012 stammt, ausdrückliche Bezugnahmen auf das „RuStAG 1913“, jedoch hat der Kläger als Geburtsstaat und Wohnsitzstaat jeweils Freistaat Bayern angegeben sowie als Staat, in dessen Dienst er als Wehrpflichtiger/ Grundwehrdienst gewesen sei „Deutschland unter BRD-Verwaltung“, was ebenfalls als reichsbürgertypische Ausdrucksweise anzusehen ist.
Sog. „Reichsbürger“ lehnen weiterhin vielfach Ausweisdokumente der Bundesrepublik Deutschland als unwirksam ab und bestreiten mit der Rückgabe zudem typischerweise die rechtmäßige Existenz der Bundesrepublik Deutschland (vgl. BayVGH, B.v. 16.1.2019 – 21 C 18.578 – juris Rn. 16). Auch dies trifft auf den Kläger zu. So ist er weder im Besitz eines gültigen Personalausweises noch eines gültigen Reisepasses, was zeigt, dass er den Erwerb eines gültigen Ausweispapiers ablehnt. Eine Verlängerung seines am 5. Februar 2019 abgelaufenen Reisepasses hat er nicht veranlasst. Zudem hat der Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass der Kläger seinen bis zum 25. Oktober 2015 gültigen Personalausweis nach dortiger Auskunft an die Stadtverwaltung B. zurückgegeben habe und diese den Personalausweis am 11. Oktober 2012 der Vernichtung zugeführt habe.
Der Kläger hat seine, in den dargelegten Äußerungen und Verhaltensweisen zum Ausdruck kommende, innere Einstellung auch nach außen hin zu erkennen gegeben. Denn wer gegenüber einer Behörde dem Gedankengut der sog. „Reichsbürger“ entlehnte Äußerungen in der „reichsbürgertypischen Weise“ trifft und entsprechende Verhaltensweisen zeigt, geht davon aus und beabsichtigt gerade, seine ablehnende Haltung gegenüber der Rechtsordnung sozusagen amtlich und ernsthaft einer Behörde gegenüber kund zu tun (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 21 CS 17.1519 – juris Rn. 19). Angesichts der eindeutigen und zahlreichen schriftlich getätigten bzw. gerichtlich protokollierten Aussagen des Klägers sowie seinen Verhaltensweisen kommt es auch nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, welche Äußerungen der Kläger im Einzelnen gegenüber dem Gerichtsvollzieher Ende 2016 getätigt hat.
Die Einlassungen des Klägers im gerichtlichen Verfahren vermögen demgegenüber an der Einschätzung des Gerichts nichts zu ändern. Aus diesen folgt insgesamt, dass der Kläger sein Verhalten zu relativieren bzw. zu rechtfertigen versucht. So macht der Kläger im Wesentlichen Auseinandersetzungen mit dem Landratsamt geltend. Er sei von dort drangsaliert und geschädigt worden. Soweit der Kläger vorträgt, er habe sich an geltende Gesetze gehalten, steht dies dieser Einschätzung ebenfalls nicht entgegen. Der Umstand allein, dass sich eine Person in bestimmten, ihr opportun erscheinenden Situationen in Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorgaben verhält, begründet keine waffenrechtliche Zuverlässigkeit, wenn sie ihre Bindung an die Rechtsordnung, wie hier, durch Wort und Tat unter Vorbehalt stellt und auf diese Weise Zweifel weckt, ob sie waffen- und sprengstoffrechtliche Vorschriften auch dann noch einhält, wenn sie ihr nicht (mehr) opportun erscheinen (vgl. VGH BW, B.v. 10.10.2017 – 1 S 1470/17).
Den Einlassungen des Klägers lässt sich auch keine glaubhafte Distanzierung von der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ entnehmen. Hinsichtlich der Anforderungen an eine glaubhafte Distanzierung kann aufgrund der identischen sicherheitsrechtlichen Schutzrichtung – Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung – die ausländerrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 54 Abs. 1 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG – entsprechend herangezogen werden (vgl. VG München, Gerichtsbescheid v. 17.10.2018 – M 7 K 17.750 – juris Rn. 39). Dementsprechend ist für eine glaubhafte Distanzierung zu verlangen, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Betroffene seine innere Einstellung verändert hat (vgl. BVerwG, B.v. 25.4.2018 – 1 B 11/18 – juris Rn. 12). Das Erfordernis der Veränderung der inneren Einstellung bedingt es, dass der Betroffene in jedem Fall einräumen muss oder zumindest nicht bestreiten darf, in der Vergangenheit den einschlägigen sicherheitsrechtlichen Tatbestand erfüllt zu haben. Ohne Einsicht des Betroffenen in die Unrichtigkeit des ihm vorgeworfenen Handelns hat die Ankündigung einer Verhaltensänderung keine glaubwürdige Grundlage (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2017 – 10 B 16.1252 – juris Rn. 53).
Eine diesen Anforderungen genügende, glaubhafte Distanzierung des Klägers von der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ lässt sich nicht feststellen. Hinreichende äußerlich feststellbare Umstände, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Kläger seine innere Einstellung verändert hat, sind nicht erkennbar. Ein Fehlverhalten hat der Kläger nicht eingeräumt. Vielmehr hat er dieses gerechtfertigt und relativiert. Allein ein Zeitablauf, während dessen der Betroffene nicht mehr „reichsbürgertypisch“ in Erscheinung getreten sein mag, vermag keine glaubhafte Distanzierung darzustellen. Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung deutlich zu erkennen gegeben, dass er seine damaligen Angaben nicht für falsch hält. So hat er ausgeführt, er habe damals in dem Antrag als Staat „Deutschland unter BRD-Verwaltung“ angegeben, weil dies so sei.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben