Familienrecht

Abschiebungshaftsache: Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Freiheitsentziehung

Aktenzeichen  XIII ZB 91/19

Datum:
18.5.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:180521BXIIIZB91.19.0
Normen:
§ 62 FamFG
§ 417 Abs 1 FamFG
Spruchkörper:
13. Zivilsenat

Leitsatz

Die Feststellung, dass die Anordnung der Haft den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat, erfasst den gesamten Zeitraum vom Erlass der Anordnung bis zur Entlassung des Betroffenen und beinhaltet, dass die Freiheitsentziehung bis zur Entlassung rechtswidrig war.

Verfahrensgang

vorgehend LG Mainz, 29. April 2019, Az: 8 T 89/19, Beschlussvorgehend AG Bingen, 11. März 2019, Az: 111a AR 10/19.B

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 29. April 2019 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe

1
I. Der Betroffene, ein algerischer Staatsangehöriger, wurde in Frankfurt am Main aufgegriffen und befand sich aufgrund eines Beschlusses des dortigen Amtsgerichts vom 19. Dezember 2018 in Abschiebungshaft. Auf die Beschwerde des Betroffenen hob das Landgericht Frankfurt am Main den Beschluss am 10. Februar 2019 auf und ordnete die sofortige Freilassung des Betroffenen an (nachfolgend: Haftaufhebungsbeschluss). Der Betroffene wurde am 12. Februar 2019 aus der Haft entlassen. Am 19. Februar 2019 ergänzte das Landgericht Frankfurt am Main auf Antrag des Betroffenen seinen Beschluss um die Feststellung, dass der Beschluss des Amtsgerichts vom 19. Dezember 2018 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat.
2
Am 21. Februar 2019 hat der Betroffene bei dem für den Gewahrsamsort zuständigen Amtsgericht die Feststellung beantragt, dass seine Freiheitsentziehung vom Zeitpunkt des Erlasses des Haftaufhebungsbeschlusses bis zu seiner Entlassung aus der Haft rechtswidrig gewesen sei. Das Amtsgericht hat angenommen, dass eine Entscheidung über den Antrag nicht veranlasst sei. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.
3
II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
4
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, es bestehe keine Rechtsgrundlage für die begehrte Feststellung. Sie könne nicht gemäß § 62 Abs. 1 FamFG erfolgen, denn es gehe nicht um die Erledigung einer angefochtenen Entscheidung im Beschwerdeverfahren. Vielmehr begehre der Betroffene nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer nicht auf einer gerichtlichen Entscheidung beruhenden Freiheitsentziehung.
5
2. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. Einer Entscheidung über den Feststellungsantrag steht die materielle Rechtskraft der Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19. Februar 2019 – was von Amts wegen zu berücksichtigen ist – entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. April 2021 – XIII ZB 93/20, z. Veröff. best., Rn. 19 ff.; Keidel/Engelhardt, FamFG, 20. Aufl., § 45 Rn. 33).
6
Das für die Beschwerde gegen die Haftanordnung zuständige Landgericht Frankfurt am Main hat auf den Antrag des Betroffenen festgestellt, dass ihn der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 19. Dezember 2018 in seinen Rechten verletzt hat. Die Feststellung ist neben der Aufhebung der Haftanordnung zulässig und beinhaltet, dass die Freiheitsentziehung rechtswidrig war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Oktober 2010 – V ZB 78/10, FGPRax 2011, 39 Rn. 10, 13 und vom 30. August 2012 – V ZB 12/12, InfAuslR 2013, 37 Rn. 5). Der im Haftanordnungsverfahren gestellte Feststellungsantrag und mithin auch die daraufhin ergangene Feststellung erfasst den gesamten Zeitraum vom Erlass der Haftanordnung bis zur Entlassung des Betroffenen (BGH, Beschlüsse vom 26. Mai 2011 – V ZB 318/10, juris Rn. 16, 18; vom 20. April 2021 – XIII ZB 93/20, z. Veröff. best., Rn. 17). Für die im vorliegenden Verfahren begehrte Feststellung hinsichtlich des (teilweise) identischen Zeitraums ist daher kein Raum.
7
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.
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