Familienrecht

Anspruch auf Zahlung von laufendem Trennungsunterhalt sowie auf Zahlung von rückständigem Trennungs- und Kindesunterhalt

Aktenzeichen  16 UF 1189/19

Datum:
4.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 54072
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 85 Abs. 2, § 225 Abs. 2, § 233, § 520 Abs. 2 S. 2, S. 3
FamFG § 68 Abs. 2, § 112 Nr. 1, § 113 Abs. 1, § 117 Abs. 1 S. 2, S. 3, S. 4

 

Leitsatz

Verfahrensgang

1 F 349/14 2019-08-02 AGERDING AG Erding

Tenor

1. Der Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist vom 04.11.2019 um einen Tag auf 05.11.2019 wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand wird ebenfalls zurückgewiesen.

Gründe

I.
Mit Endbeschluss vom 2.8.2019 verpflichtete das Amtsgericht – Familiengericht – Erding den Antragsgegner zur Zahlung von laufendem Trennungsunterhalt sowie zur Zahlung von rückständigem Trennungs- und Kindesunterhalt.
Die Entscheidung wurde dem Antragsgegner am 2.8.2019 zugestellt, der dagegen mit Schriftsatz vom 2.9.2019, beim Familiengericht eingegangen am gleichen Tag, Beschwerde einlegte. Mit Schriftsatz vom 2.10.2019, beim Oberlandesgericht München eingegangen am gleichen Tag, beantragte der Antragsgegner eine Fristverlängerung bis 4.11.2019 unter Hinweis darauf, dass es sich beim 2.11.2019 um einen Samstag handelt. Diese Fristverlängerung wurde mit Verfügung vom 4.10.2019 bewilligt.
Mit Schriftsatz vom 4.11.2019 beantragte der Antragsgegner eine zweite Fristverlängerung um einen Tag. Zur Begründung wurde eine Erkrankung der Antragsgegnervertreterin vom 1. bis 3.11.2019, der Urlaub einer Mitarbeiterin der Antragsgegnervertreterin sowie die Erledigung weiterer fristgebundener Schriftsätze angeführt. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass die Gegenseite einer Fristverlängerung nicht zugestimmt hat und eine Abstimmung mit der Vorsitzenden des Senats mangels Erreichbarkeit nicht möglich gewesen sei.
Mit Verfügung des Senats vom 5.11.2019 wurde der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass eine zweite Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist entsprechend der gesetzlichen Vorgabe nur mit Zustimmung der Gegenseite möglich ist, die nach dem Vorbringen im gestellten Verlängerungsantrag jedoch nicht erteilt worden ist.
Mit Schriftsatz vom 5.11.2019 legte der Antragsgegner die Beschwerdebegründung vor, die am gleichen Tag beim Oberlandesgericht München einging. In der Beschwerdebegründung wird erneut ausgeführt, dass wegen Nichterreichbarkeit des Senats der Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist um einen Tag schriftlich eingereicht worden, die Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners nur mit einer Mitarbeiterin besetzt gewesen und die Verfahrensbevollmächtigte selbst wegen Erkrankung ab 1.11.2019 erst am 4.11.2019 wieder arbeitsfähig gewesen sei. Wiederholt wird auch der Vortrag zur Verweigerung der Zustimmung zu einer weiteren Fristverlängerung durch die Gegenseite. Schließlich wird die Rechtsauffassung vertreten, dass es gemäß § 225 Abs. 2 ZPO nur einer Anhörung der Gegenseite bedurft hätte, deren Zustimmung mithin gar nicht erforderlich sei.
Mit Schriftsatz vom 13.11.2019 vertrat die Antragstellerin die Auffassung, dass die Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist unzulässig sei und führte dabei aus, welche Schriftsätze die Antragsgegnervertreterin in dem zur Verfügung stehenden Zeitraum zu erstellen in der Lage war. Die Ausführungen zur Besetzung der Kanzlei und der Erkrankung der Antragsgegnervertreterin seien unsubstantiiert, im Übrigen sei der Kanzleiablauf unter Berücksichtigung laufender Fristen angemessen zu organisieren.
Mit Schriftsatz vom 15.11.2019 dankte der Antragsgegner für den Hinweis des Senats und kündigte einen Wiedereinsetzungsantrag an. Die Fristversäumnis sei unverschuldet.
Mit Schriftsatz vom 18.11.2019 wurde der Wiedereinsetzungsantrag sodann gestellt und auf die bereits vorgelegte Beschwerdebegründung Bezug genommen. Zur Begründung des fehlenden Verschuldens wird erneut auf die Nichterreichbarkeit des Senats am 4.11.2019 hingewiesen sowie darauf, dass trotz Zuständigkeit der Vorsitzenden auch die Entscheidung eines Beisitzers (wohl über eine Fristverlängerung) wirksam sein dürfte. Auch sei es nicht auszuschließen gewesen, dass durch eine Nachfrage der Vorsitzenden die Zustimmung der Gegenseite zu erreichen gewesen wäre. Die Erkrankung begann nach den Ausführungen in diesem Schriftsatz bereits in der Nacht vom 28.10. auf den 29.10., wobei nachfolgend Ausführungen zum generellen Umgang der Antragsgegnervertreterin mit Krankheiten, dem Erwerb von Medikamenten und der Durchführung der Arbeit im Zeitraum 29. bis 31.10.2019 folgen. Im Weiteren wird ausgeführt, dass die erkrankung am Feiertag (1.11.2019) „durchgeschlagen“ habe und die Arbeit am Montag (4.11.2019) wieder aufgenommen worden sei, wobei die Antragsgegnervertreterin auch an diesem Tag nicht gesund gewesen sei, wozu u.a. kalte Füße, Hals- und Kopfschmerzen angeführt werden. Am Nachmittag sei festgestellt worden, dass die Beschwerdebegründung nicht fertiggestellt werden könne. Da die Krankheit nicht vorhergesehen werden konnte, habe nur das unternommen werden müssen, was möglich und zumutbar war. Der am Montag nicht mehr fertiggestellte Schriftsatz, sei dann auch innerhalb der erbetenen Verlängerung eingereicht worden.
Mit Schriftsatz vom 20.11.2019 trägt der Antragsgegner vor, die Antragstellerin überflute ihn mit Anträgen. Auch geht er nun davon aus, die Krankheit seiner Verfahrensbevollmächtigten ab Dienstag (sechs Tage vor dem 4.11.2019) sei glaubhaft gemacht und nachgewiesen. Ebenfalls glaubhaft gemacht worden sei, dass ein Schriftsatz deswegen nicht mit der üblichen Geschwindigkeit abdiktiert werden konnte. In der weiteren Folge weist der Antragsgegner darauf hin, dass es unerheblich sei, dass weitere Diktate am 4.11.2019 geschrieben worden seien, da ein Diktat auch Tage bevor es geschrieben werde, diktiert worden sein kann. Da die Beschwerdebegründung innerhalb der erbetenen Fristverlängerung eingereicht wurde, sei die krankheitsbedingte Verzögerung unverschuldet.
II.
Die Voraussetzungen für eine zweite Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist liegen nicht vor. Das gleiche gilt für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Fristversäumung.
Gemäß § 117 Abs. 1 S. 2 und 3 FamFG ist in Familienstreitsachen, zu denen ein Unterhaltsverfahren wie im vorliegenden Fall gemäß § 112 Nr. 1 FamFG zu rechnen ist, binnen zwei Monaten nach schriftlicher Bekanntgabe der angefochtenen Entscheidung eine schriftliche Begründung der Beschwerde beim Beschwerdegericht einzureichen. Durch die Verweisung in § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG auf § 520 Abs. 2 S. 2 und 3 ZPO werden die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist geregelt. Nach der unmissverständlichen Gesetzeslage ist danach eine über einen Monat hinausgehende Fristverlängerung nur mit Einwilligung des Gegners zulässig.
Nach dem insoweit eindeutigen Sachvortrag des Antragsgegners selbst liegt diese Einwilligung nicht vor. Der Fristverlängerungsantrag vom 4.11.2019 war daher zurückzuweisen.
Die Beschwerdebegründung wurde damit nicht fristgerecht eingelegt.
Soweit in der Beschwerdebegründungsfrist auf Seite 2, 9. Absatz ausgeführt wird, die zweite Fristverlängerung, zumal nur um einen Tag, sei gemäß § 225 Abs. 2 ZPO nicht von einer Zustimmung der Gegenseite, sondern nur von deren Anhörung abhängig, übersieht diese Rechtsansicht, dass für die Berufungs- bzw. im familiengerichtlichen Verfahren für die Beschwerdebegründungsfrist die §§ 117 Abs. 1 FamFG, 520 Abs. 1 S. 2 und 3 ZPO als spezielle Regelungen vorrangig sind.
Dem Antragsgegner war auch keine Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist zu gewähren.
Gemäß § 113 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit § 233 ZPO ist einem Beteiligten bei unverschuldeter Versäumung u.a. der Beschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Eine unverschuldete Säumnis liegt aber bereits nach dem eigenen Sachvortrag des Antragsgegners nicht vor, wobei ihm ein Verschulden seiner Verfahrensbevollmächtigten gemäß § 113 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist.
Soweit in der Beschwerdebegründungsschrift vom 5.11.2019 auf Seite 2, 6. Absatz, wie bereits im Fristverlängerungsantrag vom 4.11.2019 und schließlich wiederholt im Wiedereinsetzungsantrag vom 18.11.2019, ausgeführt wird, dass der Senat am letzten Tag der Frist, mithin am 4.11.2019, nicht erreichbar gewesen sei, vermag dieser Sachverhalt am Fehlen der Voraussetzungen für eine zweite Fristverlängerung und der nachfolgend verschuldeten Fristversäumnis nichts zu ändern. Auch durch ein Gespräch mit der Vorsitzenden oder einem Beisitzer hätten die maßgeblichen verfahrensrechtlichen Vorschriften keinen anderen Inhalt erhalten. Die zweite Verlängerung einer Beschwerdebegründungfrist im Zivilverfahren hängt – wie bereits ausgeführt – vom Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß §§ 117 Abs. 1 S. 4 FamFG, 520 Abs. 2 S. 2, 3 BGB ab. Diese sind weder mit der Vorsitzenden noch mit einem Beissitzer verhandelbar. Der Antragsgegner ist anwaltlich vertreten, so dass ihm diese gesetzlichen Vorgaben bekannt sein mussten. Soweit im Wiedereinsetzungsantrag ausgeführt wird, der Anruf der Vorsitzenden bei der Gegenseite hätte möglicherweise zur Zustimmung mit einer weiteren Frstverlängerung führen können, kann dahinstehen, ob dies zutrifft oder nicht. Selbst bei Annahme dieser Möglichkeit bliebe die von der Antragsgegnervertreterin verursachte und dem Antragsgegner zuzurechnende Fristversäumnis gleichwohl verschuldet.
Soweit in der Beschwerdebegründungsschrift auf Seite 2, 7. Absatz ausgeführt wird, dass das Sekretariat der Antragsgegnervertreterin in den vierzehn Tagen vor Fristablauf nur mit einer Mitarbeiterin besetzt gewesen sei, da die andere sich im Urlaub befunden habe, vermag auch dieser Sachverhalt nicht von einer Einhaltung der gesetzlichen Fristen zu entbinden, vielmehr sind diese durch entsprechende organisatorische Maßnahmen bezogen auf den internen Ablauf in der Kanzlei sicherzustellen. Dazu gehört ggfs. auch, dass fristgebundene umfangreichere Schriftsätze vorgezogen werden. Geschieht dies nicht in der erforderlichen Weise, liegt ein verschuldetes Fristversäumnis vor. Soweit der Antragsgegner weitere an diesem Tag zu erstellende fristgebundene Schriftsätze anführt, ist der Sachvortrag zum einen unsubstantiiert. Zum anderen wäre bei einem solchen Zusammentreffen frühzeitig sicherzustellen, dass an den maßgeblichen Werktagen, an denen das Sekratariat besetzt ist, alle Schriftsätze geschrieben werden können, so dassmit Blick auf eine eingeschränkte Kapazität des Sekretariats ggfs. früher hätte damit begonnen werden müssen.
Soweit auf eine Erkrankung der Antragsgegnervertreterin – zunächst vom 1.11.2019 bis 3.11.2019 mit Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit am 4.11.2019 – in der Beschwerdebegründungsschrift auf Seite 2, 8. Absatz abgestellt wird, folgt daraus ohne weiteres, dass die Antragsgegnervertreterin nach ihrem eigenen Sachvortrag am letzten Tag der Frist wieder arbeitsfähig und damit nicht krankheitsbedingt an der Erstellung der Beschwerdebegründung gehindert war. Soweit in der Folge die Zeit der Erkrankung auf den Zeitraum vom 29.10. bis zuletzt 5.11.2019 erweitert wird, ist der Sachvortrag zum einen unsubstantiiert. Zum anderen wird auch dann ausgeführt, dass die Antragsgegnervertreterin – wenn auch eingeschränkt – tätig war. Bei Feststellung dieser nur eingeschränkten Leistungsfähigkeit bereits am 29.10.2019 hätte eine Planung der unaufschiebbaren Fristsachen so erfolgen müssen, dass zunächst diese erledigt werden. Auf die Unsubstantiiertheit des Vortrags zu anderen Fristsachen wurde vorstehend bereits hingewiesen. Soweit der Antrag auf Wiedereinsetzung auf die Rechtsprechung Bezug nimmt, dass ein Einzelanwalt, der am Tag des Ablaufs der Beschwerdebegründungsfrist unvorhergesehen erkrankt und deshalb nicht mehr in der Lage ist, die Beschwerdebegründung rechtzeitig fertigzustellen, seiner Sorgfaltspflicht regelmäßig schon dann genügt, wenn er einen Vertreter mit der Stellung eines Fristverlängerungsantrags beauftragt (BGH Beschluss vom 8.8.2019, VII ZB 35/17), vermag auch dies eine unverschuldete Fristversäumnis im vorliegenden Fall nicht zu begründen. Nach dem eindeutigen Sachvortrag des Antragstellers in der Beschwerdebegründung vom 5.11.2019 war die Antragsgegnervertreterin am 4.11.2019 wieder arbeitsfähig. Erst in der Folge wurde auf eine nur eingeschränkte Arbeitsfähigkeit, dann aber schon seit 29.10.2019 verwiesen. Diese unterstellt blieb dennoch genug Zeit innerhalb von vier Werktagen durch entsprechende organisatorische Maßnahmen und die Zurückstellung weniger eilbedürftiger Sachen die Beschwerdebegründung fristgerecht zu erstellen. Insoweit verweist der Antragsgegner im Schriftsatz vom 20.11.2019 selbst völlig zutreffend darauf, dass auch am 4.11.2019 geschriebene Schriftsätze schon deutlich vorher diktiert worden sein können.
Mangels unverschuldetem Fristversäumnis kam daher eine Wiedereinsetzung in die Beschwerdebegründungsfrist nicht in Betracht. Die Beschwerdebegründung vom 5.11.2019 ist verfristet, die Beschwerde wird daher gemäß § 68 Abs. 2 FamFG zu verwerfen sein, sofern sie nicht zurückgenommen wird.
Hierüber wird der Senat nicht vor dem 17.12.2019 entscheiden, um dem Antragsgegner noch die Gelegenheit zu einer kostengünstigeren Beschwerderücknahme zu geben.


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