Aktenzeichen 4 T 1910/17; 4 T 1944/17; 4 T 2003/17
Leitsatz
1 Im Hinblick auf unvermeidbare Verzögerungen sind die an der freiheitsentziehenden Maßnahme beteiligten staatlichen Organe dokumentationspflichtig, um bei einer späteren gerichtlichen Überprüfung dem Betroffenen effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die gebotene Unterscheidung zwischen dem Verfahren auf Erlass einer vorläufigen Anordnung und dem Beschluss in der Hauptsache hat zur Folge, dass der Antrag einer Behörde auf eine vorläufige Freiheitsentziehung im Wege einstweiliger Anordnung keine Grundlage für den Erlass einer Haftanordnung im Hauptsacheverfahren ist. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
1 XIV 87/17 (B) 2017-05-11 Bes AGMUEHLDORF AG Mühldorf
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Betroffenen vom 07.07.2017 wird Ziffer 1. des Beschlusses des Amtsgerichts Mühldorf vom 04.07.2017 aufgehoben. Auf Antrag des Betroffenen vom 08.05.2017 wird festgestellt, dass die Ingewahrsamnahme des Betroffenen vom 16.04.2017, 17.00 Uhr, bis zum Anhörungstermin am 17.04.2017, 10.00 Uhr, rechtswidrig war. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
2. Es wird festgestellt, dass der Vollzug der mit Beschluss des Amtsgerichts Kempten vom 17.04.2017 angeordneten Haft zur Sicherung der Zurückschiebung rechtswidrig war.
3. Der Antrag des Betroffenen auf Feststellung, dass der bis 22.05.2017 erfolgte Vollzug des Beschlusses des Amtsgerichts Mühldorf vom 11.05.2017 ihn in seinen Rechten verletzt hat, wird als unzulässig verworfen.
4. Dem Betroffenen wird für die Beschwerdeverfahren betreffend Ziffer 1. und 2. dieses Beschlusses Verfahrenskostenhilfe gewährt und Rechtsanwalt P. F., B. Straße 1, H., zu den Bedingungen eines im Bezirk des Landgerichts Traunstein ansässigen Rechtsanwalts beigeordnet. Der Antrag des Betroffenen auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren betreffend Ziffer 3. dieses Beschlusses wird zurückgewiesen.
5. Die notwendigen Auslagen des Betroffenen betreffend die Beschwerdeverfahren zu Ziffer 1. und 2. dieses Beschlusses werden der Bundesrepublik Deutschland auferlegt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu Ziffer 3. dieses Beschlusses trägt der Betroffene.
6. Der Geschäftswert der Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Am 16.04.2017 gegen 07.00 Uhr wurde der Betroffene als Mitreisender in einem Fernbus an der Grenzübergangsstelle Hörbranz einer grenzpolizeilichen Kontrolle unterzogen. Der Betroffene konnte keine aufenthaltslegitimierenden Dokumente vorweisen. Eine EURODAC-Recherche ergab einen Treffer für Italien vom 10.09.2014. Dem Betroffenen wurde daraufhin schriftlich die Einreise verweigert (vgl. Einreiseverweigerung Bl. 33). Er wurde am 16.04.2017 als Beschuldigter wegen versuchter unerlaubter Einreise vernommen. Auf die polizeiliche Vernehmung (Bl. 28/31) wird Bezug genommen. Ausweislich des Vernehmungsprotokolls begann die Vernehmung um 13.51 Uhr und endete um 15.23 Uhr.
Mit Schreiben vom 16.04.2017 (Bl. 28/34 der Akte des AG Lindau), eingegangen per Fax beim Amtsgericht Kempten am 16.04.2017, 16.05 Uhr, beantragte die beteiligte Ausländerbehörde die vorläufige Freiheitsentziehung im Wege der einstweiligen Anordnung für die Dauer von vier Wochen und einem Tag. Aufgrund des EURODAC-Treffers lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass nach der Dublin-III-VO Italien für die Bearbeitung des Asylverfahrens zuständig ist und der Betroffene nach Prüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) dorthin zurückgewiesen wird. Als Haftgrund führte die beteiligte Ausländerbehörde erhebliche Fluchtgefahr im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-VO an. Die beantragte Haftdauer werde benötigt, bis die Ziellandbestimmung abgeschlossen ist, bzw. das ermittelte Zielland die Zusage zur Wiederaufnahme erteilt hat und die Vorführung zur Haftverlängerung erfolgt ist.
Nach persönlicher Anhörung vom 17.04.2017, 10.00 Uhr, (Bl. 49/51 der Akte des AG Lindau) ordnete das Amtsgericht Kempten mit Beschluss vom gleichen Tage (Bl. 52/56 der Akte des AG Lindau) an, den Betroffenen bis längstens 15.05.2017 in Zurückschiebehaft zu nehmen. Der Betroffene legte mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 01.05.2017, begründet mit Schriftsatz vom 08.05.2017 (Bl. 78/79 der Akte des AG Lindau), Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kempten vom 17.04.2017 ein und beantragte die Feststellung, dass der angefochtene Beschluss den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat. Zu beklagen sei ein Verstoß gegen § 26 FamFG. Zwischenzeitlich habe die schwangere Lebensgefährtin des Betroffenen einen Asylantrag beim BAMF gestellt und sei deren Rückführung nach Italien nicht möglich. Dies habe zur Folge, dass auch eine Zurückschiebung des Betroffenen, der Vater des werdenden Kindes ist, nicht möglich sei. Das Amtsgericht verkenne, dass es sich um eine sog. „Dublin-Haft“ handelt. Der Haftbeschluss sei hinsichtlich der angeordneten Haftdauer widersprüchlich und enthalte keine Angaben dazu, warum die angeordnete Haftdauer erforderlich ist. Gerügt wurde ein Verstoß gegen Art. 104 Abs. 4 GG.
Mit weiterem Schriftsatz vom 08.05.2017 (Bl. 73 der Akte des AG Lindau) beantragte der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen die Feststellung, dass die Ingewahrsamnahme des Betroffenen vom 16.04.2017, 12.00 Uhr, bis zum Erlass des Haftbeschlusses vom 17.04.2017 rechtswidrig war. Nachdem der Betroffene in den frühen Morgenstunden des 16.04.2017 kontrolliert und festgenommen wurde, sei bereits um 10.00 Uhr beim AG Kempten ein Haftantrag gestellt worden. Dass der Betroffene erst am 17.04.2017 um 10.00 Uhr dem Haftrichter vorgeführt wurde, sei mit Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG nicht vereinbar.
Das Amtsgericht Lindau gab das Verfahren mit Beschluss vom 11.05.2017 an das Amtsgericht Mühldorf ab. Mit Beschluss des Amtsgerichts Mühldorf vom 13.07.2017 wurde das Verfahren übernommen und der Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kempten vom 17.04.2017 nicht abgeholfen.
Die beteiligte Behörde beantragte mit Schreiben vom 08.05.2017 (Bl. 1/7) bei dem Amtsgericht Mühldorf Haft zur Sicherung der Zurückweisung bis 23.05.2017 anzuordnen. Nach der gemäß DÜ-III-VO vorgesehenen Zuständigkeitsbestimmung durch das BAMF sei der Betroffene gemäß der Dublin-III-VO im Wiederaufnahmeverfahren nach Italien zurückzuweisen. Die Abschiebungsanordnung ergehe mit der Zustimmung des zuständigen Mitgliedsstaates. Die Bestätigung einer bereits erfolgten Flugbuchung für den 22.05.2017 liege vor.
Nach Anhörung des Betroffenen am 11.05.2017 (Bl. 35/36) ordnete das Amtsgericht Mühldorf mit Beschluss vom selben Tag (Bl. 37/42) gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Zurückweisung bis längstens 23.05.2017 an. Am 22.05.2017 wurde der Betroffene nach Italien überstellt.
Mit Schriftsatz vom 14.06.2017 (Bl. 44/45) legte der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen gegen den Beschluss vom 11.05.2017 Beschwerde ein und beantragte festzustellen, dass der angefochtene Beschluss den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat. Vorsorglich beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er habe am 01.05.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kempten vom 17.04.2017 Beschwerde eingelegt und am 14.06.2017 per Zufall auf Nachfrage bei der JVA Mühldorf erfahren, dass der Betroffene am 22.05.2017 abgeschoben wurde, nachdem das Amtsgericht Mühldorf am 11.05.2017 eine Haftverlängerungsentscheidung getroffen hat. Er habe weder einen Haftverlängerungsantrag erhalten, noch sei ihm der Anhörungstermin mitgeteilt worden. Auch der Verlängerungsbeschluss liege ihm nicht vor. Mit weiterem Schriftsatz vom 03.07.2017 begründete der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen die eingelegte Beschwerde in Gestalt des Feststellungsantrags. Gegen den Betroffenen wurde die Haftverlängerung beschlossen, ohne dass dem Verfahrensbevollmächtigten zuvor der Verlängerungsantrag übersandt und/oder ihm der Anhörungstermin mitgeteilt wurde. Dass dem Amtsgericht die Tatsache, dass der Betroffene anwaltlich vertreten ist, nicht bekannt war, sei unerheblich, da davon ausgegangen werde, dass dies der beteiligten Behörde bekannt gewesen sei. Der Betroffene habe am 18.05.2017 einen Asylantrag gestellt, der erst mit Bescheid vom 21.06.2017 als unzulässig abgelehnt wurde. Der Betroffene hätte daher am 22.05.2017 nicht abgeschoben werden dürfen.
Mit Beschluss vom 04.07.2017 wies das Amtsgericht Mühldorf den Antrag des Betroffenen auf Feststellung, dass dessen Ingewahrsamnahme vom 16.04.2017, 12.00 Uhr, bis zum Erlass des Haftbeschlusses vom 17.04.2017 rechtswidrig war, zurück (Ziffer 1). Weiter wies es den Antrag des Betroffenen auf Feststellung, dass der Beschluss des Amtsgerichts Mühldorf vom 11.05.2017 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat, zurück (Ziffer 2). Das Amtsgericht Mühldorf half der Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss vom 11.05.2017 nicht ab (Ziffer 3).
Der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen legte mit Schriftsatz vom 07.07.2017 (Bl. 57) Beschwerde gegen Ziffer 1) des Beschlusses des Amtsgerichts Mühldorf vom 04.07.2017 ein Die beteiligte Behörde nahm mit Schreiben vom 03.08.2017 (Bl. 61/63/70) Stellung. Zu einem Hinweis der Kammer vom 10.07.2017 nahm der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen mit Schriftsatz vom 23.08.2017 (Bl. 71/72) Stellung.
II.
1. Die zulässige Beschwerde des Betroffenen vom 07.07.2017 gegen Ziffer 1. des Beschlusses des Amtsgerichts Mühldorf vom 04.07.2017 ist begründet.
Gemäß § 62 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann die für den Haftantrag zuständige Behörde einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anhörung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 3 Satz 1 besteht, die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will. Diese Voraussetzungen waren bis zur Erstellung des Haftantrages durch die beteiligte Behörde gegeben. Wie die beteiligte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 03.08.2017 ausführt, ist das EURODAC-Ergebnis am 16.04.2017 um 14.10 Uhr eingegangen. Die Vernehmung des Betroffenen erfolgte bis 15.23 Uhr. Der Betroffene gab zu verstehen, dass er sich einer Rückführung nach Italien nicht zur Verfügung halten würde.
Gemäß § 62 Abs. 5 Satz 2 AufenthG ist der Ausländer unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen. Die beteiligte Behörde hat ausweislich ihrer Stellungnahme vom 03.08.2017 am 16.04.2017 um 15.30 Uhr den Bereitschaftsrichter des Amtsgerichts Kempten kontaktiert. Die beteiligte Behörde teilte mit, dass die Fahrzeit von Lindau nach Kempten ca. eine Stunde beträgt. Warum eine Anhörung am 16.04.2017 seitens des Gerichts nicht mehr möglich war, ist nicht dokumentiert. Im Hinblick auf unvermeidbare Verzögerungen sind die an der freiheitsentziehenden Maßnahme beteiligten staatlichen Organe dokumentationspflichtig, um bei einer späteren gerichtlichen Überprüfung dem Betroffenen effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.01.2007, 2 BvR 1206/04). Es ist daher vorliegend unter Berücksichtigung der Fahrzeit davon auszugehen, dass eine Anhörung des Betroffenen noch am 16.04.2017 möglich gewesen wäre.
2. Der Antrag des Betroffenen auf Feststellung, dass der Vollzug des Beschlusses des Amtsgerichts Kempten vom 17.04.2017 ihn in seinen Rechten verletzt hat, ist zulässig. Gegen die Verhängung von Überstellungshaft durch das Amtsgericht ist gemäß § 106 Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit § 58 Abs. 1 FamFG das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Die Beschwerde des Betroffenen gegen den bezeichneten Beschluss wurde fristgerecht eingelegt. Da sich das Verfahren durch Zeitablauf erledigt hat, kann nach § 62 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 FamFG die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehrt werden.
Der Feststellungsantrag des Betroffenen ist begründet, da das Amtsgericht Kempten mit Beschluss vom 17.04.2017 bereits eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen hat, obwohl die Voraussetzungen hierfür noch nicht vorlagen.
Die beteiligte Behörde beantragte am 16.04.2017 bei dem Amtsgericht Kempten die vorläufige Freiheitsentziehung im Wege der einstweiligen Anordnung für die Dauer von vier Wochen und einem Tag. In dem beantragten Zeitraum sollte durch das BAMF das zur Anwendung kommende Verfahren und der Mitgliedstaat bestimmt werden, an den das Rücknahmeersuchen zu richten ist. Darüber hinaus wurde dargelegt, dass die beantragte Haftdauer die prognostizierte Dauer der Erteilung der Zusage durch das ermittelte Zielland beinhaltet.
Das Amtsgericht Kempten hat aber mit Beschluss vom 17.04.2017 nicht im Wege der einstweiligen Anordnung entschieden, sondern eine Entscheidung in der Hauptsache erlassen. Sowohl der Tenor des Beschlusses, als auch dessen Begründung („Für die Abwicklung der erforderlichen Formalitäten mit den ausländischen Behörden und die Durchführung der Zurückschiebung ist die beantragte Zurückschiebehaft angemessen; Schließlich steht nicht fest, dass die Zurückschiebung des Betroffenen nicht innerhalb der angeordneten Dauer möglich ist“) und die Rechtsbehelfsbelehrung:(Beschwerdefrist 1 Monat) lassen keine Auslegung dahingehend zu, dass es sich um eine einstweilige Anordnung handelte.
Die Verfahren über einstweilige Anordnungen § 51 Abs. 3 Satz 1 FamFG sind selbständige, von der Hauptsache unabhängige Verfahren. Die gebotene Unterscheidung zwischen dem Verfahren auf Erlass einer vorläufigen Anordnung und dem Beschluss in der Hauptsache hat zur Folge, dass der Antrag einer Behörde auf eine vorläufige Freiheitsentziehung im Wege einstweiliger Anordnung keine Grundlage für den Erlass einer Haftanordnung im Hauptsacheverfahren ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16.09.2015, Az. V ZB 40/15). Nachdem die Voraussetzungen für den Erlass einer Haftanordnung im Hauptsacheverfahren auch noch nicht vorlagen, hätte der Beschluss des Amtsgerichts Kempten vom 17.04.2017 dergestalt nicht ergehen dürfen.
3. Der Antrag des Betroffenen auf Feststellung, dass der Vollzug des Beschlusses des Amtsgerichts Mühldorf vom 11.05.2017 ihn in seinen Rechten verletzt hat, ist unzulässig.
Der Beschluss mit Rechtsmittelbelehrungwurde dem Betroffenen in der Sitzung des Amtsgerichts Mühldorf vom 11.05.2017 ausgehändigt und übersetzt und damit wirksam bekanntgegeben. Die einmonatige Frist für die Einlegung der Beschwerde (§ 63 Abs. 1 FamFG) endete daher, da der 11.06.2017 ein Sonntag war, am 12.06.2017. Der Beschwerdeschriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen vom 14.06.2017, beim Amtsgericht per Fax eingegangen am selben Tag, ist daher verspätet.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war nicht zu gewähren, weil die Fristversäumung nicht unverschuldet war. Der Betroffene wurde in einer ihm verständlichen Sprache über die Möglichkeit der Beschwerdeeinlegung belehrt. Der Umstand, dass der Verfahrensbevollmächtigte vom Amtsgericht über den Anhörungstermin nicht verständigt und ihm der Beschluss des Amtsgerichts Mühldorf vom 11.05.2017 nicht mitgeteilt wurde, begründet nicht den Wiedereinsetzungsantrag. Der Verfahrensbevollmächtigte hatte in dem vorliegenden Verfahren zur Verlängerung der Haft seine Vertretung nicht angezeigt. Das Amtsgericht hatte auch sonst keine Kenntnis davon erlangt, dass der Verfahrensbevollmächtigte den Betroffenen bereits in dem vorangegangenen Verfahren vor dem Amtsgericht Kempten vertreten hatte und daher keinen Anlass, ihn im hiesigen Verfahren zu beteiligen.
Die beteiligte Behörde wurde ausweislich des Akteninhalts des Amtsgerichts Kempten von der Bevollmächtigung nicht in Kenntnis gesetzt. Dem Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen wurde auf dessen Antrag vom 01.05.2017 durch das Amtsgericht Kempten durch Übersendung der Akte per Fax Akteneinsicht übermittelt. Der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen wusste damit, dass die beteiligte Behörde die vorläufige Freiheitsentziehung im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt hat und die Stellung eines weiteren Haftantrages beabsichtigt war. Dem Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen war aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt, dass die Haft des Betroffenen in der Abschiebehafteinrichtung in Mühldorf vollzogen wurde und für den weiteren Antrag das Amtsgericht Mühldorf zuständig war, bzw. weitere Anträge dort gestellt wurden. Mit Beschluss des Amtsgerichts Kempten war Haft bis längstens 15.05.2017 angeordnet. Nachdem dem Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen keine weiteren Mitteilungen übersandt wurden, hätte er seine Bestellung gegenüber der beteiligten Behörde oder dem Amtsgericht Mühldorf anzeigen müssen.
4. Dem Betroffenen war antragsgemäß für die Beschwerdeverfahren zu Ziffer 1. und 2. dieses Beschlusses Verfahrenskostenhilfe zu gewähren und wegen der Schwierigkeit der Rechtslage ein Rechtsanwalt beizuordnen (§ 76 Abs. 1 FamFG; § 114 ZPO). Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu Ziffer 3. dieses Beschlusses war zurückzuweisen, da die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg hatte (§ 76 Abs. 1 FamFG, § 114 Satz 1 ZPO). Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe setzt neben der Bedürftigkeit des Betroffenen voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (vgl. BGH vom 20.05.2016, V ZB 140/15). Die Beschwerde war nicht erfolgreich.
5. Betreffend Ziffer 1. und 2. dieses Beschlusses war nach § 430 FamFG auszusprechen, dass die Körperschaft, der die beteiligte Ausländerbehörde angehört, die Auslagen des Betroffenen zu tragen hat. Hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens zu Ziffer 3. dieses Beschlusses beruht die Kostenentscheidung auf § 84 FamFG
6. Die Festsetzung des Geschäftswerts der Anträge beruht auf §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 3 GNotKG.
7. Die Rechtsbeschwerde betreffend Ziffer 1. und 2. dieses Beschlusses ist für die Ausländerbehörde nach § 70 Abs. 3 Satz 2 FamFG nicht ohne Zulassung statthaft. Sie war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert.