Familienrecht

Aufhebung von Prozesskostenhilfe bei Befolgung von Mitwirkungspflichten in der Beschwerdeinstanz

Aktenzeichen  L 7 AS 723/17 B PKH

Datum:
19.10.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGG SGG § 73a
ZPO ZPO § 120

 

Leitsatz

1. Kommt ein PKH-Empfänger im Beschwerdeverfahren seinen Mitwirkungspflichten nach, ist ein Beschluss der ersten Instanz, wonach eine gewährte PKH aufzuheben ist, aufzuheben. (Rn. 7)
2. In erster Instanz muss anhand der in der Beschwerdeinstanz vorgelegten Unterlagen erneut geprüft werden, ob einmal gewährte PKH nunmehr aufzuheben ist. (Rn. 8)

Verfahrensgang

S 4 AS 561/12 2017-08-21 Bes SGREGENSBURG SG Regensburg

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 21. August 2017 – S 4 AS 561/12 – aufgehoben.

Gründe

I.
Mit Beschluss vom 02.04.2014 hatte das Sozialgericht Regensburg (SG) dem Antragsteller zu 3) (Ast) Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung bewilligt.
Anschließende Anfragen zu einer eventuellen Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an den Bevollmächtigten des Ast zu 3) (mit Fristsetzung, Hinweis auf eine eventuelle Aufhebung und gegen Empfangsbekenntnis) blieben ohne Erfolg.
Das SG hat mit Beschluss vom 21.08.2017 die Bewilligung von PKH aufgehoben; der Ast zu 3) habe die vom Gericht geforderte Erklärung nicht eingereicht. Die Aufhebung entspreche billigem Ermessen.
Dagegen hat der Ast zu 3) Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben und einen am 08.09.2017 unterschriebenen Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vorgelegt.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2a Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen; denn vorliegend geht es nicht um die Ablehnung von Bewilligung von PKH, sondern um die Aufhebung der bereits erfolgten Bewilligung (vgl. hierzu BayLSG, Beschluss vom 19.08.2015 – L 11 AS 533/15 B PKH – m.w.N.). Eine analoge Anwendung dieser Regelung kommt mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht (vgl. hierzu BT-Drs. 811/12, S. 65). Aus diesem Grund greift auch ein Beschwerdeausschluss gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2b und 2c SGG nicht.
Ein Ausschluss der Beschwerde ergibt sich auch nicht aus § 73a Abs. 8 SGG. Offen gelassen werden kann dabei, ob diese Regelung auch sogenannte Altfälle, also Fälle, bei denen der Antrag auf Bewilligung von PKH vor dem 01.01.2014 gestellt worden war (so wohl: Sächsisches LSG, Beschluss vom 04.02.2015 – L 8 AS 78/15 B PKH), anzuwenden ist. Denn diese Regelung bestimmt jedenfalls eine endgültige Entscheidung durch das SG nur, wenn dieses über eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle entschieden hat. Allein diese Variante wollte der Gesetzgeber in § 73a Abs. 8 SGG regeln (vgl. dazu BT-Drs. 17/11472, S. 48).
Die damit zulässige Beschwerde ist auch begründet. Der Beschluss des SG ist aufzuheben (vgl. BayLSG, Beschluss vom 12.04.2017 – L 11 AS 248/17 B PKH m.w.N.). Der Ast hat die vom SG begehrte Handlung nachgeholt; dies ist auch im Beschwerdeverfahren noch möglich (vgl. BayLSG, Beschluss vom 12.04.2017 – L 11 AS 248/17 B PKH m.w.N.).
Aufgrund der nunmehr erfolgten Angaben des Ast zu 3) wird das SG zu prüfen haben, inwieweit eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei, die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 Zivilprozessordnung – ZPO -).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


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