Familienrecht

Ausschluss des Ehegatten des Beihilfeberechtigten aus dem Beihilfeanspruch wegen Überschreitung der zulässigen Einkommensgrenze

Aktenzeichen  M 17 K 15.2634

Datum:
8.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBhV BBhV § 4 Abs. 1
EStG EStG § 2 Abs. 3
GG GG Art. 3, Art. 6 Abs. 1
BBG BBG § 79, § 132

 

Leitsatz

1. Der Ausschluss des wirtschaftlich selbständigen Ehegatten eines Beihilfeberechtigten aus dem Beihilfeanspruch gemäß § 4 Abs. 1  BBhV verstößt nicht gegen Art. 3 GG, da auf die wirtschaftliche und finanzielle Selbständigkeit des Ehegatten als Differenzierungsmerkmal abgestellt wird (ebenso BVerwG, BeckRS 1976 30422766).
2. Ein Verstoß des § 4 Abs. 1 BBhV gegen Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht gegeben, da dem Gesetzgeber eine Gestaltungsfreiheit zusteht, auf welche Weise und in welchem Umfang er den ihm aufgetragenen Schutz verwirklichen will; konkrete Ansprüche auf staatliche Leistungen können aus dem verfassungsrechtlichen Förderungsgebot nicht hergeleitet werden (ebenso BVerfG BeckRS 9998, 165315).
3. Es liegt auch kein Verstoß gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht vor, da die Beihilfe subsidiären Charakter hat,  damit nur ergänzend in angemessenem Umfang eingreift, und die Gewährung von Beihilfe bei wirtschaftlicher und finanzieller Selbständigkeit des nicht selbst beihilfeberechtigten Ehegatten anders gestaltet werden kann, als wenn es sich allein um den Beihilfeberechtigten selbst handelt (BVerwG BeckRS 1977, 31281668).
4. Es verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht, bei der Prüfung der Einkommensgrenze auf den Zeitpunkt der Antragstellung und nicht auf den Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen abzustellen, da das Risiko der Entscheidung, eine eventuelle Deckungslücke für den Ehegatten auszuschließen, ausschließlich  bei dem Beihilfeberechtigten liegt.

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfe hat (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Bescheid vom 29. Januar 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Da beihilferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen sind (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 2.4.2014 – 5 C 40/12 – NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9 m. w. N.), richtet sich die Beihilfefähigkeit der hier streitgegenständlichen Mittel nach der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) vom 13. Februar 2009 (BGBl I S. 326) in der Fassung der Fünften Änderungsverordnung vom 18. Juli 2014 (BGBl I S. 1154). Maßgeblicher Zeitpunkt ist danach der Tag der Rechnungsstellung für die erbrachten ärztlichen Leistungen (10. Dezember 2014 und 9. Januar 2015).
2. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den streitgegenständlichen Aufwendungen seiner Ehefrau. Diese war im maßgeblichen Zeitpunkt der Beantragung der Beihilfeleistungen als Angehörige i. S. v. § 4 Abs. 1 BBhV nicht berücksichtigungsfähig. Der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte nach § 2 Abs. 3 EStG überstieg nach eigenen Angaben des Klägers im zweiten Jahr vor Beantragung der Beihilfe (hier im Jahr 2013) 17.000,00 Euro. Nach dem klaren Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 1 BBhV kommt es nicht auf das Rechnungsdatum an, sondern auf den Zeitpunkt der Beantragung der Beihilfeleistungen, mithin den Eingang des Beihilfeantrags am 26. Januar 2015 bei der Beihilfestelle. Da die Einkünfte der Ehefrau des Klägers 2013 unstreitig die Einkommensgrenze überschritten haben, war sie nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBhV nicht berücksichtigungsfähig. Unstreitig liegt auch kein Fall des § 4 Abs. 1 Satz 2 BBhV vor, wonach die Ehegattin berücksichtigungsfähig ist, wenn der Gesamtbetrag ihrer Einkünften im laufenden Jahr die Einkommensgrenze nicht erreicht.
3. Die Regelung des § 4 Abs. 1 BBhV, die den wirtschaftlich selbstständigen Ehegatten eines Beihilfeberechtigten vollständig aus dem Beihilfeanspruch des Beihilfeberechtigten ausschließt, verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
3.1. Der Gesetzgeber berücksichtigt in § 4 BBhV die wirtschaftliche Situation des Ehegatten oder Lebenspartners, ohne damit gegen verfassungsrechtliche Vorgaben, insbesondere den in Art. 3 GG festgeschriebenen Gleichbehandlungsgrundsatz sowie den Fürsorgegrundsatz zu verstoßen. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts können und müssen Ehegatten bei der Überschreitung der maßgeblichen Einkommensgrenze in weit überwiegendem Maße für ihre Krankheitsvorsorge selbst aufkommen (BVerwG, U. v. 20.10.1976 – VI 187.73 – DVBl 1977, 201 – juris; U. v. 28.4.1977 – II C 64.73 – DÖD 1978, 22f.; Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand 1. August 2016, § 4 BBhV, Anm. 7 (3)).
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Das Grundrecht ist aber dann verletzt, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfG, B. v. 21.11.2001 – 1 BvL 19/93, 1 BvR 1318/94, 1 BvR 1513/94, 1 BvR 2358/94, 1 BvR 308/95 – BVerfGE 104, 126, 144 f.; st. Rspr.). Die Merkmale, an die der Gesetzgeber in § 4 Abs. 1 BBhV die Berücksichtigungsfähigkeit von Ehegatten knüpft, genügen den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG. Zwar benachteiligt § 4 Abs. 1 BBhV Ehegatten, soweit der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte (§ 2 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 5a EStG) oder vergleichbarer ausländischer Einkünfte im zweiten Kalenderjahr vor Beantragung der Beihilfe 17.000,00 € übersteigt, gegenüber solchen Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht vorliegen und die deshalb berücksichtigungsfähig sind. Diese Benachteiligungen sind jedoch hinreichend gerechtfertigt. Der Gesetzgeber bedient sich in § 4 BBhV einkommensbezogener Merkmale, bei deren Vorliegen typischerweise davon ausgegangen werden kann, dass Ehegatten für ihre Krankheitsvorsorge selbst aufkommen können. Die wirtschaftliche und finanzielle Selbstständigkeit ist damit wesentliches Differenzierungsmerkmal in Bezug auf Ehegatten, die Einkommen unterhalb dieser Verdienstgrenze beziehen (BVerwG, U. v. 28.4.1977 – II C 64.73 – DÖD 1978, 22f.; BVerfG, U. v.12.2.2003 – 1 BvR 624/01 – juris Rn. 36ff. hinsichtlich § 10 Abs. 3 SGB V).
Ebenso verstößt § 4 BBhV nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG, der als verbindliche Wert-entscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts einen besonderen Schutz durch die staatliche Ordnung gebietet (vgl. BVerfG U. v. 17.07.2002 – 1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01 – BVerfGE 105, 313, 346; st. Rspr.). Als Grundsatznorm lässt sich ihm eine allgemeine Pflicht des Staates zur Förderung der Familie durch geeignete Maßnahmen entnehmen (vgl. BVerfG U. v. 3.4.2001 – 1 BvR 1629/94 – BVerfGE 103, 242, 259). Dem Gesetzgeber steht aber Gestaltungsfreiheit bei der Entscheidung darüber zu, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen Schutz verwirklichen will. Aus Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip lässt sich zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist. Konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen können aus dem Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG nicht hergeleitet werden (vgl. BVerfG B. v. 29.05.1990 – 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86 – BVerfGE 82, 60, 81). Dies gilt auch und im Besonderen für die Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen des Beihilferechts.
Nach diesen Grundsätzen steht § 4 BBhV mit Art. 6 Abs. 1 GG in Einklang. Aus Art. 6 Abs. 1 GG folgt für die Ausgestaltung des Beihilferechts nicht, dass deren Leistungen ohne Rücksicht auf die Einkommensverhältnisse der Ehegatten erbracht werden müssen. Der Gesetzgeber kann bei der Bestimmung des Personenkreises, den er in die Beihilferegelung einbezieht, und bei der Entscheidung darüber, unter welchen Voraussetzungen er Ehegatten von ihr ausschließt, auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Betroffenen abstellen und damit den Gesichtspunkt der sozialen Schutzbedürftigkeit zur Geltung bringen. Art. 6 Abs. 1 GG verbietet es ihm nicht, die Vorteile einer Beihilfeberechtigung eines Ehegatten von einer derartigen Prüfung abhängig zu machen.
Schließlich liegt entgegen der Auffassung der Klagepartei kein Verstoß gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht vor. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den subsidiären Charakter der Beihilfe. So führte das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem Urteil vom 20. Oktober 1976 – VI 187.73 (DVBl. 1977, 201; bestätigt durch BVerwG U. v. 28.4.1977 – II C 64.73 – DÖD 1978, 22f.; B. v. 22.7.1994 – 2 B 16.94) aus:
„Zwar hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 11. April 1967 (BVerfGE 21, 329 (344f)) mit Nachdruck – und entsprechend dem Wortlaut des § 79 BBG – betont, dass Besoldung und Versorgung des Beamten und seiner Familie ihre gemeinsame Wurzel im Beamtenverhältnis haben und immer im Zusammenhang mit der Dienstverpflichtung und der Dienstleistung des Beamten gesehen werden müssen und dass als Korrelat zu der letzteren der Dienstherr dem Beamten und seiner Familie in Form von Dienstbezügen sowie einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach Dienstrang, Bedeutung des Amtes und entsprechend der Entwicklung der allgemeinen Verhältnisse angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren hat. Dies gilt uneingeschränkt entsprechend dem Ziel dieser sich mit der Frage der Witwerversorgung (§ 132 BBG) befassenden Entscheidung nur für die Besoldung und Versorgung, also die (echte) Alimentation der Beamtenfamilie. Das Bundesverfassungsgericht führt auch selbst in dieser Entscheidung (a. a. O. S. 349) unter Hinweis auf BVerfGE 17, 38 (47f) den grundsätzlichen Unterschied zur Kriegsopferversorgung an, die (auch) „nur eine Beihilfe“ zur Bewältigung der Folgen eines Kriegstodes sein soll. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 23. September 1971 – BVerwG II C 15.70 – (Buchholz 238.925 BhV Hessen Nr. 2) entschieden, dass eine Beihilferegelung „keine Alimentierung im eigentlichen Sinne darstellt, sondern diese aufgrund der Fürsorgepflicht nur ergänzen soll“. Schon vorher hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass Maßstab für die Gewährung von Beihilfen die am Alimentationsgrundsatz insoweit (lediglich) zu orientierende Fürsorgepflicht ist (Urteile vom 3. September 1970 – BVerwG II C 130.67 – (BVerwGE 36, 53, 56f) und vom 16. Dezember 1970 – BVerwG VI C 48.69 – (BVerwGE 37, 57, 58)). Unter diesem Gesichtspunkt eines neben der echten Alimentation durch Besoldung und Versorgung stehenden, über diese hinausgehenden und in starkem Maße Angemessenheitserwägungen unterliegenden Charakters der Beihilfe sind die Ausführungen zu sehen, die hierzu das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 10. August 1971 – BVerwG VI C 136.67 – (Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 35) gemacht hat:
„Die Fürsorgepflicht gebietet dem Dienstherrn, in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen durch Gewährung von Beihilfen ergänzend einzugreifen, um den Beamten von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freizustellen (vgl. BVerwGE 19, 48 (54); 22, 160 (164f)). Die Beihilfe ist somit ihrem Wesen nach eine Hilfeleistung, die – neben der zumutbaren Eigenbelastung des Beamten – nur ergänzend in angemessenem Umfang einzugreifen hat, um in einem durch die Fürsorgepflicht gebotenen Maße die wirtschaftliche Lage des Beamten durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern (vgl. dazu Urteile vom 18. Dezember 1969 – BVerwG II C 138.67 – (ZBR 1970, 167) und vom 29. April 1971 – BVerwG II C 4.69 -)“. (So auch entsprechend Urteil vom 18. Dezember 1974 – BVerwG VI C 46.72 – (ZBR 1975, 150) und Beschluss vom 18. September 1974 – BVerwG VI B 39.74 -). Noch eindringlicher ist im Urteil vom 25. Oktober 1972 – BVerwG VI C 5.71 – (BVerwGE 41, 101 (104)) betont, dass wegen dieses ergänzenden Charakters der Beihilfe auch Härten und Nachteile hingenommen werden müssen, die sich aus der – am Alimentationsgrundsatz orientierten – pauschalierenden und typisierenden Konkretisierung der Fürsorgepflicht durch die Beihilfevorschriften ergeben und keine unzumutbare Belastung bedeuten.
Der vorstehend dargelegte Charakter der Beihilfe als Nebenalimentation belässt dem Dienstherrn einen erheblichen Spielraum, innerhalb dessen er die Voraussetzungen, den Umfang und die Art und Weise dieser speziellen Fürsorge bestimmen kann (vgl. dazu schon Urteil vom 25. April 1963 – BVerwG VIII C 115.63 – DÖD 1963, 171). Dieser Spielraum erlaubt auch – zumal unter dem Gesichtspunkt einer gebotenen sparsamen Haushaltsführung der öffentlichen Hand – in gewissem mit höherrangigem Recht zu vereinbarenden Maße die Berücksichtigung wirtschaftlicher und finanzieller Selbstständigkeit des nicht selbst beihilfeberechtigten Ehegatten. Er gestattet insoweit eine Differenzierung in der Konkretisierung der Fürsorgepflicht durch Gewährung von Beihilfen, die wegen der wirtschaftlichen und finanziellen Selbstständigkeit des nicht selbst beihilfeberechtigten Ehegatten anders gestaltet werden kann, als wenn es sich allein um den Beihilfeberechtigten selbst handelt. Es kann deshalb eine gerechtfertigte Ungleichheit sein, wenn bis zu einer angemessenen Grenze die aus der wirtschaftlichen Selbstständigkeit des Ehegatten fließenden Einkünfte in der Art berücksichtigt werden, dass sie sich einschränkend auf die Gewährung der Beihilfe auswirken, sei es, dass von einer gewissen Grenze der Einkünfte ab die Beihilfe entfällt (wie es in einzelnen Bundesländern der Fall ist), sei es, dass sie auf einen geringeren Satz herabgesetzt wird (wie es im Bund und in anderen Bundesländern geschieht). Hierzu kommt noch, dass Ziel der Beihilfe eine nur annähernde Deckung der Aufwendungen bei Berücksichtigung einer zumutbaren Selbstvorsorge des Beihilfeberechtigten und seiner Familie ist, und zwar zusätzlich zu dem in den Dienst- und Versorgungsbezügen ohnehin enthaltenen Durchschnittssatz zur Deckung von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (vgl. Urteil vom 28. Juni 1965 – BVerwG VIII C 334.63 – (BVerwGE 21, 258, 261)).
Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums, wie die am Alimentationsgrundsatz – der seinerseits zu diesen hergebrachten Grundsätzen gehören mag – orientierte Beihilfe im Einzelnen auszugestalten ist, gibt es nicht (vgl. Urteile vom 30. November 1964 – BVerwG VIII C 258.63 und BVerwG VIII C 290.63 – (Buchholz 238.91 Nr. 3 BhV Nr. 5)). Ebenso wenig erfordert der Gleichheitssatz auf diesem Gebiet eine gleiche Gestaltung im Bund und in den einzelnen Ländern (Beschluss vom 18. April 1973 – BVerwG VI B 35.73 – mit weiteren umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung zu dieser Frage).
Lassen also wie vorstehend dargelegt einerseits bestimmte Umstände, wie die wirtschaftliche und finanzielle Selbstständigkeit eines nicht selbst beihilfeberechtigten Ehegatten und seine aus diesen Umständen sich ergebenden nicht unerheblichen Einkünfte, eine unterschiedliche Behandlung zu, wie sie § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst b BVO vornimmt, so bilden andererseits diese Umstände die Grenze für diese unterschiedliche Behandlung und erfordern ein Korrelat, das eine Überschreitung dieser Grenze verhindert. Beihilfefähig sind angemessene Aufwendungen. Richtschnur für die Angemessenheit ist der vom Beamtenstand des Beihilfeberechtigten bestimmte Lebenszuschnitt seiner Familie. Unzulässig, weil mit der Angemessenheit nicht vereinbar, sind Ausschließungsregelungen, die in einer dem Charakter der Beihilfe nicht gerecht werdenden Weise Aufwendungen des nicht selbst Beihilfeberechtigten zu einer unter Fürsorgegesichtspunkten unzumutbaren Eigenbelastung des Beihilfeberechtigten werden lassen (vgl. zu solchen Fällen Urteile vom 4. März 1970 – BVerwG VI C 23.69 – ZBR 1970, 164 und vom 25. April 1974 – BVerwG II C 44.73 – ZBR 1974, 303).“
Demnach verstößt die Regelung des § 4 Abs. 1 BBhV, die den wirtschaftlich selbstständigen Ehegatten eines Beihilfeberechtigten vollständig aus dem Beihilfeanspruch des Beihilfeberechtigten ausschließt, nicht gegen höherrangiges Recht.
3.2. Insbesondere begegnet der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBhV maßgebende Zeitpunkt für die Feststellung einer möglichen Überschreitung des Einkommensgrenzbetrags (Eingang des Beihilfeantrags bei der Beihilfestelle) und den damit möglicherweise einhergehenden Härten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Bei der Prüfung der Frage, ob der Ehegatte bzw. Lebenspartner ein Einkommen in schädlicher Höhe hat, wird nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 BBhV auf den Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt, also unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Aufwendungen entstanden sind („vor Beantragung“ i. S.v. § 4 Abs. 1 BBhV). Maßgebend hierfür ist das Datum des Eingangs des Beihilfeantrags bei der Festsetzungsstelle, da eine Beihilfeleistung beantragt ist, wenn der Beihilfeantrag mit Wissen und Wollen des Antragstellers in den Machtbereich der zuständigen Behörde gelangt ist (BayVGH, B. v. 20.1.2012 – 14 ZB 11.1379 – juris Rn. 5 m. w. N.; Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand 1. August 2016, § 4 BBhV, Anm. 8).
Soweit die Klagepartei einwendet, dass es zu erheblichen Versicherungslücken für die Ehefrau komme, wenn wie in dem vorliegenden Fall zwar die ärztlichen Leistungen für den Ehegatten zum überwiegendem Teil noch im Zeitraum seiner Beihilfeberechtigung erbracht wurden (hier im Jahr 2014), die entsprechenden Arztrechnungen jedoch erst kurz vor Ende des Vorjahres oder erst in dem Jahr erstellt werden, in dem die Beihilfeberechtigung wegen Überschreitens der Einkommensgrenze ausgeschlossen ist, führt dies auch unter Berücksichtigung des oben dargestellten subsidiären resp. ergänzenden Charakters der Beihilfe nicht zu einem Verstoß gegen geltendes Verfassungsrecht.
Zum einen hätte der Kläger zumindest die am … Dezember 2014 ausgestellte Rechnung noch fristwahrend bei der Beihilfestelle einreichen können. Aus welchen Gründen dies nicht möglich gewesen sein soll, wurde weder substantiiert vorgetragen noch sind solche Umstände ersichtlich. Auch wenn die Aufwendungen lediglich 118,94 Euro betragen und damit die Bagatellgrenze nach § 51 Abs. 7 Satz 1 BBhV unterschritten haben, hätte die Beihilfestelle nach § 51 Abs. 7 Satz 2 BBhV unter den gegebenen Umständen eine Ausnahme zulassen können.
Zum anderen muss der Beihilfeberechtigte auch Härten und Nachteile, die mit dem Antragsstichtag möglicherweise verbunden sein könnten, hinnehmen, da dies keine unzumutbare Belastung für ihn bedeutet.
Dafür spricht der dem § 4 BBhV zugrundeliegende Gedanke und der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Zweck, wonach es für wirtschaftlich und finanziell selbstständige Ehegatten zumutbar und geboten ist, für ihre Gesundheitsvorsorge selbst aufzukommen. Aufgrund ihres Einkommens wäre die Ehegattin des Klägers grundsätzlich bereits in dem Jahr, in dem Sie ein entsprechend hohes Einkommen bezieht (hier 2013) finanziell in der Lage gewesen, ihre Krankheitskosten selbst zu tragen. Der Dienstherr gewährt gleichwohl Beihilfeleistungen im Rahmen seiner Fürsorgepflicht für diejenigen Beihilfeanträge, die im Verdienstjahr (hier 2013) und im Folgejahr (hier 2014) gestellt werden, um (auch aus verwaltungstechnisch praktikablen Gründen) dem Beihilfeberechtigten die Möglichkeit einzuräumen, anhand des Steuerbescheides (§ 4 Abs. 1 Satz 4 BBhV) die Einkommenssituation seines Ehegatten darzulegen. Zugleich wird damit eine solide Entscheidungsgrundlage für die Beihilfestelle geschaffen.
Werden ärztliche Leistungen für den Ehegatten erbracht, von denen nicht abzusehen ist, ob die entsprechenden ärztlichen Rechnungen auch noch im Jahr der Beihilfeberechtigung gestellt und bei der Beihilfestelle beantragt werden können, kann die Entscheidung schwierig sein, ob man nicht vor dem maßgeblichen Stichtag durch Abschluss einer privaten Krankenversicherung (zu 100%) für den Ehegatten das Risiko einer Deckungslücke ausschließt. Das Risiko einer Fehlentscheidung liegt hierbei unter Berücksichtigung der von dem Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätze ausschließlich beim Beihilfeberechtigten. Diese Wertung ist auch sachgerecht, da der Ehegatte des Beihilfeberechtigten sich bei Abschluss eines 100%igen Schutzes der privaten Krankenversicherung bis zum letzten Tag private Krankenversicherungsbeiträge erspart, obwohl es ihm bereits seit zwei Jahren mit Überschreitung der Einkommensgrenzen wirtschaftlich zuzumuten ist, für seine Krankenversorgung selbst aufzukommen (so zu den aufgeworfenen Rechtsfragen schon VG München, U. v. 25.6.2015 – M 17 14.519 – juris).
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf Euro 184,83 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz – GKG -).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes Euro 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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