Familienrecht

Ehescheidung durch Scharia-Gericht wird nicht anerkannt

Aktenzeichen  34 Wx 146/14

Datum:
13.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
StAZ – 2018, 157
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG § 63 Abs. 1
EGBGB Art. 6

 

Leitsatz

Für die Frage der Anerkennung einer in Syrien vorgenommenen Privatscheidung kommt nach der Neufassung des Art. 17 Abs. 1 EGBGB vom 23.1.2013 eine analoge Anwendung der Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 (Rom III) nicht in Betracht. Vielmehr ist die Regelungslücke durch Fortschreibung der bisherigen Rechtslage dadurch zu füllen, dass das Scheidungsstatut dem Ehewirkungsstatut des Art. 14 EGBGB folgt. (Rn. 32 – 44)

Verfahrensgang

C-372/16 2017-12-20 Urt EUGH EuGH Luxemburg

Tenor

I. Auf den Antrag der Beteiligten zu 2 wird die Entscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichts München vom 5. November 2013 aufgehoben. Der Antrag auf Anerkennung der Scheidung gemäß Beschluss Nr. 1276 des geistlichen Gerichts aufgrund von Shari’a zu Latakia vom 20. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des gerichtlichen Verfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Beteiligten schlossen am 27.5.1999 im Bezirk des islamrechtlichen Gerichts in Homs in der Arabischen Republik Syrien die Ehe.
Der Ehemann, Beteiligter zu 1, war seit Geburt syrischer Staatsangehöriger. Im Jahr 1977 wurde er in Deutschland eingebürgert. Seitdem besitzt er beide Staatsangehörigkeiten. Die Beteiligte zu 2 ist seit Geburt syrische Staatsangehörige. Nach der Eheschließung mit dem Beteiligten zu 1 erwarb sie die deutsche Staatsangehörigkeit.
Die Eheleute lebten bis 2003 oder 2004 in Deutschland, zogen dann nach Homs, Syrien. Aufgrund des Bürgerkriegs in Syrien lebten die Eheleute im Sommer 2011 erneut kurzzeitig in Deutschland, zogen dann aber im Februar 2012 wieder fort, lebten abwechselnd in Kuweit und dem Libanon und reisten zumindest zeitweise auch nach Syrien. Derzeit leben beide Beteiligte wieder in Deutschland.
Der Beteiligte zu 1 hat 2013 die Scheidung dieser Ehe vor dem „geistlichen Gericht aufgrund von Shari’a“ zu Latakia beantragt. Nach der Erklärung seines damaligen Anwalts, dass der Beteiligte zu 1 sich von der Beteiligten zu 2 scheiden lassen wolle, hatte das geistliche Gericht zunächst eine Frist von einem Monat zur Versöhnung gewährt. Am 19.5.2013 ließ der Beteiligte zu 1 vor dem Gericht erklären, dass eine Versöhnung gescheitert sei, woraufhin für den gleichen Tag um 12 Uhr eine Versammlung des Familienrates festgelegt wurde. In dieser stellte das Gericht fest, dass der Prozessbevollmächtigte des Beteiligten zu 1 anwesend war, nicht aber die Beteiligte zu 2. Die Scheidung wurde sodann am 20.5.2013 in dem Beschluss Nr. 1276 mit folgendem Inhalt festgestellt:
Am Sonntag den 19.5.2013 erschien der Ehemann und gab bekannt, dass die Versöhnung nicht zustande gekommen ist … . Der Termin zur Versammlung des Familienrats im Saal des geistlichen Gerichtshofs auf Grund von Shari’a zu Latakia wurde auf Sonntag, den 19.5.2013 festgelegt. … Zum festgelegten Termin, und zwar am Sonntag, den 19.5.2013 um 12 Uhr, fand der Familienrat unter meiner Anleitung statt, …; der Prozessbevollmächtigte des Ehemanns war auch anwesend, während die Ehefrau fehlte, obwohl sie ordnungsgemäß vorgeladen wurde und ihr die Vorladung zugestellt worden ist. … Nachdem die beiden Schiedsrichter den Amtseid abgelegt hatten, bemühten sie sich sehr, sie miteinander zu versöhnen, und trotz wiederholter Schlichtungsversuche gelang ihnen die Versöhnung nicht, weil der Ehemann auf der Scheidung bestand.
Da trat der Prozessbevollmächtigte des Ehemanns näher und sagte: Du Ehefrau meines Klienten … du bist geschieden gemäß Sunna Allahs und dessen Propheten. …
… laut § 118 des Pesonalstatuts beschließe ich:
1- Die Bekräftigung des Scheidungsereignisses, das am 19.5.2013 zwischen dem vorgenannten Ehepaar stattgefunden hat, und so gilt die Ehefrau … als geschieden von ihrem Ehemann … und der Ehemann darf sich während der Wartefrist an seine Frau in Wort und Tat zur Wiederverheiratung wenden.
Im Laufe der Wartefrist kam es nicht zu einer Wiederverheiratung. Am 12.9.2013 gab die Beteiligte zu 2 eine eigenhändig unterzeichnete Erklärung über den Empfang von nach religiösen Vorschriften zustehenden Leistungen mit folgendem Wortlaut ab:
… erkläre ich dass ich von … [Beteiligter zu 1] den Betrag von zehntausend US-Dollar und dreitausend sechshundert US-Dollar durch meinen Bruder sowie sechstausend vierhundert US-Dollar durch seinen gesetzlichen Vertreter in Empfang genommen habe. Ich habe alle mir aus dem Ehevertrag und aufgrund der auf einseitigem Wunsch vorgenommenen Scheidung zustehenden Leistungen erhalten und somit befreie ich ihn von allen mir aus dem Ehevertrag und dem von dem Scharia-Gericht Latakia erlassenen Scheidungsbeschluss Nr. 1276 vom 20.5.2013 zustehenden Verpflichtungen.
Der Beteiligte zu 1 hat unter dem 30.10.2013 die Anerkennung der Ehescheidung beantragt. Der Präsident des Oberlandesgerichts München hat mit Entscheidung vom 5.11.2013 festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der am 19.5.2013 ausgesprochenen, am 20.5.2013 bestätigten Ehescheidung vorliegen und dem Antrag stattgegeben. Der Beschluss wurde der Beteiligten zu 2 mit Schreiben vom 13.2.2013 zugesandt. Gegen diese Entscheidung wendet sie sich durch ihre Anwälte mit Schreiben vom 18.2.2014, eingegangen am 19.2.2014. Sie beantragt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der Ehescheidung nicht vorliegen. Da die Eheleute deutsche Staatsangehörige seien und zum Zeitpunkt der Scheidung keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien gehabt hätten, müsse auf die Scheidung deutsches Recht zur Anwendung gelangen. Dies folge aus den Regeln des Internationalen Privatrechts. Sie selbst sei außerdem im syrischen Scheidungsverfahren nicht gehört worden und bei der Scheidung nicht anwesend gewesen. Sie habe ihre Zustimmung nicht erteilt und sei auch nicht anwaltlich vertreten gewesen. Die Scheidungsurkunde sei ihrer Familie zugestellt worden. Die Scheidung sei schon wegen Verstoßes gegen den deutschen ordre public nicht anerkennungsfähig. Im Übrigen habe sie den Betrag von 20.000 US$ nicht erhalten. Auch sei die Erklärung über den Verzicht auf die Morgengabe und auf Ansprüche aus der Ehe nach syrischem Recht unwirksam.
Der Beteiligte zu 1 trägt dagegen vor, seine Ehefrau und er hätten sich zwischen Trennung und Scheidung in Syrien aufgehalten; er sei in dieser Zeit einige Wochen in Deutschland in einer Rehaklinik als Arzt tätig gewesen. Ein längerer Aufenthalt der Beteiligten im Libanon scheide schon deswegen aus, weil man sich dort als Tourist nur maximal zwei Monate aufhalten dürfe. Er ist der Ansicht, dass es sich bei der Scheidung nicht um eine Privatscheidung gehandelt habe, denn das religiöse Gericht sei Teil der Justiz in Syrien.
Der Senat hat nach Anhörung der Beteiligten dem Gerichtshof der Europäischen Union unter anderem die Frage vorgelegt, ob der Anwendungsbereich nach Art. 1 Verordnung (EU) Nr.1259/2010 des Rates zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts (Rom III-Verordnung) vom 20. Dezember 2010 (ABl EU Nr. L 343 Seite 10) auch für Fälle der sogenannten Privatscheidung – hier: durch einseitige Erklärung eines Ehegatten vor einem geistlichen Gerichtshof in Syrien aufgrund der Scharia – eröffnet ist.
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat diese Frage mit Urteil vom 20.12.2017, Az.: C-372/16, verneint.
II.
Der Antrag auf Entscheidung durch das Oberlandesgericht München ist statthaft (§ 107 Abs. 6 Satz 1 FamFG) und auch im Übrigen zulässig. Er hat auch in der Sache Erfolg.
1. Es liegt eine auf Antrag des Beteiligten zu 1 (§ 107 Abs. 4 FamFG) ergangene Entscheidung der Landesjustizverwaltung im Sinne von § 107 Abs. 6 Satz 1 FamFG vor, weil der Präsident des Oberlandesgerichts München festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der durch das Sharia-Gericht in Latakia, Syrien, am 20.5.2013 bestätigten und unter Nr. 1276 registrierten Scheidung vorliegen.
Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat die Beteiligte zu 2 innerhalb der Frist der § 107 Abs. 7 Satz 3 mit § 63 Abs. 1 FamFG bei dem hierfür zuständigen Gericht gestellt.
2. Auf diesen Antrag ist die Entscheidung der Landesjustizverwaltung aufzuheben, da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der ausländischen Ehescheidung nicht gegeben sind.
a) Der Antrag des Beteiligten zu 1 nach § 107 Abs. 4 FamFG war zulässig.
aa) Die Ehescheidung, deren Anerkennung der Beteiligte zu 1 begehrt, wurde in Latakia/Syrien vorgenommen; beide Eheleute besitzen die syrische und die deutsche Staatsangehörigkeit. Damit liegt nach herrschender Ansicht keine Heimatstaatsscheidung im Sinn des § 107 Abs. 1 Satz 2 FamFG vor (vgl. dazu OLG Düsseldorf vom 19.10.2015, Az. 13 VA 2/15 in juris; Holzer/Dubiel FamFG § 107 Rn. 7; Zöller/Geimer ZPO 32. Aufl. § 107 FamFG Rn. 37; Hau in Prütting/Helms FamFG 4. Aufl. § 107 Rn. 33; sowie zur früheren Vorschrift des Art. 7 § 1 FamRÄndG, der § 107 FamFG weitgehend entspricht: BayObLG FamRZ 1990, 898), so dass es eines förmlichen Feststellungsverfahrens für die Anerkennung der Ehescheidung bedarf.
bb) Da der Beteiligte zu 1 seinen gewöhnlichen Aufenthalt zumindest bei Einleitung des Verwaltungsverfahrens in Bayern hatte, war gemäß § 107 Abs. 2 und 3 FamFG i.V.m. § 5 GZVJu i.d.F.v. 1.10.2009 (GVBl S. 523) der Präsident des Oberlandesgerichts München zuständig.
b) § 107 FamFG findet auch bei einer Privatscheidung Anwendung, wenn sie unter Mitwirkung einer ausländischen Behörde zustande gekommen ist. Eine bloß deklaratorische Registrierung oder gerichtliche Beurkundung genügt (ständige Rechtsprechung, vgl. OLG Düsseldorf vom 19.10.2015, Az 13 VA 2/15 in juris; MüKo/Rauscher ZPO 3. Aufl. § 107 FamFG Rn. 15 und 25 ff.; Holzer/Dubiel § 107 Rn. 4; Zöller/Geimer § 107 FamFG Rn. 24; Hau in Prütting/Helms § 107 Rn. 26; zu Art. 7 § 1 FamRÄndG: BGHZ 82, 34/41; 110, 267/270; BayObLGZ 1981, 353/355 und BayObLG NJW-RR 1994, 771).
Die am 19.5.2013 ausgesprochene und gemäß Beschluss vom 20.6.2013 registrierte Scheidung stellt eine solche Privatscheidung dar.
aa) Von einer Privatscheidung ist auszugehen, wenn sie nur auf der Willenserklärung eines oder auf einem vertragsähnlichen rechtsgeschäftlichen Konsens beider Ehegatten beruht, selbst wenn sie unter Mitwirkung einer ausländischen Behörde, etwa durch Registrierung oder Beurkundung, zustande gekommen ist (BayObLG NJW-RR 1994, 771; BGH NJW 1990, 2194, 2195; Musielak/Borth FamFG 5. Aufl. § 107 Rn. 2).
bb) Nach dem syrischen Ehe- und Kindschaftsrecht gibt es neben der gerichtlichen Scheidung (Art. 105 ff des syrischen Personalstatutsgesetzes, vgl. Bergmann/Ferid Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht 3. Aufl. Art. Arabische Republik Syrien S. 18) auch die einvernehmliche Scheidung (Art. 95 ff des syrischen Personalstatutsgesetzes) sowie die einseitige Scheidung nach Art. 85 ff des syrischen Personalstatutsgesetzes. Bei letzterer, die nur der Ehemann aussprechen kann, ist Adressat der Scheidungserklärung die Ehefrau. Gelangt der Fall einer einseitigen Scheidung vor das Gericht, ist zunächst ein Versöhnungsversuch vorgesehen (Art. 88 des syrischen Personalstatutsgesetzes). Die Erklärung, zu der auch ein Dritter ermächtigt werden kann (Art. 87 des syrischen Personalstatutsgesetzes), erfolgt nach Art. 91 des syrischen Personalstatutsgesetzes durch Aussprechen der Scheidungsformel durch den Ehemann gegenüber der Ehefrau. Die Scheidung ist nach Art. 94 des syrischen Personalstatutsgesetzes regelmäßig widerruflich und hat nach Art. 118 des syrischen Personalstatutsgesetzes die Wirkung, dass die Ehe zunächst nicht beendet ist, sondern erst nach Ablauf einer Wartefrist gemäß Art. 121 ff des syrischen Personalstatutsgesetzes.
Im Fall der einseitigen Erklärung der Scheidung wird die Ehe konstitutiv durch den Ausspruch der Scheidungsformel aufgelöst, wenn auch unter Mitwirkung des Richters, so dass es sich insofern um eine Privatscheidung handelt (vgl. auch BayObLG NJW-RR 1994, 771; NJW-RR 1998, 1538).
cc) In Übereinstimmung mit der Auffassung des Präsidenten des OLG München ist vorliegend von einer Privatscheidung auszugehen.
Der Beteiligte zu 1 hat nämlich nach dem vorgelegten Beschluss vom 20.5.2013 die Scheidung durch Ausspruch der Formel nach Art. 91 des syrischen Personalstatutsgesetzes und damit einseitig erklären lassen. Dies stellt selbst dann eine sogenannte Privatscheidung dar, wenn die Scheidung anschließend vom Sharia-Gericht durch Beschluss festgestellt wurde (vgl. auch BayObLG NJW 1985, 1293; NJW-RR 1994, 771 zu einer vor dem islamischen religiösen Gericht in Damaskus, Syrien, ausgesprochenen Scheidung).
Bei der Scheidung hat zudem eine ausländische Behörde im Sinne von § 107 Abs. 1 FamFG mitgewirkt. Bei dem Sharia-Gericht in Latakia, Syrien, das die Scheidung ausgesprochen hat, handelt es sich zwar um ein religiöses Gericht. Dessen Tätigkeit auf dem Gebiet des Eherechts ist jedoch staatlicherseits in Syrien anerkannt (vgl. dazu Senat vom 1.4.2015, 34 Wx 15/13 = FamRZ 2015, 1611; KG FGPrax 2013, 171; KG FamRZ 2013, 1480; MüKo/Rauscher § 107 Rn. 26 f.; Musielak/Borth FamFG 5. Aufl. § 107 Rn. 2; Hau in Prütting/Helms § 107 Rn. 26; BayObLG NJW-RR 1994, 771 noch zur Rechtslage vor Einführung des FamFG).
c) Allerdings richtet sich die Anerkennungsfähigkeit der verfahrensgegenständlichen Entscheidung nicht nach der Verordnung (EU) Nr.1259/2010 (Rom III-Verordnung).
aa) Art. 17 Abs. 1 EGBGB in der Fassung vom 23.1.2013 verweist nur hinsichtlich der vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen auf das nach der Rom III-Verordnung auf die Scheidung anzuwendende Recht. Hingegen spricht Art. 17 Abs. 1 EGBGB in der Fassung vom 23.1.2013 nicht aus, dass die Rom III-Verordnung auch zur Bestimmung des auf die Scheidung an sich anzuwendenden Rechts heranzuziehen sei.
bb) Die Neufassung des Art. 17 Abs. 1 EGBGB durch das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 und zur Änderung anderer Vorschriften des Internationalen Privatrechts vom 23.1.2013 (BGBl. I S. 101) beruht zwar auf der Annahme des Gesetzgebers, dass die Rom III-Verordnung auch auf Privatscheidungen unmittelbar Anwendung finde (BT-Drucksache 17/11049 S. 8 f.) und deshalb eine autonome Kollisionsnorm obsolet sei.
Entgegen der Meinung des Gesetzgebers hat der Gerichtshof der Europäischen Union im Vorabentscheidungsverfahren am 20.12.2017, C-372/16, auf Vorlage des Senats vom 29.6.2016 allerdings entschieden, Art. 1 der Verordnung Nr. 1259/1010 sei dahin auszulegen, dass eine durch einseitige Erklärung eines Ehegatten vor einem geistlichen Gericht bewirkte Ehescheidung nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung fällt. Zur Begründung führt der Gerichtshof der Europäischen Union aus, dass zwar Privatscheidungen nicht ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1259/2010 ausgenommen seien, jedoch in mehreren Bestimmungen dieser Verordnung auf das Tätigwerden eines „Gerichts“ und das Vorhandensein eines „Verfahrens“ verwiesen werde, so dass deutlich werde, dass die Verordnung Nr. 1259/2010 ausschließlich solche Ehescheidungen erfasse, die entweder von einem staatlichen Gericht oder von einer öffentlichen Behörde bzw. unter deren Kontrolle ausgesprochen werden. Zudem hätten nach dem zehnten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1259/2010 der sachliche Anwendungsbereich und die Bestimmungen dieser Verordnung mit der Verordnung Nr. 2201/2003 im Einklang stehen sollen. Letztere gelte nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Buchst. a „ungeachtet der Art der Gerichtsbarkeit, für … die Ehescheidung“. In Art. 2 Nr. 4 der Verordnung Nr. 2201/2003 sei der Begriff „Entscheidung“ in der Weise definiert, dass er u. a. „jede von einem Gericht eines Mitgliedstaats erlassene Entscheidung über die Ehescheidung ohne Rücksicht auf die Bezeichnung der jeweiligen Entscheidung, wie Urteil oder Beschluss“, erfasst. Eine unterschiedliche Definition des in diesen beiden Verordnungen verwendeten Begriffs der Ehescheidung sei nicht gewollt gewesen. Außerdem sei davon auszugehen, dass der Unionsgesetzgeber bei Erlass der Verordnung Nr. 1259/2010 nur die Situationen vor Auge hatte, in denen die Ehescheidung entweder von einem staatlichen Gericht oder von einer öffentlichen Behörde bzw. unter deren Kontrolle ausgesprochen wird (so auch BT-Drucksache 17/11049 S.8 mit der Begründung, dass die Privatscheidung in den Rechtsordnungen der teilnehmenden Mitgliedstaaten -soweit ersichtlich – nicht bekannt sei), und es daher nicht seine Absicht gewesen sei, dass diese Verordnung auf andere Arten von Ehescheidungen angewandt wird, die auf einer vor einem geistlichen Gericht abgegebenen „einseitigen Willenserklärung“ beruhen.
cc) Folglich bleibt nach Abschaffung des Art. 17 Abs. 1 EGBGB in der Fassung vom 3.4.2009, gültig vom 1.9.2009 bis 28.1.2013, durch das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 und zur Änderung anderer Vorschriften des Internationalen Privatrechts vom 23.1.2013 mangels kollisionsrechtlicher Regelung offen, welches materielle Recht in Fällen der Anerkennung einer ausländischen Privatscheidung maßgeblich ist. Es besteht daher für diese Art von Fällen eine Regelungslücke, die vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollt war (vgl. BT-Drucksache 17/11049 S. 8; so auch Mayer FamRZ 2018, 171/172; Antomo NJW 2018, 435/436; Helms FamRZ 2016, 1134/1135; Gössl StAZ 2016, 232/235; Pika/Weller IPRax 2017, 65, die von einem kollisionsrechtlichen Vakuum sprechen; a.A. Rieck NZFam 2018, 126).
dd) Da der nationale Gesetzgeber bisher eine andere Meinung nicht gebildet hat, ist diese Regelungslücke dadurch zu schließen, dass das Scheidungsstatut wie bisher im Fall einer Privatscheidung nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in der Fassung vom 3.4.2009 dem Ehewirkungsstatut des Art. 14 EGBGB entnommen wird. Eine analoge Anwendung der Rom-III Verordnung scheidet dagegen aus.
(1) In der Literatur wird allerdings vielfach vertreten, dass nunmehr die Vorschriften der Rom III-Verordnung analog heranzuziehen seien, zumindest jedenfalls die Kollisionsnormen Art. 5 bis 8 der Rom III-Verordnung (vgl. Mayer FamRZ 2018, 171; Antomo NJW 2018, 435, 436 f.; Dutta FF 2018, 60; von einer direkten Anwendbarkeit geht Rieck NZFam 2018, 126 aus).
Allerdings ist in der Literatur umstritten, in welchem Umfang die Regelungen der Rom III-Verordnung zur Anwendung kommen sollen. So sollen nach einer Ansicht nur die Kollisionsnormen der Rom III-Verordnung analog anzuwenden sein, nicht jedoch Art. 10 Rom IIIVerordnung; statt dessen sei der ordre public-Vorbehalt nach Art. 6 EGBGB mit den dazu entwickelten Grundsätzen heranzuziehen (Antomo NJW 2018, 435, 437 f.; Dutta FF 2018, 60/61; Mayer FamRZ 2018, 171; zum Meinungsstand auch Henrich Internationales Scheidungsrecht 4. Aufl. S. 19).
Dagegen wird vertreten, dass auch Art. 10 Rom III-Verordnung wortgetreu anzuwenden sei, weil der deutsche Gesetzgeber von der unveränderten Wirkung der Rom III-Verordnung ausgegangen sei (Pika/Weller IPRax 2017, 65/72). In diesem Falle müsse aber gegebenenfalls erneut eine Vorlage zum EuGH erfolgen (Helms FamRZ 2016, 1134/1135; so wohl auch Dutta FF 2018, 60/62).
Zudem wird zum Teil darauf hingewiesen, dass auch die Kollisionsnormen der Rom III-Verordnung nicht ohne weiteres für die Anerkennung ausländischer Entscheidungen passen, wenn etwa Art. 8 lit. d Rom III-Verordnung auf das Recht des Staates des angerufenen Gerichts verweist (Dutta FF 2018, 60/61).
Nach alledem zeigt sich, dass in der Literatur zwar vielfach vertreten wird, die Rom III-Verordnung solle auch im Rahmen der Anerkennung von Privatscheidungen analog angewandt werden. In welchem Umfang dies geschehen soll, ist jedoch höchst umstritten. Der ursprünglichen Prämisse des Gesetzgebers, dass die Rom III-Verordnung vollständig für die Frage der Anerkennung ausländischer Scheidungen und Privatscheidungen heranzuziehen ist, werden hinsichtlich des Umfangs der Anwendbarkeit der Verordnung nun verschiedene eigene Zweckmäßigkeitserwägungen entgegengesetzt. Eine solche Bewertung hat jedoch beim Gesetzgeber zu verbleiben.
(2) Mit den Gründen der Entscheidung des EuGH ist eine entsprechende Anwendung der Vorschriften der Verordnung Nr. 1259/2010 im Anerkennungsverfahren betreffend Privatscheidungen nicht vereinbar.
Nach der parlamentarischen Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 und zur Änderung anderer Vorschriften des Internationalen Privatrechts (BT-Drucksache 17/11049 S. 8) hat der deutsche Gesetzgeber die Vorschriften der Rom III-Verordnung fälschlicherweise auch auf Privatscheidungen für anwendbar gehalten.
Eine Ausfüllung der hierdurch entstandenen Gesetzeslücke durch analoge Anwendung der Rom III-Verordnung auf Privatscheidungen stünde aber im Widerspruch zu den Ausführungen des Gerichtshofs der Europäischen Union, der die weiteren Vorlagefragen des Senats nicht beantwortet und ausgeführt hat, dass von der Verordnung nur Ehescheidungen erfasst werden sollten, die entweder von einem staatlichen Gericht oder von einer öffentlichen Behörde bzw. unter deren Kontrolle ausgesprochen werden. Dies ist im Fall einer Privatscheidung gerade nicht gegeben. Scheidungen aufgrund eines konstitutiv wirkenden, einseitigen Parteihandelns sind auch nicht vergleichbar mit den von der Rom III-Verordnung erfassten Verfahren; insbesondere eignen sich die in der Rom III-Verordnung gewählten kollisionsrechtlichen Anknüpfungspunkte (Art. 8 Rom III-Verordnung) nicht ohne weiteres auf die Fälle der Anerkennung ausländischer Privatscheidungen (vgl. Dutta FF 2018, 60/61).
Auch von einer vergleichbaren Interessenlage hinsichtlich der in der Rom III-Verordnung geregelten Sachverhalte und der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung im Falle einer Privatscheidung kann nicht ausgegangen werden (vgl. auch Helms FamRZ 2016, 1134/1135). Der mit der Rom III-Verordnung verbundene Systemwechsel ist auf im Ausland vorgenommene Privatscheidungen nicht ohne weiteres übertragbar.
Dies wird schon dadurch illustriert, dass in der Literatur mit Blick auf die besondere Sachlage bei Privatscheidungen die Meinungen darüber weit auseinandergehen, in welchem Umfang und ggfls. mit welchen Änderungen die Rom III-Verordnung im Wege der Analogie angewendet werden soll. Der Gesetzgeber hingegen war bei der Änderung des Art. 17 Abs. 1 EGBGB – irrtümlich – davon ausgegangen, dass die Rom III-Verordnung insgesamt, mithin als Gesamtpaket, auch bei Privatscheidungen Anwendung fände. Nach Aufklärung dieses Irrtums bedarf es einer gesetzgeberischen wertenden Willensbildung über die Ausgestaltung des Kollisionsrechts, etwa durch analoge Anwendung der Rom III-Verordnung in Gänze oder in Teilen und ggfls. in welchem Umfang oder durch Erlass einer autonomen Kollisionsnorm. Eine solche Entscheidung muss aber einem gesetzgeberischen Akt, der die bisherige Rechtslage grundlegend verändert, vorbehalten bleiben. Einer gesetzgeberischen Wertung bedarf es gerade auch dann, wenn – wie hier – die Ehegatten zum Zeitpunkt der Scheidung auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen; denn es ist nicht ersichtlich, ob der Gesetzgeber die bisherige Lage, nach der die deutsche Staatsangehörigkeit bei der Bestimmung des anzuwendenden materiellen Scheidungsrechts zu beachten war, auch für den Fall aufgeben wollte, dass mangels (direkter) Anwendbarkeit eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung im Bereich der Anerkennung von Privatscheidungen durch die Rom III-Verordnung nicht zu erwarten ist.
So hat auch der Generalanwalt beim EuGH in seinem Schlussvortrag ausgeführt, dass es erforderlich erscheint, die nationalen Rechtsvorschriften der Entscheidung anzupassen, wie es auch die deutsche Regierung in der mündlichen Verhandlung eingeräumt habe (s. Schlussvortrag NZFam 2017, 997 Rn. 54). Eine Willensbildung des nationalen Gesetzgebers hat bisher nicht stattgefunden. Sie ist insbesondere nicht in der irrtumsbeeinflussten Aufhebung des Art. 17 Abs. 1 EGBGB a.F. zum Ausdruck gekommen.
(3) Die Regelungslücke ist daher mangels anderer Vorschriften durch Fortschreibung der bisherigen Rechtslage dadurch zu füllen, dass das Scheidungsstatut dem Ehewirkungsstatut des Art. 14 EGBGB folgt. Die Wertung, dass die Anerkennung ausländischer Scheidungen dem Ehewirkungsstatut grundsätzlich folgen kann, ergibt sich schon aus der bisherigen Regelung des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in der Fassung vom 3.4.2009, gültig ab 1.9.2009.
c) Maßgebliches Scheidungsrecht ist danach das materielle deutsche Recht.
aa) Aus der Sicht des deutschen Rechts besteht eine wirksame Ehe (Palandt/Thorn BGB 66. Aufl. Art. 17 EGBGB Rn. 13). Diese wurde durch die vorgelegte Heiratsurkunde (Heiratsvertrag) vom 27.5.1999 belegt.
bb) Eine (wirksame) Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 2 oder 3 EGBGB, die gegebenenfalls vorrangig zu beachten wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Die allgemeinen Wirkungen der Ehe und damit auch die Ehescheidung bestimmen sich daher nach dem gemäß Art. 17 Abs. 1 EGBGB a. F. i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB maßgeblichen Recht.
(1) Soweit nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a. F. das Scheidungsstatut dem Ehewirkungsstatut des Art. 14 EGBGB folgt, ist Anknüpfungszeitpunkt der Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags bzw. bei Privatscheidungen der Zeitpunkt, der der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vergleichbar ist (z. B. Palandt/Thorn BGB 66. Aufl. Art. 17 EGBGB Rn. 7).
(2) Da beide Beteiligte im Zeitpunkt der Scheidung die deutsche Staatsbürgerschaft hatten, knüpft das Scheidungsstatut an das deutsche Recht an (MüKo/Looschelders BGB 7. Aufl. Art. 14 EGBGB Rn. 84). Hingegen ist an die gemeinsame syrische Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung nicht anzuknüpfen.
Maßgebend für das Scheidungsstatut ist nämlich, ob die Ehegatten im Zeitpunkt der Scheidungserklärung (vgl. BayObLG FamRZ 2003, 381; BayObLGZ 1998, 104/106; BayObLG NJW-RR 1994, 771; Präsidentin des OLG Celle StAZ 1999, 80) beide dem Recht eines Staates angehörten. Hierbei ist Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zu berücksichtigen (so auch Bamberger/Roth/ Heidenhoff BGB 2. Aufl. Art. 17 Rn. 51; BayObLG NJW-RR 1994, 771; OLG Düsseldorf vom 19.10.2015, I-13 VA 2/15 nach juris; a.A. offenbar AG Garmisch-Partenkirchen vom 29.1.2007, 1 F 263/06 bei juris). Die Anwendbarkeit von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB folgt nicht nur aus dem Wortlaut der Verweisungsnorm, sondern auch daraus, dass Art. 17 EGBGB a. F. das Scheidungsstatut eigenständig regelt und klarstellt, dass das anwendbare Recht (nur) bis zur Rechtshängigkeit der Scheidung wechseln kann (Staudinger/Mankowski Art. 17 EGBGB Rn. 140, 141). Wäre auf die Staatsangehörigkeit bei Eheschließung abzustellen, hätte es einer besonderen Regelung eines Scheidungsstatuts in Art. 17 Abs. 1 EGBGB a. F. nicht bedurft (Senat vom 1.4.2015, 34 Wx 15/13 = FamRZ 2015, 1611).
Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB führt dazu, dass stets nur die deutsche Staatsangehörigkeit zu beachten ist, sofern diese in dem vorgenannten Zeitpunkt zumindest auch besteht (Bamberger/Roth /Heidenhoff Art. 17 EGBGB Rn. 52). Es kann daher aus Art. 17 Abs. 1 Satz 1 a. F. i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 EGBGB die Anwendbarkeit des syrischen Rechts nicht hergeleitet werden, selbst wenn beide Ehegatten bis 2013 neben der erworbenen deutschen auch die syrische Staatsangehörigkeit besessen haben (so aber Süss MittBayNot 2012, 308/310).
(3) Die Beteiligten zu 1 und 2 sind (zumindest auch) deutsche Staatsangehörige. Seine Doppelstaatlichkeit hat der Beteiligte zu 1 durch Vorlage der deutschen Einbürgerungsurkunde und aktueller syrischer Ausweise nachgewiesen. Von einer Doppelstaatlichkeit der Beteiligten zu 2 kann ausgegangen werden. Dem steht ihr Vortrag, sie habe die syrische Staatsangehörigkeit „bei der Einbürgerung abgegeben.“ und nicht wieder erlangt, da das deutsche Recht schließlich eine doppelte Staatsangehörigkeit nicht kenne, nicht entgegen. Nach Art. 10 Abs. 2 Gesetz Nr. 276 vom 24.11.1969 zur Regelung der Staatsangehörigkeit (nach Bergmann/Ferid Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Abschnitt S, Syrien S. 2 ff) ist nämlich eine Aufgabe der syrischen Staatsangehörigkeit bei Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit nicht möglich. Vielmehr muss sie – was die Beteiligte zu 2 schon nicht behauptet – vor der Erlangung der ausländischen Staatsangehörigkeit zur Aufgabe der syrischen ermächtigt gewesen sein. Andernfalls besitzt sie „in jeder Hinsicht und unter allen Umständen bis zu einer möglichen Aberkennung“ die syrische Staatsangehörigkeit weiter. Dass dies vorliegend ebenfalls so ist, zeigt der vom Beteiligten zu 1 vorgelegte Familienregisterauszug, worin die Beteiligte zu 2 weiter als (auch) syrische Staatsangehörige bezeichnet wird. Dem Ergebnis widerspricht auch ihre unstreitige Einbürgerung nicht, da die Bundesrepublik eine Doppelstaatlichkeit bei syrischen Staatsangehörigen deshalb hinnimmt, weil diese regelmäßig nicht aus der bestehenden Staatsangehörigkeit entlassen werden (vgl. http://www…de/…html).
Eine weitere Klärung ist nicht veranlasst, denn Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB bezeichnet für diesen Fall die im Jahr 2013 bei beiden Beteiligten vorliegende deutsche Staatsangehörigkeit als vorrangig.
3. Kommt daher deutsches Recht zur Anwendung, steht § 1564 Satz 1 BGB der Anerkennung der in Syrien ausgesprochenen Privatscheidung entgegen. Nach § 1564 BGB kann die Ehe nur durch gerichtliches Urteil geschieden werden. Eine Privatscheidung ist dem deutschen Recht fremd; insoweit hat die Bestimmung auch einen materiellen Gehalt (BGHZ 110, 267/276; BayObLG FamRZ 2003, 381/383)
4. Die Beteiligte zu 2 macht zudem ein Anerkennungshindernis in Form des fehlenden rechtlichen Gehörs nach § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG geltend (siehe dazu Senat vom 26.1.2012, 34 Wx 519/11 = FGPrax 2012, 66). Sie bestreitet, im syrischen Scheidungsverfahren gehört worden zu sein. Dies erscheint trotz der Feststellung in der Scheidungsurkunde, dass die „Ehefrau fehlte, obwohl sie ordnungsgemäß vorgeladen wurde und ihr die Vorladung zugestellt worden ist“, plausibel, da danach die Ladung erst am 19.5.2013, also am Tag der Versammlung des Familienrats, erfolgt ist und die Beteiligte zu 2 vorträgt, sich in der Zeit nicht in Syrien aufgehalten zu haben. Da die Scheidung aber schon aus anderen Gründen nicht wirksam ist, kommt es auf die mögliche Verletzung rechtlichen Gehörs nicht mehr an.
III.
1. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Zwar wird der gerichtliche Antrag zum Oberlandesgericht gemäß § 107 Abs. 7 Satz 3 FamFG wie eine Beschwerde behandelt (Keidel/Zimmermann § 107 Rn. 48). Dennoch handelt es sich in der Sache um den ersten Zugang zum Gericht, weshalb es sachnäher erscheint, für die Kostenerhebung auf die flexibleren Regeln für das erstinstanzliche Verfahren, also insbesondere auf § 81 FamFG, abzustellen (so auch MüKo/Rauscher § 107 FamFG Rn. 59). Insoweit ist nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hier entspricht es nach den Umständen des Einzelfalles in Anbetracht der Verteilungsmaßstäbe in § 81 Abs. 2 FamFG der Billigkeit, dass jeder Beteiligte seine eigenen Kosten selbst zu tragen hat und eine Erstattung nicht angeordnet wird.
2. Die Gebühr für das gerichtliche Verfahren selbst ist aus Nr. 1714 KVFamGKG zu entnehmen. Sie ist von der Beteiligten zu 2 als Veranlasserin (vgl. § 22 Abs. 1 GNotKG) des gerichtlichen Verfahrens zu entrichten, ohne dass dies gesondert ausgesprochen werden müsste. Ihre Haftung erlischt allerdings nach § 25 Abs. 1 GNotKG.
3. Den Geschäftswert für das gerichtliche Verfahren bemisst der Senat mangels hinreichender Anhaltspunkte nach § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG nach dem dort genannten Auffangwert.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen (§ 107 Abs. 7 Satz 3 i V. m. § 70 Abs. 2 FamFG). Die Frage, nach welchen Kollisionsnormen sich im Anerkennungsverfahren das maßgebliche Scheidungsstatut für Privatscheidungen bestimmt, ist von grundsätzlicher Bedeutung und bislang nicht geklärt. Da die Anerkennung ausländischer Privatscheidungen nicht nur vereinzelt die Gerichte beschäftigt, besteht ein Interesse der Allgemeinheit an der Klärung der Frage, die sich in einer Vielzahl von Fällen stellen kann. Zudem ist die Frage, ob für das Scheidungsstatut an die gemeinsame deutsche Staatsangehörigkeit (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB) anzuknüpfen ist, streitig (vgl. OLG Hamm FamRZ 2011, 220; OLG Düsseldorf NJW-RR 2012, 521; FamRZ 2009, 2091/2092; Süss MittBayNot 2010, 308/310), so dass die Zulassung zur Fortbildung des Rechts zu erfolgen hat.


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