Familienrecht

Einstweilige Anordnung zur Bestellung eines Umgangsbegleiters

Aktenzeichen  W 3 E 18.1262

Datum:
21.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 35877
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
SGB VIII § 18 Abs. 3 S. 3, S. 4
BGB § 1684
GG Art. 6 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache gilt nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn die zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (vgl. BayVGH BeckRS 2016, 44855).  (redaktioneller Leitsatz)
2. Da das Recht auf Unterstützung beim Umgang sich auf das grundrechtlich geschützte Recht auf Pflege und Erziehung der Kinder bezieht, können die zu erwartenden Nachteile der Mutter-Kind-Beziehung im Falle eines Zuwartens bis zur Entscheidung der Hauptsache unumkehrbar und somit unzumutbar sein.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache verpflichtet, seine Bereitschaft zur Mitwirkung an begleitetem Umgang der Antragstellerin mit ihrer Tochter F. als Umgangsbegleiter nach näherer Maßgabe einer vom Amtsgericht Schweinfurt – Abteilung für Familiensachen – zu treffenden Umgangsregelung zu erklären.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Verfahren W 3 E 18.1262 wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners, während der Zeit des Umgangs mit ihrer Tochter F. einen Umgangsbegleiter zu bestellen.
Das am … 2011 geborene Kind F. ist die Tochter der Antragstellerin und ihres ehemaligen Ehemannes, Herrn T.
Das Amtsgericht Schweinfurt – Abteilung für Familiensachen – hat mit Beschluss vom 10. November 2015 im Verfahren 3 F 207/15 Herrn T. die elterliche Sorge für F. übertragen. In dem Beschluss wird unter anderem ausgeführt, das Verhältnis der Beteiligten sei hochkonflikthaft. Auch ein Minimalkonsens über Teilbereiche der elterlichen Sorge sei nicht ersichtlich. Die Übertragung des Sorgerechts auf den leiblichen Vater entspreche dem Kindeswohl am besten. Bei der Kindesmutter habe sich eine Alkoholproblematik bewahrheitet, dies zeige sich zum einen an einer Fahrt am 6. März 2015 im Beisein des Kindes. Zum anderen habe die Kindesmutter zugegeben, am 1. September 2015 erneut ein Kraftfahrzeug alkoholisiert geführt zu haben. Es bestehe zudem der Verdacht einer Anpassungsstörung mit Depression und die Sachverständige gehe von einer eingeschränkten Bindungstoleranz der Kindesmutter aus. Das Amtsgericht Schweinfurt stützt sich im Wesentlichen auf ein psychologisches Gutachten von Frau Dr. S.-Z. vom 7. August 2015. Auf den Inhalt des Gutachtens wird Bezug genommen.
Im parallel laufenden Verfahren 3 F 208/15 hat das Amtsgericht Schweinfurt – Abteilung für Familiensachen – mit Beschluss vom 13. Januar 2016 der Antragstellerin ein Umgangsrecht für F. grundsätzlich wie folgt gewährt: ab 16. Januar 2016 alle 2 Wochen, jeweils von 10 bis 13:00 Uhr, erstmals also ab 16. Januar 2015 (gemeint wohl: 2016) bis einschließlich 21. Mai 2016 (Ziffer 2.). Der Umgang wird durch das Stadtjugendamt Schweinfurt begleitet; es ist berechtigt, andere fachlich geeignete Personen mit der konkreten Durchführung des Umgangs zu betrauen (Ziffer 6.). In den Gründen wird ausgeführt, es sei ein begleiteter Umgang gemäß § 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB anzuordnen gewesen. Es wurde auf die Gründe im Beschluss vom 10. November 2015 im Verfahren 3 F 207/15 Bezug genommen. Das Jugendamt habe seine Mitwirkungsbereitschaft erklärt.
Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2016 ließ die Antragstellerin beim Amtsgericht Schweinfurt – Abteilung für Familiensachen – ein erneutes Umgangsrecht beantragen (3 F 523/16). Die Antragstellerin sowie die bisherige Umgangsbegleitung, Frau G., seien der Auffassung, ein begleiteter Umfang sei nicht mehr erforderlich. Es habe in der Vergangenheit keinerlei Auffälligkeiten mit kindeswohlschädigendem Charakter auf Seiten der Antragstellerin gegeben. Frau G. habe sich bereit erklärt, die jeweiligen Übergabetermine für einen Zeitraum von 15 bis 20 Minuten zu begleiten. Die Antragstellerin sei abstinent und bereit, sich jedem vom Jugendamt oder Gericht vorgeschlagenen Test zum Nachweis ihrer Alkoholabstinenz zu unterziehen.
Im Rahmen einer nicht-öffentlichen Sitzung im Verfahren 3 F 523/16 teilte ein Vertreter des Antragsgegners mit, es bestehe Bereitschaft, den Umgang zu den bisherigen Konditionen zu begleiten. Wichtig sei, dass die Antragstellerin eine Alkoholtherapie absolviere. In diesem Rahmen wurde eine Zwischenvereinbarung dahingehend getroffen, dass weiter ein begleiteter Umgang stattfinden soll.
In einem Schriftsatz vom 30. Oktober 2016 teilte die Umgangsbegleitung mit, bis Mai 2016 hätten alle vereinbarten Umgangstermine stattgefunden. Beide Parteien seien stets pünktlich gewesen, die Antragstellerin sei nüchtern gewesen und hätte auch während der Termine keinen Alkohol zu sich genommen. Zudem legte die Antragstellerin Bestätigungen einer Suchtberatungsstelle vor. In diesen wird bescheinigt, dass die Antragstellerin an mehreren Terminen ein Beratungsgespräch wahrgenommen hat.
In einer Stellungnahme an das Amtsgericht Schweinfurt – Abteilung für Familiensachen – vom 22. Dezember 2016 teilte der Antragsgegner mit, es sei aus aktueller Sicht nicht mehr notwendig, dass der gesamte Umgang der Antragstellerin mit ihrer Tochter begleitet werde. Eine Begleitung zu Beginn des Umgangs in der Übergabesituation ca. 20 bis 30 Minuten sei aus Sicht des Antragsgegners ausreichend.
Mit Beschluss vom 17. Januar 2017 holte das Amtsgericht Schweinfurt – Abteilung für Familiensachen – im Verfahren 3 F 523/16 eine sachverständige Stellungnahme von Frau Dr. S.-Z. bezüglich der Frage einer Umgangsbegleitung ein. Mit weiterem Beschluss vom 25. Januar 2017 wurde ein Sachverständigengutachten (toxikologische Untersuchung von relevanten Haarproben) bezüglich des Alkoholkonsums der Antragstellerin in den letzten Monaten eingeholt.
Die Antragstellerin ließ mit Schreiben vom 1. Februar 2017 mitteilen, dass sie an der Feststellung ihrer aktuellen Alkoholabstinenz mitwirken wolle. Allerdings sei bekannt, dass bei gefärbten oder colorierten Haaren sich Schwierigkeiten hierbei ergeben könnten. Deshalb wurde darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin in den vergangenen Monaten regelmäßig ihr komplettes Haar gefärbt habe. Es werde um Hinweis gebeten, sollte sich seitens der Antragstellerin Verhaltensmaßregeln für die Haarpflege oder ihre Medikamenteneinnahme ergeben.
Im Rahmen eines toxikologischen Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Würzburg vom 23. Mai 2017 wurde erläutert, dass sich bei der Untersuchung der Haarprobe der Antragstellerin keine Hinweise ergeben hätten, dass sie in einem Zeitraum, der dem Wachstum der untersuchten Haare entspreche, nicht alkoholabstinent gelebt habe.
Frau Dr. S-Z. kam im Rahmen ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 23. Juni 2017 zu dem Ergebnis, aus psychologischer Sicht sei zumindest noch eine Übergabebegleitung zu empfehlen. Eine Begleitung des gesamten Umgangs erscheine aufgrund des bislang positiven Verlaufs nicht mehr notwendig. Auch der Verfahrensbeistand teilte mit Schreiben vom 18. Juli 2017 mit, eine Übergabebegleitung erscheine ausreichend.
Nachdem das Gericht durch den Kindesvater erfahren hatte, dass sich die Antragstellerin vor kurzem ihre Haare stark geschnitten und gefärbt hatte, wurde mit Beschluss vom 31. Juli 2017 erneut ein toxikologisches Gutachten angefordert. Das Institut für Rechtsmedizin teilte mit Schreiben vom 7. August 2017 mit, bei Bleichung der Haare sei die Aussagekraft der Befunde eingeschränkt, dies gelte auch für analytisch negative Ergebnisse.
Mit Schreiben vom 8. August 2017 teilte der Antragsgegner mit, er sei bereit, die Übergaben zum Umgang, jedoch keinen kompletten Umgang mehr zu begleiten. Er beruft sich dabei auf die gutachterliche Stellungnahme sowie den Bericht des Verfahrensbeistandes.
Mit Schreiben vom 9. Oktober 2017 teilte das Institut für Rechtsmedizin mit, die Antragstellerin habe auf Ladungen zum Termin für die Abgabe einer Haarprobe nicht reagiert.
Die Antragstellerin ließ mit Schreiben vom 18. Oktober 2017 mitteilen, sie sei zur Abgabe einer weiteren Haarprobe nicht bereit. Der Verfahrensbeistand teilte mit Schreiben vom 3. November 2017 mit, unter diesen Umständen erscheine eine Abänderung der derzeitigen Umgangsmodalitäten nicht möglich.
Mit Schriftsatz vom 10. November 2017 teilte der Antragsgegner erneut mit, dass er nicht bereit sei, den Umgang weiterhin zu begleiten. Es liege eine mangelnde Mitwirkungsbereitschaft der Antragstellerin vor. Daher werde der Antragsgegner die Umgänge auch nach einer richterlichen Umgangsregelung nicht mehr begleiten. Der Antragstellerin solle sich selbst um einen Begleiter des Umgangs bemühen.
Im Rahmen einer nicht-öffentlichen Sitzung vom 4. Dezember 2017 teilte die Antragstellerin mit, ihre Rechte müssten gewahrt werden, sie fühle sich durch eine weitere Haarprobe diskriminiert. Der Antragsgegner bestätigte auf Nachfrage des Gerichts erneut, dass ein begleiteter Umgang vom Jugendamt nicht mehr angeboten werde. Das Gericht wies darauf hin, dass lediglich ein begleiteter Umgang für die Antragstellerin in Betracht komme.
Auf erneute Anfrage des Amtsgerichts teilte der Antragsgegner mit Schreiben vom 8. Februar 2018 mit, es bestehe nur noch Bereitschaft, den Umgang beschränkt auf ein halbes Jahr und auf die Übergabe zu Beginn und zum Ende zu begleiten. Eine komplette Begleitung sei nicht mehr notwendig, da es bei den bisherigen Umgangskontakten keinerlei Anzeichen für eine Alkoholisierung der Antragstellerin gegeben habe.
Daraufhin setzte das Amtsgericht Schweinfurt der Antragstellerin am 23. Februar 2018 eine Frist zur Einholung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bezüglich der Begleitung des Umgangs nach Maßgabe einer familiengerichtlichen Entscheidung. In diesem Zusammenhang teilte das Amtsgericht mit, es tendiere dazu, den kompletten Umgang nur in begleiteter Weise zu regeln und es sehe keinen Anlass, die Umgangsbegleitung auf nur sechs Monate zu begrenzen.
Mit Schreiben vom 7. März 2018 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass die Kosten des begleiteten Umgangs für die Antragstellerin mit ihrem Sohn F. (gemeint wohl: Tochter) ab sofort nicht mehr vom Antragsgegner übernommen würden. Wesentliches Ziel der Beratung, Unterstützung und unter Umständen auch Begleitung des Umgangs sei es, bestehende Konflikte zu reduzieren und die Beteiligten baldmöglichst dazu zu befähigen, den Umgang zwischen dem Kind und seinen Eltern in eigener Verantwortung auch ohne Begleitung zu gestalten. Im Übrigen fehle es an der notwendigen Mitwirkung gemäß § 60 Abs. 1 SGB I seitens der Antragstellerin. Die von ihr vom Familiengericht eingeforderte Haarprobe werde von ihr verweigert. Nach Abgabe der Haarprobe und einer negativen Testung auf Alkohol würde der Umgang vom zuständigen Amtsrichter wohl unbegleitet bzw. mit reiner Übergabebegleitung genehmigt werden. Insofern ergehe die Ablehnung auch unter Hinweis auf § 66 SGB I. Das Schreiben vom 7. März 2018 enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung:.
Mit Schriftsatz vom 28. September 2018 ließ die Antragstellerin hiergegen Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben.
Im vorliegenden Verfahren ließ sie beantragen,
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, für die Antragstellerin während der Zeit des Umgangs mit ihrer Tochter F. einen Umgangsbegleiter zu bestellen, um einen begleiteten Umgang zu gewähren.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Antragstellerin habe einen Anspruch gegen den Antragsgegner, sie bei der Durchführung eines begleiteten Umgangs zu unterstützen. Ein solcher Anspruch ergebe sich aus § 18 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB VIII. Diese Vorschrift wirke sowohl zugunsten des Kindes als auch des betroffenen Elternteils. Sichergestellt werden solle der regelmäßige und sichere Umgang des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kind, welcher unter Aufsicht einer vom Jugendamt zu bestellenden Begleitperson stattzufinden habe. Es solle ein bedingungsloser Kindesumgang auch bei problembehafteten Fällen ermöglicht werden. Der begleitete Umgang durch den Antragsgegner sei die einzige Möglichkeit der Antragstellerin, ihre Tochter regelmäßig zu sehen. Insofern sei der Ermessensspielraum des Antragsgegners im Rahmen der ohnehin stark bindenden Soll-Vorschrift stark eingeschränkt. Da der begleitete Umgang bereits zuvor gerichtlich gewährt worden sei, erschließe sich der Antragstellerseite nicht, warum nunmehr ein begleiteter Umgang nicht mehr möglich sein solle. Durch die Ablehnung werde massiv in das Recht der Antragstellerin auf Schutz der Mutter-Kind-Beziehung aus Art. 6 Abs. 2 und 5 GG eingegriffen. Auch ein Anordnungsgrund sei vorliegend gegeben. Aufgrund der ablehnenden Entscheidung des Antragsgegners habe ein Umgang der Antragstellerin mit ihrer Tochter seit Anfang März 2018 nicht mehr stattgefunden. Diese Situation sei für die Antragstellerin als auch für die Tochter schlichtweg unerträglich. Vor allem die Antragstellerin leide unter den herrschenden Umständen sehr. Auch mit einer Entfremdung des Kindes sei zu rechnen. Um ein ausgewogenes Mutter-Kind-Verhältnis sicherzustellen, sei eine zeitnahe Entscheidung durch das Gericht unerlässlich.
Der Antragsgegner ließ beantragen,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Er legte zur Begründung dar, es fehle bereits die objektive Dringlichkeit des Antrages. Der Antragstellerin sei es zumutbar, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Sie habe durch ihr Verhalten gezeigt, dass es ihr mit der Rechtsverfolgung nicht eilig sei. Ein Anspruch gemäß § 18 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB VIII sei nicht gegeben. Es handele sich bei dieser Norm um eine Soll-Vorschrift in geeigneten Fällen. Ein geeigneter Fall sei deswegen nicht gegeben, weil das Ziel, die Beteiligten zu befähigen, den Umgang in eigener Verantwortung zu gestalten, nicht erreicht werden könne. Der Begriff der „Geeignetheit“ sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der grundsätzlich der Nachprüfung unterliege. In diesem Zusammenhang sei unter anderem zu prüfen, ob das mit der Regelung beabsichtigte Ziel erreichbar sei. Wesentliches Ziel der Beratung, Unterstützung und unter Umständen auch der Begleitung des Umganges sei es, zu Grunde liegende Konflikte zu thematisieren und zu bearbeiten sowie die Beteiligten zeitnah zu befähigen, den Umgang zwischen dem Kind und seinen Eltern baldmöglichst wieder in eigener Verantwortung ohne Begleitung zu gestalten. Die Kommentarliteratur gehe nicht zuletzt aus diesem Grund einhellig davon aus, dass begleiteter Umgang keine auf Dauer angelegte Leistung sei; er werde vielmehr vorübergehend gewährt. Nur im Falle sehr problematischer Verhältnisse, also insbesondere bei bestehendem Verdacht einer Kindeswohlgefährdung durch ein Elternteil (Gewaltanwendung, sexueller Missbrauch, Kindesentführung) sei bei der Herstellung von Umgangskontakten die durchgehende Anwesenheit einer Fachkraft erforderlich. Dieser Sachverhalt sei hier nicht gegeben. Im vorliegenden Sachverhalt fehle es an der Mitwirkung der Antragstellerin gemäß § 60 Abs. 1 SGB I. Die Antragstellerin habe auf eine Vorlage des rechtsmedizinischen Instituts nicht reagiert. Die vom Familiengericht Schweinfurt eingeforderte Haarprobe werde von der Antragstellerin verweigert. Gemäß § 66 SGB I habe der Antragsgegner die Leistung daher ganz bzw. teilweise versagen können, bis zur Nachholung der Mitwirkung durch die Antragstellerin. Da die Antragstellerin ihrer Mitwirkungspflicht bisher nicht in dem vollen geforderten Umfang nachgekommen sei, sei derzeit keine Eilbedürftigkeit zu sehen. Hier seien die Interessen der Mutter nachrangig. Der begleitete Umgang durch den Antragsgegner erscheine daher nicht mehr als geeignetes Mittel. Aufgabe der Jugendhilfe sei die Beratung und Unterstützung bzw. bei der Entwicklung und/oder Ausführung einer Umgangsregelung vermittelnd tätig zu werden. Nicht möglich sei es, einen Elternteil, der den Umgang boykottiere, zum Wohlverhalten zu verpflichten. Es bestehe die Gefahr, dass ein oder beide Elternteile das Kind als Instrument im fortbestehenden Streit der früheren Partner benutzten.
Im Übrigen wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten sowie auf die einschlägigen Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen. Die Akten in den familiengerichtlichen Verfahren 3 F 841/14, 3 F 201/15, 3 F 202/15, 3 F 207/15, 3 F 208/15 und 3 F 523/16 waren beigezogen.
II.
Der Antrag ist zulässig. Das Begehren der Antragstellerin ist in diesem Zusammenhang gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass sie die Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache seine Bereitschaft zur Mitwirkung an begleitetem Umgang der Antragstellerin als Umgangsbegleiter mit ihrer Tochter F. nach näherer Maßgabe einer vom Amtsgericht – Abteilung für Familiensachen – zu treffenden Umgangsregelung zu erklären. Anhand des Vortrags der Antragstellerin sowie aufgrund der Aktenlage ergibt sich, dass die Antragstellerin im Wesentlichen das Fehlen eines mitwirkungsbereiten Dritten (vgl. § 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB) als Hindernis für eine dem Begehren der Antragstellerin im familiengerichtlichen Verfahren entsprechenden Entscheidung des Amtsgerichts beseitigen will (vgl. OVG Saarlouis, B.v. 4.8.2014 – 1 B 283/14 – BeckRS 2014, 54689 Rn. 38). Da eine aktuelle vollziehbare gerichtliche Umgangsregelung auch nicht besteht, sondern vielmehr vom Amtsgericht im Verfahren 3 F 523/16 angekündigt wurde (vgl. Blatt 262 der Akte im Verfahren 3 F 523/16), ist es sachgerecht und ausreichend, wenn der Antragsgegner verpflichtet wird, seine Mitwirkungsbereitschaft zu erklären (vgl. OVG Münster, B.v. 28.12.2016 – 12 B 1336/16 – BeckRS 2016, 118955 Rn. 8).
Der Antrag auf Erlass einer derartigen einstweiligen Anordnung ist auch begründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung – vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen – um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahr zu verhindern oder aus anderen Gründen notwendig erscheint (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Der Antragsteller hat sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sog. Anordnungsgrund, als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den sog. Anordnungsanspruch, glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Dabei entspricht es dem Wesen der einstweiligen Anordnung, dass es sich um eine vorläufige Regelung handelt und der Antragsteller nicht bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes das erhalten soll, worauf sein Anspruch in einem Hauptsacheverfahren gerichtet ist; das Verfahren der einstweiligen Anordnung soll also nicht die Hauptsache vorweg nehmen. Das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache gilt im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG jedoch dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn die zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (vgl. BayVGH, B.v. 18.3.2016 – 12 CE 16.66 – BeckRS 2016, 44855, Rn. 4; B.v. 18.2.2013 – 12 CE 12.2104 – juris Rn. 38; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 123 Rn. 14).
Die Antragstellerin begehrt vorliegend die (zumindest teilweise) Vorwegnahme der Hauptsache. Es liegt auf der Hand, dass die Verpflichtung des Antragsgegners zur Mitwirkung bei der Umgangsbegleitung das eigentliche Begehren der Antragstellerin in der Hauptsache jedenfalls für einen bestimmten Zeitraum vorwegnehmen würde. Allerdings liegen zur Überzeugung des Gerichts die oben dargelegten Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen Anordnung dennoch vor.
Ein Anordnungsgrund ist gegeben.
Das von der Antragstellerin geltend gemachte Recht auf Unterstützung beim Umgang gemäß § 18 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB VIII bezieht sich letztlich auf das in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geregelte Recht auf Pflege und Erziehung der Kinder. Damit folgen die von der Antragstellerin geltend gemachten Rechte aus einem grundrechtsrelevanten und schutzwürdigen Bereich. Die zu erwartenden Nachteile der Mutter-Kind-Beziehung können im Falle eines Zuwartens bis zur Entscheidung der Hauptsache durchaus unumkehrbar und somit auch unzumutbar sein.
Gleichzeitig hat die Antragstellerin eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des von ihr geltend gemachten Anspruchs glaubhaft gemacht. Das Gericht kommt im Rahmen des vorliegend anzusetzenden Prüfungsmaßstabes zu dem Ergebnis, dass der Antragsgegner verpflichtet ist, gegenüber dem Amtsgericht Schweinfurt seine Bereitschaft zur Mitwirkung als Umgangsbegleiter nach näherer Maßgabe einer vom Amtsgericht zu treffenden Umgangsregelung zu erklären.
Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes scheitert auch nicht daran, dass die Antragstellerin nach Hinweis des Amtsgerichts Schweinfurt vom 23. Februar 2018 (Blatt 262 der Akte im Verfahren 3 F 523/16) über sechs Monate gebraucht hat, um den vorliegenden Antrag auf einstweilige Anordnung beim Verwaltungsgericht zu stellen. Dieser bloße Zeitablauf führt vorliegend nicht dazu, dem Antrag die Eilbedürftigkeit zu versagen. Zum einen ist dennoch aufgrund der derzeit fehlenden Umgangsregelung von einer Verschlechterung der Mutter-Kind-Beziehung auszugehen bzw. ist eine solche zumindest ernsthaft zu befürchten. Zum anderen hat die Bevollmächtigte der Antragstellerin im Verfahren 3 F 523/16 mit Schreiben vom 14. Juni 2018 und 26. Juli 2018 zu erkennen gegeben, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Verwaltungsgericht zu stellen.
Der Anordnungsanspruch folgt aus § 18 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB VIII.
Gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII haben Kinder und Jugendliche einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts nach § 1684 Abs. 1 BGB. Sie sollen gemäß Satz 2 dieser Norm darin unterstützt werden, dass die Personen, die nach Maßgabe der §§ 1684, 1685 und 1686a BGB zum Umgang mit ihnen berechtigt sind, von diesem Recht zu ihrem Wohl Gebrauch machen. Zudem haben gemäß Satz 3 u.a. Eltern Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts. Nach Satz 4 soll bei der Befugnis, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verlangen, bei der Herstellung von Umgangskontakten und bei der Ausführung gerichtlicher oder vereinbarter Umgangsregelungen vermittelt und in geeigneten Fällen Hilfestellung geleistet werden.
Aus § 18 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII folgt ein eigenes Recht des Umgangsberechtigten (vorliegend der Mutter) auf Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt, wobei die Unterstützungshandlungen des Jugendamtes nach den Sätzen 1, 2, 3 und 4 ineinander übergehen und nicht trennscharf voneinander abzugrenzen sind (vgl. Kunkel/Pattar in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 7. Aufl. 2018, § 18 Rn. 21). Auch das Bundesverfassungsgericht hat insoweit festgestellt, dass dem Umgang beanspruchenden Elternteil in der Rechtsprechung der Fachgerichte ein aus § 18 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB VIII abgeleitetes verwaltungsgerichtlich einklagbares subjektives Recht gegen den staatlichen Träger der Jugendhilfe auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts eingeräumt werde, welches nötigenfalls im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchgesetzt werden könne (vgl. BVerfG, B.v. 19.7.2015 – 1 BvR 1468/15 – NJW 2015, 3563 m.w.N.).
Bei dem Begriff der „geeigneten Fälle“ ist zu beachten, dass es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, welcher der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. OVG Münster, B.v.18.12.2016 – 12 B 1336/17 – BeckRS 2016, 118955 Rn. 11 m.w.N.; Kunkel/Pattar in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 7. Aufl. 2018, § 18 Rn. 223). Bei seiner Auslegung ist im Ansatz davon auszugehen, dass das Recht von Eltern auf Umgang mit ihrem Kind (oder umgekehrt), das in § 1684 BGB einfachgesetzlich geregelt ist, sowohl durch Art. 6 Abs. 2 GG grundrechtlich als auch durch Art. 8 EMRK menschenrechtlich gewährleistet ist, ihm also ein hoher Rang zukommt (vgl. BVerfG, B.v. 19.11.2012 – 1 BvR 335/12 – NJW 2013, 1867). Dem entspricht es, dass die Beschränkung oder gar der Ausschluss des elterlichen Umgangs mit dem Kind strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen unterliegt und einer vor dem hohen Rang der genannten Gewährleistungen standhaltenden Rechtfertigung bedarf. Richtschnur für die insoweit vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung ist dabei das Kindeswohl, dem im Konfliktfall der Vorrang vor den Elterninteressen zukommt (vgl. OVG Saarlouis, B.v. 4.8.2014 – 1 B 283/14 – BeckRS 2014, 54689 Rn. 23). Demzufolge wird in der Literatur überwiegend vertreten, nicht geeignet sei deshalb nur ein Fall, in dem die (beabsichtigte) Umgangsregelung das Kindeswohl gefährde (vgl. Struck in Wiesner, SGB VIII, 15. Aufl. 2015, § 18 Rn. 33a; Berneiser in Ehmann/Karmanski/Kuhn-Zuber, Gesammtkommentar Sozialrechtsberatung, 2. Aufl. 2018, § 18 SGB VIII Rn. 37).
Bezüglich der Rechtsfolge ist festzustellen, dass die Formulierung „soll“ in § 18 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII nach einer Auffassung in Rechtsprechung und Literatur nur der Konkretisierung des Rechtsanspruchs aus § 18 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII dient (vgl. Proksch in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 18 Rn. 49; Berneiser in Ehmann/ Karmanski/Kuhn-Zuber, Gesammtkommentar Sozialrechtsberatung, 2. Aufl. 2018, § 18 SGB VIII Rn. 36; OVG Saarlouis, B.v. 4.8.2014 – 1 B 283/14 – BeckRS 2014, 54689 Rn. 17). Jedenfalls aber verbleibt dem Jugendamt bei Vorliegen eines geeigneten Falles nur im Ausnahmefall ein eng umgrenzter Ermessensspielraum zur Verweigerung der Leistung (vgl. VG Aachen, B.v. 7.9.2016 – 1 L 351/16 – BeckRS 2016, 52516 m.w.N.). Dies entspricht im Übrigen auch der allgemeinen Systematik bei sog. Soll-Vorschriften: Die Entscheidung ist im Regelfall vorgegeben, lediglich in atypischen Fällen kann hiervon abgewichen werden (vgl. Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 114 Rn. 138 ff.). Dies bedeutet im Ergebnis, dass in geeigneten Fällen bei der Ausführung gerichtlicher Umgangsregelungen Hilfe geleistet werden muss, es sei denn, eine atypische Konstellation liegt vor.
Vor diesem Hintergrund sind die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB VIII vorliegend erfüllt. Der begleitete Umgang der Antragstellerin mit ihrer Tochter ist ein geeigneter Fall im oben genannten Sinne. Zudem liegt kein atypischer Fall vor, der dem Antragsgegner die Möglichkeit eröffnen würde, trotz Geeignetheit von der Unterstützung abzusehen.
Dabei ging auch der Antragsgegner zunächst davon aus, dass die Begleitung des Umgangs im Falle der Antragstellerin und ihrer Tochter ein geeignetes Mittel im Sinne des § 18 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII ist. Dementsprechend hat der Antragsgegner im Rahmen einer nicht-öffentlichen Sitzung im Verfahren 3 F 523/16 erklärt, das Jugendamt sei bereit, den Umgang zu den bisherigen Konditionen zu begleiten (Blatt 38 der Akte im Verfahren 3 F 523/16). Auch an der zunächst getroffenen Umgangsvereinbarung zwischen der Antragstellerin und ihrem ehemaligen Ehemann vom 16. September 2016 wirkte der Antragsgegner mit. In dieser Vereinbarung wurde festgelegt, dass der Umgang der Antragstellerin mit ihrer Tochter durch eine Fachkraft des Kinderschutzbundes begleitet wird (Blatt 57 der Akte im Verfahren 3 F 523/16). Auch im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren legte der Antragsgegner nicht dar, seine frühere Entscheidung zur Mitwirkung an einer Umgangsbegleitung sei fehlerhaft gewesen. Auch sonst lässt sich anhand der beigezogenen Akten nicht erkennen, dass der der Antragstellerin gewährte begleitete Umgang mit ihrer Tochter dem Kindeswohl in irgendeiner Form abträglich gewesen sein könnte.
Es ist für das Verwaltungsgericht nicht ersichtlich, dass sich an der Eignung des begleiteten Umgangs in diesem Sinne zum derzeitigen Zeitpunkt etwas geändert haben könnte. Wie oben bereits dargelegt wurde, ist ein Fall grundsätzlich dann ungeeignet, wenn die geplante Umgangsregelung eine Gefahr für das Kindeswohl darstellt. Dies ist im vorliegenden Fall nicht einmal ansatzweise erkennbar. Auch der Antragsgegner selbst trägt nicht vor, die Begleitung des Umgangs würde F. in irgendeiner Weise gefährden. Vorliegend ist genau das Gegenteil der Fall: Das Amtsgericht Schweinfurt kommt aufgrund der im familiengerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten und Auskünfte sowie der durchgeführten nicht-öffentlichen Sitzungen zur vorläufigen Rechtsmeinung, dass der komplette Umgang für die Antragstellerin mit ihrer Tochter nur in begleiteter Weise zu regeln sei (Blatt 262 der Akte im Verfahren 3 F 523/16). Unabhängig davon, dass das Verwaltungsgericht nicht dafür zuständig ist, die rechtliche Wertung des Amtsgerichts im Rahmen des § 1684 BGB zu überprüfen, ist der rechtliche Ansatz des Amtsgerichts Schweinfurt nach der Aktenlage für das Verwaltungsgericht nachvollziehbar. Der Antragsgegner mag der Auffassung sein, ein kompletter begleiteter Umgang sei in Bezug auf die Antragstellerin und ihre Tochter nicht mehr erforderlich; letztlich aber entscheidet das Familiengericht über den zu gewährenden Umgang. Insgesamt kann an der Eignung im Sinne des § 18 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII kein Zweifel bestehen.
Etwas anderes ergibt sich – entgegen der Ansicht des Antragsgegners – auch nicht daraus, dass der begleitete Umgang grundsätzlich nicht auf Dauer, sondern zeitlich beschränkt gewährt werden soll. Unabhängig von der Frage, ob dieses zeitliche Moment dazu führt, dass die Eignung im vorliegenden Fall vollständig entfällt, hat auch der Antragsgegner selbst dargelegt, dass bei problematischen Eltern-Kind-Verhältnissen die durchgehende Anwesenheit einer Fachkraft erforderlich sein könne. Gerade ein solcher Fall ist vorliegend gegeben. Die Begleitung des Umgangs wurde vom Amtsgericht Schweinfurt nicht deshalb angeordnet, weil die Antragstellerin nicht ohne professionelle Hilfe in Kontakt mit ihrer Tochter treten kann, sondern vielmehr deswegen, weil die Antragstellerin aufgrund ihres früheren Verhaltens insbesondere im Umgang mit Alkohol eine Gefahr für ihre eigene Tochter darstellen kann. Nur so lässt sich erklären, dass sowohl die Sachverständige als auch das Amtsgericht einen unbegleiteten bzw. gelockerten Umgang im Wesentlichen davon abhängig machen, dass die Antragstellerin eine längere Zeit der Alkoholabstinenz nachweist. Damit läge aber im Falle eines unbegleiteten Umgangs eine Kindeswohlgefährdung für F. vor. Dementsprechend ist trotz des größeren zeitlichen Rahmens der Begleitung auch derzeit die Eignung für einen komplett begleiteten Umgang gegeben. Im Übrigen wird nochmals darauf hingewiesen, dass es nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichts ist, über die Länge und Umfang einer Umgangsregelung zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, dass der Umgang der Antragstellerin mit ihrer Tochter eine geeignete Maßnahme im Sinne des § 18 Abs. 3 SGB VIII ist. Daher ist der Antragsgegner auch zur Mitwirkung verpflichtet. Die konkrete Ausgestaltung der Umgangsregelung obliegt dem Amtsgericht.
Der Antragsgegner kann seine Mitwirkung auch nicht unter Hinweis auf § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I verweigern. Voraussetzung wäre, dass die Antragstellerin ihrer Mitwirkungspflicht nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachgekommen wäre und sie hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert hätte. Nach Satz 2 der Norm gilt dies entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen.
Die Verweigerung der Mitwirkung an der Begleitung des Umgangs auf Grundlage von § 66 SGB I scheitert vorliegend bereits daran, dass der Antragsgegner die Voraussetzungen der Norm nicht erfüllt hat. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist. Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner die Antragstellerin auf die Folgen einer fehlenden Mitwirkung hingewiesen hat. Derartiges hat der Antragsgegner weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren vorgetragen. Auch aus den Behördenakten wird eine derartige schriftliche Ankündigung nicht ersichtlich. Damit war eine Verweigerung auf Grundlage des § 66 SGB I schon aufgrund formeller Mängel nicht möglich.
Selbst wenn der Antragsgegner § 66 Abs. 3 SGB I beachtet hätte, würde dies dennoch seine Pflicht zur Mitwirkung an der Umgangsbegleitung nicht ausschließen. Der Antragsgegner trägt in diesem Zusammenhang vor, die Antragstellerin verweigere eine vom Familiengericht Schweinfurt eingeforderte weitere Haarprobe. Es besteht im Rahmen des § 60 SGB I allerdings keine Pflicht der Antragstellerin, für die von ihr beantragten Leistungen im Rahmen des § 18 Abs. 3 SGB VIII eine Haarprobe abzugeben. Der Antragsgegner hat eine Rechtsgrundlage für eine derartige Forderung nicht dargelegt, auch sonst ist eine solche für das Gericht nicht ersichtlich. Die Antragstellerin hat im Rahmen des familiengerichtlichen Verfahrens die Möglichkeit, aufgrund der Abgabe einer freiwilligen weiteren Haarprobe die Umgangsregelungen zu ihren Gunsten möglicherweise zu verbessern. Selbst das Familiengericht hat eine derartige Pflicht der Antragstellerin nicht ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund ist erst recht der Antragsgegner nicht dazu befugt, die Abgabe einer Haarprobe zu verlangen. Im Übrigen ist für das Verwaltungsverfahren im Rahmen des § 18 SGB VIII die Abgabe einer Haarprobe nicht erforderlich. Dieses Verfahren betrifft die Unterstützung des Umgangs und nicht den Nachweis einer Alkoholabstinenz der Antragstellerin. Soweit der Antragsgegner in seinem Schreiben an die Antragstellerin vom 7. März 2018 darlegt, dass der Antragstellerin nach Abgabe der Haarprobe und einer negativen Testung auf Alkohol der Umgang vom Amtsgericht wohl unbegleitet bzw. mit reiner Übergabebegleitung genehmigt würde, ist dies für das vorliegende Verfahren unbeachtlich. Eine mögliche Lockerung der Umgangsregelung im Sinne der Antragstellerin aufgrund der Abgabe einer weiteren Haarprobe ist zudem rein spekulativ. Es ist nicht Aufgabe des Antragsgegners, mögliche Entscheidungen des Familiengerichts vorwegzunehmen. Im Übrigen ist es gar nicht möglich, den weiteren Verlauf des Umgangsverfahrens hinreichend sicher zu beurteilen. Dieser hängt im Wesentlichen vom weiteren Verhalten beider Beteiligten im Rahmen des Verfahrens 3 F 523/16 ab.
Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis daher der Auffassung, dass der begleitete Umgang der Antragstellerin mit ihrer Tochter im vorliegenden Fall geeignet ist und dem Kindeswohl von F. am ehesten entspricht. Da nicht ersichtlich ist, dass andere Begleiter in Frage kommen bzw. sonst benannt wurden, ist der Antragsgegner verpflichtet, zum Wohle einer Mutter-Kind-Beziehung und im Hinblick auf Art. 6 Abs. 2 GG an der Begleitung des Umgangs mitzuwirken.
Da für das Vorliegen eines atypischen Falles nichts ersichtlich ist, führt die Erfüllung des Tatbestandes von § 18 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB VIII zur Pflicht des Antragsgegners, im Rahmen der Umgangsregelung des Amtsgerichts Schweinfurt an der Begleitung mitzuwirken. Damit liegt ein Anordnungsanspruch vor, die einstweilige Anordnung war zu erlassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO gerichtskostenfrei.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO war abzulehnen. Die Antragstellerin hat im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nicht glaubhaft gemacht, nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen zu können. Zwar legte die Antragstellerin ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bei. Diese Kopie datiert allerdings auf den 23. Juni 2016. Die Antragstellerin hat im Rahmen des Formblattes ihren früheren Nachnamen angegeben. Das Feld mit „Familienstand“ hat sie nicht ausgefüllt. Dementsprechend hat sie auch nicht ausgefüllt, ob ihr Ehegatte eigene Einnahmen hat und dementsprechend auch keine Nachweise vorgelegt. Im Verfahren 3 F 523/16 hat die Bevollmächtigte der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 17. Juli 2017 allerdings selbst ausgeführt, die Antragstellerin sei zwischenzeitlich wieder verheiratet und finde Halt und Stütze in ihrem Ehemann. Im Übrigen hat die Antragstellerin im Rahmen des Verfahrens 3 F 523/16 ihren Nachnamen zwischenzeitlich geändert. Damit hat die Antragstellerin ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht plausibel dargelegt. Sie hat weder Angaben zu ihrer offensichtlich zum Zeitpunkt des Antrages am 5. Oktober 2018 bestehenden Ehe gemacht, noch hat sie Angaben dazu gemacht, inwiefern ihr Ehemann eigene Einnahmen hat. Damit war der Antrag auf Prozesskostenhilfe unabhängig von der Frage der Erfolgsaussicht abzulehnen.


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