Familienrecht

Einstweiliger Rechtsschutz – Versäumung der Beschwerdefrist

Aktenzeichen  L 11 AS 90/17 B ER

Datum:
9.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGG SGG § 64 Abs. 2, Abs. 3, § 67, § 172, § 173
ZPO ZPO § 174

 

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 67 SGG. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 18 AS 566/16 ER 2016-12-19 Bes SGWUERZBURG SG Würzburg

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 19.12.2016 wird verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.
Streitig ist die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld – Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die Antragstellerin (ASt) stellte erstmals am 29.10.2015 beim Antragsgegner (Ag) einen Antrag auf Alg II, den dieser mit Bescheid vom 13.01.2016 ablehnte. Auch einem neuen Antrag vom 23.05.2016 entsprach der Ag nicht (Bescheid vom 08.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2016). Über die dagegen erhobene Klage beim Sozialgericht Würzburg (SG) ist bislang nicht entschieden (S 18 AS 555/16).
Unter Vorlage einer Vollmacht der ASt vom 21.11.2016 hat der VDK beim SG am 02.12.2016 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Mit Beschluss vom 19.12.2016, dem VDK ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 20.12.2016 zugestellt, hat das SG den Antrag abgelehnt. Dem Beschluss war eine Rechtsmittelbelehrungbeigefügt, wonach die Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) statthaft ist und diese binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses einzulegen ist.
Am 23.01.2017 hat die ASt beim LSG Beschwerde eingelegt. Sie habe den Beschluss erst am 23.12.2016 erhalten und nach der Rechtsbehelfsbelehrung:habe sie vier Wochen nach Zustellung Zeit, Widerspruch einzulegen. Nach Abzug der Feiertage sei die Beschwerde fristgerecht. Weiter bitte sie um Wiedereinsetzung, da der VDK von ihr Geld zur weiteren Bearbeitung gefordert habe, welches ihr nicht zur Verfügung gestanden habe. Auch eine Bürgerinitiative habe trotz mehrmaliger Hinweise Fristen verstreichen lassen, ohne dass sie eine adäquate Hilfe bekommen hätte.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die Akten des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die gegen den Beschluss des SG statthafte Beschwerde (§ 172 Sozialgerichtsgesetz – SGG) ist unzulässig, da sie nicht fristgerecht erhoben worden ist (§ 173 SGG).
Nach § 173 Satz 1 1.HS SGG ist die Beschwerde binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem LSG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 173 Satz 2 SGG).
Der Beschluss des SG ist dem Bevollmächtigen der ASt am 20.12.2016 – mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung(§ 66 SGG) – durch Empfangsbekenntnis (§ 63 Abs. 2 Satz 1 SGG iVm § 174 Abs. 1 und Abs. 2 Zivilprozessordnung -ZPO-) wirksam zugestellt worden. Ausweislich der Vollmacht vom 21.11.2016 war der VDK zur Vertretung der ASt bevollmächtigt, weshalb nach § 172 Abs. 1 ZPO an diesen zuzustellen war. Damit begann die einmonatige Beschwerdefrist am 21.12.2016 (§ 64 Abs. 1 SGG) und lief am Freitag, dem 20.01.2017, ab (§ 64 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 SGG). Die Beschwerde ist jedoch erst am 23.01.2017 beim LSG per Fax eingelegt worden und damit verspätet eingegangen.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG kommt nicht in Betracht, denn die ASt war nicht ohne ihr Verschulden gehindert gewesen, diese Frist einzuhalten. Entgegen den Angaben der ASt ist in der Rechtsmittelbelehrungdes SG kein Hinweis auf eine Frist von vier Wochen oder die Verlängerung der Frist bei zwischenzeitlichen Feiertagen enthalten. Ebenso ist nach obigen Ausführungen alleine auf die Zustellung an den Bevollmächtigten der ASt abzustellen. Nach eigenen Angaben hat die ASt den Beschluss auch am 23.12.2016 selbst erhalten, so dass es ihr zu diesem Zeitpunkt ohne weiteres möglich gewesen wäre, fristgerecht Beschwerde einzulegen. Eines Bevollmächtigten bedarf es hierfür nicht. So hat die ASt dann – wenn auch verspätet – selbst Beschwerde eingelegt, so dass ihr diese Möglichkeit bekannt gewesen ist, zumal weitere Anforderungen auch zutreffender weise in der Rechtsmittelbelehrungdes SG nicht enthalten sind. Weitere Wiedereinsetzungsgründe sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
Nach alledem war die Beschwerde der ASt zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).


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