Familienrecht

Erhebung eines pauschalen Kurbeitrags von einem Zweitwohnungsinhaber und seinen Angehörigen

Aktenzeichen  M 10 K 15.1340

Datum:
3.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayKAG BayKAG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3 S. 3, Art. 7 Abs. 2 S. 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. b
BGB BGB § 1353, § 1626
GG GG Art. 6 Abs. 1
LPartG LPartG § 1 Abs. 1 S. 1, § 2, § 11 Abs. 1
AO AO § 15

 

Leitsatz

1 Die durch Satzung (Art. 2 Abs. 1 BayKAG) zu regelnde Erhebung eines pauschalen Kurbeitrags von einem Zweitwohnungsinhaber in einem Kurgebiet (Art. 7 Abs. 2 S. 5 BayKAG) setzt voraus, dass die Gemeinde die Pauschalierung aufgrund von belastbaren Daten vornimmt. Für die Ermittlung dieser Daten ist der Gemeinde zwar ein Beurteilungsspielraum eröffnet. Es ist jedoch eine die Realität abbildende, zeitnahe und auf aktuelle Umstände bezogene Datenerhebung zu verlangen. Eine reine Orientierung an den Nachbargemeinden lässt sich nicht als Grundlage für die Ermittlung der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer verwenden (Weiterentwicklung von BayVGH BeckRS 1999, 22951).  (redaktioneller Leitsatz)
2 Die undifferenzierte Ausdehnung des pauschalen Kurbeitrags auf Ehegatten des Zweitwohnungsinhabers ist unzulässig. Insbesondere sind einerseits dauernd getrennt lebende Ehegatten aus der Pauschalierungsregelung herauszunehmen; andererseits sind dauernd in Lebensgemeinschaft lebende Lebenspartner in die Regelung einzubeziehen. (redaktioneller Leitsatz)
3 Eine uneingeschränte Einbeziehung aller weiteren Angehörigen des Zweitwohnungsinhabers (Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. b BayKAG iVm § 15 AO) in den pauschalierten Kurbeitrag ist rechtswidrig. Namentlich dürfen Kinder nur insoweit einbezogen werden, als sie dem Haushalt des Beitragspflichtigen einkommensteuerrechtlich zuzuordnen sind, was vor allem bei jüngeren Kindern der Fall ist.   (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Beitragsbescheide der Beklagten vom 21. Oktober 2013 in der Fassung der Widerspruchsbescheide des Landratsamts … vom 19. März 2015 werden aufgehoben.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Gründe

Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Parteien konnte über die Klagen ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässigen Klagen haben auch in der Sache Erfolg.
Die vier Kurbeitragsbescheide vom 21. Oktober 2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide des Landratsamts … vom 19. März 2015 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Den angefochtenen Kurbeitragsbescheiden fehlt eine wirksame Rechtsgrundlage.
1. Nach Art. 7 Bayerisches Kommunalabgabengesetz (KAG) können Gemeinden, die ganz oder teilweise als Heilbad, Kneippheilbad, Kneippkurort, Schrothheilbad, Schrothkurort, heilklimatischer Kurort, Luftkurort oder Erholungsort anerkannt sind, im Rahmen der Anerkennung zur Deckung ihres Aufwands für ihre Einrichtungen und Veranstaltungen, die Kur- oder Erholungszwecken dienen, einen Beitrag erheben. Dieser Beitrag ist nach Art. 2 Abs. 1 KAG aufgrund einer besonderen Abgabesatzung der Gemeinde zu erheben, wobei die Satzung die Schuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab, den Satz der Abgabe sowie Entstehung und Fälligkeit der Abgabeschuld bestimmen muss.
Nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 KAG sind alle Personen kurbeitragspflichtig, die sich in dem nach Art. 7 Abs. 1 KAG anerkannten Gebiet zu Kur- oder Erholungszwecken aufhalten, ohne dort ihre Hauptwohnung im Sinn des Melderechts zu haben, und denen die Möglichkeit zur Benutzung der Einrichtungen und zur Teilnahme an den Veranstaltungen geboten ist. Nach Art. 7 Abs. 2 Satz 7 KAG können die Gemeinden für Inhaber von Zweitwohnungen in der Abgabesatzung eine pauschale Abgeltung des Kurbeitrags vorschreiben, die sich an der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer der Zweitwohnungsinhaber in der Gemeinde zu orientieren hat.
Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte durch die Kurbeitragsatzung vom 28. November 2007 (im Folgenden: KBS) Gebrauch gemacht.
Die Satzung leidet jedoch an erheblichen materiell-rechtlichen Mängeln hinsichtlich des Jahrespauschalkurbeitrags, die zur Unwirksamkeit der Pauschalierungsregelung führen.
a. Vorliegend fehlt es an einer belastbaren Ermittlung der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von Zweitwohnungsinhabern im Kurgebiet. Hierzu legt die Regelung in § 7 KBS, die einen pauschalierten Jahreskurbeitragssatz festsetzt, eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer eines Zweitwohnungsinhabers von 31 Tagen im Gemeindegebiet zugrunde.
Nach Art. 7 Abs. 2 Satz 5 KAG ist eine pauschale Abgeltung für Zweitwohnungsinhaber grundsätzlich möglich, die sich dabei an der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer der Zweitwohnungsinhaber zu orientieren hat. Dazu hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (U. v. 13.8.1999 – 4 B 97.973 – VGHE 53,8 bzw. juris Rn. 27 f.) ausgeführt, der Gesetzgeber sei an einer Typisierung der Kurbeitragserhebung bei Zweitwohnungsinhabern nicht durch die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung oder durch das Rechtsstaatsprinzip gehindert. Die grundsätzlich zulässige Pauschalierung habe sich aber nach dem Gesetzeswortlaut an der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von Zweitwohnungsinhabern in der Gemeinde zu orientieren. Dabei schreibe das Gesetz nicht vor, wann und auf welche Weise die Gemeinde die durchschnittliche Aufenthaltsdauer zu ermitteln habe. Für die Art der Ermittlung könnten sich unterschiedliche Methoden anbieten. Zu denken sei etwa an eine Befragung der Zweitwohnungsinhaber und der Verwalter von Anwesen, in denen sich Zweitwohnungen befänden. Außerdem könnten Erfahrungswerte berücksichtigt werden, die sich z. B. aus einer großen Anzahl von abgeschlossenen Pauschalierungsvereinbarungen mit Zweitwohnungsinhabern ergeben hätten. Schließlich stehe auch nichts dagegen, die Auskünfte von Zweitwohnungsinhabern über ihre jeweilige jährliche Aufenthaltsdauer im Kurort zu verwenden, die sie anderen Behörden gegenüber abgegeben hätten, soweit sie von der Gemeinde verwertet werden dürften. Zur Frage des Zeitpunkts der Ermittlung der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer liege es nahe, diese grundsätzlich vor Satzungserlass durchzuführen und auf etwa diesen Zeitpunkt zu beziehen. Es reiche allerdings auch aus, wenn eine nachträgliche Kalkulation, allerdings immer auf den Zeitpunkt des Satzungserlasses bezogen, die vorgefundenen oder auch nur gegriffenen Beitragssätze rechtfertigten. Zu berücksichtigen sei auch, dass Art. 7 Abs. 2 Satz 5 KAG keine mathematisch genaue Ermittlung der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer verlange. Das ergebe sich schon daraus, dass sich der pauschale Kurbeitragssatz an diesem Kriterium lediglich zu orientieren habe. Hätte der Gesetzgeber eine exakte Berechnung vorausgesetzt, hätte das im Wortlaut des Gesetzes seinen Niederschlag finden müsse. Das bedeute, dass den Gemeinden ein Beurteilungsspielraum eröffnet sei.
Hierzu hat die Beklagte mit Schreiben vom 14. Januar 2016 lediglich erläutert, dass sie sich hinsichtlich des pauschalierenden Jahreskurbeitrages für Zweitwohnungsinhaber am unteren Rand der in den Nachbargemeinden bekannten und üblichen Satzungsbestimmungen anderer Kommunen in der Region orientiere. Da eine die Realität abbildende Befragung der Zweitwohnungsinhaber nach Erfahrung der Beklagten schwerlich zu erzielen sei, habe man sich bei einer durchschnittlichen Aufenthaltszeit im Gemeindegebiet von 31 Tagen sehr weit unten orientiert. Eine Vielzahl der Gemeinden in der Region gehe von einer durchschnittlichen Aufenthaltszeit von mindestens 60 Tagen aus.
Dieser Durchschnittswert von 31 Tagen kann damit gerade nicht für die durchschnittliche Aufenthaltsdauer von Zweitwohnungsinhabern zugrunde gelegt werden.
Die reine Orientierung an den Nachbargemeinden für die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Zweitwohnungsinhaber lässt sich nicht als Grundlage für die Ermittlung der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer verwenden. Auch wenn man mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (U. v. 13.8.1999, a. a. O.) davon ausgeht, dass keine mathematisch exakte Ermittlung des durchschnittlichen Aufenthalts eines Zweitwohnungsinhabers erforderlich ist und auch den Gemeinden bzw. der Beklagten ein Beurteilungsspielraum eröffnet ist, ist trotzdem eine zeitnahe und auf aktuelle Umstände bezogene Ermittlung des durchschnittlichen Aufenthalts zu verlangen. Sich an der Pauschalierung der Nachbargemeinden zu orientieren, erscheint nicht gesetzeskonform. Auch wenn der Beklagten zuzugeben ist, dass die Ermittlung des durchschnittlichen Aufenthalts von Zweitwohnungsinhabern schwierig ist, sind doch grundsätzlich und vor einer eventuellen Abstimmung mit den Nachbargemeinden zunächst eigene Aufklärungen bzw. Ermittlungen zu verlangen. So ist es der Beklagten auch nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (a. a. O.) zuzumuten, u.U. eine Befragung der Zweitwohnungsinhaber und der Verwalter von Anwesen, in dem sich Zweitwohnungen befinden, vorzunehmen. Insoweit kann nicht von vornherein unterstellt werden, dass Zweitwohnungsinhaber unrichtige Angaben machen würden, um so die beabsichtigte Pauschalregelung nach unten zu drücken (so aber wohl kritisch VGH a. a. O., Rn. 33 in juris: erfahrungsgemäß unzuverlässige Meldungen bei der Gemeinde über die Anwesenheit in der Zweitwohnung; Unmöglichkeit der gemeindlichen Kontrolle der Anwesenheit in der Zweitwohnung). Zudem sind, abhängig von der Art der Ermittlung der Durchschnittsdauer, gewisse Unschärfen immer hinzunehmen (so schon VG München, U. v. 7.5.2015 – M 10 K 14.2190).
Zudem ist – ohne dass es hierauf aber für den vorliegenden Fall ankäme – auch für die herangezogenen Pauschalierungen der Nachbargemeinden nicht bekannt, ob und wie dort tatsächlich die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ermittelt worden ist. Auch für benachbarte Fremdenverkehrsgemeinden ist nicht auszuschließen, dass wegen der bekannten Schwierigkeiten bei der Erhebung der Aufenthaltsdauer lediglich eine annahmenbasierte Festsetzung erfolgte.
b. Weiterhin ist es nicht möglich – wie in § 7 Abs. 2 Satz 1 KBS erfolgt – die Geltung des pauschalen Jahreskurbeitrages uneingeschränkt auf Ehegatten und die Angehörigen des Zweitwohnungsinhabers auszudehnen.
aa. Nach der Rechtsprechung des BayVGH (U. v. 13.8.1999 – 4 B 97.973 – juris Rn. 32 f.; U. v. 4.5.2006 – 4 BV 06.341 – juris Rn. 19) umfasst Art. 7 Abs. 2 Satz 5 KAG zwar die Ermächtigung des Satzungsgebers, auch den Ehegatten des Zweitwohnungsinhabers zur Entrichtung des pauschalierten Jahreskurbeitrags zu verpflichten. Das für diese Auslegung herangezogene Leitbild der Ehe mit der darauf gegründeten Vermutung, dass Ehegatten die Freizeit (Urlaub und Wochenenden), in der man sich typischerweise in der Zweitwohnung aufhält, überwiegend gemeinsam verbringen, gilt auch heute noch. Schließlich würden die für Art. 7 Abs. 2 Satz 5 KAG maßgeblichen Erwägungen der Praktikabilität sowie Verwaltungsvereinfachung verfehlt, wenn für den Wohnungsinhaber der Kurbeitrag pauschaliert, für seinen Ehegatten aber nach Maßgabe seiner Meldepflicht individuell zu ermitteln wäre.
Dies zugrunde gelegt muss aber einschränkend verlangt werden, dass nicht nur ein formales Band der Ehe besteht, sondern dass es sich um eine gelebte eheliche Lebensgemeinschaft handelt. Nur dann erscheint es gerechtfertigt, unter der Annahme des herkömmlichen Leitbilds der Ehe auch den Ehegatten in die Pauschalierungsregelung miteinzubeziehen, denn nur bei einer gelebten ehelichen Lebensgemeinschaft kann angenommen werden, dass die Ehegatten regelmäßig gemeinsam und gleichzeitig die Zweitwohnung nutzen.
Damit ist zu verlangen, dass als Korrektiv in der Tatbestandsvoraussetzung des § 7 Abs. 2 KBS für die Pauschalierungsregelung des Ehegatten eingefügt wird, dass die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben. Auch § 1353 Abs. 2 BGB geht davon aus, dass ein Ehegatte nicht verpflichtet ist, dem Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn u. a. die Ehe gescheitert ist, also keine Lebensgemeinschaft mehr besteht. Insoweit sind auch eingehende weitere zivilrechtliche Regelungen in § 1361 bis § 1361 b) BGB für getrenntlebende Ehegatten getroffen.
Die undifferenzierte Einbeziehung eines Ehegatten, gleich ob in Lebensgemeinschaft oder dauernd getrenntlebend, führt damit ebenfalls zur Fehlerhaftigkeit der getroffenen Regelung. Es ist nicht gerechtfertigt, auch dauernd getrenntlebende Ehegatten zu einem pauschalen Jahreskurbeitrag heranzuziehen, da bei diesen gerade wegen des dauernden Getrenntlebens sehr viel dafür spricht, dass sie die Zweitwohnung nicht mehr zusammen mit dem zweitwohnungsinnehabenden Ehegatten nutzen (vgl. VG München, U. v. 7.5.2015 – M 10 K 14.2190).
Darüber hinaus fehlt es an einer Gleichstellung der Lebenspartner mit den Ehegatten. Das Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft vom 16. Februar 2001 (BGBl I 266), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 20. Juni 2014 (BGBl I 786), sieht insoweit eine Gleichstellung der Lebenspartner mit verehelichten Partnern vor, die § 1353 Abs. 1 BGB weitgehend angenähert ist. Nach § 1353 Abs. 1 BGB wird die Ehe auf Lebenszeit geschlossen; die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet und tragen füreinander Verantwortung. Entsprechendes regelt § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 2 Lebenspartnerschaftsgesetz. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Lebenspartnerschaftsgesetz erklären zwei Personen gleichen Geschlechts, miteinander eine Partnerschaft auf Lebenszeit führen zu wollen. § 2 Lebenspartnerschaftsgesetz regelt, dass die Lebenspartner einander zur Fürsorge und Unterstützung sowie zur gemeinsamen Lebensgestaltung verpflichtet sind und für einander Verantwortung tragen. § 11 Abs. 1 Lebenspartnerschaftsgesetz regelt, dass ein Lebenspartner als Familienangehöriger des anderen Lebenspartners gilt, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist (vgl. grundlegend hierzu BVerfG, B. v. 7.5.2013 – 2 BvR 909.06 u. a. – BVerfGE 133, 377, wonach sowohl Ehe als auch eingetragene Lebenspartnerschaft in vergleichbarer Weise verbindlich gefasste Lebensformen darstellen, die in ihren Grundstrukturen bereits seit der Einführung der Lebenspartnerschaft nur wenige Unterschiede aufweisen. Auch der Gesetzeszweck, Ehen als Gemeinschaften des Erwerbs und Verbrauchs unabhängig von der Einkommensverteilung steuerlich gleich zu behandeln, rechtfertige eine Privilegierung der Ehe gegenüber der eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht. Eine steuerliche Schlechterstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft – dort: hinsichtlich des Splittingverfahrens nach dem EStG – sei nicht gerechtfertigt, da das Lebenspartnerschaftsgesetz den Partnern ebenfalls eine solche Gestaltungsfreiheit zuerkenne und von der Gleichwertigkeit von Familienarbeit und Erwerbstätigkeit ausgehe.).
Insoweit greifen dieselben Überlegungen für Lebenspartner, wie sie für die über den Gesetzeswortlaut hinaus begründete Einbeziehung des Ehegatten in die Kurbeitragspauschale angestellt werden. Auch der Landesgesetzgeber hat mittlerweile im Kommunalabgabengesetz eine Gleichstellung vorgenommen. So ist in Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG geregelt, dass bei nicht dauernd getrenntlebenden Ehegatten und Lebenspartnern die Summe der positiven Einkünfte 37.000 Euro beträgt. Dies ist zwar eine Einzelfallregelung für die Voraussetzungen, unter denen eine Zweitwohnungsteuer aufgrund der wirtschaftlich eingeschränkten Situation eines Zweitwohnungsinhabers nicht erhoben wird. Gleichwohl zeigt die Einfügung mit der Gleichstellung nicht dauernd getrenntlebender Ehegatten und Lebenspartner, dass diese familienrechtlichen Bindungen auch im Abgabenrecht Anwendung finden sollen. Dies hat auch für eine Pauschalierungsregelung wie hier in § 7 Abs. 1 KBS Eingang zu finden.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (B. v. 16.5.1990 – 8 B 170.89 – NVwZ-RR 1991, 320), wonach Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gerade keine Gleichbehandlung mit Ehegatten verlangen können, erging zu einer Zeit, als das Lebenspartnerschaftsgesetz noch nicht in Kraft getreten war und ist für heute eingetragene Lebenspartner ohne Belang.
Hinzu kommt, dass wechselweise Ehegatten gegenüber Lebenspartnern und Lebenspartner gegenüber Ehegatten entweder besser oder schlechter behandelt würden. Wenn sich ein Ehegatte bei Pauschalierung weniger Tage als die durchschnittliche Aufenthaltsdauer aufhielte, würde er gegenüber einem nicht pauschal herangezogenen Lebenspartner, der sich weniger als die durchschnittliche Aufenthaltsdauer aufhält, schlechter gestellt; umgekehrt würde ein Ehegatte besser gestellt als ein Lebenspartner, wenn sich der Ehegatte im Rahmen der Pauschalierung länger als die angenommenen 31 Tage Durchschnittsaufenthalt aufhielte als ein nicht in die Pauschalierung einbezogener Lebenspartner (vgl. zum Ganzen wiederum VG München, U. v. 7.5.2015 – M 10 K 14.2190).
Auch aufgrund der fehlenden Miteinbeziehung eines Lebenspartners in die Regelung der Pauschalierung für Ehegatten ist § 7 Abs. 2 KBS nichtig.
bb. Ebenso ist die Regelung des § 7 Abs. 2 KBS nichtig, soweit sie den pauschalierten Jahreskurbeitrag auf sämtliche Angehörige des Zweitwohnungsinhabers erstreckt.
Eine vergleichbare gesetzliche Vermutung (siehe § 1626 BGB) und Lebenserfahrung wie bei der Einbeziehung des Ehegatten in den pauschalierten Jahreskurbeitrag mag noch in Bezug auf jüngere Kinder des Zweitwohnungsinhabers bestehen. Schon bei älteren Kindern zeigt sich jedoch, dass diese die Wochenenden und Ferien häufig nicht mit ihren Eltern, sondern eher im Kreise von Gleichaltrigen verbringen (vgl. BayVGH, U. v. 13.8.1999 – 4 B 97.973 – juris Rn. 33; U. v. 30.8.2008 – 4 B 05.3218 – juris Rn. 20).
Eine Einschränkung der pauschalen Abgeltung des Jahreskurbeitrages auf die dem Haushalt des Beitragspflichtigen einkommensteuerrechtlich zugeordneten Kinder hat die Beklagte in der Regelung jedoch, obwohl angezeigt, nicht vorgenommen.
Vielmehr erstreckt sich die pauschalierte Abgeltung des Jahreskurbeitrages zusätzlich auf alle Angehörigen des Zweitwohnungsinhabers. Nach der Definition in Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KAG i. V. m. § 15 AO zählen zu den Angehörigen über die Ehegatten und die Kinder hinaus auch Verlobte, alle Verwandten und Verschwägerten gerader Linie – so dass nach § 1589 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern des Zweitwohnungsinhabers umfasst sind -, Geschwister, Kinder der Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Geschwister der Eltern sowie Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder). Es erscheint aber gänzlich lebensfremd, anzunehmen, dass sämtliche Angehörigen des Zweitwohnungsinhabers mit diesem typischerweise wie der Ehegatte und die jüngeren Kinder sämtliche Freizeit verbringen. Es scheint auch so, als würde die Beklagte von diesen Angehörigen keinen pauschalierten Jahreskurbeitrag verlangen, da sie Angaben zu den weiteren Angehörigen zumindest vom Ehemann der Klägerin zu 1) nicht angefordert hat.
Da somit die Pauschalierungsregelung des § 7 KBS nichtig ist, sind die hierauf gestützten Jahreskurbeitragsbescheide an die Kläger vom 21. Oktober 2013 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamtes … vom 19. März 2015 mangels Rechtsgrundlage aufzuheben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 775,- festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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