Familienrecht

Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren bei Abhilfe durch das Grundbuchamt

Aktenzeichen  34 Wx 124/17

Datum:
9.6.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
RPfleger – 2018, 52
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG FamFG § 81 Abs. 1 S. 2, § 83 Abs. 2
GBO GBO § 74, § 75
GNotKG GNotKG § 25 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Hat das Grundbuchamt der Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung aufgrund neuer Tatsachen abgeholfen und den Eintragungsantrag vollzogen, fallen Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren nicht an.  (Rn. 14)
2. Wird nach (konkludenter) Abhilfe die gegen die Zwischenverfügung eingelegte Beschwerde ausdrücklich zurückgenommen, kann es sachgerecht sein, von der Erhebung gerichtlicher Kosten für das Beschwerdeverfahren abzusehen.  (Rn. 15)
3 Solange das Beschwerdegericht über die eingelegte Beschwerde nicht abschließend entschieden hat, kann das Grundbuchamt dem Rechtsmittel abhelfen, selbst wenn es zunächst eine Abhilfe abgelehnt und die Akten dem Beschwerdegericht vorgelegt hat. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
4 Infolge der Abhilfe wird das Beschwerdeverfahren gegenstandslos; eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts ist nicht mehr zu treffen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

– Von der Erhebung gerichtlicher Kosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen.

Gründe

– I.
Im Grundbuch sind die Beteiligten zu 2 und 3 in Erbengemeinschaft als Eigentümer von Grundbesitz mit einer Fläche von rund 1,24 ha eingetragen. Sie stehen in vertraglicher Verbindung mit der Beteiligten zu 1, einem Unternehmen der Bau- und Bauplanungsbranche, dem sie zu Urkunde vom 29.12.2010 ein Ankaufsrecht zu bestimmten Konditionen eingeräumt haben.
Zu Urkunde vom 30.5.2014 erteilten die Beteiligten zu 2 und 3 („Vollmachtgeber“) dem Geschäftsführer der Beteiligten zu 1 sowie zwei von ihm vertretenen Gesellschaften (“Bevollmächtigte“) unwiderrufliche „Vollmacht zum Verkauf und zur Belastung sowie zur Erschließung und Baureifmachung von Grundbesitz“. Hierzu ist in der Urkunde bestimmt:
Die Vollmacht ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2018 unwiderruflich. Die Widerrufsgründe aus wichtigem Grund bleiben unberührt. … Der Bevollmächtigte ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
Zu Urkunde vom 9.12.2014 bestimmten die Beteiligten zur Unwiderruflichkeit der Vollmacht:
Sobald die Herren (die Beteiligten zu 2 und 3) dem Notar schriftlich bestätigt haben oder gleichwertig nachgewiesen ist, wie der tatsächlich auf sie entfallende Reinerlösbetrag lautet und dessen Bezahlung nachweislich erfolgt ist, wird die Verwertungsvollmacht (… Urkunde vom 30.5.2014 -URNr. …-) unwiderruflich.
Unter Bezugnahme auf die notarielle Vollmacht vom 30.5.2014 vereinbarte der Geschäftsführer der Beteiligten zu 1 für diese und zugleich namens der Beteiligten zu 2 und 3 zu notarieller Urkunde vom 30.12.2016 den Kauf bzw. Verkauf bestimmter Flurstücke mit einer Gesamtfläche von 4.870 qm zu einem vom vereinbarten Basispreis von X…….. € nach Abzug und Verrechnung diverser Positionen noch zu zahlenden Betrag von XX….,XX €. Zugleich bewilligte er namens der Beteiligten zu 2 und 3 die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Beteiligten zu 1.
Gegen den Vollzug des am 5.1.2017 gemäß § 15 GBO namens aller Antragsberechtigter notariell gestellten Eintragungsantrags wandten die Beteiligten zu 2 und 3 ein, sie hätten „die Vollmacht“ aus wichtigem Grund widerrufen.
Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 30.1.2017 hat das Grundbuchamt beanstandet, dass die Übereinstimmung der im Ankauf vereinbarten Konditionen mit denjenigen, die in der Ankaufsrechtsbestellung festgelegt wurden, nicht geprüft werden könne. Weil eine Teilunentgeltlichkeit des Geschäfts im Raum stehe, die von der Verkaufsvollmacht nicht gedeckt wäre, hat es die Eintragung von einer Zustimmungserklärung der Beteiligten zu 2 und 3 abhängig gemacht.
Hiergegen hat die Beteiligte zu 1 über den Urkundsnotar Beschwerde eingelegt.
Mit notariellem Schriftsatz vom 1.6.2017 hat sie die Beschwerde zurückgenommen. Dem liegt zugrunde, dass die Eigentümer am 28.4.2017 ihre Zustimmung in grundbuchtauglicher Form erklärt haben und der Eintragungsantrag deshalb am 29.5.2017 vollzogen worden ist.
II.
1. Nach ausdrücklich erklärter Beschwerderücknahme ist nur noch eine Kostenentscheidung veranlasst.
a) Der Sache nach hat das Grundbuchamt mit der Eintragung der Auflassungsvormerkung eine – nicht als solche bezeichnete – Abhilfeentscheidung nach § 75 GBO getroffen und dabei dem Eintragungsantrag auf der Grundlage der nunmehr vorliegenden Zustimmungserklärungen stattgegeben.
Solange das Beschwerdegericht über die eingelegte Beschwerde noch nicht abschließend entschieden hat, kann das Grundbuchamt dem Rechtsmittel abhelfen. Das gilt auch dann noch, wenn es zunächst eine Abhilfe abgelehnt und die Akten dem Beschwerdegericht vorgelegt hat (Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 75 Rn. 5; Demharter GBO 30. Aufl. § 75 Rn. 7; Budde in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 75 Rn. 3).
Infolge der Abhilfe wird das Beschwerdeverfahren gegenstandslos (Hügel/Kramer § 75 Rn. 19; Budde in Bauer/von Oefele § 75 Rn. 3; Meikel/Schmidt-Räntsch GBO 11. Aufl. § 75 Rn. 13); eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts ist nicht mehr zu treffen. Einer Rücknahme des Rechtsmittels bedarf es nicht. Gerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren fallen nicht an, auch nicht nach Maßgabe der Ermäßigung nach Nr. 14511 KV GNotKG (Drempetic in Fackelmann/Heinemann GNotKG KV 14510-14530 Rn 11 f.; ders. in Schneider/Volpert/Fölsch Gesamtes Kostenrecht 2. Aufl. Nr. 14510-14530 KV GNotKG Rn. 10 f.; Korintenberg/Schneider GNotKG 20. Aufl. Nr. 14510 KV Rn. 4; Sommerfeldt in Borhmann/Diehn/Sommerfeldt GNotKG 2. Aufl. Nr. 14511 Rn. 5; Waldner in Rohs/Wedewer GNotKG Stand Dezember 2016 § 25 Rn. 6). Nichts anderes gilt, wenn die Abhilfe – wie hier – auf neuen Tatsachen, nicht aber auf einem neuen Antrag beruht (Hügel/Kramer § 75 Rn. 19).
b) Da die Beteiligte zu 1 ihr Rechtsmittel allerdings ausdrücklich zurückgenommen hat (vgl. auch Hügel/Kramer § 71 Rn. 242 f.), erscheint ein Ausspruch des Beschwerdegerichts zu den Kosten des Verfahrens angezeigt. Zwar fallen auch in diesem Fall Gerichtskosten für das Rechtsmittelverfahren unabhängig davon, dass der Beschwerde nur mit Blick auf die gemäß § 74 GBO zu berücksichtigenden, nachträglich vorgelegten Erklärungen und die dadurch veränderte Sachlage abgeholfen worden ist, nicht an (Hügel/Kramer § 73 Rn. 44). Jedoch kann dem Kostenbeamten die Prüfung nicht abverlangt werden, ob das Grundbuchamt wegen neuen Sachvortrags abgeholfen hat und die Beschwerde deshalb erfolgreich war oder ob das Grundbuchamt über einen neuen Antrag entschieden hat und die Beschwerde daher erfolglos war.
Eine nach § 25 Abs. 1 GNotKG grundsätzlich für möglich erachtete abweichende Kostenentscheidung (§ 83 Abs. 2 i. V. m. § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG) ist nicht veranlasst. Klarstellend wird ausgesprochen, dass von der Erhebung gerichtlicher Kosten für das Beschwerdeverfahren abgesehen wird, § 83 Abs. 2 i. V. m. § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG (vgl. auch Sommerfeldt in Borhmann/Diehn/Sommerfeldt GNotKG 2. Aufl. Nr. 14510 Rn. 10). Eine solche Anordnung kommt nach dem Willen des Gesetzgebers regelmäßig dann in Betracht, wenn „es nach dem Verlauf oder dem Ausgang des Verfahrens unbillig erscheint, die Beteiligten mit den Gerichtskosten des Verfahrens zu belasten“ (BT-Drucks. 16/6308 S. 215). Dies ist hier nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. auch BGH NJW-RR 2016, 200 Rn. 16) gegeben.
Die Zustimmungserklärungen der Eigentümer sind gemäß § 74 GBO als neue Tatsachen im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen (vgl. auch BayObLG NJW-RR 2001, 1654).
Weder die Kostenfolge einer Rechtsmittelrücknahme im zivilprozessualen Verfahren gemäß § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO noch der Rechtsgedanke des § 97 Abs. 2 ZPO (vgl. OLG Celle MDR 2013, 770; BT-Drucks. 16/6308 S. 215) rechtfertigen hier eine andere Sicht. Zwar hätte die Beschwerde bei unveränderter Sachlage voraussichtlich schon deshalb keinen Erfolg gehabt, weil – worauf das Grundbuchamt allerdings nicht abgestellt hat – die Ausgestaltung der Vollmacht als unwiderruflich mit dem Urkundeninhalt nicht nachgewiesen sein dürfte und aus tatsächlichen Gründen Zweifel am Fortbestand der Verkaufsvollmacht bestanden haben. Die Beteiligte zu 1 hat jedoch vorrangig im eigenen wirtschaftlichen Interesse an der erstrebten baldigen Sicherung letztlich auf eine Überprüfung der erstinstanzlichen Rechtsmeinung verzichtet und dadurch eine zweitinstanzliche Befassung mit dem in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht komplexen Fall entbehrlich gemacht.
c) Im Übrigen bedarf es keines Ausspruchs zur Kostentragungspflicht nach §§ 83 Abs. 2, 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG, denn die Beschwerdegegner haben sich am Rechtsmittelverfahren nicht mit entgegengesetzten Anträgen beteiligt.
2. Unter diesen Umständen ist auch eine Geschäftswertfestsetzung nicht erforderlich (§ 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG).
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG): Übergabe an die Geschäftsstelle am 12.06.2017.


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