Familienrecht

Terminsgebühr bei Telefonat über Reaktionsmöglichkeiten des Mandanten auf ein bereits eingetretenes erledigendes Ereignis

Aktenzeichen  3 W 923/17

Datum:
6.6.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 114014
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
RPflG § 11 Abs. 1
ZPO § 91a, § 104 Abs. 3 S. 1, § 567 Abs. 2 S. 2
VV 3104 RVG
VV RVG Vorbemerkung 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2

 

Leitsatz

Für den Anfall einer Terminsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2, VV 3104 RVG reicht es aus, wenn anlässlich eines Telefonats zwischen dem Mandanten und seinem Rechtsanwalt darüber gesprochen wird, wie der Mandant auf eine vom Gegner bereits abgegebene Unterlassungserklärung reagieren könne. Es ist unerheblich, ob dieses Telefonat zu einer Absprache geführt hat oder ursächlich für die spätere Verfahrensbeendigung war und dass mit Abgabe der Unterlassungserklärung das erledigende Ereignis bereits vor dem Telefonat eingetreten war. (Rn. 5 – 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

11 O 5311/16 2017-01-18 Kostenfestsetzungsbeschluss LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18.01.2017, Az. 11 O 5311/16, wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert beträgt 547,20 €.

Gründe

I.
Mit Beschluss vom 18.01.2017 hat das Landgericht Nürnberg-Fürth die vom Antragsgegner an den Antragsteller zu erstattenden Kosten auf 1.389,40 € festgesetzt. Dabei hat es die vom Antragsteller geltend gemachte 1,2 Terminsgebühr in Höhe von 547,20 € aus Nr. 3104 VV RVG nach Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG aus einem Streitwert von 7.500,00 € für erstattungsfähig gehalten. Der Antragstellervertreter habe in seinem Schriftsatz vom 24.10.2016 glaubhaft dargelegt, dass das vorgetragene Telefonat der Prozessbevollmächtigten der Parteien nach der abgegebenen Unterlassungserklärung nicht nur formelle Absprachen zum Gegenstand gehabt habe.
Gegen diesen, ihm am 25.01.2017 zugestellten. Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 07.02.2017 eingegangenen sofortigen Beschwerde. Er beanstandet, dass die Rechtspflegerin von einem Telefonat zur Erledigterklärung durch beide Prozessbevollmächtigten ausgegangen sei. Der Rechtstreit sei nämlich bereits durch die Abgabe der Unterlassungserklärung durch den Antragsgegner erledigt gewesen. Allein der Antragsteller habe noch entscheiden müssen, wie er mit dieser prozessualen Situation umgehen wolle. Eine Absprache hierzu sei nicht getroffen worden. Die Terminsgebühr gemäß VV RVG Vorb. 3 Abs. 3 sei daher nicht angefallen.
Die Rechtspflegerin hat der Beschwerde mit Beschluss vom 08.05.2017 nicht abgeholfen.
II.
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 2 S. 2 ZPO, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, § 569 ZPO. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
a) Zutreffend ist die Rechtspflegerin davon ausgegangen, dass die Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG nach Vorb. 3 Abs. 3 HS 1 Fall 3, S. 3 Nr. 2 VV RVG u.a. für die Mitwirkung an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen entsteht. Ausreichend hierfür ist jede auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung (Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., Vorb. 3 Rn. 58, 68 m.w.N.). Mit der Regelung der Terminsgebühr soll nämlich ein Anreiz dafür geschaffen werden, dass der Anwalt nach seiner Bestellung in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beiträgt. Hierfür können grundsätzlich telefonische Besprechungen ausreichend sein (BGH, Beschluss vom 06.03.2014, Az.: VII ZB 40/13, BeckRs 2014, 07866), wobei unerheblich ist, ob das Gespräch zunächst aus anderem Anlass begonnen wurde und bei dieser Gelegenheit die Möglichkeit einer Erledigung des Verfahrens erörtert wird (Mayer/Kroiß a.a.O. Rn. 65 f). Eine außergerichtliche Erledigungsbesprechung kann eine Terminsgebühr auch schon dann auslösen, wenn bestimmte Rahmenbedingungen für eine mögliche Einigung abgeklärt und/oder unterschiedliche Vorstellungen über die Erledigung ausgetauscht werden. Dabei ist ausreichend, wenn sich der Gesprächspartner an der außergerichtlichen Erledigung des Rechtsstreits interessiert zeigt (BGH NJW-RR 2007, 1578 f). Auch kommt es nicht darauf an, ob die Besprechung erfolgreich oder der Anruf ursächlich für eine spätere Verfahrensbeendigung war.
b) Nach diesen Maßgaben ist eine Terminsgebühr wegen der telefonischen Besprechung vom 30.08.2016 angefallen.
Wie der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners in der Beschwerdebegründung (Seite 2, Bl. 64 d. A.) ausführt, wurde anlässlich dieses Telefonats kurz darüber gesprochen, wie der Antragsteller adäquat auf die neue prozessuale Situation (nach Abgabe der Unterlassungserklärung) reagieren könne. Das reicht für den Anfall einer Terminsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 i.V.m. Nr. 3104 RVG W aus, unabhängig davon, ob das Gespräch zu einer Absprache geführt hat oder ursächlich für die spätere Verfahrensbeendigung war. Der Gebührentatbestand erfordert lediglich, dass eine Besprechung, die auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet ist, stattfindet (Mayer/Kroiß a.a.O. Rn. 64).
Dem steht nicht entgegen, dass mit Abgabe der Unterlassungserklärung das erledigende Ereignis bereits vor dem Anruf des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers eingetreten war. Denn gebührenrechtlich muss zwischen dem erledigenden Ereignis und den prozessrechtlichen Erledigungserklärungen nicht unterschieden werden. Eine Besprechung kann in beiden Fällen auf eine „Erledigung des Verfahrens“ gerichtet sein. Dies gilt zwanglos für die Erörterung eines noch herbeizuführenden erledigenden Ereignisses. Aber auch eine Besprechung nach Eintritt eines -nicht zuvor erörterten – erledigenden Ereignisses kann auf eine Erledigung des Verfahrens gerichtet sein. Denn der Eintritt des erledigenden Ereignisses „erledigt“ verfahrensrechtlich den Rechtsstreit nicht automatisch. Hierzu bedarf es noch eines Einverständnisses beider Prozessbeteiligter. Der Streitgegenstand reduziert sich erst mit beiderseitiger Erledigungserklärung gemäß § 91a ZPO auf die Kosten (KG, Beschluss v. 21.02.2007, 5 W 24/06, BeckR S2007, 04138 m.w.N.). Eine Beendigung des Verfahrens tritt erst mit übereinstimmender Erledigungserklärung beider Parteien ein.
Damit oblag es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht allein dem Antragsteller, wie mit der Erledigungslage umzugehen war. Denn der Antragsgegner war nicht gezwungen sich einer Erledigungserklärung anzuschließen (Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 91a Rdn. 1). Hätte er dies nicht getan, wäre die Hauptsache Streitgegenstand geblieben und das Verfahren fortzusetzen gewesen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob für das gerichtliche Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist oder nicht, wie nach der Neufassung der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 i.V.m. Nr. 3104 RVG W durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 23. Juli 2013 (BGBl I S. 2586) klargestellt ist (BGH, MDR 2017, 607 ff., Rn. 6 mit Hinweisen zum früheren Meinungsstreit).
Unter diesen Umständen war das telefonische Hinwirken des Antragstellervertreters auf eine einvernehmliche Erledigungserklärung gebührenrechtlich nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG zu begünstigen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
3. Der Beschwerdewert ergibt sich aus den von der Beschwerde beanstandeten, nicht für erstattungsfähig erachteten Kosten.


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