Familienrecht

Unterhalt, Mindestunterhalt, Festsetzung, Aufwendungen, Umgangskosten, Antragsgegner, Entfernung, Antragsteller, Unterhaltsrecht, Beweis, Unterlagen, Einbeziehung, Anwendung, Sachvortrag, berufsbedingte Aufwendungen

Aktenzeichen  002 F 185/21

Datum:
4.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 47275
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Bad Kissingen
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an den Antragsteller … zu Händen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters ab dem 01.08.2021 einen monatlichen, jeweils monatlich im Voraus fälligen Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts gemäß § 1612 a Abs. 1 BGB der jeweiligen Altersstufe, derzeit dritte Altersstufe, gemindert um das hälftige Kindergeld für ein erstes Kind, derzeit 109,50 €, damit derzeit 418,50 €, bis zum 3. eines Monats zu bezahlen.
2. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an den Antragsteller …, zu Händen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters ab dem 01.08.2021 einen monatlichen, jeweils monatlich im Voraus fälligen Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts gemäß § 1612 a Abs. 1 BGB der jeweiligen Altersstufe, derzeit zweite Altersstufe, gemindert um das hälftige Kindergeld für ein zweites Kind, derzeit 109,50 €, damit derzeit 341,50 €, bis zum 3. eines Monats zu bezahlen.
3. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an den Antragsteller …, zu Händen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters rückständigen Kindesunterhalt für den Zeitraum vom 01.03.2021 bis 31.07.2021 in Höhe von 1.707,50 € zu bezahlen.
4. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an den Antragsteller …, zu Händen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters rückständigen Kindesunterhalt für den Zeitraum vom 01.03.2021 bis 31.07.2021 in Höhe von 707,50 € zu bezahlen.
5. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
6. Der Verfahrenswert wird auf 8.879,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsgegner ist der Vater der am 13.08.2009 bzw. am 02.06.2011 geborenen Antragsteller. Die Antragsteller leben getrennt vom Antragsgegner im Haushalt ihrer gesetzlichen Vertreterin. Die Antragsteller verfolgen mit ihrem Antrag die Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts beginnend ab dem 01.03.2021 und haben daher beantragt.
1. Der Antragsgegner hat an den Antragsteller zu 1. zu Händen seiner gesetzlichen Vertreterin für die Zeit vom 01.03.2021 bis 31.03.2021 rückständigen Unterhalt in Höhe von 341,50 € zu zahlen.
2. Der Antragsgegner hat an den Antragsteller zu 1. zu Händen seiner gesetzlichen Vertreterin mit Wirkung ab dem 01.04.2021 monatlichen Unterhalt in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts nach der 2. Altersstufe, ab dem 01.08.2021 nach der 3. Altersstufe jeweils abzüglich des auf den Antragsteller zu 1. entfallenden hälftigen Kindergeldes, mithin derzeit monatlich 341,50 € zu zahlen, zahlbar jeweils im Voraus bis zum 3. eines Monats.
3. Der Antragsgegner hat an den Antragsteller zu 2. zu Händen seiner gesetzlichen Vertreterin für die Zeit vom 01.03.2021 bis 31.03.2021 rückständigen Unterhalt in Höhe von 341,50 € zu zahlen.
4. Der Antragsgegner hat an den Antragsteller zu 2. zu Händen seiner gesetzlichen Vertreterin mit Wirkung ab dem 01.04.2021 monatlichen Unterhalt in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts nach der 2. Altersstufe abzüglich des auf den Antragsteller zu 2. entfallenden hälftigen Kindergeldes, mithin derzeit monatlich 341,50 € zu zahlen, zahlbar jeweils im Voraus bis zum 3. eines Monats.
Der Antragsgegner hat
Antragsabweisung beantragt.
Der Antragsgegner behauptet in Höhe des Mindestunterhalts nicht leistungsfähig zu sein. Er meint insoweit dass seine derzeitige berufliche Tätigkeit über eine Zeitarbeitsfirma mit einer täglichen Arbeitszeitbegrenzung auf 7 Stunden, bei einem Stunden-Bruttolohn von 10,45 € für ihn als ungelernte Kraft insoweit bereits erschöpfend sei und ihm auch eine weitergehende Tätigkeit nicht zuzumuten sei, vermeintlich schon aus medizinischen Gründen. Darüber hinaus vertritt der Antragsgegner die Meinung, dass seine Aufwendungen für Fahrten zur Arbeitsstätte bei einer einfachen Entfernung von 22 km in voller Höhe einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, ebenso wie erhöhte Aufwendungen für die Wahrnehmung des Umgangsrechts mit den Antragstellern alle 14 Tage wobei hier eine einfache Fahrtstrecke von 68 km jeweils doppelt zurückzulegen ist. Entsprechend vertritt der Antragsgegner die Meinung, dass bei ihm überhaupt keine Leistungsfähigkeit bestünde.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einbeziehung des Akteninhalts, insbesondere der vorgelegten Unterlagen und Dokumente.
II.
Der zulässige Antrag ist begründet.
Der Antragsgegner ist gemäß § 1601 BGB dem Grunde nach zum Unterhalt gegenüber den Antragstellern verpflichtet. Die Höhe des Unterhaltes richtet sich hier vorrangig nach § 1612 a BGB, da durch die Antragsteller lediglich der insoweit gesetzliche Mindestunterhalt geltend gemacht wird. Da im Rahmen des Mindestunterhaltes die Leistungsfähigkeit in entsprechender Höhe zunächst vermutet wird, obläge es dem Antragsgegner seine Leistungsunfähigkeit unter besonderer Berücksichtigung der ihn treffenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit darzulegen und unter Beweis zu stellen. Dem ist der Antragsgegner vorliegend nicht annähernd nachgekommen. Die Einlassungen und Ausführungen des Antragsgegners beschränken sich lediglich darauf zu behaupten, dass die von ihm tatsächlich ausgeübte Tätigkeit nicht ausreichend ist um den Mindestunterhalt zu decken. Der Antragsgegner lässt dabei jedoch vollkommen offen, was er denn unternommen habe um eine besser bezahlte Arbeitsstelle zu finden um den Mindestunterhalt zu decken. Dabei muss der Antragsgegner berücksichtigen, dass unter besonderer Berücksichtigung der gesteigerten Erwerbsobliegenheit, er alles in seiner Macht stehende tun muss um im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten eine maximale Leistungsfähigkeit bis zur Höhe des Mindestunterhalts zu erreichen. Die Ausführungen zur arbeitszeitlichen Begrenzung seiner derzeitigen Tätigkeit auf höchstens 7 Stunden werktäglich sind dabei unbeachtlich. Der Antragsgegner wäre vielmehr gehalten eine Tätigkeit aufzunehmen, im Rahmen derer er zumindest im Rahmen des gesetzlich zulässigen, gegebenenfalls durch Aufnahme einer weiteren Nebentätigkeit, von bis zu 48 Stunden arbeitet, bei entsprechender Entlohnung. Auch die Ausführungen des Antragsgegners zu etwaigen medizinischen Gründen, welche gegen eine Ausweitung der beruflichen Tätigkeit sprechen würden, sind insoweit unzureichend. Der Antragsgegner hätte hierbei substantiiert darlegen müssen aufgrund welcher medizinischen Einschränkungen er der Meinung ist, dass eine weitergehende Berufstätigkeit nicht ausgeübt werden kann, gleich welcher Art, und dies gegebenenfalls auch unter Beweis stellen müssen. Da dem nicht nachgekommen ist, musste das Gericht in der Entscheidung dann davon ausgehen, dass der Antragsgegner dem Grunde nach in Höhe des Mindestunterhalts leistungsfähig ist.
Erst im Weiteren wäre dann zu prüfen gewesen, inwieweit berufsbedingte Aufwendungen einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, bzw. übermäßige Umgangskosten. Auch wenn es insoweit für die Entscheidung unbeachtlich war, wäre jedoch im Rahmen der Frage nach dem Mindestunterhalt letztlich auch hier zu berücksichtigen gewesen, dass unter entsprechender Anwendung der Süddeutschen Leitlinien zum Unterhaltsrecht, die berufsbedingten Aufwendungen auf höchstens 5 % des Einkommens zu begrenzen gewesen wären. Ebenso vermag das Gericht auch nach dem derzeitigen Sachvortrag nicht zu sehen inwieweit hier tatsächlich gesteigerte Umgangskosten zu berücksichtigen wären. Vielmehr handelt es sich um ein übliches Umgangsmodell 14-tägiger Art, welches in der Regel schon bei den entsprechenden Bedarfssätzen aller Beteiligten Berücksichtigung findet, wobei das Gericht auch keine übermäßige Entfernung festzustellen vermag. Eine einfache Entfernung von 68 km ist eine, welche noch innerhalb eines Landkreises wie eben dem Flächenlandkreis Bad Kissingen zurückgelegt werden kann, sodass hier für das Gericht bereits an dieser Stelle nicht nachvollziehbar ist worum es sich insoweit um eine weitere oder größere Strecke als die des üblichen Maßes handeln soll.
Entsprechend war antragsgemäß der Antragsgegner zur Zahlung zu verpflichten.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 Satz 1 und 2 Nr. 1 FamFG. Abweichend von den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kostenentscheidung entscheidet das Gericht in Unterhaltssachen nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Vorliegend ist hierbei insbesondere das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten einschließlich der Dauer der Unterhaltsverpflichtung zu berücksichtigen.
Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 51 FamGKG.


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