Familienrecht

Vereinbarung zum Wochenendumgang

Aktenzeichen  10 WF 622/20

Datum:
15.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MDR – 2021, 38
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG § 89 Abs. 2, § 156 Abs. 2
BGB § 1684
IfSG § 30 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Grundsätzlich ist es auf Grund der aus der Corona-Pandemie resultierenden Risiken und Restriktionen nicht erforderlich, eine besondere, der Situation angepasste generelle Neuregelung des Umgangs zu treffen. Diese Auswirkungen sind im Rahmen der Vollstreckung zu berücksichtigen. (Rn. 34)
2. Zu den Voraussetzungen für eine Aussetzung oder Einschränkung des Umgangs auf Grund der Corona-Pandemie. (Rn. 35 – 36)

Verfahrensgang

02 F 851/19 2020-06-03 Bes AGHERSBRUCK AG Hersbruck

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Hersbruck vom 03.06.2020, Az. 02 F 851/19, in Ziffer 1 aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Gegen den Antragsgegner wird ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von 3 Tagen verhängt.
2. Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beteiligten sind die getrennt lebenden Eltern des Kindes A Z Y, geboren . Das Kind lebt beim Vater. Zum Umgang des Kindes mit der Mutter haben die Eltern zunächst im Verfahren 4 F 1323/18 vor dem Amtsgericht Hersbruck am 25.01.2019 eine gerichtlich protokollierte Vereinbarung zum Wochenendumgang getroffen. Danach findet Wochenendumgang ab dem Wochenende 7. bis 09.06.2019 14-tägig unbegleitet jeweils von Freitag 15:30 Uhr bis Sonntag 18:00 Uhr statt.
Im Verfahren 2 F 851/19 haben die Eltern am 06.11.2019 vor dem Amtsgericht Hersbruck eine gerichtlich protokollierte Vereinbarung zum Ferienumgang geschlossen. Danach soll in den Osterferien Umgang vom 04.04.2020 bis 12.04.2020 und in den Pfingstferien vom 30.05.2020 bis 06.06.2020 stattfinden. Der Wochenendumgang sollte ab einem verlängerten Umgang am 30. April bis zum 3. Mai dann an den geraden Wochenenden fortgesetzt werden.
Im Verfahren 4 F 1323/18 billigte das Amtsgericht – Familiengericht – Hersbruck die von den Eltern getroffene Vereinbarung durch folgenden Beschluss vom 25.01.2019:
„1. Der Vergleich vom 25.01.2019 wird gerichtlich gebilligt.
2. Bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die sich aus der Umgangsvereinbarung ergebenden Verpflichtungen kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anordnen.
3. Der Verfahrenswert wird auf 3.000 € festgesetzt.“
Im Verfahren 2 F 851/ 19 billigte das Amtsgericht – Familiengericht – Hersbruck die Vereinbarung der Eltern durch folgenden Beschluss vom 06.11.2019:
„1. Das Gericht billigt die Vereinbarung der Beteiligten und übernimmt sie als gerichtliche Regelung, da sie dem Kindeswohl nicht widerspricht. Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, dass für den Fall der Nichteinhaltung dieser Vereinbarung Ordnungsmittel verhängt werden können.
2. Der Verfahrenswert wird auf 5.000 € festgesetzt.“
Beide Protokolle mit der Billigung der Vereinbarung und Übernahme als gerichtliche Regelung wurden den Bevollmächtigten der Beteiligten jeweils zugestellt.
Der Antragsgegner verweigerte zunächst am 06.03 und 20.03.2020 die Herausgabe des Kindes an die Mutter für den Wochenendumgang, ebenso verweigerte er den vereinbarten Ferienumgang in den Osterferien.
Der Umgang vom 06.03. auf den 08.03.2020 fand schließlich doch statt, nachdem die Mutter sich auf Forderung des Antragstellers bereit erklärte, ihre Tochter mit dem Pkw abzuholen und nicht die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Auf einstweilige Anordnung des Gerichts vom 09.04.2020 wurde der Umgang in den Osterferien vom 13. bis 18.04.2020 nachgeholt.
Mit Anträgen vom 12.03.2020, 25.03.2020 und 07.04.2020 beantragte die Antragstellerin
jeweils gegen den Antragsgegner Ordnungsmittel zu verhängen.
Der Antragsgegner beantragte
die Anträge zurückzuweisen.
Hierzu führte er aus, dass aufgrund der Corona-Infektionsgefahr Ausgangsbeschränkungen bestanden hätten. Die Mutter halte Schutzmaßnahmen nicht zuverlässig ein, insbesondere habe sie eine weitere Person bei der Abholung am 06.03.2020 im Auto gehabt. Dieser Mann habe gehustet. Darüber hinaus sei aufgrund des bevorstehenden Geburtstermins für ihr 2. Kind nicht sicher, dass die Antragsgegnerin Anna aufgrund der fortgeschrittenen Schwangerschaft zuverlässig betreuen könne.
Mit Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Hersbuck vom 03.06.2020 wurde gegen den Antragsgegner wegen der Verstöße am 06.03.2020, 20.03.2020 sowie 07.04.2020 ein Ordnungsgeld in Höhe von insgesamt 800 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von 5 Tagen verhängt.
Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass mehrfache Zuwiderhandlungen des Antragsgegners gegen die vollstreckbaren Umgangsvereinbarungen vorlägen. Diese Zuwiderhandlungen seien auch schuldhaft erfolgt. Gründe für die Annahme, er habe die Zuwiderhandlungen nicht zu vertreten, lägen nicht vor. Die Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie seien keine Rechtfertigung, den Umgang eines Kindes, welches bei einem Elternteil lebt, mit dem anderen Elternteil zu verweigern. Hierbei handele es sich um Kontakte im engsten familiären Rahmen, die im Interesse des Kindeswohls zu gewährleisten seien. Hierauf sei der Antragsgegner auch bereits mit Verfügung vom 31.03.2020 seitens des Gerichts hingewiesen worden. Das Gericht habe keine Zweifel, dass die Antragstellerin bereit und in der Lage sei, die zum Schutz des Kindes vor Ansteckungsgefahr notwendigen Maßnahmen zu treffen. Auch habe sich die Antragstellerin bereits soweit wie möglich den Forderungen des Antragsgegners angepasst. Da er Zugfahrten aufgrund der Corona-Krise nicht mehr habe erlauben wollen, habe sie die Abholung des Kindes mit dem Pkw organisiert. Auch habe sie ihm den voraussichtlichen Geburtstermin für ihr 2. Kind mitgeteilt.
Soweit eine weitere Person bei der Abholung von Anna im Pkw der Antragstellerin gesessen habe, habe es sich um deren Lebenspartner gehandelt. Diesen habe die Antragstellerin als Begleitperson zur Abholung hinzuziehen können. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der vom Antragsgegner vorgelegten Mitteilung des Landratsamtes vom 14.04.2020. Es habe der Sicherheit von Mutter und Kind gedient, da die Antragstellerin erst seit kurzem den Führerschein gehabt habe und vernünftigerweise in hochschwangeren Zustand die doch recht weite Strecke nicht alleine gefahren sei.
Auch die fortgeschrittene Schwangerschaft der Antragstellerin im Frühjahr 2020 habe den Umgang nicht gehindert. Es sei Sache der Mutter, die Betreuung des Kindes während des Umgangs zu gewährleisten, falls ist sie sich selbst aufgrund einer eventuell früheren Geburt hierzu nicht in der Lage sehe. Hierbei könne die Mutter durchaus auf dritte Personen zur Betreuung zurückgreifen, auch wenn die persönliche Betreuung vorzuziehen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 03.06.2020 verwiesen.
Gegen den ihm am 06.06.2020 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Hersbruck legte der Antragsgegner mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 19.06.2020, eingegangen bei Gericht am gleichen Tag, sofortige Beschwerde ein.
Mit Beschluss vom 30.06.2020 half das Amtsgericht der Beschwerde unter Verweis auf die fortgeltenden Gründe des Beschlusses vom 03.06.2020 nicht ab.
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 24.07.2020 begründete der Antragsgegner seine Beschwerde zunächst damit, dass der Antragsgegner die Zuwiderhandlungen gegen die gerichtlich gebilligten Umgangsvereinbarungen nicht zu vertreten habe im Sinne des § 89 Abs. 4 Satz 1 FamFG. Dem Antragsgegner sei es bei der Verweigerung des Umgangs vom 06.03.2020 bis 08.03.2020 unter Inanspruchnahme von öffentlichen Verkehrsmitteln nur darum gegangen, das Infektionsrisiko im Frühstadium der Coronakrise für das Kind möglichst gering zu halten. Eine Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln hätte für A ein maximales Risiko der Ansteckung bedeutet. Zudem sei der Umgang an diesem Wochenende dann tatsächlich noch durchgeführt worden. Die Antragstellerin habe A dann nämlich mit dem Auto abgeholt.
Der Wochenendumgang vom 20.03.2020 bis 22.03.2020 sowie der vereinbarte Umgang in den Osterferien habe tatsächlich nicht stattgefunden. Auch hier liege jedoch kein schuldhafter Verstoß vor. Die Verweigerung des Umgangs habe darauf beruht, dass die Antragstellerin keinesfalls nachvollziehbar bereit und in der Lage gewesen sei, die coronabedingten sonstigen Auflagen einzuhalten, insbesondere die im damaligen Zeitpunkt dringend empfohlene Kontaktreduzierung zu anderen Personen. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass sie in die Durchführung des Umgangs den Vater ihres 2. Kindes einbezogen habe, ohne dass klar sei, ob es sich bei ihm um einen engen Angehörigen handle noch dazu im Familienverbund. Zudem liege die Vermutung sehr nahe, dass die Antragstellerin, die der deutschen Sprache überhaupt nicht hinreichend mächtig sei, die damaligen, ohnehin alles andere als leicht verständlichen staatlichen Corona-Auflagen gar nicht wirklich verstanden habe und sich nicht an diese auch halten würde. Die Bedenken des Antragstellers gegen die Umgangskontakte des Kindes bei der Mutter seien im damaligen Zeitpunkt zumindest sachlich begründet, nachvollziehbar und jedenfalls in keiner Weise willkürlich gewesen. Es sei dem Antragsgegner allein um den Schutz des Kindes vor vermeidbarer Ansteckung gegangen.
Darüber hinaus habe wegen des verweigerten Umgangs in den Osterferien auch deshalb kein Ordnungsgeld ergehen können, da die gesetzlichen Mindestanforderungen an die gemäß § 89 Abs. 2 FamFG notwendige Belehrung über die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen die Umgangsvereinbarung im Beschluss vom 06.11.2019 nicht eingehalten worden seien. Der gerichtliche Hinweis auf die Möglichkeit der Verhängung von Ordnungsmitteln erfülle seine Warnfunktion nur dann, wenn er über sämtliche in Betracht zu ziehenden Ordnungsmittel ausdrücklich und in verständlicher Weise belehre. Dies sei vorliegend nicht erfolgt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 24.07.2020 verwiesen.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 05.08.2020 beantragte die Antragstellerin
die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen.
Zur Begründung führte sie unter anderem aus, dass es am Umgangswochenende 06.03.2020 bis 08.03.2020 noch keinen allgemeinen Lockdown gegeben habe, insbesondere habe es auch keine Warnung vor der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln gegeben. Sie habe A dann mit dem Pkw abgeholt. Hier habe aber keine einvernehmliche Modifikation des Umgangsbeschlusses vorgelegen. Vielmehr habe sich die Antragstellerin nur deshalb auf die Forderung des Antragsgegners eingelassen, da sie sonst ihr Kind an dem Wochenende überhaupt nicht hätte sehen können. Die Behauptungen des Antragsgegners, dass die Antragstellerin die empfohlenen Corona-Verhaltensmaßregeln nicht verstehen oder nicht einhalten würde, entbehrten jeder sachlichen Grundlage und seien bloße Behauptungen des Antragsgegners ohne jede sachliche Substanz. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 05.08.2020 verwiesen.
Mit eigenem Schreiben vom 19.08.2020 verwies der Antragsgegner selbst auf ein Schreiben seinerseits in dem aktuell vor dem Amtsgericht Hersbruck, Aktenzeichen 2 F 643/ 20 anhängigen weiteren Ordnungsgeldverfahren wegen des Ferienumganges der Antragstellerin mit A in den Sommerferien 2020. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 19.08.2020 verwiesen.
II.
Die gemäß § 87 Abs. 4 FamFG, §§ 567 ff. ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde führt zur teilweisen Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses
1. Verstoß gegen die gerichtlich gebilligte Vereinbarung vom 06.11.2019.
Aus gerichtlich gebilligten Vergleichen im Sinne des § 156 Abs. 2 FamFG findet gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG die Vollstreckung statt. Der Vollstreckung hat aber der Warnhinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG vorauszugehen.
Im vorliegenden Verfahren erfüllt die Belehrung im Billigungsbeschluss vom 06.11.2019 betreffend die Vereinbarung zu den Ferienumgängen die gemäß § 89 Abs. 2 FamFG erforderlichen Anforderungen, die sich aus deren Warnfunktion ergeben, nicht.
In dem Beschluss vom 06.11.2019 wurden die Beteiligten nur darauf hingewiesen, dass „für den Fall der Nichteinhaltung dieser Vereinbarung Ordnungsmittel verhängt werden können.“
Es mangelt damit an der Angabe der Ordnungsmittel und der Obergrenzen des zu verhängenden Ordnungsgeldes und der anzuordnenden Ordnungshaft (vgl. OLG Oldenburg, FamRZ 2014, 145 m. w. N.).
Der Senat sieht einen solchen Warnhinweis aber auch im Falle einer gerichtlich genehmigten Vereinbarung als notwendig an. Zwar spricht der Wortlaut des § 89 Abs. 2 FamFG nur von „anordnenden Beschlüssen“ und nicht von gerichtlich bestätigten Vergleichen, woraus teilweise geschlossen wird, dass ein Hinweis auf die Folgen der Zuwiderhandlung bei einem gerichtlich bestätigten Vergleich nicht erforderlich sei (vgl. Vogel, FPR 2011, 526, 527), doch stellt die Billigung der Umgangsregelung durch das Gericht gemäß § 156 Abs. 2 S. 2 FamFG selbst eine gerichtliche Endentscheidung dar (vgl. Lorenz in Zöller, ZPO, 33. Auflage, § 156 FamFG Rn. 3 m. Hinweisen zum Streitstand). Bei gerichtlich gebilligten Vergleichen über den Umgang ist der Hinweis auf die Folgen der Zuwiderhandlung deshalb in der Regel in den Beschluss über die gerichtliche Billigung aufzunehmen (Zimmermann in MünchKomm-FamFG, 2. Auflage, § 89 FamFG Rn. 8; Giers in Keidel, FamFG, 18. Auflage, § 89 FamFG, Rn. 12; Hammer in Prütting/Helms, FamFG, 3. Aufl., § 89 FamFG, Rn. 10). Dies gilt auch dann, wenn, wie hier vorliegend, bei einer früheren gerichtlich gebilligten Vereinbarung bereits ein ordnungsgemäßer Hinweis auf mögliche Ordnungsmittel erfolgte und der Betreffende bereits hierüber hätte gewarnt sein können Der Ordnungsgeldbeschluss vom 03.06.2020 war daher aus diesem Grund aufzuheben, soweit ein Verstoß gegen die Umgangsregelung vom 06.11.2019 zu den Ferienumgängen – hier verweigerter Umgang in den Osterferien – sanktioniert wurde.
Ergänzend und klarstellend sei darauf hingewiesen, dass eine Sanktion des zunächst verweigerten Umgangs in den Pfingstferien mit dem hier mit der Beschwerde angegriffenen Ordnungsgeldbeschluss vom 03.06.2020 noch nicht erfolgte.
2. Verstöße gegen die gerichtlich gebilligte Vereinbarung vom 25.01.2019 Aus gerichtlich gebilligten Vergleichen im Sinne des § 156 Abs. 2 FamFG findet gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG die Vollstreckung statt. Der Vollstreckung hat aber der Warnhinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG vorauszugehen.
Im vorliegenden Verfahren erfüllt die Belehrung im Billigungsbeschluss vom 25.01.2019 betreffend die Vereinbarung zu den Wochenendumgängen die gemäß § 89 Abs. 2 FamFG erforderlichen Anforderungen, die sich aus deren Warnfunktion ergeben.
Soweit der Antragsgegner hinsichtlich der beiden Wochenendumgänge vom 06.03.2020 und 20.03.2020, die überhaupt nicht (20.03.2020) oder nur modifiziert stattgefunden haben (06.03.2020), einwendet, dass hier Risiken aus der Corona-Pandemie der Durchführung des Umgangs entgegen gestanden hätten, greifen diese Erwägungen nicht durch.
Grundsätzlich ist es auf Grund der aus der Corona-Pandemie resultierenden Risiken und Restriktionen nicht erforderlich eine besondere, der Situation angepasste generelle Neuregelung des Umgangs im Sinne des § 1684 BGB zu treffen. Eine Umgangsregelung gemäß 1684 BGB beinhaltet es nämlich durchaus, dass die Durchführung des Umgangs entfällt, wenn zwingende Gründe entgegenstehen (Rake, FamRZ 2020, 650; OLG Braunschweig, Beschluss vom 20.05.2020, 1UF 51/20, COVuR 2020, 254 – Rn 18). Die Frage, ob ein solcher Hinderungsgrund, der das Entfallen eines Umgangstermins rechtfertigt, tatsächlich vorliegt, ist mithin im Rahmen der Umgangsvollstreckung nach § 89 FamFG zu klären. So kann der Umgang dann vorübergehend nicht mit den Ordnungsmitteln nach § 89 FamFG durchgesetzt werden, wenn die Ausübung des Umgangs punktuell coronabedingt nicht möglich ist, da zwingende Hinderungsgründe entgegen stehen.
Allein das Bestehen der Corona-Pandemie rechtfertigt es aber nicht, den Umgang auszusetzen, worauf auch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf seiner Homepage ausdrücklich hinweist (www.bmjv.de/DE/Themen/Fokus/Corona/SorgeUmgangsrecht). Insbesondere besteht kein gesetzliches Verbot für die Durchführung des Umgangs und ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass Umgangsberechtigter und Kind nicht in einem Haushalt wohnen, denn zu dem absolut notwendigen Mindestmaß an zwischenmenschlichen Kontakten gehört gerade der Umgang zwischen dem nicht betreuenden Elternteil und seinem Kind (OLG Braunschweig, Beschluss vom 20.05.2020, 1UF 51/20, COVuR 2020, 254 – Rn 20).
Ob ein unter Verweis auf Corona abgesagter oder nur modifizierter Umgangskontakt ohne Verschulden im Sinne des § 89 Abs. 4 FamFG entfallen ist, ist darüber hinaus an Hand des Einzelfalls festzustellen, nämlich ob auf Grund einer behördlichen Anordnung einer Quarantäne, einer Ausgangssperre oder einer nachweislichen Infektion des umgangsberechtigten Elternteils oder eines Angehörigen seines Haushalts mit Covid 19 ein Kontakt nicht möglich ist. Dabei spielt der Umstand, in welchem Grad der jeweils Beteiligte des Umgangs von der Pandemie betroffen ist, eine maßgebende Rolle (Rake, FamRZ 2020, 650).
Vorliegend lag zu den vereinbarten Umgangszeitpunkten weder eine nachweisliche Infektion der umgangsberechtigten Mutter noch eines über die Mutter in Kontakt mit dem Kind tretenden anderen Erwachsenen vor. Soweit der Antragsgegner in diesem Zusammenhang geltend macht, dass der Mann, der die Antragstellerin bei der Abholung von A am 06.03.2020 begleitet habe, bei der Übergabe gehustet habe, lassen sich hieraus keinerlei tragfähigen Rückschlüsse auf eine Erkrankung an Covid 19 und daraus resultierende mögliche Ansteckungsgefahr ziehen. Bei entsprechenden Erklärungen des Antragsgegners handelt sich vielmehr um bloße Ängste und Vermutungen. Ebenso wenig lag eine nachweisliche Erkrankung des Kindes selbst vor, wobei nicht einmal diese einen Umgang grundsätzlich entgegen gestanden hätte, da auch der zum Umgang berechtigte Elternteil sein krankes Kind versorgen und pflegen kann (OLG Schleswig, FamRZ 2018, 1946).
Eine Quarantäneanordnung nach § 30 Abs. 1 IfSG gegen den Antragsgegner bzw. die Antragsstellerin oder eine ihrem Haushalt angehörige Person lag ebenfalls nicht vor.
Soweit vom betreuenden Elternteil geltend gemacht wird, sich mit dem Kind unter Verweis auf Corona in eine freiwillige Quarantäne begeben zu wollen, ist, um einen Missbrauch dieses Einwands in den Konstellationen, in denen es zu einer sachlich nicht veranlassten freiwilligen Quarantäne auf Seiten des betreuenden Elternteils kommt, für eine Exkulpation nach § 89 Abs. 4 FamFG zu fordern, dass es hinreichende, objektiv feststellbare Gründe für einen häuslichen Rückzug gibt, beispielsweise den Aufenthalt in einem besonders betroffenen Gebiet oder den Kontakt mit einem an Covid 19- erkrankten Menschen (Rake, FamRZ 2020, 651).
Derartige in seiner oder der Sphäre des Kindes liegende Gründe werden seitens des Antragsgegners nicht geltend gemacht. Er stellt vielmehr allein auf nicht substantiierte Vermutungen zu Risiken in der Person der umgangsberechtigten Antragstellerin, Angehörigen ihres Haushalts bzw. weiteren in die Ausübung des Umgangs einbezogenen Personen ab. Diese Angaben erfolgen jedoch – wie bereits ausgeführt – ohne Angaben konkreter Umstände, die einen entsprechenden Verdacht sachlich tragen könnten.
Eine behördlich angeordnete Ausgangssperre, die so ausgestaltet gewesen wäre, dass während deren Anordnung eine Durchführung des Umgangskontakts überhaupt nicht mehr möglich und daher nicht vollstreckbar gewesen wäre, lag weder am 06.03.2020 noch am 20.03.2020 vor. Insbesondere wurde zu keinem Zeitpunkt eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel durch eine behördliche Maßnahme untersagt.
Im Hinblick auf die Modifizierungen beim Umgang am 06.03.2020 bestreitet die Antragstellerin darüber hinaus die vom Antragsgegner behauptete einvernehmliche Änderung der Abholbedingungen für A . Vielmehr trägt sie unwiderlegt vor, dass sie sich nur deshalb auf die Forderung des Antragsgegners, A mit dem Auto statt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln abzuholen, eingelassen habe, da sie sonst ihre Tochter am Umgangswochenende überhaupt nicht hätte sehen können, was sie habe verhindern wollen.
Einen sachlich veranlassten Grund auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu verzichten, gab es nicht.
3. Höhe des Ordnungsgeldes
Für die verbliebenen nach § 89 Abs. 1 FamFG sanktionierbaren Verstöße des Antragsgegners gegen die gerichtlich gebilligten Umgangsvereinbarungen am 06.03.2020 und 20.03.2020 konnte ein einheitliches Ordnungsgeld festgesetzt werden, wobei der mehrfache Verstoß erhöhend wirkt (Zimmermann, Münchner Kommentar, § 89 FamFG, Rn 27). Andererseits war zu sehen, dass der Umgang vom 06.03.2020 bis 08.03.2020 dann doch hat stattfinden können.
Unter Abwägung der besonderen Umstände des hier vorliegenden Einzelfalls hält das Beschwerdegericht die Anordnung eines Ordnungsgelds in Höhe von 500 Euro bzw. ersatzweise Ordnungshaft von 3 Tagen als Sanktion für die Verstöße für angemessen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus § 40 Abs. 1 FamGKG.
Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde sind nicht erkennbar. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.


Ähnliche Artikel

Die Scheidung einer Ehe

War es bis vor etlichen Jahren noch undenkbar, eine Ehe scheiden zu lassen, so ist eine Scheidung heute gesellschaftlich akzeptiert. Die Zahlen der letzten Jahre zeigen einen deutlichen Trend: Beinahe jede zweite Ehe wird im Laufe der Zeit geschieden. Was es zu beachten gilt, erfahren Sie hier.
Mehr lesen


Nach oben