Familienrecht

Voraussetzungen für die Abänderung eines gerichtlich gebilligten Vergleichs über den Umgang eines Elternteils mit seinem Kind – hier Ablehnung eines Wechselmodells

Aktenzeichen  565 F 4193/20

Datum:
16.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 47604
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 1696 Abs. 1

 

Leitsatz

Die Abänderung einer gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung ist nur in engen Ausnahmefällen, nämlich bei Vorliegen von triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen möglich und zulässig. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers wird zurückgewiesen.
2. Der Verfahrenswert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Gründe

Die Beteiligten sind die Eltern des Kindes … geboren am …. Die Beteiligten haben am 19.10.2015 vor dem Oberlandesgericht München im Verfahren … eine Umgangsvereinbarung zur Regelung des Ferienumgangs und zur Regelung des laufenden Umgangs getroffen. Am 18.03.2016 beantragte der Antragsteller im Verfahren … die Ausweitung des Umgangs, am 19.07.2016 vereinbarten die Beteiligten eine Abänderung des Ferienumgangs, ansonsten verblieb es bei der Vereinbarung vom 19.10.2015. Am 03.08.2016 legte der Antragsteller hiergegen Beschwerde ein, nahm diese jedoch unter Hinweis des Senats auf die Unzulässigkeit zurück. Am 23.08.2016 beantragte der Antragsteller die Durchführung eines Vermittlungsverfahrens unter dem Az: … der Antrag wurde jedoch mit Beschluss vom 20.09.2016 zurückgewiesen. Anschließend beantragte der Antragsteller am 26.09.2016 im Verfahren … die Neuregelung des Umgangs. Es wurde daraufhin ein Sachverständigengutachten erholt und die vor dem Oberlandesgericht München getroffene Vereinbarung am 08.12.2017 von den Eltern einvernehmlich hinsichtlich des Regelumgangs und des Ferienumgangs abgeändert. Am 16.11.2018 beantragte der Antragsteller im Verfahren … erneut die Ausweitung des Umgangs zu einem Wechselmodell. Dieser Antrag wurde am 28.06.2019 vom Amtsgericht München zurückgewiesen, die gegen den Beschluss eingelegte Beschwerde des Antragstellers wurde vom Oberlandesgericht München am 21.11.2019 (Az. … zurückgewiesen, da keine nachhaltigen, das Kindeswohl betreffenden Gründe im Sinne des § 1696 Abs. 1 BGB ersichtlich sind, die eine Abänderung der getroffenen Umgangsvereinbarung erforderlich machen würden.
Mit Anträgen vom 05.05.2020 und 18.05.2020 beantragt der Antragsteller erneut die Ausweitung des Regel- und Ferienumgangs und damit eine Abänderung der bestehenden zwischen den Beteiligten einvernehmlich getroffenen und gerichtlich gebilligten Umgangsvereinbarung.
Das Kind … hat im Rahmen seiner gerichtlichen Anhörung angegeben, dass der Umgang so bleiben soll, wie er ist, er möchte keine Ausweitung des Umgangs mit seinem Vater.
Das Gericht hat dem Kind einen Verfahrensbeistand bestellt. Der Verfahrensbeistand hat erklärt, dass das Kind … sich keine Änderung des Umgangs wünscht. Es seien keine triftigen, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe im Sinne des § 1696 Abs. 1 BGB ersichtlich, die eine Abänderung der Umgangsvereinbarung möglich machen würden. Darüber hinaus sei der erklärte Wille des Kindes zu respektieren.
Das Stadtjugendamt M. hat in seiner Stellungnahme vom 15.07.2020 erklärt, dass die Umgangsregelung lediglich geringfügig auf die neuen Umstände wie Schulzeiten und Hort anzupassen sei, eine feste Regelung zu beschließen sei, die möglichst detailliert und für die nächsten Jahre unangetastet bleibt, damit … nicht immer wieder erneut dem Konflikt und den Veränderungen ausgesetzt werde und dass die Teilnahme von … an einer Gruppe für Kinder aus Trennungs- und Scheidungsfamilien empfohlen werde, um mit den Spannungen und dem Loyalitätskonflikt umgehen zu lernen.
Der Antrag des Antragstellers war zurückzuweisen, da die Voraussetzungen für eine Abänderung der zwischen den Beteiligten getroffenen Umgangsvereinbarung gemäß § 1696 Abs. 1 BGB nicht gegeben sind.
Nach § 1696 Abs. 1 BGB ist ein gerichtlich gebilligter Vergleich zum Umgangsrecht, wie im vorliegenden Fall die Umgangsvereinbarung der Beteiligten, zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist.
Solche Gründe sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
Vielmehr hat sich das Kind im Rahmen seiner Anhörung gegen eine Umgangserweiterung ausgesprochen, es solle so bleiben, wie es ist.
Auch nach den Angaben des Verfahrensbeistands sind keine Gründe im Sinne des § 1696 Abs. 1 BGB vorhanden.
Das Jugendamt hat lediglich geringe Änderung der bestehenden Vereinbarung empfohlen, die aber eben nur abgeändert werden kann, sofern Gründe im Sinne des § 1696 Abs. 1 BGB vorliegen würden, was nicht der Fall ist.
Die hohen Maßstäbe, die § 1696 Abs. 1 BGB an eine Abänderung einer bestehenden Umgangsvereinbarung anlegt, beruhen auf der Intention des Gesetzgebers, betroffene Familien, insbesondere die unter einer Trennung der Eltern ohnehin schon leidenden Kinder, zu entlasten, Druck abzubauen und Ruhe einkehren zu lassen. Haben Beteiligte eine gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung getroffen, so sollen sie nach dem Willen des Gesetzgebers daran gebunden sein, es sollen zum Wohle der betroffenen Kinder nicht ständig neue Gerichtsverfahren eingeleitet und die Kinder damit noch mehr belastet und unter Druck gesetzt werden, da diese Kinder ohnehin aufgrund der Trennungssituation in besonderem Maße Ruhe, Kontinuität, Stabilität und Sicherheit bedürfen. Nur in engen Ausnahmefällen, nämlich bei Vorliegen von triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen ist eine Abänderung einer Umgangsvereinbarung möglich und zulässig.
Da ein solcher Ausnahmefall vorliegend nicht gegeben ist, sondern vielmehr der gesetzliche Regelfall der Unabänderbarkeit der Umgangsvereinbarung vorliegt, war der Antrag zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG.
Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 45 FamGKG.


Ähnliche Artikel

Die Scheidung einer Ehe

War es bis vor etlichen Jahren noch undenkbar, eine Ehe scheiden zu lassen, so ist eine Scheidung heute gesellschaftlich akzeptiert. Die Zahlen der letzten Jahre zeigen einen deutlichen Trend: Beinahe jede zweite Ehe wird im Laufe der Zeit geschieden. Was es zu beachten gilt, erfahren Sie hier.
Mehr lesen


Nach oben