Familienrecht

Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung trotz Leistungseinschränkungen – Antrag auf Feststellung der Nichtbegründung eines Arbeitsverhältnisses

Aktenzeichen  M 20 P 19.3402

Datum:
10.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 44087
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BPersVG § 9 Abs. 2, Abs. 4, § 107 S. 2
BGB § 126, § 126a, § 242

 

Leitsatz

1. Ein treuwidriges Verhalten des Arbeitgebers liegt vor, wenn es darauf abzielt, den Auszubildenden von der form- und fristgerechten Geltendmachung des Weiterbeschäftigungsverlangens abzuhalten, obwohl die entsprechend entstehenden Nachteile für den Arbeitgeber vorhersehbar waren und es ihm möglich und zumutbar gewesen wäre, sie abzuwenden. Führt eine große Behörde, die Juristen und Verwaltungsexperten beschäftigt, erst einen im Nachhinein entdeckten Formfehler im Bewerbungsverfahren an – Bewerbung nur per Email und nicht schriftlich -, kann sie sich nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass ein Gärtnerlehrling, der keine Verwaltungskenntnisse hat, die Definition der Schriftform des § 126 BGB kennen und wissen soll, wonach eine Mail der Schriftform nicht genügt. (Rn. 32) (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eines Auszubildenden iSd § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG ist nicht anzunehmen, wenn der Arbeitgeber einen innerhalb von 3 Monaten vor der vertraglich vereinbarten Beendigung des Ausbildungsverhältnisses freiwerdenden Arbeitsplatz besetzt und die sofortige Neubesetzung nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse geboten ist. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Der Gegenstandswert wird auf 5.000,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Mit Schriftsatz vom 17. Juli 2019 beantragte die Antragstellerin,
festzustellen, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner nach Ablauf der Ausbildungszeit am 4. Juli 2019 nicht begründet worden ist.
Hilfsweise wurde beantragt,
das Arbeitsverhältnis aufzulösen.
Zur Begründung wurde ausgeführt:
Der Antragsgegner zu 1) sei am 1. September 2016 als Auszubildender zum Gärtner, Fachrichtung „Zierpflanzenbau“, befristet bis 31. August 2019 eingestellt worden. Die Bewerbung des Antragsgegners zu 1) sei ursprünglich für die Fachrichtung „Baumschule“ erfolgt. Aufgrund festgestellter Leistungseinschränkungen bei der amtsärztlichen Einstellungsuntersuchung sei eine Einstellung in der Fachrichtung „Baumschule“ jedoch nicht möglich gewesen und dem Antragsgegner zu 1) ein Ausbildungsverhältnis als Gärtner in der Fachrichtung „Zierpflanzenbau“ angeboten worden. In dieser Fachrichtung sei ein Einsatz des Antragsgegners zu 1) unter Berücksichtigung der zum Einstellungszeitpunkt amtsärztlich festgestellten Leistungseinschränkungen nach Prüfung durch die Fachdienststelle möglich gewesen. Mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses der vom 4. Dezember 2018 bis 6. Dezember 2018 durchgeführten Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung bei der Hauptabteilung „Gartenbau“ sei der Antragsgegner zu 1) zum Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung bei der Hauptabteilung „Gartenbau“ gewählt worden.
Mit Schreiben vom 14. März 2019 sei dem Antragsgegner zu 1) mitgeteilt worden, dass das Ausbildungsverhältnis vertragsgemäß mit Ablauf des 31. August 2019 ende bzw. mit Bestehen der Facharbeiterprüfung. Unabhängig von dem Schreiben sei bei dem Baureferat, Hauptabteilung „Gartenbau“, ein internes Übernahmeverfahren für sämtliche Auszubildende, die voraussichtlich im Sommer 2019 die Ausbildung beenden, durchgeführt worden. Grund dafür sei gewesen, festzustellen, ob die Auszubildenden nach den von der Fachdienststelle festgelegten Kriterien für eine Übernahme als geeignet angesehen würden. Hierzu zählten auch die gesundheitliche Eignung für die Übernahme sowie die während der Ausbildung aufgetretenen krankheitsbedingten Fehlzeiten. Der Antragsgegner zu 1) habe sich mit Schreiben vom 26. November 2018 für eine Übernahme nach der Ausbildung beworben. Die Bewerbung sei auf eine freie Stelle im „Zierpflanzenbereich“ erfolgt. Aufgrund der hohen Fehlzeiten des Antragsgegners zu 1) während des Ausbildungsverhältnisses sei seitens der Hauptabteilung „Gartenbau“ eine Einladung des Antragsgegners zu 1) zu einem Vorstellungsgespräch nicht angedacht gewesen, da eine Übernahme nach dem Ausbildungsverhältnis nach den allgemein festgelegten Kriterien nicht in Frage gekommen sei. Die zuständige örtliche Personalratsvorsitzende habe sich jedoch für eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch eingesetzt und der Antragsgegner zu 1) sei mit Schreiben vom 17. Januar 2019 zum Vorstellungsgespräch am 23. Januar 2019 eingeladen worden. Aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit habe er an dem Bewerbungsgespräch nicht teilnehmen können; eine erneute Einladung zu einem Gespräch sei nicht erfolgt. Da in der Fachrichtung „Zierpflanzenbau“ nur eine Stelle zur Besetzung frei gewesen sei und sich mehrere Bewerber auf diese Stelle beworben hätten, sei die Bewerbung des Antragsgegners zu 1) im Vergleich mit den anderen Bewerbungen nicht zum Tragen gekommen. Selbst die Teilnahme des Antragsgegners zu 1) an einem Bewerbungsgespräch mit einer optimalen Darstellung des Antragsgegners zu 1) hätte die Differenz der Bewertungskriterien im Vergleich zu den Bewerbern nicht ausgleichen können. Die zur Besetzung freie Stelle in der Fachrichtung „Zierpflanzenbau“ sei am 7. März 2019 einem anderen Auszubildenden nach erfolgreich abgelegter Prüfung zugesagt worden. Dies sei dem zum Zuge gekommenen Bewerber mit Schreiben vom 7. März 2019 schriftlich und verbindlich mitgeteilt worden. Dieser habe dann am 5. Juli 2019 nach bestandener Prüfung den Dienst angetreten. Mit Schreiben vom 17. April 2019 sei dem Antragsgegner zu 1) die Entscheidung mitgeteilt worden.
Mit E-Mail vom 30. März 2019 habe der Antragsgegner zu 1) die Hauptabteilung „Gartenbau“ darauf hingewiesen, dass er Jugendvertreter sei und damit Anspruch auf eine unbefristete Übernahme im „Gartenbau“ habe. Zudem habe der Antragsgegner zu 1) auf Art. 9 Abs. 2 BayPVG aufmerksam gemacht. Dem Antragsgegner zu 1) sei mit Schreiben vom 17. April 2019 mitgeteilt worden, dass der Übernahmeanspruch als Jugendvertreter erst in den letzten 3 Monaten der Ausbildung geltend gemacht werden dürfe. Der Antragsgegner zu 1) sei gebeten worden, diesen Antrag auf Geltendmachung des Übernahmeanspruchs innerhalb der 3-Monatsfrist schriftlich zu stellen. Zudem sei der Antragsgegner zu 1) in dem Schreiben darüber informiert worden, dass sich die Absage, die er zeitgleich mit diesem Schreiben erhalten habe, nur auf die Bewerbung im Rahmen des regulären Übernahmeverfahrens beziehe, nicht auf seinen Übernahmeanspruch aufgrund der Mitgliedschaft in der Jugendvertretung.
Mit E-Mail vom 7. Mai 2019 und 2. Juli 2019 habe der Antragsgegner zu 1) erneut sein Interesse an der Übernahme nach dem Ausbildungsverhältnis mitgeteilt und auf seinen Übernahmeanspruch hingewiesen. Aufgrund eines von dem Antragsgegner zu 1) verursachten Schreibfehlers in der E-Mail-Adresse seien beide E-Mails jedoch nicht beim Baureferat, Hauptabteilung „Gartenbau“, angekommen. Die E-Mails seien zusätzlich an das Gruppenpostfach des Personalrats „Gartenbau“, an die Gesamtjugend- und -auszubildendenvertretung, sowie an die Jugend- und Ausbildungsvertretung des Gartenbaus adressiert gewesen. Eine entsprechende E-Mail sei beim Baureferat, Hauptabteilung „Gartenbau“, als zuständiger Personalstelle nicht eingegangen.
Die Abteilung „Personal“ sei am 19. Juni 2019 darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass der Antragsgegner zu 1) Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung gewesen sei. Die Übernahme des Antragsgegners zu 1) nach dem Ausbildungsverhältnis sei seitens der Hauptabteilung „Gartenbau“ bei der Personalabteilung nicht angezeigt worden, auch der Antragsgegner zu 1) selbst habe bei der Personalabteilung seinen Übernahmeanspruch nicht geltend gemacht, die Personalabteilung habe bis zu einem Telefonat mit dem Antragsgegner zu 1) am 2. Juli 2019 keine Kenntnis darüber gehabt, ob der Antragsgegner zu 1) von seinem gesetzlichen Übernahmeanspruch Gebrauch machen möchte.
Am 5. Juli 2019 sei der Antragsgegner zu 1) zusammen mit der Vorsitzenden der Jugend- und Auszubildendenvertretung des Baureferats bei der Personalabteilung erschienen und habe den Nachweis über die bestandene Facharbeiterprüfung als Gärtner vorgelegt. In diesem Gespräch habe Frau L… (Personalabteilung) den Antragsgegner zu 1) darauf hingewiesen, dass die E-Mails vom 7. Mai 2019 und 2. Juli 2019 aufgrund eines Schreibfehlers nicht eingegangen seien. Sie habe bei dem Antragsgegner zu 1) nachgefragt, ob er denn keine automatische Fehlermeldung erhalten habe. Er habe darauf geantwortet, er sei technisch nicht sehr versiert und habe dies nicht überprüft.
Mit E-Mail vom 5. Juli 2019 habe der Antragsgegner zu 1) eine schulpsychologische Stellungnahme zu einer Rechtschreibstörung übersandt. Mit Schreiben vom 1. März 2019 und 11. März 2019 sei der Antragsgegner zu 1) über die Einleitung einer amtsärztlichen Untersuchung informiert worden. Grund seien die häufigen Krankheitszeiten während des Ausbildungsverhältnisses gewesen. Bei der Untersuchung solle auch festgestellt werden, welche Leistungseinschränkungen langfristig beim Arbeitseinsatz konkret bestünden und zu beachten seien. Die Untersuchung habe am 24. April 2019 stattgefunden. Am 2. Juli 2019 sei ein amtsärztliches Gutachten bei der Personalabteilung eingegangen. Laut Gutachten habe der Antragsgegner zu 1) zum Untersuchungszeitpunkt keinerlei Unterlagen vorgelegt. Die von dem Antragsgegner zu 1) angegebenen behandelnden Ärzte seien durch das Referat „Gesundheit und Umwelt“ angeschrieben worden. Das Referat habe nur von einem Arzt einen kurzen Befundbericht zugesandt bekommen. Von dem anderen Arzt sei trotz erneuter Erinnerung nichts zugeschickt worden. Aufgrund fehlender Behandlungsunterlagen hätten die im Untersuchungsauftrag gestellten Fragen nicht beantwortet werden können. Das Gutachten habe deshalb zunächst als „unerledigt“ abgeschlossen werden müssen. Frau L… habe daraufhin am 2. Juli 2019 umgehend Kontakt mit dem Antragsgegner zu 1) aufgenommen. Der Antragsgegner zu 1) habe mitgeteilt, dass er froh sei, dass sich endlich jemand wegen der Übernahme bei ihm melde. Er habe vom „Gartenbau“ auf seine 2 E-Mails bisher keine Antwort erhalten. Frau L… habe erklärt, dass das amtsärztliche Gutachten nun eingegangen sei und dieses aufgrund der Nichtvorlage von Befundberichten unerledigt abgeschlossen worden sei. Frau L… sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt gewesen, dass die Anträge auf Übernahme durch den Antragsgegner zu 1) an einem formellen Fehler leiden würden. Deshalb sei diesbezüglich auch kein Hinweis erfolgt. Frau L… habe dem Antragsgegner zu 1) weiter mitgeteilt, dass sie sich bei der Amtsärztin erkundigen würde, welche Unterlagen noch ausstehen würden und sich der Antragsgegner zu 1) dann mit dem entsprechenden Arzt unverzüglich in Verbindung setzen und die Unterlagen anfordern müsse.
Mit E-Mail vom 3. Juli 2019 wurde Frau L… von der Amtsärztin informiert, dass ein Befundbericht des von dem Antragsgegner zu 1) behandelnden Neurologen ausstehe. Frau L… habe diese Information unverzüglich an den Antragsgegner zu 1) weitergegeben.
Am 3. Juli 2019 sei per Fax der Befundbericht beim Personalreferat eingegangen. Frau L… habe den Befundbericht am 4. Juli 2019 an die Amtsärztin weitergeleitet und um Rückruf gebeten. Eine Rückfrage bei der Amtsärztin habe ergeben, dass das Gutachten frühestens am 5. Juli 2019 zum Versand fertig sei. Das Gutachten ging am 8. Juli 2019 beim Personalreferat ein. Das Gutachten sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Antragsgegner zu 1) gesundheitlich nicht in der Lage sei, die Tätigkeiten seines Ausbildungsplatzes vollständig auszuüben. Im Rahmen der am 24. April 2019 erfolgten amtsärztlichen Untersuchung seien die Tätigkeitsbeschreibungen sämtlicher in der Hauptabteilung „Gartenbau“ des Baureferats zur Verfügung stehenden Tätigkeiten als Gärtner beigelegt gewesen um festzustellen, in welchen Bereichen des Gartenbaus der Antragsgegner zu 1) nach erfolgreichem Abschluss seiner Ausbildung leidensgerecht unter Berücksichtigung seiner Leistungseinschränkungen eingesetzt werden könnte. Auch hinsichtlich der vorgenannten alternativen Einsatzmöglichkeiten im Gartenbau habe die Amtsärztin im Gesundheitszeugnis ganz erhebliche Leistungseinschränkungen festgestellt. Am 4. Juli 2019 habe der Antragsgegner zu 1) seine praktische Prüfung absolviert und erfolgreich sein Ausbildungsverhältnis beendet.
Das gesetzlich fingierte Arbeitsverhältnis sei nicht zustande gekommen, da der Antragsgegner zu 1) dem Schriftformerfordernis des § 126 BGB nicht nachgekommen sei. Das Schriftformerfordernis des § 126 BGB gebiete, dass das Verlangen von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift zu unterzeichnen sei. Die Gestaltungserklärung könne auch in elektronischer Form nach Maßgabe des § 126a BGB abgegeben werden. Eine den Anforderungen des § 126a BGB entsprechende Gestaltungserklärung des Antragsgegners zu 1) liege ebenfalls nicht vor. Mit E-Mail des Antragsgegners zu 1) vom 30. März 2019 habe der Antragsgegner zu 1) das Baureferat darauf hingewiesen, dass er Jugendvertreter sei und damit Anspruch auf eine unbefristete Übernahme im Gartenbau habe. Diese E-Mail stelle jedoch kein form- und fristgerechtes Weiterbeschäftigungsverlangen dar. Die E-Mail des Antragsgegners zu 1) vom 30. März 2019 sei weder form- noch fristgerecht erfolgt. Ein Übernahmeanspruch könne erst in den letzten 3 Monaten der Ausbildung geltend gemacht werden. Zwar habe der Antragsgegner zu 1) mit E-Mail vom 7. Mai 2019 und 2. Juli 2019 jeweils seinen Anspruch auf Übernahme geltend gemacht, jedoch nicht bei der für die Übernahme zuständigen Stelle und nicht in der nach § 126 BGB bzw. § 126a BGB zwingend erforderlichen Form. Auch der von dem Antragsgegner zu 1) verursachte Schreibfehler sei ausschließlich von dem Antragsgegner zu 1) zu vertreten und gehe allein zu seinen Lasten. In der Ausbildungsstelle des Antragsgegners zu 1) – im Baureferat – sei zum maßgeblichen Zeitpunkt des 4. Juli 2019 kein freier ausbildungsadäquater, auf Dauer angelegter und gesicherter Arbeitsplatz verfügbar gewesen, auf dem der Antragsgegner zu 1) hätte beschäftigt werden können. Insoweit sei der vor dem 4. Juli 2019 und darüber hinaus vor dem 4. April 2019 einzig verfügbare, ausbildungsadäquate, auf Dauer angelegte und gesicherte Arbeitsplatz am 7. März 2019 per Zusage der Ausbildungsstelle gegenüber einem anderen Bewerber vergeben worden. Im Rahmen des Bewerbungsverfahrens auf diesen freien Arbeitsplatz, an dem der Antragsgegner zu 1) zudem auch teilgenommen habe, habe ein anderer Bewerber den Vorrang erhalten. In der Nachbesetzung des einzig freien, ausbildungsadäquaten, auf Dauer angelegten und gesicherten Arbeitsplatzes bei der Antragstellerin im Bereich Baureferat – Hauptabteilung „Gartenbau“ – liege auch kein Verstoß gegen die von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelte Fallgruppe einer Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung wegen arbeitgeberseitiger Nachbesetzung einer in Betracht kommenden Stelle innerhalb der letzten 3 Monate vor Ausbildungsschluss vor. Der am 7. März 2019 besetzte Arbeitsplatz sei außerhalb des von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung benannten 3-Monatszeitraums besetzt worden, sodass sich aus dem Umstand der Nachbesetzung mit einem Bewerber, der nicht der Antragsteller sei, könne keine Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung ergeben könne. Darüber hinaus ergebe sich die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Antragsgegners zu 1) aus dem Umstand, dass aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens am 8. Juli 2019 feststehe, dass der Antragsgegner zu 1) für eine Übernahme aus dem Ausbildungsverhältnis als Gärtner gesundheitlich nicht geeignet sei. Im Rahmen der am 24. April 2019 erfolgten amtsärztlichen Untersuchung seien die Tätigkeitsbeschreibungen sämtlicher in der Hauptabteilung „Gartenbau“ des Baureferats zur Verfügung stehenden Tätigkeiten als Gärtner beigelegt worden, um feststellen zu lassen, in welchen Bereichen des Gartenbaus der Antragsgegner zu 1) nach erfolgreichem Abschluss seiner Ausbildung leidensgerecht eingesetzt werden könne. Bereits bei seiner Einstellungsuntersuchung am 23. Juni 2016 seien bei dem Antragsgegner zu 1) Leistungseinschränkungen festgestellt worden. Aufgrund der Leistungseinschränkungen sei dem Antragsgegner zu 1) nicht in der Baumschule – für die er sich beworben hatte – sondern in der Fachrichtung Zierpflanzenbau ein Ausbildungsplatz angeboten worden, den der Antragsgegner zu 1) auch in Anspruch genommen habe. In der Fachrichtung Zierpflanzenbau hätten die damaligen Leistungseinschränkungen des Antragsgegners zu 1) berücksichtigt werden können. Dem Antragsgegner zu 1) sei zudem gegen Unterschrift am 22. August 2016 bekannt gegeben worden, dass eine Übernahme nach der Ausbildung zum derzeitigen Stand nicht erfolgen könne. Bei einer amtsärztlichen Untersuchung am 24. April 2019 sei festgestellt worden, dass der Antragsgegner zu 1) gesundheitlich nicht in der Lage sei, die Tätigkeiten seines derzeit zugewiesenen Ausbildungsplatzes entsprechend der Tätigkeitsbeschreibung vollständig auszuüben. Der Antragsgegner zu 1) sei ebenfalls nicht in der Lage, die Tätigkeiten entsprechend der anderen Tätigkeitsbeschreibungen aus den anderen Fachrichtungen vollständig auszuüben. Insbesondere liege jeweils die Leistungseinschränkung vor, dass keine gefährlichen Arbeiten durchgeführt werden könnten. Dies führe dazu, dass der Antragsgegner zu 1) die gesundheitlichen Voraussetzungen zur Erfüllung der Unfallverhütungsvorschriften nicht erfülle. Im Vergleich zu dem Gutachten vom 5. Juli 2016, welches vor Beginn des Ausbildungsverhältnisses erstellt worden sei und dem aktuellen Gutachten vom 8. Juli 2019, seien bei dem Antragsgegner zu 1) weitere Leistungseinschränkungen festgestellt worden, die eine Weiterbeschäftigung aufgrund des Nichtvorliegens der gesundheitlichen Eignung ausschlössen. Im Gegensatz zu den Leistungseinschränkungen zu Beginn der Ausbildung könnten die nun vorliegenden, wesentlich umfangreicheren Leistungseinschränkungen bei einem Einsatz als Facharbeiter nicht mehr berücksichtigt werden. Ein Einsatz als Gärtner in den Unterhaltsabteilungen sowie in der Baumschule L… sei nicht möglich. Ein Einsatz als Gärtner in der Baumschule B… bzw. im Staudengarten sowie ein Einsatz als Gärtner in den Kulturgärten stünden umfangreiche Leistungseinschränkungen entgegen. Ein einwertungs- und leidensgerechter Einsatz mit den Leistungseinschränkungen aus dem Gutachten vom 8. Juli 2019 sei als Gärtner bei der Antragstellerin deshalb in keinem Fachbereich möglich. Der Antragsgegner zu 1) wäre auch für die im Rahmen des Übernahmeverfahrens zu besetzende Stelle in der Fachrichtung „Zierpflanzenbau“ demnach gesundheitlich nicht geeignet gewesen. Eine Weiterbeschäftigung sei daher unzumutbar.
Mit Schriftsatz vom 24. Juli 2019 nahm der Beteiligte zu 3) Stellung. Wie der Antragstellerin bekannt sei, leide der Beteiligte zu 1) an einer Lese-/Rechtschreibstörung. Des Weiteren sei dem Beteiligen zu 1) – wie der Mehrheit der nicht in Rechtswissenschaften ausgebildeten Person – unbekannt, dass das Schriftformerfordernis nach § 126 Abs. 1 BGB grundsätzlich die Antragstellung per E-Mail ausschließe. Das Schriftformerfordernis solle gewährleisten, dass der Arbeitgeberin eine verlässliche Mitteilung vorliege, aus der der Wille des Antragstellers hervorgehe. Dies sei allerdings bereits aus der Bewerbung und den zahlreichen E-Mails unstreitig erkennbar. Hier habe der Beteiligte zu 1) seinen Willen auf Übernahme mehrfach – sowohl in Schrift- und Textform als auch mündlich – geäußert. Dadurch könne es der Arbeitgeberin nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf den Schriftformverstoß zu berufen. Des Weiteren unternehme die Antragstellerin vielfältige Bemühungen „digitaler“ zu werden. Unter diesem Aspekt sei es unverständlich, weshalb ausgerechnet bei der Übernahme eines verwaltungsfremden Auszubildenden, welchem die Legaldefinition von Text- und Schriftform nach dem BGB zu keinem Zeitpunkt seiner Ausbildung nähergebracht worden sei, auf die unabdingbare Einhaltung einer aus der Zeit fallenden Norm beharrt werde. Außerdem sei der Antragstellerin das Übernahmebegehren des Beteiligten zu 1) seit spätestens März 2019 hinreichend bekannt. Unabhängig davon sei es nicht für nötig erachtet worden, den Beteiligten zu 1) auf die Anforderung der Schriftform aufmerksam zu machen. Dem Betroffenen sei im Gespräch vom 5. Juli 2019 von der Personalabteilung eine Disposition angeboten worden. Dieses Angebot stelle klar eine Ausprägung der Option dar, dass einem Jugend- und Auszubildendenvertreter, im Fall der Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung im Bereich seiner vorangegangenen Ausbildungstätigkeit auch eine Beschäftigungsstelle angeboten werden könne, die nicht allen Anforderungen an die Ausbildungsadäquatheit entspreche. Die Antragstellerin habe das Dispositionsverfahren aufgrund des gegenständlichen Antragsverfahrens unterbrochen. Der Beteiligte zu 1) wäre im Falle der Disposition jederzeit bereit gewesen, seinen Antrag auf Übernahme zurückzuziehen.
Mit Schriftsatz vom 1. August 2019 führte der Beteiligte zu 2) aus: Er schließe sich der Stellungnahme des Beteiligten zu 3) an.
Mit Schriftsatz vom 16. August 2019 beantragte die Bevollmächtigte des Beteiligten zu 1),
die Anträge abzulehnen.
Aus dem Zeugnis der Antragstellerin gehe hervor, dass der Beteiligte zu 1) die umfangreichen Tätigkeitsbereiche selbständig, mit Sorgfalt und Genauigkeit zur vollen Zufriedenheit der Antragstellerin ausgeführt habe. Er sei fleißig und eifrig gewesen. Der Antragsgegner zu 1) habe aufgrund einer Erkrankung, die im Kindesalter aufgetreten sei und sich mit zunehmenden Alter bessere, Leistungseinschränkungen, die zu Beginn des Ausbildungsverhältnisses per Gutachten festgestellt und bei seinem Einsatz als Auszubildender berücksichtigt worden seien. In der Fachrichtung „Zierpflanzenbau“ hätten diese Einschränkungen absolut keine Rolle gespielt, da er die ausgenommenen Leistungen dieser Fachrichtung grundsätzlich ohnehin nicht erbringen musste. Der Antragsgegner zu 1) habe während der 3-jährigen Ausbildungszeit keinerlei, auf seine Grunderkrankung zurückzuführende, krankheitsbedingten Ausfälle gehabt. Er sei in fachärztlicher Behandlung und halte sich strikt an die vom Facharzt vorgegebenen Empfehlungen, vor allem an die Medikation und Lebensführung. Die krankheitsbedingten Ausfälle, die die Antragstellerin als Grund für die Einleitung einer amtsärztlichen Untersuchung angebe, hätten nichts mit seiner therapierten Grunderkrankung zu tun. Vielmehr habe es sich insoweit um Schulteroperationen, die durch Sportunfälle erforderlich gewesen seien, gehandelt. Insoweit sei die Erkrankung abgeschlossen und bedinge keinerlei langfristige Einschränkungen mehr. Die amtsärztliche Untersuchung habe zu dem Ergebnis geführt, dass lediglich die bereits bekannten Leistungseinschränkungen bestünden. Die Behauptung, es lägen ganz erhebliche Leistungseinschränkungen vor, werde bestritten. Die Amtsärztin habe genau die gleichen Einschränkungen attestiert, die auch zu Beginn des Ausbildungsverhältnisses vorgelegen hätten. Neue Einschränkungen seien nicht dazugekommen. Die Antragstellerin müsse sich vor diesem Hintergrund ernsthaft fragen lassen, warum sie den Antragsgegner zu 1) mit seinen Leistungseinschränkungen im Jahr 2016 als Auszubildenden eingestellt habe und nun im Jahr 2019 meine, er könne seine Tätigkeit im „Zierpflanzenbau“ nicht weiter ausführen. An den Anforderungen dieser Abteilung habe sich gleichfalls absolut nichts geändert, sodass die zu beurteilende Sachlage gleichgeblieben ist. Der Antragsgegner zu 1) habe sich – wie die Antragstellerin zutreffend ausführe – bereits mit Schreiben vom 26. November 2018 für eine Übernahme nach der Ausbildung im Zierpflanzenbereich beworben. Dieses Schreiben, mit dem der Antragsgegner zu 1) klar seinen Übernahmewillen ausgedrückt habe, sei an das Baureferat „Gartenbau“/Personal adressiert gewesen, von ihm unterschrieben und mit erforderlichem Lebenslauf versehen worden. Das Bewerbungsgespräch habe er aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit nicht wahrnehmen können. Er habe nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit keine Chance mehr dazu gehabt, da die Antragstellerin ohne Berücksichtigung seiner Person entschieden habe. Es werde bestritten, dass die Antragstellerin überhaupt Gedanken an seine Bewerbung verschwendet habe, ganz abgesehen davon, dass keine fiktive Berücksichtigung seines Ausbildungs- und Leistungsprofils erfolgt sei. Die Behauptung, der Antragsgegner zu 1) habe die Differenz der Bewerbungskriterien nicht ausgleichen können, werde bestritten. Die Leistungen des Antragsgegners zu 1) seien – wie das Zeugnis zeige – völlig unabhängig von seinen Einschränkungen zur „vollen Zufriedenheit“ gewesen. Die Stelle im Zierpflanzenbereich sei dem übernommenen Bewerber zudem nicht fest zugesagt worden. Vielmehr sei nur seine Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis mit offenem Einsatzort mitgeteilt worden. Es wäre durchaus möglich gewesen, den Antragsgegner zu 1) im Rahmen der bereits einkalkulierten Personalveränderungen noch für den Zierpflanzenbereich zu übernehmen. Es sei offensichtlich, dass die Antragstellerin insoweit bewusst zum Nachteil des Antragsgegners zu 1) gehandelt habe. Gerade aus Fürsorgegedanken hätte die Antragstellerin als öffentlich-rechtliche Arbeitgeberin dem Antragsgegner zu 1) eine Chance geben und ihn in die Auswahl miteinbeziehen müssen. Sie habe gewusst, dass er nur in der Zierpflanzenabteilung eine Chance zur Berufsausübung nach der Ausbildung habe. Der Antragsgegner zu 1) habe seine Übernahme nach der Ausbildung bereits seit November 2018 schriftlich geltend gemacht. Er habe dieses Begehren weiter verfolgt und 2 E-Mails an das Baureferat sowie zeitgleich an den Personalrat „Gartenbau“ verschickt. Unglücklicherweise sei die E-Mail-Adresse unrichtig angegeben gewesen. Er habe nach dem Versand keine Unzustellbarkeitsnachricht erhalten, sonst hätte er sofort reagiert. Die zunächst nicht an Herrn B… zugestellten Mails seien jedoch am 3. Juli 2019, also innerhalb der 3-Monatsfrist, vor dem Ende der Ausbildung noch in der Personalabteilung angekommen, da die Vorsitzende der Jugend- und Auszubildendenvertretung diese am 3. Juli 2019 weitergeleitet habe. Die Antragstellerin habe bereits aufgrund der vorangegangenen schriftlichen und unterzeichneten Bewerbung von November 2018 gewusst, dass der Antragsgegner nach seiner Ausbildung unbedingt übernommen werden wollte. Dies habe er in diversen Gesprächen, seiner schriftlichen Bewerbung vom November 2018 und auch mit seiner E-Mail vom 30. März 2019 bekräftigt und auf Art. 9 Abs. 2 BayPVG aufmerksam gemacht. Diese E-Mail sei der Personalabteilung auch zugegangen, da sie auch beantwortet worden sei. Sinn und Zweck, den Übernahmeanspruch geltend zu machen, also die Arbeitgeberin darüber zu informieren, seien somit sowohl mit der schriftlichen Bewerbung vom November 2018 als auch mit der Mail vom 30. März 2019 erfüllt. Auch im Rahmen des Fürsorgegedankens hätte die Personalabteilung den Antragsgegner zu 1) im Antwortschreiben vom 17. April 2019 darauf aufmerksam machen müssen, dass das Verlangen innerhalb von 3 Monaten vor Ende der Ausbildung nicht per E-Mail gestellt werden könne. Dies sei nicht geschehen. Der Antragsgegner zu 1) sei davon ausgegangen, dass eine E-Mail ausreichend sei, da dies auch bei der Antragstellerin mittlerweile eine übliche Art der Kommunikation sei und zu keinem Zeitpunkt von der Arbeitgeberin beanstandet worden sei. Ganz im Gegenteil werde die Digitalisierung ja vorangetrieben. Im Antwortschreiben der Antragstellerin vom 17. April 2019 heiße es nur „schriftlich zukommen lassen“, was durch die E-Mails nach dem Verständnis des Antragsgegners zu 1) erfüllt gewesen sei. Dem Antragsgegner zu 1) sei die Vorschrift der §§ 126, 126a BGB völlig unbekannt und er habe auch keine Veranlassung, sich insoweit schlau zu machen, da ja eine „schriftliche“ Mitteilung ausreichend sein sollte. Die Antragstellerin verstoße gegen Treu und Glauben, wenn sie sich nun nach den zahlreichen, durchaus allen Beteiligten bekannten Bemühungen zur Übernahme mit einer vorliegenden schriftlichen und unterschriebenen Bewerbung auf das Formerfordernis berufe. Der Antragstellerin könne die Weiterbeschäftigung auch zugemutet werden. Dem Antragsgegner zu 1) könne die Stelle in der Zierpflanzengärtnerei zugewiesen werden. Soweit sie durch einen anderen Bewerber besetzt sein sollte, könne sie durch eine Versetzung innerhalb des Referats „Gartenbau“ freigemacht werden. Leistungseinschränkungen stünden einer Besetzung durch den Antragsgegner zu 1), da er ja die 3-jährige Ausbildung in diesem Bereich ohne jegliche Einschränkung oder Störung zur vollen Zufriedenheit absolviert habe. Da die Bewerbung des Antragsgegners bereits beim ersten Auswahlverfahren im März 2019 nicht ausreichend berücksichtigt worden sei und der andere Bewerber nicht ausdrücklich für den Zierpflanzenbereich eingestellt worden sei, könne der zum Zeitpunkt des Endes des Ausbildungsverhältnisses freie Arbeitsplatz durch den Antragsgegner zu 1) ausgefüllt werden. Eine Unzumutbarkeit erschließe sich unter keinen Umständen des Einzelfalls. Die zum Vergleich herangezogenen Arbeitsplätze im Gartenbau seien nicht leidensgerecht und auch nicht adäquat zur Ausbildung des Antragsgegners zu 1), der aufgrund seiner Einschränkungen ausschließlich in der Zierpflanzenabteilung eingesetzt gewesen sei. Das Angebot der Antragstellerin, dass der Antragsgegner zu 1) auch in anderen Bereichen hospitiere, um anderweitig beschäftigt zu werden, sei bereits am 5. Juli 2019 und 10. Juli 2019 umgesetzt worden. Wäre überhaupt keine Weiterbeschäftigung möglich oder eine solche unzumutbar – wie nunmehr behauptet werde -, wäre die Disposition weder angeboten noch durchgeführt worden.
Am 10. Dezember 2019 hörte das Gericht die Verfahrensbeteiligten mündlich an. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin stellte
den Antrag aus dem Schriftsatz vom 17. Juli 2019.
Der Bevollmächtigte des Beteiligten zu 1) stellte den Antrag,
den Antrag abzulehnen.
Es wird Bezug genommen auf den gesamten Inhalt der Gerichtsakte.
II.
Die Anträge bleiben erfolglos.
Nach § 107 Satz 2 BPersVG gilt § 9 BPersVG für die Länder entsprechend. Hieraus sowie aus der Kapitelüberschrift „Unmittelbar für die Länder geltende Vorschriften“ ergibt sich, dass § 9 BPersVG unmittelbar für die Länder gilt. Hieran hat das am 1.9.2006 in Kraft getretene G zur Änderung des GG v. 28.8.2006 (BGBl. I S. 2034) nichts geändert. Art. 9 wiederholt (deklaratorisch) i. W. § 9 BPersVG (Ballerstedt/Schleicher/Faber, Komm. zum BayPVG, Art. 9).
Nach § 107 Satz 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 BPersVG gilt zwischen dem Auszubildenden und dem Arbeitgeber im Anschluss an das erfolgreiche Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet, wenn ein in Abs. 1 genannter Auszubildender innerhalb der letzten 3 Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich vom Arbeitgeber seine Weiterbeschäftigung verlangt.
Zwar wurde hier das Schriftformerfordernis des § 126 BGB i.V.m. § 9 Abs. 2 i.V.m. § 107 Satz 2 BPersVG (Art. 9 Abs. 2 BayPVG) nicht eingehalten, da innerhalb der 3-Monatsfrist des § 9 Abs. 2 BPersVG kein Schriftstück bei der Antragstellerin eingegangen ist, das von dem Antragsgegner zu 1) eigenhändig unterschrieben gewesen ist. Ebenso wenig wurde die Form des § 126a BGB eingehalten.
Bei dem vorliegenden Geschehensablauf ist es aber treuwidrig nach § 242 BGB, sich auf das Erfordernis der Schriftform zu berufen.
Ein treuwidriges Verhalten des Arbeitgebers kann nur bejaht werden, wenn besondere, außergewöhnliche Umstände hinzutreten. Das ist der Fall, wenn das Verhalten des Arbeitgebers darauf abzielt, den Auszubildenden von der form- und fristgerechten Geltendmachung des Weiterbeschäftigungsverlangens abzuhalten, obwohl die entsprechend entstehenden Nachteile für den Arbeitgeber vorhersehbar waren und es ihm möglich und zumutbar gewesen wäre, sie abzuwenden (BAG, B.v. 15.12.2011 – 7 ABR 40/10, RdNr. 39). Nach diesen Maßstäben ist es der Antragstellerin hier nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Formverstoß zu berufen.
Besonderheit des Einzelfalls ist hier, dass der Antragsgegner zu 1) mehrfach zum Ausdruck gebracht hat, dass er nach seiner Ausbildung übernommen werden möchte. So hat er im November 2018 sich schriftlich mit eigenhändiger Unterschrift für eine Stelle im „Zierpflanzenbau“ beworben. Mit E-Mail vom 30. März 2019 teilte er dem Baureferat „Gartenbau“ mit, dass ihm Anfang März 2019 in einem Telefonat mit Herrn R… mitgeteilt worden sei, dass er nicht übernommen werde. Er wolle darauf hinweisen, dass er Jugendvertreter sei. Er habe damit einen Anspruch auf eine unbefristete Übernahme im Gartenbau und möchte diese geltend machen. Er machte zusätzlich auf Art. 9 Abs. 2 BayPVG aufmerksam. Mit Schreiben vom 17. April 2019 wurde dem Antragsgegner zu 1) schriftlich mitgeteilt, dass sich die Absage, die er gleichzeitig mit diesem Schreiben erhalte, sich nur auf die Bewerbung im Rahmen des regulären Übernahmeverfahrens der Hauptabteilung „Gartenbau“ beziehe. In diesem Verfahren, bei dem er sich ausschließlich für eine Übernahme im „Zierpflanzenbau“ beworben habe, sei er nicht zum Zug gekommen. Davon unabhängig sei natürlich der Übernahmeanspruch als Jugendvertreter, auf den er die Stelle in der Mail vom 30. März 2019 aufmerksam gemacht habe. Dieser Übernahmeanspruch dürfe von ihm erst in den letzten 3 Monaten der Ausbildung geltend gemacht werden. In dem Schreiben vom 17. April 2019 heißt es: „Wir würden Sie daher bitten, uns diesen Antrag auf Geltendmachung des Übernahmeanspruchs innerhalb der 3-Monatsfrist schriftlich zukommen zu lassen.“ Der Antragsgegner zu 1) hatte am 7. Mai und 2. Juli 2019 Mails an die Antragstellerin versandt, die jedoch wegen eines Schreibfehlers in der E-Mail-Adresse nicht ankamen. In einem Telefonat mit Frau L… vom 2. Juli 2019 bekräftigte – auch nach Aussage von Frau L… in der mündlichen Verhandlung – der Antragsgegner zu 1), dass er übernommen werden wolle.
Durch das Schreiben vom 17. April 2019 wurde bei dem Antragsgegner zu 1) der Eindruck erweckt, dass er sich lediglich zu früh beworben habe. Ihm wurde dadurch jedoch nicht bewusst gemacht, was „schriftlich“ bedeutet, nämlich dass eine E-Mail nicht genügt. Darauf wurde er in dem Schreiben vom 17. April 2019 und auch später nicht hingewiesen. Aus den Akten und den Aussagen des Antragsgegners zu 1) in der mündlichen Verhandlung ergibt sich vielmehr, dass ihm nicht bewusst war, was „schriftlich“ bedeutet, nämlich dass er keine Mail senden durfte.
Am 2. Juli 2019 teilte der Antragsgegner zu 1) Frau L… auch telefonisch sein Übernahmeverlangen mündlich mit und dass er bereits 2 Mails vom 7. Mai 2019 und 7. Juli 2019 versandt habe. Frau L… informierte den Antragsgegner zu 1), dass das amtsärztliche Gutachten wegen fehlender Unterlagen nicht abgeschlossen werden konnte und dass er noch Unterlagen bei bringen soll. Wie sich aus dem Schriftsatz der Antragstellerin vom 17. Juli 2019 und den Aussagen von Frau L… in der mündlichen Verhandlung ergibt, sollte durch die amtsärztliche Untersuchung festgestellt werden, ob der Antragsgegner zu 1) nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung leidensgerecht eingesetzt werden kann.
Daher konnte der Antragsgegner zu 1) am 2. Juli 2019 davon ausgehen, dass er – sofern er die Prüfung besteht und das amtsärztliche Gutachten entsprechend ausfällt – von der Antragstellerin nach der Ausbildung als Gärtner übernommen wird. Auch die Antragstellerin ging erkennbar hiervon aus.
Welchen Sinn sollte sonst das Bemühen um die ärztliche Prüfung des Gesundheitszustandes des Antragsgegners zu 1) zwei Tage vor der Prüfung und Beendigung des Ausbildungsverhältnisses haben?
Sowohl im Schriftsatz vom 17. Juli 2019 und in der mündlichen Verhandlung wurde dargestellt, dass Frau L… zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt war, dass die Anträge an einem Formfehler leiden. Es wurde in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass Art. 9 BayPVG eine „exotische“ Norm sei. Man habe wegen der Zweiwochen-Frist des Art. 9 BayPVG mit großem Druck arbeiten müssen und erst im Nachhinein festgestellt, dass die Form nicht gewahrt sei.
Wenn jedoch die Antragstellerin, eine große Behörde, die Juristen und Verwaltungsexperten beschäftigt, erst im Nachhinein diesen Formfehler entdeckt, kann sie sich nicht darauf berufen, dass ein Gärtnerlehrling, der keine Verwaltungskenntnisse hat, die Definition der Schriftform des § 126 BGB kennen und wissen soll, dass eine Mail der Schriftform nicht genügt. Dies gilt zumal unter dem Hintergrund, dass beide – Antragstellerin und Antragsgegner zu 1) – am 2. Juli 2019 davon ausgingen, dass zu einer Einstellung des Antragsgegners bei der Antragstellerin lediglich die Voraussetzung des Bestehens der Prüfung und der Eingang eines entsprechenden amtsärztlichen Gutachtens erforderlich sind.
Wegen dieser besonders außergewöhnlichen Umstände wäre es hier treuwidrig, wenn sich der Antragsgegner zu 1) auf die Formvorschrift berufen könnte.
Daher wurde ein Arbeitsverhältnis im Anschluss an das erfolgreiche Berufsausbildungsverhältnis auf unbestimmte Zeit zwischen Antragstellerin und dem Antragsgegner zu 1) begründet.
Auch der Antrag der Antragstellerin, nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BPersVG das Arbeitsverhältnis aufzulösen bleibt erfolglos.
Der Arbeitgeber kann spätestens bis zum Ablauf von 2 Wochen nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses beim Verwaltungsgericht beantragen, das bereits nach den Abs. 2 und 3 begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann (§ 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG).
Nach der Rechtsprechung und der Literatur kann die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses insbesondere dann nicht zugemutet werden, wenn der Arbeitgeber dem Auszubildenden zum Zeitpunkt der Beendigung seiner Ausbildung keinen auf Dauer angelegten Arbeitsplatz bereitstellen kann, der seiner Ausbildung entspricht und ihn sowohl hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses als auch hinsichtlich der Vergütung und der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten einem Beschäftigten gleichstellt, der von dem Arbeitgeber für vergleichbare Tätigkeiten ausgebildet und eingestellt worden ist (Ballerstedt/Schleicher/Faber, Komm. zum BayPVG, Art. 9 Rn. 62 ff.). Dabei ist die Weiterbeschäftigungspflicht des öffentlichen Arbeitgebers an das Vorhandensein einer freien Planstelle nicht notwendig gebunden. Entscheidend ist vielmehr, ob ein ausbildungsadäquater, auf Dauer angelegter und gesicherter Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Dem Arbeitgeber kann die Weiterbeschäftigung eines Auszubildenden zuzumuten sein, wenn er ein innerhalb von 3 Monaten vor der vertraglich vereinbarten Beendigung des Ausbildungsverhältnisses freiwerdenden Arbeitsplatz besetzt und die sofortige Neubesetzung nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse geboten ist.
Wie sich aus der Anlage AS 21 (Bl. 53 d. Gerichtsakte – GA) ergibt, hat der Antragsgegner zu 1) die Abschlussprüfung im staatlich anerkannten Ausbildungsberuf „Gärtner“ mit Erfolg abgelegt.
Wie dem Schreiben der Antragstellerin vom 17. April 2019 an den Antragsgegner zu 1) zu entnehmen ist, bezog sich die Absage hinsichtlich seiner Bewerbung vom November 2018 nur auf die Bewerbung im regulären Übernahmeverfahren der Hauptabteilung „Gartenbau“. In diesem Verfahren hat sich der Antragsgegner zu 1) ausschließlich für die Übernahme im „Zierpflanzenbau“ beworben.
Unabhängig davon ist der Übernahmeanspruch als Jugendvertreter. Wie sich aus der E-Mail des Antragsgegners vom 30. März 2019 ergibt, machte er auch einen Anspruch auf eine unbefristete Übernahme im „Gartenbau“ geltend; er beschränkte sich nicht auf den „Ziergartenbau“.
Demnach kommt es darauf an, ob in den letzten 3 Monaten vor Beendigung der Ausbildung am 4. Juli 2019 ein Arbeitsplatz als Gärtner bei der Antragstellerin frei war.
Wie sich aus Bl. 20 ff. der Gerichtakte ergibt, wurde bezüglich der Bewerbungsrunde „Zierpflanzengärtner“ (Bewerbung des Antragsgegners zu 1) v. 26.11.2018) von den 4 Bewerbern ein anderer Bewerber ausgewählt, der sich für den Zierpflanzenbau und den Galabau beworben hatte.
Dem Schreiben vom 7. März 2019 an diesen Bewerber kann daher nicht entnommen werden, für welche Arbeitsstelle er eine Beschäftigung zugesichert erhielt. Vielmehr geht aus dem Schreiben hervor, dass man sich freue, dass man dem Bewerber unter Beteiligung und Zustimmung der Personalvertretung eine Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis anbieten könne. Zum jetzigen Zeitpunkt könne jedoch über den zukünftigen Einsatzort noch keine Aussage getroffen werden. Bis zum voraussichtlichen Ausbildungsende im Sommer 2019 sei noch mit einigen Personalveränderungen zu rechnen, auf die reagiert werden müsse. Man werde baldmöglichst genauere Informationen über den Einsatzort mitteilen.
Demnach war die Stelle im „Zierpflanzenbereich“ innerhalb der letzten 3 Monate vor Beendigung der Ausbildung noch nicht vergeben.
Die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Antragsgegners zu 1) beruht auch nicht auf dem Umstand, dass aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 8. Juli 2019 feststehe, dass der Antragsgegner zu 1) für eine Übernahme aus dem Ausbildungsverhältnis als Gärtner gesundheitlich nicht geeignet sei.
Aus dem Gutachten vom 5. Juli 2016, das erstellt wurde, als der Antragsgegner zu 1) als Gärtnerauszubildender eingestellt wurde, ergibt sich, dass folgende Leistungseinschränkungen vorlägen:
– keine Arbeiten mit Absturzgefahr,
– keine gefährlichen und gefährdenden Tätigkeiten,
– keine Arbeiten an laufenden Maschinen mit Verletzungsgefahr,
– keine Fahrtätigkeit,
– keine Nachtschicht.
Die gesundheitlichen Voraussetzungen zur Erfüllung der Unfallvorschrift liegen nicht vor.
Aus einer E-Mail vom 2. August 2016 aus dem Baureferat „Gartenbau“, Aus- und Fortbildung geht hervor, dass nach Rücksprache mit den entsprechenden Stellen trotz aller Einschränkungen die Lehrinhalte der Ausbildung zum Gärtner im Zierpflanzenbau vermittelt werden können. Um Gefahren zu vermeiden, könnten der Umgang mit der Topfmaschine sowie Tätigkeiten auf Leitern eingeschränkt werden. Diese Tätigkeiten stellten keine Prüfungsrelevanz dar und ließen sich im betrieblichen Ablauf gut umsetzen. Im Pflanzenschutz biete sich die Möglichkeit an, den Umgang zu erlernen mit entsprechenden nicht gefährdenden Mitteln.
Aus dem Gutachten vom 8. Juli 2019 geht hervor, dass der Antragsgegner zu 1) gesundheitlich nicht in der Lage ist, die Tätigkeiten nach der Tätigkeitsbeschreibung vollständig auszuüben. Unter 2. werden die Tätigkeiten ausgeführt, die nicht ausgeübt werden könnten. Ein Vergleich mit dem Gutachten vom 5. Juli 2016 ergibt, dass lediglich zwei Einschränkungen dazu gekommen sind. Bei Arbeiten in Zwangshaltungen besteht eine Einschränkung bei Überkopfarbeiten bzw. Tätigkeiten mit erhöhter Schulterbelastung. Bezüglich Punkt 2 der Tätigkeitsbeschreibung (Anlage 3) besteht eine Einschränkung bezüglich Zwangshaltung/Überkopfarbeit.
Aus der beigelegten arbeitsplatzspezifischen Information für personalärztliche Untersuchungen für den Bereich „Zierpflanzengärtner in Kulturgärten“ ergibt sich, dass die erwähnten Zwangshaltungen mit Überkopfarbeit lediglich saisonbedingt nach Bedarf erforderlich sind.
Wie oft eine solche Zwangshaltung erforderlich ist, ergibt sich daraus nicht. Andere Zwangshaltungen, wie Arbeit in gebückter Haltung hingegen, sind täglich bis zu 8 Stunden erforderlich.
Aus dem Gutachten ergibt sich daher nur eine geringfügige weitere Einschränkung im Verhältnis zum Attest von 2016.
Im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner zu 1) mit seinen bisherigen Einschränkungen dennoch in der Lage war seine Ausbildung zu beenden und die Prüfung zu bestehen sowie im Hinblick darauf, dass er laut seinem Arbeitszeugnis die Tätigkeitsbereich selbständig mit Sorgfalt und Genauigkeit zur vollen Zufriedenheit erledigt hat, ist davon auszugehen, dass der Antragstellerin zuzumuten ist, den Antragsgegner zu 1) weiter zu beschäftigen.
Die Gegenstandswertfestsetzung orientiert sich mit Zustimmung der Beteiligten an § 52 Abs. 2 GKG.


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