Handels- und Gesellschaftsrecht

Abfindung, Rechtsanwaltskosten, Abtretung, Mahnkosten, Auslegung, Abfindungsanspruch, Haftung, Klage, Zinsen, Streitwert, Zahlung, Kostenentscheidung, Anspruch, Auslagen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, vorgerichtliche Mahnkosten

Aktenzeichen  23 O 11062/18

Datum:
18.3.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 51219
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Beklagten zu 2), zu 3) und zu 4) werden verurteilt, an den Kläger jeweils 8.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.06.2018 zu zahlen.
2. Die Beklagten zu 2), zu 3) und zu 4) werden verurteilt, an den Kläger jeweils pauschale Mahnkosten in Höhe von 5,00 € zu bezahlen und ihm jeweils 1,50 € Auslagen sowie jeweils ein vorgerichtliches netto Rechtsanwaltshonorar in Höhe von 348,00 € nebst Zinsen aus diesen jeweils 354,50 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.06.2018 zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten zu 2), zu 3) und zu 4) zu jeweils 1/3. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt der Kläger. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 24.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I. Die zulässige Klage ist im Hilfsantrag begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 2), zu 3) und zu 4) jeweils einen Anspruch auf Zahlung von 8.000,00 € aus Ziffer 3 a) der Abfindungsvereinbarung in Verbindung mit XIII.11 des Partnerschaftsvertrages sowie auf Bezahlung anteiliger Mahnkosten, Auslagen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen. Hinsichtlich der Beklagten zu 1) war die Klage abzuweisen.
1. Der Anspruch auf Bezahlung einer Abfindungsrate in Höhe von 24.000,00 € ergibt sich aus Ziffer 3 a) und b) der als Anlage K 1 vorgelegten Vereinbarung vom 20.05.2016. Diese Rate war unstreitig am 31.05.2018 fällig.
2. Die Beklagte zu 2), zu 3) und zu 4) schulden dem Kläger diese Abfindungsrate im Verhältnis ihrer Überschussanteile, mithin jeweils zu einem Drittel. Dies folgt aus XIII.11 des Partnerschaftsvertrages, wonach die Abfindung eines Partners ausschließlich von den übrigen Partnern getragen wird und zwar im Verhältnis ihrer Überschussanteile im Fälligkeitszeitpunkt des Betrags oder der jeweiligen Rate desselben.
a) Grundsätzlich haften gemäß § 8 Abs. 1 PartGG für Verbindlichkeiten der Partnerschaft neben dem Vermögen der Partnerschaft die Partner als Gesamtschuldner. Entsprechend § 128 S. 2 HGB ist ein Ausschluss oder eine Beschränkung der Haftung der Partner im Partnerschaftsvertrag Gläubigern gegenüber unwirksam. Zulässig ist aber der mit bestimmten Vertragspartnern individualvertraglich vereinbarte Ausschluss oder die Beschränkung der Partnerhaftung; ihnen steht weder § 128 S. 2 HGB noch die auf vorformulierte Abreden bezogene, auf das jeweilige Berufsrecht verweisende Vorschrift des § 8 Abs. 3 entgegen (MüKoBGB/Schäfer, 7. Auflage 2017, PartGG § 8 Rn. 7).
b) Die Parteien haben in XIII.11 des Partnerschaftsvertrags individualvertraglich vereinbart, dass die Abfindung eines Partners ausschließlich von den übrigen Partnern im Verhältnis ihrer Überschussanteile zum Fälligkeitszeitpunkt getragen wird.
aa) Die Vereinbarung ist nicht nach § 130 Abs. 2 HGB unwirksam, da der Kläger nicht Dritter, sondern Vertragspartei ist.
bb) Die Abfindungsvereinbarung sollte auch nicht sämtliche bisherige vertragliche Regelungen zwischen der Beklagten zu 1) und ihren Partnern ersetzen. Vielmehr nimmt die als Anlage K 1 vorgelegte Ausscheidensvereinbarung mehrfach auf den Partnerschaftsvertrag Bezug. Auch in der streitgegenständlichen Abfindungsregelung ist von einer einmaligen pauschalen Abfindung im Sinne von Abschnitt XIII. des Partnerschaftsvertrages die Rede.
cc) Auch wenn XIII.11 Satz 2 des Partnerschaftsvertrages eine Darlehensaufnahme durch die Partnerschaft und XIV.2 Abs. 2 eine Aufrechnungsmöglichkeit der Partnerschaft gegenüber dem ausscheidenden Partner vorsieht, führt dies nicht zu einer Verpflichtung der Partnerschaft. Die interne Zahlungsabwicklung bewirkt keinen Anspruch im Außenverhältnis. Im Zuge der Privatautonomie ist es den Vertragsparteien unbenommen, für eine Aufrechnung abweichend vom gesetzlichen Modell auf das Erfordernis der Gegenseitigkeit zu verzichten.
dd) Der Wortlaut „wird […] getragen“ ist der Auslegung zugänglich. Es ist daher unschädlich, dass er nicht „wird […] geschuldet“ lautet.
c) Es ist auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Abfindungsrate und nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses der als Anlage K 1 vorgelegten Abfindungsvereinbarung abzustellen. Dies folgt aus dem Wortlaut des Partnerschaftsvertrages, der vom Verhältnis der Überschussanteile im Fälligkeitszeitpunkt des Betrags oder der jeweiligen Raten desselben spricht. Mithin ist der Fälligkeitszeitpunkt der streitgegenständlichen Abfindungsrate am 31.05.2018 entscheidend. Etwaige Freistellungsansprüche der Beklagten gegenüber den Streitverkündeten betreffen nur das jeweilige Innenverhältnis.
d) Die Beklagten zu 2), zu 3) und zu 4) waren im Zeitpunkt der Fälligkeit der streitgegenständlichen Abfindungsrate zu jeweils einem Drittel an der Beklagten zu 1) beteiligt. Dies folgt aus den als Anlagen B 1 und B 2 vorgelegten Verträgen über die Abtretung von Anteilen an der Beklagten zu 1) an die Beklagten zu 3) und zu 4). Diese Verträge sind aufgrund ihres Wortlauts ergänzend auszulegen. Die Vertragsparteien stellen in den Vorbemerkungen jeweils deklaratorisch fest, dass bislang der Beklagte zu 2) und die Streitverkündeten … und … zu je 33,3 % an der Beklagten zu 1) beteiligt sind. Dies ergibt rechnerisch nur 99,9 %. Ein weiterer Partner ist nicht vorhanden. Mithin ist von einer bloßen Falschbezeichnung auszugehen. Die Beklagten zu 3) und zu 4) haben jeweils die Anteile der Streitverkündeten übernommen.
3. Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagten zu 2), zu 3) und zu 4) auf jeweils pauschale Mahnkosten in Höhe von 5,00 €, Auslagen in Höhe von 1,50 € sowie vorgerichtliches netto Rechtsanwaltshonorar in Höhe von 348,00 € nebst Zinsen aus diesen jeweils 354,50 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.06.2018 folgt aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 2, Abs. 5 Satz 1 BGB. Die Beklagten zu 2), zu 3) und zu 4) befanden sich im Schuldnerverzug. Für die Fälligkeit der streitgegenständlichen Rat war eine Zeit nach dem Kalender, nämlich der 31.05.2018, bestimmt. Eine Mahnung war somit entbehrlich.
4. Die Beklagte zu 1) schuldet dem Kläger hingegen nicht die Abfindungsrate und somit auch keine Nebenforderungen, da die Parteien eine vorrangige individualvertragliche Regelung getroffen haben, welche die Schuld „ausschließlich“ auf die übrigen Partner überträgt. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die vorhergehenden Raten von der Partnerschaft bezahlt wurden. Dies war gemäß § 267 Abs. 1 BGB zulässig, ohne dass die Beklagte zu 1) für die weiteren Raten eine Schuldübernahme zum Ausdruck gebracht hat.
5. Eine Beweisaufnahme zu den Behauptungen des Beklagten zu 2) im Schriftsatz vom 20.01.2020 war nicht veranlasst, da die Umstände der Kündigung des Klägers nicht entscheidungserheblich sind, die Pauschalierung der Abfindung zwischen den Parteien unstreitig ist und im übrigen die Frage, wer Schuldner der Abfindungsvereinbarung ist, durch Vertragsauslegung zu ermitteln ist.
6. Weitere Hinweise durch das Gericht waren nicht erforderlich, da die Parteien ihren Sachvortrag nicht ergänzen müssen. Insoweit hatte das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 29.01.2020 nur angekündigt, Hinweise zu erteilen, falls diese erforderlich sein könnten.
7. Das Verfahren war nicht im Hinblick auf das Parallelverfahren auszusetzen nach § 148 ZPO, da der Ausgang des Parallelverfahrens nicht vorgreiflich für dieses Verfahren ist.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.
III. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
IV. Der Streitwert bemisst sich nach §§ 3, 4 ZPO.


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