Handels- und Gesellschaftsrecht

Abfindungszahlung

Aktenzeichen  16 HK O 10218/18

Datum:
28.2.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 55438
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 91 Abs. 1, § 148 Abs. 1
BGB § 181
GmbHG § 19 Abs. 2, § 30 f
HGB § 140 Abs. 2, § 252 Abs. 1 Nr. 4

 

Leitsatz

Vergleichbar der actio pro socio – ist eine Ausschließungsklage des Gesellschafters in der Zweipersonen GmbH  zulässig. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Nebenintervenientin trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 2.500.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Beklagte kann aus der Nebenintervenientin nicht ausgeschlossen werden, da das frei verfügbare Vermögen für die vollständige Zahlung der Abfindung nicht ausreicht.
I. Das Verfahren ist entscheidungsreif, ein Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung ist nicht angezeigt.
Zwar haben beide Parteien in den nachgelassenen Schriftsätzen vom 08.02.2019 neuen Sach- und Rechtsvortrag angebracht. Die Gewährung rechtlichen Gehörs vor einer Entscheidung und hierfür ein Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung ist jedoch nicht erforderlich, da sowohl nach dem Vortrag des Klägers als auch nach dem Vortrag des Beklagten die Klage abzuweisen ist.
Dem Kläger ist auch nicht durch Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung (nochmals) Gelegenheit zu gewähren, die Unterdeckung durch Kapitalmaßnahmen abzuwenden oder die Abfindungszahlung durch Hinterlegung des Unterdeckungsbetrages abzusichern und somit die bei Schluss der mündlichen Verhandlung unbegründete Klage begründet zu machen. Die erforderlichen rechtlichen Hinweise wurden im Termin erteilt und auch die letzte höchstrichterliche Rechtsprechung im Anschluss konkret mitgeteilt (Verfügung vom 05.12.2018).
I. Die Klage ist zulässig, der Kläger ist für die Erhebung der Ausschlussklage prozessführungsbefugt.
II. Zwar sind Prozesse über gesellschaftsrechtliche Angelegenheiten bei einer GmbH grundsätzlich zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft zu führen und nicht zwischen den Gesellschaftern. Bei der Nebenintervenientin handelt es sich jedoch um eine GmbH, an der die Parteien jeweils zu 50% beteiligt sind. Die Gesellschaft würde in dem Ausschließungsstreit nicht eine Gesellschaftermehrheit repräsentieren, sondern wäre nur der verlängerte Arm eines einzigen, nämlich des die Ausschließung betreibenden Mitgesellschafters. Deshalb lässt die ganz herrschende Auffassung zu Recht in der Zweipersonen GmbH – vergleichbar der actio pro socio – eine Ausschließungsklage des Gesellschafters zu, vgl. beispielhaft mit zahlreichen weiteren Fundstellen: Strohn in Münchener Kommentar GmbHG, 3. Auflage 2018, RN 163 zu § 34.
Die Kammer folgt dieser in jeglicher Hinsicht sach- und interessengerechten Auffassung. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass es derzeit bei der Nebenintervenientin keinen Geschäftsführer gibt, der für die Führung eines Ausschließungsverfahrens vertretungsberechtigt wäre; der Aufgabenkreis, für den der Notgeschäftsführer bestellt wurde, umfasst einen solchen Prozess nicht.
Vor diesem Hintergrund steht der Zulässigkeit der Klage auch nicht entgegen, dass die Gesellschafterversammlung der Nebenintervenientin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung kein Beschluss nach § 46 Nr. 4 GmbHG getroffen hat.
III. Die Ausschließungsklage ist die richtige Klageart; ein einfacherer Weg, den Beklagten gegen seinen Willen aus der Gesellschaft zu entfernen, fehlt.
Die Satzung der Nebenintervenientin enthält keine Regelung über eine Beschlussausschließung. Damit liegen die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 GmbHG nicht vor.
Um die Beteiligung des Beklagten an der Nebenintervenientin ohne dessen Zustimmung zu beenden, bleibt daher neben der Auflösung der Gesellschaft nur die Ausschließung. Diese ist gesetzlich nicht geregelt, jedoch in Rechtsprechung und Literatur einhellig anerkannt. Sie beruht auf dem allgemeinen Grundsatz, dass Dauerschuldverhältnisse, die stark in die Lebensgestaltung der Beteiligten einwirken und ein gedeihliches Zusammenwirken in persönlichem Vertrauen voraussetzen, vorzeitig lösbar sein müssen, wenn den Beteiligten eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann. Insbesondere auch aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ist abzuleiten, dass den Mitgesellschafter ein anderer Weg als die Auflösung zur Verfügung stehen muss, um ohne einen zum Störenfried gewordenen Gesellschafter die Gesellschaft fortzuführen, vgl. aaO RN 103 ff.
Die Ausschließung findet statt gegen Zahlung einer Abfindung. Der auszuschließende Gesellschafter hat Anspruch auf den vollen Wert seines Anteils, den Verkehrswert. Dieser ist zu berechnen in analoger Anwendung von § 140 Abs. 2 HGB zum Stichtag der Anhängigkeit der Ausschlussklage (Zustellung hier am 17.07.2018). Streitig ist, ob der Gesellschafter mit Rechtskraft des Ausschließungsurteils automatisch aus der Gesellschaft ausscheidet und ob Ausschließungs- und Abfindungsverfahren gekoppelt sind.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Grundsatzentscheidung vom 01.04.1953, NJW 53,780/782) ging davon aus, dass eine Ausschließung nur unter der aufschiebenden Bedingung einer Abfindungszahlung binnen angemessener Frist möglich sei, d.h. die Gestaltungswirkung des Urteils sollte sich erst mit Zahlung der Abfindung entfalten (sog. Bindingungslösung). Ob diese Auffassung, denen erhebliche Teile der Literatur und die Rechtsprechung der Instanzgerichte gefolgt sind, noch aufrecht erhalten ist, ist nach einer Entscheidung aus 2012, die jedoch zu einem Einziehungsbeschluss ergangen ist (BGH 24.01.2012, II ZR 109/11), derzeit weder höchstrichterlich noch obergerichtlich geklärt.
Vertreten werden in der Kommentarliteratur diverse weitere Meinungen. Strohn vertritt im Münchener Kommentar die Auffassung, die Ausschließung habe keine Auswirkung auf den Geschäftsanteil als solche, sondern beträfe nur den Gesellschafter persönlich und sei abgekoppelt von der Frage der Abfindung. Nach der Ausschließung des Gesellschafters sei von der Gesellschafterversammlung zu beschließen, ob der Geschäftsanteil von der Gesellschaft übernommen, eingezogen oder von einem Mitgesellschafter oder einem Dritten übernommen werde. Der Verweis des ausgeschlossenen Gesellschafters auf einen (späteren) Abfindungsprozess sei abgesichert durch eine subsidiäre Haftung der übrigen Gesellschafter, sog. Haftungslösung, vgl. Strohn in MüKo, RN 174. Nach anderer Auffassung (Seibt in Scholz, GmbHG, 12. Aufl 2018, 2014, 2015, Austritt und Ausschließung eines Gesellschafters, RN 43 ff), muss grundsätzlich auch die dem auszuschließenden Gesellschafter zustehende Abfindung bereits im Ausschlussurteil festgesetzt werden, weil der endgültige Eintritt der Ausschließungswirkungen mit Rücksicht auf die Vorschriften der §§ 19 Abs. 2, 30 f GmbHG zur Wahrung der schutzwürdigen Vermögensinteressen des betreffenden Gesellschafters aufschiebend bedingt sei. Der mit der endgültigen Festsetzung des Abfindungsbetrages verbundene Gefahr einer erheblichen zeitlichen Verzögerung soll begegnet werden durch die vereinfachte Schätzung einer vorläufigen Abfindung, ab Rechtskraft des Urteils sollen die nicht-vermögensrechtlichen Mitgliedschaftsrechte und -pflichten des ausgeschlossenen Gesellschafters suspendiert sein (aaO RN 51). Vertreten wird des Weiteren die Konstruktion, nach der die nicht-fristgerechte Abfindungszahlung als auflösenden Bedingung für die Gestaltungswirkung des Urteils wirken soll (Strohn, aaO, RN 171 m.w.N.).
Für die hier vorliegende Ausschlussklage überzeugt weder die Haftungslösung noch jegliche Auffassung, die dazu führen würde, dass der auszuschließende Gesellschafter mit Rechtskraft des Urteils seiner wirtschaftlichen Gesellschafterrechte verlustig ginge, um später mit einer Abfindungsklage auf einen ungewissen Anspruch gegen die Gesellschaft, gegen seine ehemaligen Mitgesellschafter oder gar gegen fremde Dritte verwiesen zu werden. Die Kammer kann nicht erkennen, dass der Bundesgerichtshof jeglicher Bedingungslösung endgültig eine Absage erteilt hätte; der im Urteil vom 24.01.2012 zu entscheidende Fall wie auch der dem Urteil vom 10.05.2016 (Az.: II ZR 342/14) zugrunde liegende Sachverhalt betrafen nicht Ausschlussklagen, sondern die Rechtsfolgen von Einziehungsbeschlüssen der dortigen Gesellschafterversammlung. Ausdrücklich anerkannt hat der Bundesgerichtshof im zuletzt zitierten Urteil, dass es den Gesellschaftern einer GmbH frei stehe, die Wirkungen der Ausschließung von Bedingungen (hier Zahlung erste Rate der Abfindung und Verpfändung des Geschäftsanteils) abhängig zu machen.
Vorzugswürdig erscheint daher in Fortführung der langjährigen herrschenden Rechtsprechung die Koppelung von Ausschließungswirkung und Abfindungszahlung mittels der aufschiebenden Bedingung einer fristgerechten Abfindungszahlung, was der Kläger zumindest hilfsweise beantragt hat.
IV. Die Klage ist jedoch unbegründet.
V. Die Ausschließung durch Urteil findet statt, wenn ein wichtiger Grund vorliegt in der Person oder in dem Verhalten des auszuschließenden Gesellschafters, wenn den übrigen Gesellschaftern die Fortsetzung mit dem betreffenden Mitglied infolge seines Verhaltens oder seiner Persönlichkeit nicht mehr zuzumuten ist. Maßgebend ist die Abwägung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls. Im Fall eines Gesellschafterwechsels ist eine Ausschließung in der Regel erledigt, anders kann dies jedoch sein bei der Veräußerung an einen Strohmann, vgl. insgesamt Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Auflage, RN 2 ff Anh. § 34.
Die Kammer lässt dahinstehen bleiben, ob – wofür jedoch manches spricht – sich der Beklagte etwaige in der Person des ehemaligen Gesellschafters Ku liegende Ausschließungsgründe entgegenhalten lassen muss. Des Gleichen kann offen bleiben, ob der Beklagte seit seinem Eintritt eigene Ausschussgründe gesetzt hat, die – auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass eine Ausschließung ultima ratio ist, und des eigenen, durchaus eskalierenden Verhaltens des Klägers – seinen Verbleib in der Gesellschaft für den Kläger unzumutbar machen würden. Denn auch bei Bejahung eines Ausschlussgrundes müsste die Klage abgewiesen werden.
VI. Entgegenstehender Gläubigerschutz, § 30 GmbHG:
Unabhängig von allen dogmatischen Diskussionen besteht in Rechtsprechung und Literatur Übereinstimmung dahingehend, dass im Rahmen von Beschlusseinziehung und Ausschlussklage der Gläubigerschutz, insb. das Gebot der Kapitalerhaltung nach § 30 GmbHG vorrangige Bedeutung zuzumessen ist. Der Austritt oder der Ausschluss eines Gesellschafters dürfen zwar zu einer Verminderung des Gesellschaftsvermögens führen, nicht jedoch zu einem Verbrauch des Stammkapitals und zu einer bilanziellen Überschuldung.
Steht im Zeitpunkt der Beschlussfassung über eine Einziehung fest, dass das freie Vermögen zur Bezahlung des Einziehungsentgelts nicht ausreicht, ist der Einziehungsbeschluss in entsprechender Anwendung von § 241 Nr. 3 AktG nichtig, vgl. BGH Urteil vom 24.01.2012, RN 7 m.w.N. Dies gilt auch dann, wenn die Gesellschaft über stille Reserven verfügt, deren Auflösung ihr die Bezahlung des Einziehungsentgelts ermöglichen würden, vgl. BGH Urteil vom 26.06.2018, Az: II ZR 65/16.
Nichts anderes kann für die Ausschlussklage geltend. Sie ist als unbegründet abzuweisen, wenn bei Schluss der mündlichen Verhandlung feststeht, dass die Gesellschaft die Abfindung nicht wird zahlen können, selbst wenn im Übrigen triftige Ausschlussgründe vorhanden wären. Dabei ist nicht auf die vorhandene Liquidität, sondern auf die Kapitalerhaltung und damit die bilanzielle Situation abzustellen. Abfindungen an Gesellschafter dürfen nicht zur Entstehung oder Vertiefung einer Unterbilanz führen.
Ob die Gesellschafter willens und in der Lage sind, ausreichend Kapital zur Deckung des Abfindungsbetrages zur Verfügung zu stellen, ist nicht entscheidungserheblich, solange es in der Gesellschaft an dem für die Abfindung erforderlichen Kapital fehlt. Auch die Annahme einer Haftung der verbleibenden Gesellschafter vermag die Klage nicht begründet zu machen, denn diese Haftung wird als subsidiäre lediglich unter Treuegesichtspunkten abgeleitet zugunsten des ausgeschlossenen Gesellschafters und rechtfertigt nicht einen Verstoß gegen zwingende Gläubigerschutzvorschriften. Dies gilt erst recht im vorliegenden Fall, in dem es sich der Kläger im Termin ausdrücklich bis nach der Rechtskraft des Urteils offenhalten wollte, nach freiem Ermessen selbst zu entscheiden, ob der Gesellschaftsanteil des Beklagten eingezogen oder von der Gesellschaft, von ihm oder von einem Dritten übernommen werden soll.
Allerdings hat der Kläger weder Abfindung betragsmäßig bezeichnet und noch konkreten Sachvortrag dazu angebracht, in welcher Höhe genau der Abfindungsanspruch zu berechnen oder zu schätzen wäre. Eine zeitnah erstellte, geprüfte und von der Gesellschafterversammlung festgestellte Bilanz wird nicht vorgelegt, erst recht keine Stichtagsbilanz.
a) Schätzung der Höhe der Abfindung:
Für die Berechnung der Abfindung kann nicht abgestellt werden auf das Ertragswertverfahren, da es sich bei der Nebenintervenientin offenkundig um eine Gesellschaft handelt, die ausschließlich Vermögensverwaltung betreibt. Da sich im Gesellschaftsvermögen im Wesentlichen Eigentumswohnungen befinden, ist der Liquidationswert als Untergrenze des Unternehmenswertes auch für den Fall anzusehen, dass die Gesellschaft vom Kläger allein weitergeführt werden wird. Dieser wird maßgeblich bestimmt durch den Verkehrswert der sich im Eigentum der Nebenintervenientin befindlichen Wohnungen.
Die Kammer schätzt die Höhe der dem Beklagten mindestens zustehenden Abfindung auf 2,5 Mio Euro und berücksichtigt dabei folgende Umstände:
Der Kläger behauptet einen Wert der Wohnungen in Höhe von € 16.747.264,10, indem er die Veräußerungspreise aus den Jahren 2010 bis 2013 auf den verbliebenen Wohnungsbestand hochrechnet (Klage Seite 148). Gegen die Richtigkeit dieser Behauptung spricht bereits, dass es sich um eine rein rechnerische Ableitung ohne Berücksichtigung der konkreten Wohnungsgrößen und ohne Berücksichtigung des auf dem Münchener Wohnungsmarkt erheblichen Preisanstiegs in den vergangenen Jahren handelt. Zuletzt gab der Kläger die Objektwerte höher an, in Höhe von höchstens € 11.260.000 und € 7.350.000, gesamt € 18.610.000,- an (Schriftsatz vom 08.02.2019, Seite 11).
Der Beklagte trägt einen Verkehrswert der Wohnungen vor in Höhe von 23 Mio. Euro, wobei diese Angabe auf einer Bewertung aus dem Jahr 2017 basiert.
Konkrete Angaben zum stichtagsbezogenen Schuldenstand gegenüber den Kreditinstituten macht keine der Parteien. Der letzte (wohl annähernd gesicherte) Wert stammt aus der nicht festgestellten Bilanz der Nebenintervenientin zum 31.12.2016. Zu diesem Zeitpunkt betrugen die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten € 7.898.030,69. Auch zu sonstigen Verbindlichkeiten ist konkreter Vortrag zu vermissen, der Kläger schätzt diese kaum nachvollziehbar auf 1,0 Mio. Euro.
Trotz des ungenügenden Vortrages ist eine weitere Sachverhaltsaufklärung oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich und hätte keinen Einfluss auf den Erfolg der Klage. Die Kammer unterstellt den niedrigsten vom Kläger behaupteten, sich bei Liquidation der Wohnungen ergebende Betrag in Höhe von € 2.486.850 als jedenfalls gesicherten Mindestbetrag einer Abfindung. Angesichts der Nichtberücksichtigung der Wertentwicklung auf dem Münchener Wohnungsmarkt und des ausweislich der Bilanz 2016 vorhandenen Bankguthabens der Nebenintervenientin und angesichts der großzügigen Berücksichtigung sonstiger Verbindlichkeiten schließt es die Kammer sicher aus, dass nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Abfindung unter dem Betrag von 2,5 Mio. Euro liegen würde.
Eine Kürzung des Abfindungsanspruchs des Beklagten, wie vom Kläger vertreten, ist rechtlich und tatsächlich nicht begründet.
b) Freies Vermögen der Nebenintervenientin/Deckung des Abfindungsanspruchs:
Ausweislich der letzten, vom Kläger jedoch nicht als richtig anerkannten Bilanz zum 31.12.2016 (Anlage K 142) verfügte die Nebenintervenientin über ein gezeichnetes Kapital in Höhe von € 25.000,- und über einen Gewinnvortrag in Höhe von € 582.274,26 bei einem Gewinn 2016 in Höhe von € 181.479,89, insgesamt € 788.754,15. Über einen Gewinn 2017 verhält sich der Kläger nicht, dass es weiteres freies Vermögen gäbe, ist nicht vorgetragen.
Rechtlich verfehlt ist die vom Kläger vertretene Aktivierung eines behaupteten Schadensersatzanspruchs gegen den ehemaligen Mitgesellschafter und Geschäftsführer Ku im Umfang von mehr als 2,3 Mio. Euro (so zuletzt neu vorgetragen im Schriftsatz vom 08.02.2019, Seite 7 ff). Bei Zustellung der hiesigen Klage war die gegen den ehemaligen Geschäftsführer Ku vor dem Landgericht München II erhobene Klage mutmaßlich noch nicht einmal zugestellt (die Klageschrift datiert vom 09.07.2018). Ein Titel lag nicht vor und nach dem eigene klägerischen Vortrag ist die erfolgreiche Vollstreckung eines künftigen Titels davon abhängig, dass der Beklagte seinen Rechtsvorgänger an der auszuzahlenden Abfindung beteiligt oder ihm die Anteile an der Gesellschaft rücküberträgt. Der behauptete Schadensersatzanspruchs ist daher wegen gänzlicher Ungewissheit der Forderung nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB nicht bilanzierungsfähig.
Der Kläger trägt abgesehen von der Schadensersatzforderung keinen Sachverhalt vor, der eine erhebliche Erhöhung des frei verfügbaren Vermögens darstellen könnte.
Damit ist festzustellen, dass der geschätzte Mindest-Abfindungsanspruch von 2,5 Mio Euro ein Mehrfaches des frei verfügbaren Vermögens beträgt. Die Passivierung des Abfindungsanspruchs würde zu einer gravierenden Unterbilanz führen.
Die Eigenkapitalverhältnisse der Nebenintervenientin stehen daher einem Erfolg der Ausschlussklage entgegen, die Klage ist abzuweisen.
VII. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
Für die Bemessung des Streitwertes ist der wirtschaftliche Wert des Geschäftsanteils maßgeblich (vgl. BGH II ZR 29/13). Dieser liegt jedenfalls bei den vom Kläger in der Klage behaupteten € 2,5 Mio Euro.


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