Handels- und Gesellschaftsrecht

Auslegung, Zustellung, Praxis, Stellungnahme, Vortrag, Abkommen, Klageerwiderung, Beklagte, Hinweises, Gelegenheit, Vermeidung, substantiiert, ausreichend, Bl, Vermeidung von Wiederholungen, Gelegenheit zur Stellungnahme, nicht ausreichend

Aktenzeichen  4 U 2946/20

Datum:
23.11.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 53979
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

2 O 775/20 2020-08-04 Urt LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

I.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 04.08.2020, Az. 2 O 775/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
II.
Die Beklagte hat weder neue berücksichtigungsfähige Tatsachen vorgetragen (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) noch konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts begründen würden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist daher von dem im angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Sachverhalt auszugehen. Dieser rechtfertigt weder eine andere Entscheidung noch ist eine Rechtsverletzung vorgetragen, auf der die erstinstanzliche Entscheidung beruhen würde (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Der Senat hat die gegen das angefochtene Urteil erhobenen Einwände geprüft und gewürdigt. Die mit der Berufung vorgetragenen Gesichtspunkte können ihr jedoch nicht zum Erfolg verhelfen.
1. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts zur Auslegung des streitgegenständlichen Rahmen-Teilungsabkommens (RTA) vollumfänglich. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen. Die dagegen vorgebrachten Argumente überzeugen den Senat letztlich nicht.
Mit dem RTA besteht zwischen den Parteien ein Dauerschuldverhältnis. Schon das Vorwort des RTA, das auch Gegenstand des Vertrages ist, macht deutlich, dass das RTA Anwendung findet bei Regressansprüchen der Beklagten nach § 116 SGB X, soweit die Klägerin als Haftpflichtversicherer eintrittspflichtig ist. In den folgenden Paragraphen ist dann im Detail geregelt, wie dieser Regress dann abzuwickeln ist. Es ist nicht richtig, dass das RTA nur dann Geltung habe, wenn die Beklagte im Einzelfall einen Regressanspruch „fordert“. Dies ergibt sich u. a. aus den Regelungen in § 11 RTA, welche das Vertragsverhältnis bei Inanspruchnahme der Beklagten gegenüber einem Dritten regeln. Diese Regelungen würden keinen Sinn machen, wenn das RTA überhaupt keine Anwendung finden würde, soweit die Beklagte einen Dritten in Anspruch nimmt. Schon deshalb ist § 11 Abs. 4 RTA immer anzuwenden, wenn der Regressanspruch der Beklagten nach § 116 SGB X dem Grunde nach besteht.
2. Der Senat hält – entgegen der Auffassung des Landgerichts – den Vortrag der Beklagten, dass deren streitgegenständliches Vorgehen jahrzehntelanger Praxis entspreche, der Klägerin seit Jahrzehnten bekannt sei und die streitgegenständlichen Konstellationen mit Wissen der Klägerin in das Abkommen „eingepreist“ seien (Seite 13 der Klageerwiderung, Bl. 40 d. A.) schon nicht für ausreichend substantiiert.
Bedenken ergeben sich daraus, dass das streitgegenständliche RTA vom 01.07.2013 stammt, so dass aufgrund dieses Abkommens überhaupt noch keine „jahrzehntelange Praxis“ bestanden haben kann. Dies gilt umso mehr, als die hier zugrundeliegenden Verkehrsunfälle vom 21.11.2016, 08.11.2017 und 11.11.2017 datieren. Das heißt, dass es jedenfalls ab Ende 2016 sehr wohl Streit um die Auslegung des RTA gegeben hat. Damit wurde das RTA erst knapp 3 ½ Jahre bis zur streitgegenständlichen Auslegungsfrage angewendet. Es ist von der Beklagten nicht vorgetragen, bei welchen Verfahren (Sachverhalt, Aktenzeichen) genau sich die vorliegende Regressfrage zwischen den Parteien in gleicher Weise gestellt hätte und ob die Klägerin auch gezahlt hat. Dies würde zu einem substantiierten Sachvortrag gehören. Das gemachte Zeugenangebot könnte über die vorliegende mangelnde Substantiiertheit des Sachvortrags nicht hinweghelfen und liefe auf einen – unzulässigen – Ausforschungsbeweis hinaus.
III.
Der Senat regt die Rücknahme der Berufung an. Dies hätte gegenüber der unanfechtbaren Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO Kostenvorteile.
Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme von 2 Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.


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