Handels- und Gesellschaftsrecht

Berufung, Mitverschulden, Anlageberatungsvertrag, Berufungsverfahren, Bank, Schaden, Hinweisbeschluss, Streitwert, Verfahren, Klage, Voraussetzungen, Stellungnahme, rechtsfehlerhaft, Schriftsatz

Aktenzeichen  8 U 1637/19

Datum:
12.2.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 49465
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

29 O 18663/17 2019-03-01 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 01.03.2019, Az. 29 O 18663/17, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieser Beschluss sowie das in Ziff. 1 genannte Urteil des Landgerichts München I sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 350.000,- € festgesetzt.

Gründe

Tatsächliche Feststellungen
Der Kläger begehrt vom Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit Kapitalanlagegeschäften.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 01.03.2019 Bezug genommen, § 522 II 4 ZPO. Änderungen oder Ergänzungen haben sich in der Berufung nicht ergeben.
Das Landgericht hat die Klage für begründet erachtet, da der Beklagte dem Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise gemäß § 826 BGB vorsätzlich Schaden zugefügt habe, und hat den Beklagten zur Zahlung von 329.710,64 € verurteilt.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Beklagten (Bl. 129/139), mit welcher dieser rügt, dass das Landgericht die Parteien nicht informatorisch gehört habe, und ferner geltend macht, dass der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt zu korrigieren sei. Der Kläger sei über die Risiken der getätigten Anlagegeschäfte, insbesondere die Risiken des Optionsgeschäfts, vollständig vom Beklagten aufgeklärt worden, wie sich aus der von diesem unterschriebenen umfassenden Risikoaufklärung (Anl. K 2, dort Ziff. 7) ergebe, so dass das Landgericht auch zu Unrecht eine Kausalität zwischen dem Handeln des Beklagten und dem eingetretenen Schaden bejaht habe. Rechtsfehlerhaft habe das Erstgericht ferner einen hypothetischen Kausalverlauf infolge des von der V-Bank vorgenommenen Zwangsclosing am 27.11.2014 verneint. Den Kläger treffe im Übrigen auch ein Mitverschulden, welches das Landgericht gleichfalls rechtsfehlerhaft verneint habe.
Im Berufungsverfahren beantragt der Beklagte (Bl. 129):
Das Urteil des Landgerichts München I vom 01.03.2019 – Az. 29 O 18663/17 – wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Mit Hinweisbeschluss des Senats vom 08.01.2020 (Bl. 153/161), auf den Bezug genommen wird, wurde der Beklagte darauf hingewiesen, dass und warum der Senat beabsichtigt, seine Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Hierzu hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 04.02.2020 (Bl. 162/164) innerhalb offener Frist Stellung genommen.
Ergänzend wird auf die von den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Berufung des Beklagten ist im Beschlusswege als unbegründet zurückzuweisen, da sämtliche Voraussetzungen hierfür gemäß § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen.
I.
Offensichtliche Aussichtslosigkeit der Berufung, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das angefochtene Urteil entspricht der Sach- und Rechtslage. Es beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Vielmehr rechtfertigen die Tatsachen, die der Senat im Rahmen des durch § 529 ZPO festgelegten Prüfungsumfangs der Beurteilung des Streitstoffs zugrunde zu legen hat, keine andere Entscheidung. Zur Begründung nimmt der Senat auf die sorgfältigen und zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts sowie auf seinen Hinweisbeschluss vom 08.01.2020 Bezug, in dem er seine leitenden Erwägungen zum Ausdruck gebracht hat. Der hierauf erwidernde Schriftsatz des Beklagten vom 04.02.2020 vermag dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Der Beklagte wiederholt im Wesentlichen seine in der Berufungsbegründung erhobenen Rügen, mit denen sich der Senat bereits im Hinweisbeschluss vom 08.01.2020 ausführlich auseinandergesetzt hat. Es sind daher lediglich noch folgende ergänzende Anmerkungen unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Beklagten vom 04.02.2020 veranlasst: 1) Soweit der Beklagte geltend macht, dass der Sachverhalt „keineswegs so unstreitig sei, wie ihn das Gericht darstelle“ (Schriftsatz vom 04.02.2020, S. 1), insbesondere ein Telefonat mit dem Kläger im Juli 2014, bei welchem er dem Kläger nach den Feststellungen des Erstgerichts angeboten habe, sich um dessen Vermögensverhältnisse zu kümmern, bestreitet und geltend macht, dass die Kontaktaufnahme durch den Kläger persönlich erfolgt sei, da dieser den Beklagten am 11.7.2014 in I. in der Zweigstelle der S. – Bank aufgesucht habe, verkennt der Beklagte erneut, dass dem Tatbestand des Urteils gemäß § 314 ZPO Beweiskraft zukommt und angebliche Unrichtigkeiten ausschließlich in einem fristgebundenen Verfahren gemäß § 320 gerügt werden können, was vorliegend jedoch nicht geschehen ist, worauf der Senat bereits hingewiesen hat (Beschluss vom 08.01.2020, S. 3/4). Aufgrund der daher von Senat zugrunde zu legenden Feststellungen des Landgerichts zu dem telefonisch im Juli 2014 erfolgten Angebot des Beklagten, sich um die Vermögensverhältnisse des Klägers zu kümmern, welches der Kläger angenommen habe, ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, die im Hinweisbeschluss dargelegt wurde (S. 2, Ziff. 1a), ein Anlageberatungsvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen, der den Beklagten zu einer anlage- und anlegergerechten Beratung des Klägers verpflichtet hat. Auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss wird insoweit Bezug genommen (S. 2/3).
Der Einwand des Beklagten, dass es keinen Beweis dafür gebe, dass der Kläger eine sichere Anlage gewollt habe und auf Werterhalt des vorhandenen Vermögens bedacht gewesen sei (Schriftsatz vom 04.02.2020, S. 2), verhilft seinem Rechtsmittel gleichfalls nicht zum Erfolg. Denn das Landgericht hat im unstreitigen Tatbestand festgestellt, dass der Beklagte bei dem Treffen am 11.7.2014 – im Anschluss an das Telefonat im Juli 2014 – eingehend über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute, insbesondere über deren Wunsch des Werterhalts des Vermögens informiert worden ist (LGU S. 3). Der Kläger hat im Übrigen auch in der Anlage 2 zum Vermögensverwaltungsvertrag (Anl. K 1) als Anlageziel u.a. „Vermögensaufbau und Alters/Familienvorsorge“ angegeben. Soweit der Beklagte geltend macht, dass das Landgericht es nicht als unstreitig hätte annehmen dürfen, dass der Kläger kein Risiko bei der Geldanlage eingehen wollte, da er den Anlagezweck einer kurzfristigen Gewinnerzielung/Spekulation verfolgt habe, wie bereits in der Klageerwiderung (dort S. 4) vorgetragen worden sei, verkennt er auch hier wiederum die Beweiskraft des Tatbestands der angegriffenen Entscheidung (§ 314 ZPO), wie vorstehend bereits ausgeführt, so dass die vom Landgericht getroffenen Feststellungen vom Senat auch insoweit zugrunde zu legen sind. Lediglich ergänzend ist daher noch auszuführen, dass der Kläger in der Anlage 2 zum Vermögensverwaltungsvertrag (Anl. K 1) als Anlageziel nicht nur, wie in der Klageerwiderung vorgetragen, „kurzfristige Gewinnerzielung/Spekulation“, sondern auch „Vermögensaufbau und Alters/Familienvorsorge“ angekreuzt hat, woraus der Wunsch des Klägers nach Werterhalt des Vermögens ersichtlich ist.
Da der klägerische Vortrag nach den Feststellungen des Erstgerichts weitgehend unstreitig blieb, bedurfte es, entgegen dem Einwand des Beklagten, einer informatorischen Anhörung der Parteien durch das Landgericht nicht, worauf der Senat bereits im Beschluss hingewiesen hat (S. 4, Ziff. 1) cc).
2) Soweit die Beklagtenseite einwendet (Schriftsatz vom 4.2.2020., S. 2 unten/S. 3 oben), dass der Beklagte keine fehlerhafte Anlageberatung vorgenommen habe, da der Kläger eine umfassende Risikoaufklärung unterschrieben habe, und darüber hinaus bestreitet, dass der Beklagte dem Kläger gegenüber angegeben habe, dass ein Verlust aus der Natur der Sache nicht möglich sei, verkennt sie, dass die fehlerhafte Anlageberatung im vorliegenden Fall in der weder anleger- noch anlagegerechten Empfehlung des Beklagten lag, den streitgegenständlichen Vermögensverwaltungsvertrag mit der SAB abzuschließen, der spekulative Vermögensanlagen mit erheblichen Risiken bzw. sogar einem Totalverlust vorsah (Anl. K 1, S. 7/7), die dem Anlageziel des Klägers auf Werterhalt des Vermögens diametral entgegenstanden. Auf die Ausführungen im Senatsbeschluss wird insoweit Bezug genommen (S. 3, Ziff. 1 c) aa).
II.
Weitere Voraussetzungen von § 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, § 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil, § 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht geboten, § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO.
III. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergehen nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung von § 3 ZPO, §§ 47, 48 GKG bestimmt; zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss Bezug genommen.
München, 12.02.2020
Verfügung
1. Beschluss vom 12.02.2020 hinausgeben an:
Prozessbevollmächtigte des Berufungsbeklagten … zustellen Prozessbevollmächtigte des Berufungsklägers … zustellen
2. Bitte Stammdatenblatt aktualisieren, s. Beschlussrubrum (gem. Bl. 162 und 166)
3. Schlussbehandlung


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