Handels- und Gesellschaftsrecht

Elektrizitätsunternehmen i.S.d. EEG; Haftung aller zusammenwirkenden Elektrizitätsunternehmen gegenüber Übertragungsnetzbetreiber – Letztverbraucherbelieferung

Aktenzeichen  XIII ZR 7/19

Datum:
3.3.2020
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2020:030320UXIIIZR7.19.0
Normen:
§ 37 Abs 2 EEG 2012
Art 105 GG
Spruchkörper:
13. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend OLG Bamberg, 19. Januar 2017, Az: 1 U 19/16vorgehend LG Bayreuth, 12. Januar 2016, Az: 34 O 737/14

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg aufgehoben, soweit die Widerklage abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Beklagte ist einer von vier in Deutschland tätigen Übertragungsnetzbetreibern. Die vormalige Klägerin, über deren Vermögen im Oktober 2018 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (im Folgenden: Schuldnerin), die Expertos Unternehmens- und Wirtschaftsberatungs GmbH & Co. KG (im Folgenden: Expertos) sowie die Streithelferin waren drei rechtlich selbständige Unternehmen einer zuletzt unter der Bezeichnung “Care-Energy” agierenden Gruppe, die verschiedene Leistungen im Energiebereich anbot. Die Expertos schloss mit ihren Kunden, überwiegend Privathaushalten, keine üblichen Stromlieferungsverträge, sondern Verträge über die Versorgung mit Licht, Kraft, Wärme und Kälte, welche sie zusammenfassend als Nutzenergie bezeichnete. Danach hatten die Kunden die bei ihnen vorhandenen elektrischen Geräte der Expertos “beizustellen”, mit der Folge, dass das Betreiben der Geräte als der Expertos zuzurechnende Maßnahmen zur Umwandlung von Strom in Nutzenergie einzuordnen sein sollte. Zusätzlich hatten die Kunden die Möglichkeit, entgeltlich Dienstleistungen der Expertos wie Energieeffizienzberatung und Energiecontrolling in Anspruch zu nehmen. Die Abrechnung der Leistungen der Expertos erfolgte abgesehen von einer Grundgebühr nach Kilowattstunden aufgrund der tatsächlich bezogenen elektrischen Energie. Im Gegenzug sollte der Kunde für die Beistellung seiner Geräte und seines Netzes von der Expertos eine Vergütung von 1 Cent pro Kilowattstunde erhalten. In der Präambel der Verträge wurde darauf hingewiesen, dass die Streithelferin Erfüllungsgehilfe der Expertos sei.
2
Zwischen der Streithelferin und der Expertos als Kunde bestand seit dem Jahr 2011 ebenfalls ein als Energiedienstleistungsvertrag bezeichnetes Vertragsverhältnis, das die Versorgung der Expertos mit “Nutzenergie” zum Zwecke des Betriebs der “in der Immobilie” der Expertos vorhandenen Anlagen und Geräte zum Gegenstand hatte. Auch hier erfolgte die Vergütung der Vertragsleistung auf der Grundlage des tatsächlich bezogenen Stroms.
3
Vertraglich miteinander verbunden waren des Weiteren die Streithelferin und die Schuldnerin, ein Energieversorgungsunternehmen. In dem zwischen ihnen mit Wirkung vom 1. August 2011 geschlossenen “Rahmenvertrag über die Lieferung und Abnahme von Strom” sowie den darauf bezogenen Einzelverträgen war geregelt, dass die Schuldnerin der Streithelferin an der jeweiligen Übergabestelle – dieses waren die Anschlusspunkte und Zähler der “Nutzenergie-Kunden” der Expertos – die jeweilige Vertragsmenge “in den Fahrplan einstellt, verkauft und liefert” oder deren Lieferung veranlasst und die Streithelferin der Schuldnerin den jeweiligen Vertragspreis bezahlt.
4
Die Beklagte stellte der Schuldnerin ab Januar 2012 monatliche Abschlagsrechnungen über die EEG-Umlage für die innerhalb ihrer Regelzone aus deren Bilanzkreis an die Kunden der Expertos abgegebenen Strommengen, welche die Schuldnerin zunächst auch bezahlte. Nachdem sie jedoch die Abschlagsrechnungen der Beklagten nicht mehr beglich und die bereits erbrachten Zahlungen zurückforderte, nahm die Beklagte die Schuldnerin gerichtlich auf Zahlung von Abschlägen auf die EEG-Umlage für den Zeitraum November 2012 bis einschließlich Mai 2013 in Anspruch. Ihre Klage wurde in der Berufungsinstanz rechtskräftig abgewiesen.
5
Mit der vorliegenden Klage hat die Schuldnerin zunächst die Feststellung begehrt, dass die Beklagte von ihr Abschlagszahlungen auf die EEG-Umlage in Höhe von 17.646.114,50 Euro für den Zeitraum Januar 2013 bis Oktober 2014 nicht verlangen könne. Im Wege der Widerklage hat die Beklagte von der Schuldnerin Zahlung von Abschlägen auf die EEG-Umlage für die im Zeitraum August bis November 2014 innerhalb ihrer Regelzone an deren Kunden abgegebenen Strommengen in Anspruch genommen. Nachdem die Beklagte gegen die Schuldnerin vor dem Landgericht Hamburg eine weitere Klage erhoben hatte, die auf Zahlung der Abschläge auf die EEG-Umlage für den Zeitraum Juni 2013 bis Juli 2014 gerichtet war, hat die Schuldnerin den Rechtsstreit hinsichtlich ihrer Feststellungsanträge insgesamt in der Hauptsache für erledigt erklärt.
6
Die Vorinstanzen haben der zuletzt auf Feststellung der Hauptsacheerledigung gerichteten Klage der Schuldnerin stattgegeben und die Widerklage der Beklagten abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision gewendet. Sie erstrebt nunmehr die Feststellung der mit der Widerklage gegen die Schuldnerin geltend gemachten Forderung nebst Zinsen und Kosten zur Insolvenztabelle. Der Kläger, der den Prozess hinsichtlich der Klageforderung nicht aufgenommen hat, tritt dem Rechtsmittel entgegen.


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