Handels- und Gesellschaftsrecht

Erkrankung, Berufung, Kaufvertrag, Beschwerde, Frist, Schadensersatzanspruch, Mangel, Mangelhaftigkeit, Annahmeverzug, Anscheinsbeweis, Fristsetzung, Ersatzfahrzeug, Zeitpunkt, Ware, Zug um Zug, Co KG, Sinn und Zweck

Aktenzeichen  23 U 4002/18

Datum:
22.7.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 53853
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

12 HK O 2773/16 2018-10-25 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 25.10.2018, Az. 12 HK O 2773/16, wird zurückgewiesen.
2. Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der Kosten der Nebeninterventionen zu 1) und zu 2).
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 des zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten für die Lieferung und Montage von Büromöbeln nach geleisteter Anzahlung noch eine Restzahlung in Höhe von 152.778,03 €.
Die Beklagte beauftragte die Klägerin gemäß Angebot vom 14.08.2015 (Anlage K 2) und Auftragsbestätigung vom 17.08.2015 (Anlage K 3) mit der Lieferung und Montage von Büromöbeln (3 Konferenztischanlagen, 6 Technikanschlussfelder, 6 Schiebetürenschrankanlagen nebst Regalaufsätzen) zu einem Gesamtkaufpreis von 215.338,83 €. Oberflächen und Einlageböden waren pulverbeschichtet, die übrigen Teile lackiert. Die Möbel stellte die Fa. S. GmbH und Co KG her (Streithelferin zu 2). Der Lack für die Lackarbeiten stammt von der Fa. H. GmbH und Co KG (Streithelferin zu 1).
Am Freitag, den 25.09.2015 lieferte und montierte die Klägerin bei der Beklagten die Möbel. Im Abnahmeprotokoll vom selben Tag rügte die Beklagte sechs defekte Schlösser (Anlage K 4).
Am 28.09.2015 stellte die Klägerin den nach einer geleisteten Anzahlung (64.601,65 €) noch offenen Rechnungsbetrag in Höhe von 150.737,18 € mit einer Zahlungsfrist von 30 Tagen in Rechnung (Anlage K 5).
Am Montag, den 28.09.2015 stellten Mitarbeiter der Beklagten in den Büroräumlichkeiten einen intensiven Geruch fest. Die Beklagte leitete eine interne Mail vom 30.09.2015 (Anlage B 1) zwischen Mitarbeitern der Beklagten über Lackgestank im Büro noch am selben Tag an die Klägerin weiter (Anlage B 2). Des Weiteren teilte die Beklagte der Klägerin am 01.10.2015 mit, dass Mitarbeiter der Beklagten über körperliche Beschwerden infolge des Geruchs der Möbel klagen und erbat eine Lösung des Problems (Anlage B 3).
Die Klägerin informierte die Streithelferin zu 2) und leitete deren Antwort am 01.10.2015 an die Beklagte weiter (Anlage B 4). Die Streithelferin zu 2) schlug zur Abhilfe Lüften und Durchzug vor.
Der Geschäftsführer der Beklagten sowie einige Mitarbeiter suchten am 05.10. bzw. 06.10.2015 aufgrund ihrer Beschwerden Ärzte auf und erholten schriftliche Atteste (Anlage B 5 bis B 10).
Am 05.10.2015 fand ein Besichtigungstermin in den Räumlichkeiten der Beklagten statt, an welchem für die Beklagte Regina H. und für die Streithelferin zu 1) Enno E. teilnahmen. Katharina R., die für die Klägerin ebenfalls an diesem Termin teilnehmen sollte, sagte diesen kurzfristig ab.
Am 06.10.2015 erklärte die Beklagte durch Rechtsanwaltsschreiben den Rücktritt vom Vertrag (Anlage K 6). Begründet wurde dieser mit den „Ausgasungen“ (im folgenden: Ausdünstungen) der Büromöbel, aufgrund welcher mehrere Mitarbeiter der Beklagten erkrankt seien. Die ausgelieferte Ware sei daher mangelhaft.
Am 07.10. 2015 entfernte die Beklagte die Möbel aus ihren Büroräumen und lagerte sie ein. Am 13.10.2015 nahm die Streithelferin zu 1) zu den verwendeten Lacken Stellung (Anlage K 7). Am 23.11.2016 erstellte der von den Beklagten beauftragte Privatsachverständige M. einen Untersuchungsbericht bzgl. der Möbel, die während der Einlagerung in Folie gewickelt waren.
Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe vom Kaufvertrag nicht wirksam zurücktreten können, weil die Kaufsache nicht mangelhaft sei. Darlegungs- und beweispflichtig für die behaupteten Mängel sei die Beklagte. Die Möbel seien vor der Montage einen ausreichend langen Zeitraum zur Ausdünstung gelagert worden. Nach Aufbau der Möbel bei der Beklagten habe es keine weiteren Ausdünstungen gegeben, insbesondere seien keine Schadstoffe oder Formaldehyd ausgetreten. Bei pulverbeschichteten Oberflächen gebe es keine Emissionen; Pulverbeschichtungen enthielten kein Formaldehyd. Etwaige Geruchsbelästigungen würden nach einigen Tagen verschwinden.
Da in den Büroräumlichkeiten der Beklagten zeitgleich weitere Umbau- und Renovierungsarbeiten stattgefunden hätten, seien die gesundheitlichen Beschwerden der Mitarbeiter der Beklagten auf den Staub und Lärm dieser Arbeiten zurückzuführen und nicht auf einen vermeintlichen Lackgestank. Die von den Mitarbeitern geschilderten Beschwerden seien durch die Atteste lediglich symptombezogen bestätigt worden, ohne dass exakte ursächliche Befunde hierfür erhoben worden seien.
Der durch den Privatsachverständigen M. erstellte Untersuchungsbericht sei methodisch falsch erstellt worden. Die Verpackung der Möbel in Folie habe weitere Ausdünstungen verhindert, so dass die Messungen deshalb nicht zu realistischen Werten geführt habe. Demgegenüber habe der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. S. zum einen kein Formaldehyd festgestellt und zum anderen hinsichtlich sonstiger Stoffe ausgeführt, dass eine seriöse Rückrechnung der Ausdünstungswerte auf den Lieferzeitpunkt nicht möglich sei. Der Beweis der Mangelhaftigkeit der Möbel sei der Beklagten daher nicht gelungen.
Jedenfalls gelte die Kaufsache als genehmigt, da die Beklagte den Mangel nicht unverzüglich gerügt habe. Auch habe die Beklagte der Klägerin vor der Erklärung des Rücktritts vom Vertrag keine Frist zur Nachbesserung gesetzt. Diese sei zwingend erforderlich und gerade nicht entbehrlich gewesen. Der weitere zeitliche Verlauf habe gezeigt, dass eine in den Ausdünstungen etwaig enthaltene Konzentration an Inhaltsstoffen stark abgenommen habe.
Für die Montage schulde die Beklagte einen weiteren Betrag in Höhe von 2.040,85 €.
Die Klägerin verkündete mit Schriftsatz vom 10.02.2016 der Firma S. GmbH und Co KG (Bl. 10 ff d.A.) den Streit, die mit Schriftsatz vom 30.06.2016 dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beitrat ist und ihrerseits der Fa. H. GmbH und Co KG den Streit verkündete (Bl. 43 d.A.). Die Firma H. GmbH und Co KG trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin bei (Bl. 57 d.A.).
Die Streithelferin zu 2) ist der Auffassung, dass ein Anscheinsbeweis für die Mangelhaftigkeit der Büromöbel nicht heranzuziehen sei. Ein typischer Geschehensablauf, der einen Anscheinsbeweis begründen könnte, liege hier nicht vor. Es treffe keinesfalls zu, dass etwaig vorhandene Ausdünstungen neu lackierter Flächen überlicherweise zu Gesundheitsverletzungen führten. Zudem seien die streitgegenständlichen Möbel mangelfrei. Die verwendeten und verarbeiteten Lacke seien nicht gesundheitsgefährdend und würden nicht ausdünsten. Eine Ausdünstung von pulverbeschichteten Oberflächen sei ausgeschlossen. Bei einer Pulverbeschichtung handele es sich um ein „trockenes“ Beschichtungsverfahren, das ohne Lösungsmittel auskomme. Die verwendeten Lacke würden als feines Pulver elektrostatisch aufgeladen und appliziert. Sodann würden sie Infrarot-Öfen durchlaufen, wobei sich das Pulver vernetze und aushärte. Die Streithelferin zu 2) habe zudem die Möbel entsprechend der Vorgaben der Lackherstellerin, der Streithelferin zu 1) verarbeitet und die dabei notwendigen Trocknungszeiten eingehalten.
Weiterhin ist die Streithelferin zu 2) der Auffassung, dass sich die Beklagte auf einen Mangel gemäß §§ 377, 343 HGB nicht mehr berufen könne, da sie den Mangel zu spät gerügt habe. Die Ware gelte damit als genehmigt.
Ein Rücktritt der Beklagten scheitere an dem Fehlen einer Fristsetzung durch die Beklagte. Die Fristsetzung sei hier nicht entbehrlich gewesen.
Die Streithelferin zu 1) ist ebenfalls der Auffassung, dass eine Fristsetzung seitens der Beklagten nicht entbehrlich gewesen sei. Dies ergäbe sich auch daraus, dass die Emissionen so stark abgenommen hätten, dass eine Auslagerung der unverpackten Möbel für einen Zeitraum von ca. 2 Wochen in eine zugige Scheune ausgereicht hätte.
Die Klägerin und die Streithelferinnen zu 1) und zu 2) beantragten in der ersten Instanz zuletzt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 152.778,03 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2015 aus 150.737,18 € und aus 152.778,03 € ab Klagezustellung zuzüglich 5,- € vorgerichtliche Mahnauslagen zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.792,90 € nicht anrechenbare Kosten gemäß Nr. 2300 VV RVG zu bezahlen.
Die Beklagte hat in der ersten Instanz zuletzt beantragt,
Klageabweisung.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die gelieferten Büromöbel mangelhaft gewesen seien und sie daher habe wirksam vom Vertrag zurücktreten können. Die Möbel hätten nach deren Lieferung und Montage so stark „ausgegast“, dass die Mitarbeiter hierdurch Gesundheitsbeeinträchtigungen in Form von Kopfschmerzen, Reizung der Augen, Hustenreiz etc. erlitten hätten. Diese Beschwerden seien auch durch ärztliche Atteste belegt.
Selbst die Streithelferin zu 2) habe bestätigt, dass die Auslüftungszeit vor Lieferung der Möbel nur knapp eingehalten worden sei. Schließlich habe die Beklagte den Privatsachverständige M. beauftragt, der Luftproben entnommen und analysiert habe. Der Sachverständige M. habe erhebliche Konzentrationen von Formaldehyd und flüchtigen organischen Verbindungen festgestellt. Dies lasse sich in Einklang mit den Gesundheitsbeschwerden der Mitarbeiter der Beklagten bringen.
Auch der gerichtlich bestellte Sachverständige habe die Überschreitung von Grenzwerten hinsichtlich einiger gesundheitsschädlicher Stoffe festgestellt. Der Sachverständige habe realistische Lüftungsszenarien bei den eingelagerten Möbeln vorgefunden. Auch im normalen Arbeitsbetrieb werde nach Büroschluss bis zum nächsten Morgen üblicherweise nicht gelüftet. Dies sei bei der Bewertung der Feststellungen des Sachverständigen zu berücksichtigen.
Eine unverzügliche Mängelrüge i.S.d. § 377 HGB sei angesichts der Situation nach Einbau der Möbel untunlich gewesen. Ein Käufer von hochwertigen Büromöbeln müsse diese nicht sofort nach Lieferung einer sachverständigen Schadstoffuntersuchung unterziehen. Die Mangelhaftigkeit der Möbel habe sich erst durch die Beschwerden und Erkrankungen der Mitarbeiter gezeigt.
Eine Fristsetzung zur Nachbesserung sei für die Beklagte unzumutbar gewesen. Dies ergebe sich insbesondere aus der Fürsorgepflicht der Beklagten gegenüber ihren Mitarbeitern, deren Gesundheit durch die starken Ausdünstungen beeinträchtigt gewesen sei. Aber auch das Verhalten der Klägerin, die darauf gesetzt habe, dass sich die Problematik durch Zeitablauf von selbst erledige und die die vorhandenen Ausdünstungen habe „aussitzen“ und in die Räumlichkeiten der Beklagten zu Lasten deren Mitarbeiter habe verlagern wollen, habe zu einem Vertrauensverlust bei der Beklagten geführt.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Erholung eines Sachverständigengutachtens des Dr. Christian S. (Gutachten vom 06.11.2017, Band I, Bl. 115 ff d.A.), eine persönliche Anhörung des Sachverständigen (Protokoll vom 22.03.2018, Band 1, Bl. 158 ff d.A.) und der Erholung eines Ergänzungsgutachtens vom 23.05.2018 (Band 2, Bl. 163 ff d.A.).
Mit Endurteil vom 25.10.2018 hat das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen nach § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, dem Kläger die Restkaufpreiszahlung in Höhe von 150.737,18 € zugesprochen, die Klage jedoch im übrigen im Hinblick auf die Montagekosten abgewiesen. Die Klage sei begründet, weil die Beklagte nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten sei. Die Beklagte habe einen Mangel der Möbel nicht nachweisen können. Der Sachverständige habe kein Formaldehyd festgestellt. Ein etwaiger im Lack enthaltener Formaldehydanteil könne zwischenzeitlich ausgedampft sein. Für weitere vom Sachverständigen festgestellte chemische Bestandteile könne dieser eine Rückrechnung auf den Übergabezeitpunkt nicht mehr seriös durchführen, so dass die Beklagte eine Überschreitung der zulässigen Grenzen von gesundheitsgefährdenden Stoffen zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs habe nicht nachweisen können. Die von der Beklagten beantragte Einvernahme von Zeugen zu ihren gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei entbehrlich, da diese keine über die vorliegenden ärztlichen Atteste hinausgehenden Erkenntnisse liefern würden. Zudem seien die Gesundheitsbeschwerden der Mitarbeiter der Beklagten nur mittelbares Indiz dafür, dass die gelieferten Möbel mit Schadstoffen oberhalb der Grenz- und Orientierungswerte belastet gewesen seien.
Die Beklagte hätte der Klägerin eine Frist zur Nachbesserung setzen müssen. Diese sei nicht entbehrlich gewesen. Durch den Abbau der Möbel und deren Einlagerung sei die Gesundheitsgefahr für die Mitarbeiter jedenfalls vorläufig beseitigt gewesen. Der Umstand, dass die Mitarbeiterin der Klägerin den Ortstermin vom 05.01.2015 nicht wahrgenommen habe, bedeute nicht, dass die Klägerin von vornherein eine Nachbesserung abgelehnt habe. Da die Klägerin eine Nachbesserung nicht kategorisch abgelehnt habe, könne auch kein Vertrauensverlust bei der Beklagten vorliegen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung und hat in zweiter Instanz Widerklage erhoben.
Die Beklagte meint, dass die Klage vom Landgericht zu Unrecht zugesprochen worden sei. Das Landgericht habe sich rechtsfehlerhaft mit der Mangelhaftigkeit der Möbel auseinandergesetzt. Die Beklagte habe ihren Mangelvortrag an der sog. Symptomrechtsprechung des Bundesgerichtshofs orientiert und die Symptome, in denen sich die Mangelhaftigkeit einer Sache zeige, geschildert. Hochpreisige Möbel seien dann mangelhaft, wenn von ihnen riechbare Ausdünstungen ausgingen, die bei den mit ihnen in Kontakt stehenden Beschäftigten zu erheblichen Körper- und Gesundheitsverletzungen führen. Derartiges sei weder vereinbarte Beschaffenheit noch verwendungsgeeignet, noch üblich und erwartbar. Das Landgericht habe zu Unrecht keine sich auf die Mangelsymptome beziehenden Beweise erhoben. Die als Zeugen benannten Mitarbeiter der Beklagten seien zu Unrecht nicht vernommen worden.
Die Begründung des Landgerichts zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung sei fehlerhaft. Der Umstand, dass die Emissionen im Laufe der Zeit abnehmen, führe nicht dazu, dass die Beklagte der Klägerin habe eine Frist setzen müssen, die so bemessen sei, dass am Ende der Frist durch mittlerweile im Lauf der Zeit erfolgte Ausdünstungen der Möbel ein Wert erreicht sei, der dazu führe, dass die mit den Möbeln in Kontakt tretenden Mitarbeiter nicht mehr erkranken. Sinn und Zweck einer Frist sei nicht, dass der Käufer die Mangelhaftigkeit solange ertrage, bis ein Zustand erreicht worden sei, bei dem sich die Mangelhaftigkeit durch Zeitablauf von selbst erledige. Ansonsten hätte es der Verkäufer in der Hand, unfertige Produktionsphasen auf den Käufer zu verlagern.
Die Beklagte meint, dass es schon gemäß § 440 S. 1 BGB keiner Fristsetzung bedurfte, da der Beklagten die ihr zustehende Art der Nacherfüllung in Form der Ersatzlieferung unzumutbar gewesen sei. Der Begriff der Unzumutbarkeit sei auch im Geschäft zwischen Kaufleuten richtlinienkonform im Sinne der europäischen Verbraucherschutzrichtlinie RL 1999/44/EG (Nacherfüllung gemäß Art. 3 Abs. 3) auszulegen. Eine gespaltene Auslegung des Begriffs der Unzumutbarkeit beim Kauf eines Verbrauchers von einem Unternehmer und beim Kaufgeschäft unter Unternehmern sei nicht vorzunehmen. Da die Beklagte ihren gesamten Geschäftsbetrieb organisatorisch darauf ausgerichtet habe, dass es zu einer Lieferung am 25.09.2015 komme und die Mitarbeiter ab 28.09.2015 an den Möbeln arbeiten können, habe die Beklagte ein Interesse an rechtzeitiger Lieferung gehabt. Da die Beklagte aufgrund der Erkrankungen der Mitarbeiter gezwungen gewesen sei, die Möbel sofort aus den Betriebsräumen zu entfernen, hätte sie im Falle der Neulieferung zwei Monate ohne Möbel und damit ohne bestimmungsgemäße Arbeitsmöglichkeit der Mitarbeiter dagestanden. Die Beklagte hätte Provisorien mit zusätzlichen Kosten organisieren müssen. Dies sei unzumutbar gewesen.
Die Fristsetzung sei auch gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich gewesen. Die Klägerin habe sich nach Mitteilung der Erkrankung der Mitarbeiter nicht persönlich gekümmert, sondern die Beschwerde nur an die Herstellerfirma, die Streithelferin zu 2) weitergeleitet. Einen vereinbarten Ortstermin habe die Klägerin nicht wahrgenommen. Sie habe sich nur auf die Antwort der Streithelferin zu 2) bezogen. Die Klägerin habe daher auf den Zeitablauf gesetzt. Im übrigen habe die Beklagte bereits durch die Lieferung der gesundheitsbeeinträchtigenden bzw. giftigen Möbel selbst das Vertrauen verloren. Der Beklagten habe nicht abverlangt werden können, die Möbel selbst abzubauen und einzulagern, um der Klägerin anschließend hierzu eine Nacherfüllungsfrist zu setzen. Der Käufer müsse nicht selbst für die Zumutbarkeit einer Fristsetzung sorgen Auch habe sich das Landgericht nicht damit auseinandergesetzt, dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 15.12.2016 wegen des zwischenzeitlichen prozessualen Verhaltens der Klägerin ein weiteres Mal vom Vertrag zurückgetreten sei. Da die Klägerin beharrlich die Mangelfreiheit der Möbel behaupte, mache sie mehr als deutlich, sich auch nicht von einer Fristsetzung der Beklagten zu einer Neulieferung bewegen zu lassen.
Das Landgericht habe weder die Beweisaufnahme mittels Sachverständigengutachten abgeschlossen noch habe es die angebotenen Beweise ausgeschöpft. Die Beweis seien fehlerhaft gewürdigt worden. Die Ausführungen des Landgerichts, dass es auf eine Zeugeneinvernahme nicht mehr ankomme, da diese nur ein Indiz dafür sein könne, dass die Möbel mit Schadstoffen oberhalb der Grenz- und Orientierungswerte belastet gewesen sein, seien nicht nachvollziehbar. Die Beklagte habe die Mangelhaftigkeit nicht mit der Werteüberschreitung begründet, sondern mit toxischen Ausdünstungen, die zur Erkrankung der Mitarbeiter geführt hätten.
Hinsichtlich der Widerklage trägt die Beklagte vor, dass sie wegen gesundheitsbeeinträchtigenden Mängeln der Büromöbel und damit einhergehender Begleitumstände wirksam vom Vertrag zurückgetreten sei und ihr daher ein Anspruch auf Rückzahlung der unstreitig geleisteten Anzahlung in Höhe von 64.601,65 € Zug um Zug gegen Rückgewähr der streitgegenständlichen Büromöbel zustehe. Die Klägerin befinde sich mit der Abholung der Möbel in Annahmeverzug, da die Beklagte der Klägerin die Abholung mit Schreiben vom 25.11.2015 nicht nur angeboten, sondern die Klägerin auch unter Fristsetzung zum 03.12.2015 zur Abholung Zug um Zug gegen Rückzahlung aufgefordert habe. Die Klägerin befände sich daher seit 04.12.2015 in Verzug.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 21.12.2018 (Bl. 246 ff d.A.) und vom 28.01.2019 (Bl. 254 ff d.A.) verwiesen.
Die Beklagte beantragte in ihrer Berufung zuletzt (Bl. 246 d.A.):
Das Endurteil des Landgerichts München I vom 25.10.2018, Az. 12 HKO 2773/16 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin und die Nebenintervenientinnen zu 1) und zu 2) beantragten zuletzt zur Berufung der Beklagten:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte beantragt zu ihrer Widerklage (Bl. 248 d.A.):
Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 64.601,65 € nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 04.12.2015 zu bezahlen Zug um Zug gegen Abholung der streitgegenständlichen Büromöbel bei der Aufbewahrungsanschrift … .
Die Klägerin und die Nebenintervenientinnen zu 1) und zu 2) beantragen hierzu:
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag zur Frage der Erforderlichkeit einer Nachfristsetzung. Zudem behauptet sie weiterhin, dass die Beklagte die behaupteten Mängel nicht habe nachweisen können.
Zur Widerklage führt die Klägerin aus, dass deren Begründetheit davon abhängig sei, ob die Beklagte wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten konnte, so dass auf die Ausführungen hierzu Bezug genommen werde.
Die Nebenintervenientin zu 1) wiederholt im wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Die Nebenintervenientin zu 2) ist der Auffassung, dass das Landgericht München I der Klage zutreffend stattgegeben habe. Im Übrigen wiederholt sie ihren erstinstanzlichen Vortrag zum Fehlen eines Mangels und zur Erforderlichkeit der Nachfristsetzung.
Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Einvernahme der Zeugen Stefan B. (Bl. 499 ff d.A.), Mandy H. (Bl. 498, 524 ff d.A.), Heike S. (Bl. 486 ff d.A.), Dr. Julia W. (Bl. 494 ff d.A.), Felicitas K. (Bl. 491 ff d.A.), Regina H. (Bl. 488 ff d.A.), Katharina R. (Bl. 467 ff d.A.), Enno E. (Bl. 502 ff d.A.), Monika L. (Bl. 471 ff d.A.), Erich B. (Bl. 478 ff d.A.), Uwe K. (Bl. 474 ff d.A.), Bernd B. (Bl. 482 ff d.A.) und Robert P. (Bl. 504, 518 ff d.A.).
Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen des Senats sowie auf die gesonderten Hinweise des Senats Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht zugesprochen.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises gemäß § 433 Abs. 2 BGB i.V.m. § 651 Satz 1 BGB a.F. zu. Das von der Beklagten geltend gemachte Rücktrittsrecht gemäß § 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1, § 323 Abs. 1, §§ 346, 348 BGB scheitert bereits an der Nachweisbarkeit eines Mangels zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, jedenfalls aber an der unterbliebenen Fristsetzung zur Nacherfüllung. Die Einwendungen der Beklagten im Rahmen der Berufung führen zu keiner anderen Beurteilung.
1. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Beklagten der Nachweis einer Mangelhaftigkeit der gelieferten Büromöbel i.S.d. § 434 BGB zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht gelungen ist.
1.1. Macht der Käufer, wie hier die Beklagte, unter Berufung auf das Vorliegen eines Sachmangels Rechte gemäß § 437 BGB geltend, nachdem er die Kaufsache entgegengenommen hat, trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast für die einen Sachmangel begründenden Tatsachen (BGH, Urteil vom 02.06.2004, Az. VIII ZR 329/03, BGHZ 159, 215-222, Rn 11).
Die Beklagte kann mit ihrer Rüge nicht durchdringen, dass vorliegend der Anscheinsbeweis ausreiche, wenn feststehe, dass Pulverbeschichtungen oder Lacke verwendet worden seien, die ausdünsten und gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorrufen konnten (Vortrag im Schriftsatz vom 05.04.2016, Seite 9, Bl. 26; Berufungsbegründung Seite 17, Bl. 270 d.A.). Zudem sei die benötigte Zeit für die Ausdünstung im Werk nicht eingehalten worden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Grundsätze über den Beweis des ersten Anscheins nur bei typischen Geschehensabläufen anwendbar, das heißt in den Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist. Dabei bedeutet Typizität nicht, dass die Ursächlichkeit einer bestimmten Tatsache für einen bestimmten Erfolg bei allen Sachverhalten dieser Fallgruppe notwendig immer vorhanden ist; sie muss aber so häufig gegeben sein, dass die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (BGH, Urteil vom 05.04.2006, Az. VIII ZR 283/05, Rn 10, juris; BGH, Urteil vom 06.03.1991, Az. IV ZR 82/90, VersR 1991, 460 unter II 2 b bb).
Die Verwendung von Pulverbeschichtungen bzw. Lacken bei Möbeln weist nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht darauf hin, dass in der Regel mit Ausdünstungen in einem Umfang zu rechnen ist, die zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Personen führen, die in Kontakt mit den pulverbeschichteten oder lackierten Möbeln stehen. Der Umfang der Ausdünstungen und deren etwaigen Folgen hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, wie z.B. die Quadratmeterzahl der pulverbeschichteten bzw. lackierten Flächen, die Anzahl der Möbel pro Raum, die Größe der Räume, dem Lüftungsverhalten der Büromitarbeiter etc., so dass nicht von einer Typizität auszugehen ist.
1.2 Die Möbel waren nicht wegen schadstoffbelasteter Emissionen mangelhaft (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB). Die Beklagte konnte eine Überschreitung der zulässigen Grenzwerte der in den Emissionen enthaltenen Stoffe zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht nachweisen.
Der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. S. führte in seinem Gutachten vom 06.11.2017 aus, dass für die Untersuchung der Möbel unterschiedliche Möbelteile aus der Wickelfolie entnommen und in emissionsarmer Barrierefolie möglichst luftdicht verpackt worden seien. Mittels einer Prüfkammeruntersuchung wurden die Luftproben auf flüchtige organische Stoffe (VOC) untersucht. Dabei hat der Sachverständige festgestellt, dass für die Immissionskonzentrationen im Raum die Emissionen aus den nasslackierten Oberflächen wesentlich seien (Seite 27 des Gutachtens, Bl. 128 RS d.A.). Die pulverbeschichteten Oberflächen wiesen demgegenüber nur sehr geringe VOC-Emissionen auf und würden deshalb nur wenig zur VOC-Konzentration im Raum beitragen. Bei den Luftproben der nasslackierten Möbelteile stellte er bei drei Werten eine Überschreitung der Richt- und Orientierungswerte fest (vgl. Tabelle 10 des Gutachtens). Nach seinen Ausführungen unterlägen jedoch die Werte der Tabelle 10 einer möglichen Abweichung von +/- 50%, so dass der Maximalwert nicht zwingend eintreten müsse (Anhörung vom 22.03.2018, Bl. 157 ff d.A.). Soweit der von der Beklagten beauftragte Privatsachverständige M. Formaldehyd festgestellt habe, so vermutete der Sachverständige Dr. S., dass dieses im Nasslack enthalten gewesen sein könnte, er selbst habe jedoch – mit Ausnahme eines nasslackierten Metalgitters für einen Schreibtischunterbau – bei den nass lackierten Schrankwänden und Unterbauten kein Formaldehyd gemessen. Da formaldehydhaltiger Lack nach gewisser Zeit ausdampfe, sei Formaldehyd jedenfalls zum Untersuchungszeitpunkt nicht mehr nachweisbar gewesen (Anhörung vom 22.03.2018, Bl. 159 d.A.). Letztendlich kam der Sachverständige, auch nach den ergänzenden Fragen der Beklagten vom 22.06.2018 (Bl. 183 ff d.A.), zu dem Ergebnis, dass jedenfalls eine seriöse Rückrechnung zur Bestimmung der bei Gefahrübergang vorhandenen Werte der überprüften Stoffe bzgl. der VOC-Konzentration im Raum nicht möglich sei. Aufgrund dieser Ausführungen des Sachverständigen ist es dem Senat nicht möglich, das Vorhandensein von schadstoffhaltigen Emissionen, die die Grenzwerte überschreiten, zum Zeitpunkt der Lieferung der Möbel am 25.09.2015 festzustellen.
Auch kann eine sachverständige Feststellung zu einer gesundheitsgefährdenden Toxizität der in den Büroräumlichkeiten befindlichen, mit flüchtigen organischen Stoffen emittierenden Möbel einer richterlichen Überzeugungsbildung nicht zu Grunde gelegt werden.
1.3 Die Möbel waren nicht wegen negativer Auswirkungen auf das gesundheitliche Befinden der Mitarbeiter mangelhaft (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB).
§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB stellt darauf ab, ob sich die Kaufsache für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Dabei geht es um die konkrete Nutzung der Kaufsache durch den Käufer, die die Parteien zwar nicht vereinbart, aber übereinstimmend unterstellt haben (BGH, Urteil vom 20.03.2019, Az. VIII ZR 213/18, Rn 20, juris). § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB stellt mit dem Merkmal der „nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung“ nicht auf konkrete Eigenschaften der Kaufsache ab, die sich der Käufer vorstellt, sondern darauf, ob die Sache für die dem Verkäufer erkennbare Verwendung (Nutzungsart) durch den Käufer geeignet ist (BGH, aaO; Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Auflage, § 434, Rn 21).
Der Behauptung der Beklagten, dass die Möbel bereits deshalb mangelhaft seien, weil von ihnen Ausdünstungen ausgehen, durch die Mitarbeiter, die bestimmungsgemäß an den Möbeln arbeiteten, erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen erlitten hätten, ist der Senat in seiner Beweisaufnahme nachgegangen. Die Behauptung konnte jedoch nicht zur Überzeugung des Senats bewiesen werden.
Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass der Käufer von hochwertigen Büromöbeln aus der gehobenen Preiskategorie grundsätzlich erwarten kann, dass die Möbel frei von anormalen Geruchsbelästigungen sind. Je nach Art, Umfang und Dauer der Ausdünstungen kann es im Einzelfall einem Käufer jedoch zumutbar sein, gewisse Geruchsbelastungen hinzunehmen, wenn aus objektiver Käufersicht hiermit „nach Art der Sache“ gerechnet werden muss. Dabei stellen im Rahmen des Üblichen bei neuen Möbeln festzustellende Ausdünstungen, die nach Lieferung festzustellen sind, danach aber verfliegen, keinen Mangel dar. Bei untypischen, über das bei Möbeln des gehobenen Preissegments übliche Maß hinausgehenden Geruchsemissionen, die zu einer erheblichen Gesundheitsgefährdung der Nutzer führt, kann ein solcher jedoch vorliegen.
Die in erster und zweiter Instanz durchgeführte Beweisaufnahme konnte einen diesbezüglichen Nachweis der erheblichen Gesundheitsgefährdung zur Überzeugung des Senats jedoch nicht erbringen.
Die Beweisbehauptung der Beklagten konnte nicht aufgrund der Bekundungen der Zeuginnen Heike S.(Bl. 486 ff d.A.), Dr. Julia W. (Bl. 494 ff d.A.), Felicitas K. (Bl. 491 ff d.A.) und Regina H. (Bl. 488 ff d.A.) zur Überzeugung des Senats bestätigt werden. Die vier Zeuginnen arbeiteten nach Lieferung der Möbel in den Büroräumlichkeiten der Beklagten und hatten damit den unmittelbarsten und längsten Kontakt mit den Möbeln. Alle vier Zeuginnen bekundeten zwar übereinstimmend starke Kopfschmerzen, Reizungen der Augen und Hustenreiz in der ersten Woche nach Lieferung der Möbel.
Allerdings stehen diesen Aussagen auch die Aussagen der Zeugen Stefan B. (Bl. 499 ff d.A.) und Mandy H. (Bl. 498, 524 ff d.A.) gegenüber, die zum damaligen Zeitpunkt in den Büroräumlichkeiten der Beklagten gearbeitet haben, aktuell aber nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt sind. Beide Zeugen beschrieben die Beschwerden nicht in dem gleichen Ausmaß wie die derzeit noch bei der Beklagten beschäftigten Zeugen. Der Zeuge B. gab insbesondere an, dass er intensiv gelüftet habe und sich der Möbelgeruch daraufhin verflüchtigt habe, während in den anderen Räumen aufgrund der kalten Außentemperaturen nicht oder nicht in dem vergleichbaren Ausmaß gelüftet worden sei. Die Zeugin H., die ausweislich der Anlagen B 1 und B 3 zum streitgegenständlichen Zeitpunkt über starke Beschwerden geklagt hat, konnte sich im Rahmen ihrer Vernehmung kaum noch an Beschwerden erinnern. Auch bekundete sie, dass sie aufgefordert worden sei, ein Attest zu erholen.
Die Toxizität der Emissionen konnte durch die Zeuginnen und Zeugen Bernd B. (Bl. 482 ff d.A.), Erich B. (Bl. 478 ff d.A.), U. (Bl. 474 ff d.A.), Monika L. (Bl. 471 ff d.A.) und Robert P. (Bl. 504, 518 ff) nicht zwingend widerlegt werden. Diese Zeugen stellten überhaupt keinen Geruch der Möbel fest. Es handelt sich hierbei um Mitarbeiter der Nebenintervenientin zu 2), die entweder während der Produktion, der Montage oder am Tag der Lieferung Kontakt mit den streitgegenständlichen Möbeln hatten. Demzufolge konnten diese Zeugen keine Angaben zum Geruch und den Ausdünstungen der Möbel in der Woche nach Lieferung der Möbel ab Montag, den 28.09.2015 in den Büroräumlichkeiten der Beklagten machen.
Eine gesundheitsgefährdende Ausdünstung konnten auch die Zeugin Katharina R. (Bl. 467 ff d.A.), die bei Anlieferung der Möbel anwesend war, und der Zeuge Enno E. (Bl. 502 ff d.A.), der den Besichtigungstermin am 05.01.2015 wahrgenommen hatte, nicht bekunden. Beide Zeugen konnten zwar einen typischen Neumöbelgeruch feststellen. Sie hatten jedoch nur über einen kürzeren Zeitraum mit den Möbeln Kontakt. Zu einer gesundheitliche Beeinträchtigung kam es nicht.
Vor dem Hintergrund dieser divergierenden Aussagen vermag sich der Senat kein belastbares Bild von dem tatsächlichen Ausmaß der Geruchsbildung über den typischen Neumöbelgeruch hinaus und der etwaigen Möglichkeit der Geruchsverringerung durch intensive Lüftungsmaßnahmen zu verschaffen, aufgrund dessen die Überzeugung gewonnen werden könnte, dass sich die Möbel nicht für die gewöhnliche Verwendung geeignet hätten und eine Beschaffenheit aufwiesen, die bei Sachen der gleichen Art üblich wäre und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten könne. Eine signifikante Erhöhung der über das übliche Maß hinausgehenden Geruchsemissionen der gelieferten Neumöbel bis hin zur Toxizität der Emissionen, die zu schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Mitarbeiter geführt hätten, vermochte der Senat daher aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht festzustellen.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den ärztlichen Attesten der Mitarbeiter Stefan H., Stefan B., Mandy H., Heike S. bzw. aus den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Mitarbeiterinnen Julia W. und Mandy H. (Anlage A 8), die zwar gesundheitliche Beschwerden der Mitarbeiter wie Kopfschmerzen, gereizte Augen etc. attestieren, aus welchen jedoch keine Rückschlüsse auf die Ursachen der Symptome oder die Toxizität der Emissionen gezogen werden können. Zudem belegen sie keine schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die eine ernsthafte Gefahr für Leib oder Leben begründen könnten.
2. Die Rücktrittserklärung der Beklagten mit Schreiben vom 06.10.2015 (Anlage K6) war jedenfalls mangels Fristsetzung zur Nachbesserung unwirksam.
Nach § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1 BGB war vorliegend grundsätzlich eine Fristsetzung der Beklagten als Käuferin zur Nacherfüllung (§ 439 BGB) erforderlich, die jedoch unstreitig unterblieben ist. Gemäß § 439 Abs. 1 BGB kann der Käufer als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.
Inwieweit auf eine derartige Fristsetzung verzichtet werden darf, richtet sich nach den Bestimmungen in § 323 Abs. 2 und § 440 BGB, in denen die Voraussetzungen, unter denen eine Fristsetzung zur Nacherfüllung für einen Rücktritt vom Kaufvertrag ausnahmsweise entbehrlich ist, abschließend geregelt sind (vgl. BGH, Urteil vom 26.10.2016 – VIII ZR 240/15 -, Rn. 17, juris; BGH NJW 2013, 1523, Rn 23 m.w.N.). Die Voraussetzungen von § 440 BGB bzw. § 323 Abs. 2 BGB sind indes in dem gegenständlichen Fall nicht erfüllt.
2.1 Es ist weder von der Unmöglichkeit der Lieferung neuer Möbel noch von der Unmöglichkeit der vollständigen Ausdünstung der Möbel auszugehen (§§ 326 Abs. 5, 275 Abs. 1 BGB; Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Aufl., § 439 Rn 22).
Soweit sich die Beklagte erstmalig in zweiter Instanz hilfsweise auf die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung wegen Unmöglichkeit einer Nachbesserung beruft, ist dieses Vorbringen nicht erfolgreich.
Die Beklagte behauptet in diesem Zusammenhang, die Klägerin sei technisch nicht in der Lage, die Möbel von den gesundheitsbeeinträchtigenden Ausdünstungen zu befreien. Eine zur Situation der Beklagten passende Fristsetzung zur Nachbesserung an den Möbeln wäre insoweit unnötige Förmelei gewesen (Berufungsbegründung vom 28.01.2019, S. 12, Bl. 265 d.A.).
Dieser Vortrag der Unmöglichkeit einer Nachbesserung ist neu in zweiter Instanz und mangels Vorliegens der Voraussetzungen von § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Die Streithelferin zu 1) hat bereits in erster Instanz sowie in zweiter Instanz vorgetragen, dass bei einer Aufforderung zur Nacherfüllung die Klägerin lediglich hätte veranlassen müssen, die Möbel für einige Tage in eine zugige Scheune oder dergleichen zu stellen, so dass keinerlei Immissionen, so sie tatsächlich bei Gefahrübergang vorhanden gewesen wären, mehr aufgetreten wären (Schriftsatz vom 30.11.2017, S. 2, Bl. 132 d.A.; Schriftsatz vom 05.02.2019, S. 2, Bl. 273 d.A.). Im Übrigen hat die für die Frage der Unmöglichkeit der Nachbesserung beweisbelastete Beklagte keinen Beweis angeboten. Der Zurücktretende trägt die Beweislast für alle Tatbestandselemente; dies schließt die Umstände ein, aus denen sich die Leistungsbefreiung des anderen Teils ergibt (vgl. Ernst in: Münchener Kommentar, BGB, 8. Aufl., § 326 Rn. 130).
Ferner würde eine Unmöglichkeit der Nacherfüllung nur dann vorliegen, wenn beide Arten der Nacherfüllung unmöglich sind (vgl. Weidenkaff in Palandt, BGB, 80. Aufl., § 439 Rn. 15), was nicht der Fall war. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin keine neuen Möbel hätte liefern können, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
2.2 Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung war nicht wegen Unzumutbarkeit für die Beklagte gemäß § 440 Satz 1 3. Alt. BGB entbehrlich.
Der Beklagten, der sowohl die Nacherfüllung durch mögliche Nachlieferung als auch durch mögliche Nachbesserung zustand, waren beide Nacherfüllungsvarianten nicht unzumutbar.
2.2.1. Zustehen kann dem Käufer entweder die gewählte Art der Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 3 S. 1 BGB oder die andere Art der Nacherfüllung, wenn sich der Nacherfüllungsanspruch hierauf beschränkt (Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Auflage, § 440 Rn. 6).
Die Beklagte hat ihr Wahlrecht gemäß § 439 Abs. 1 BGB nicht ausgeübt, da sie gegenüber der Klägerin weder die Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) noch die Lieferung von mangelfreien Möbeln (Nachlieferung) verlangt hat.
Ob eine Beschränkung des Nacherfüllungsanspruchs vorliegt, richtet sich danach, ob die gewählte Art unmöglich, unverhältnismäßig teuer oder unzumutbar ist (Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Auflage, § 439 Rn. 20). Im Falle einer Beschränkung richtet sich der Nacherfüllungsanspruch des Käufers allein und ausschließlich auf die andere Art. 2.2.2
Von einer Unzumutbarkeit der dem Käufer zustehenden Art der Nacherfüllung i.S.v. § 440 Satz 1 3. Alt. BGB kann insbesondere dann auszugehen sein, wenn diese zwar möglich, für den Käufer aber mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden ist (Art. 3 Abs. 3 Satz 3 VerbrauchsgüterkaufRL; Höpfner in; BeckOGK, BGB, 01.05.2021, Rn 6; BT-Drs. 14/6040, 223, 233). Dabei müssen die Unannehmlichkeiten von vornherein bestehen oder sich während des Laufs einer angemessenen Frist herausstellen (Münchner Kommentar/Westermann, BGB, 8. Auflage, § 440 Rn 3).
Bei der Beurteilung der erheblichen Unannehmlichkeiten ist im Gegensatz zu den Fällen der Entbehrlichkeit der Fristsetzung nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB allein auf die schutzwürdigen Interessen des Käufers abzustellen; die Interessen des Verkäufers bleiben außer Betracht, und zwar auch dann, wenn ein sofortiger Rücktritt für den Verkäufer erhebliche Vermögenseinbußen bedeutet. Gleichwohl ist ein sofortiger Rücktritt bzw. Schadensersatzanspruch statt der Leistung gem. § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB nur in Ausnahmefällen anzuerkennen, da der Käufer innerhalb einer angemessenen Frist grundsätzlich zunächst einen oder mehrere Nacherfüllungsversuche abzuwarten hat (Höpfner in: BeckOGK, BGB, 01.05.2021, § 440 Rn. 35).
Kriterien für die Feststellung, ob erhebliche Unannehmlichkeiten bestehen, sind unter anderem die Art der Kaufsache, die Zuverlässigkeit des Verkäufers sowie der Zweck, für den der Käufer diese benötigt. Diese Kriterien nehmen damit eine Doppelfunktion ein, da sie auch bei der Bestimmung der Angemessenheit der Fristsetzung zu beachten sind (Höpfner in: BeckOGK, BGB, 01.04.2019, § 440 Rn. 36).
Unzumutbarkeit aufgrund erheblicher Unannehmlichkeiten ist zum Beispiel gegeben, wenn die Nacherfüllung den Käufer in seinem Betriebsablauf erheblich stört, mit größerem Lärm oder Schmutz in der Wohnung des Käufers verbunden ist (Bitter/Meidt ZIP 2001, 2118) oder wenn der Verkäufer schon bei seinem ersten Erfüllungsversuch einen erheblichen Mangel an fachlicher Kompetenz oder Zuverlässigkeit hat erkennen lassen (Grunewald in: Erman, BGB, 15. Aufl., § 440 BGB, Rn. 3).
Eine Unzumutbarkeit der Nacherfüllung kann sich auch wegen der Art des Mangels oder anderer tatsächlicher Umstände ergeben (Weidenkaff in: Palandt, BGB, 80. Aufl., § 440 Rn. 8).
Für die Beurteilung, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (BGH, Urteile vom 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, Rn. 22, juris und vom 13.07.2016 – VIII ZR 49/15 -, Rn. 38, juris):
2.2.3 Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen war vorliegend unter Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles eine Nachbesserung für die Beklagte wegen des von ihr behaupteten Mangels infolge von Ausdünstungen, der behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigungen sowie der vorgetragenen Gesundheitsgefahren für ihre Mitarbeiter nicht unzumutbar.
Die Beklagte ist der Auffassung, eine Fristsetzung zur Nacherfüllung sei gemäß § 440 Satz 1 BGB entbehrlich gewesen, da der Beklagten nicht zuzumuten gewesen sei, die Ausdünstungen der Möbel solange zu ertragen, bis ein Wert der Emissionen erreicht sei, der dazu führe, dass die mit den Möbeln in Kontakt tretenden Mitarbeiter nicht mehr erkranken. Der Käufer müsse die Mangelhaftigkeit nicht solange ertragen, bis sich diese durch Zeitablauf von selbst erledige. Dies sei nicht Sinn und Zweck einer Frist.
Zwar können grundsätzlich nicht auszuschließende von der Kaufsache ausgehende erhebliche Gesundheitsgefahren eine Unzumutbarkeit i.S.v. § 440 Satz 1 3. Alt. BGB begründen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 01.09.2003 – 19 U 80/03 -, Rn. 13, juris). Allerdings sind hierbei die Umstände des Einzelfalles und die sich daraus ergebende Art der Nacherfüllung zu berücksichtigen.
Die Nachbesserung war hier nur mittels Ausdünstung bis zur Geruchsneutralität möglich.
Der Senat verkennt insoweit nicht, dass die Durchführung des Ausdünstungsprozesses in den Räumlichkeiten der Beklagten selbst in der konkreten Situation für die Beklagte unzumutbar gewesen wäre. Der Prozess der Ausdünstung bis zur Geruchsneutralität dürfte innerhalb weniger Tage nicht abgeschlossen gewesen sein. Dies bestätigte auch der Sachverständige (vgl. Anhörung vom 22.03.2018, Bl. 158 d.A.) Selbst wenn die gelieferten Möbel nach der durchgeführten Beweisaufnahme lediglich unangenehme Geruchsemissionen, die zwar keine schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen verursachten und durch entsprechendes Lüfttungsverhalten zumindest minimierbar waren, aufwiesen, war der Beklagten ein mehrwöchiges Abwarten bis zur Ausdünstung unter Beibehaltung der Möbel nicht zumutbar.
Diese allein führt jedoch entgegen der Auffassung des Beklagten nicht zur Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung.
Aus dem Fristsetzungserfordernis der § 281 Abs. 1 S. 1, § 323 Abs. 1 und § 441 Abs. 1 S. 1 BGB folgt die gesetzgeberische Grundentscheidung, dass der Käufer eine angemessene Dauer der Mängelbeseitigung grundsätzlich in Kauf zu nehmen hat. Die bloße Tatsache, dass die Nacherfüllung Zeit benötigt, während der der Käufer die Sache nicht nutzen kann, führt grundsätzlich nicht zur Unzumutbarkeit (BeckOK BGB/Faust, 51. Auflage 2019, BGB, § 440, Rn 46). Die Länge der zu setzenden Frist richtet sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles und ist grundsätzlich so zu bemessen, dass der Verkäufer innerhalb eines angemessenen Zeitraums die Nacherfüllung rechtzeitig vornehmen kann (Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Auflage, § 439, Rn 7).
Demgegenüber sind bei der Angemessenheit der zu setzenden Frist aber auch die Interessen des Käufers zu berücksichtigen, sodass gewichtige Käuferinteressen (insbesondere eine besondere Dringlichkeit) selbst bei besonders langer Zeitspanne für eine Nacherfüllung eine kürzere Frist zur Folge haben kann, die außerordentlich hohe Anstrengungen des Verkäufers notwendig macht (vgl. Höpfner in: BeckOGK, BGB, 01.04.2019, § 440 Rn. 42.1).
Bei Eilbedürftigkeit kann dies ggf. auch eine sehr kurze Zeit sein (vgl. Höpfner in: BeckOGK, BGB, 01.04.2019, § 440 Rn. 42). Dem Verkäufer steht es nämlich – hier kommt „der Primat bzw. Vorrang der Nacherfüllung / das Recht zur zweiten Andienung“ zum Ausdruck – frei, im Rahmen der Nacherfüllung auch überobligatorische Anstrengungen zu unternehmen. Für den Verkäufer bedarf es der vorherigen Untersuchung der mangelbehafteten Sache gerade auch im Hinblick auf die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung. Denn von den Feststellungen des Verkäufers zur Ursache eines etwa vorhandenen Mangels und dazu, ob und auf welche Weise dieser beseitigt werden kann, hängt ab, ob sich der Verkäufer auf die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung einlassen muss oder ob er sie nach § 275 Abs. 2 und Abs. 3 oder § 439 Abs. 3 BGB verweigern kann (BGH, Urteil vom 10.03.2010, VIII ZR 310/08, Rn 13, juris). Deshalb kann der Käufer in den Fällen des § 439 Abs. 3 BGB nicht direkt die sekundären Gewährleistungsrechte (Minderung, Rücktritt, Schadensersatz) geltend machen, sondern muss zunächst Nacherfüllung verlangen und abwarten, ob der Verkäufer dem Verlangen nachkommt – auch mit überobligatorischen Anstrengungen – oder die Einrede nach § 439 Abs. 3 BGB erhebt (Pammler in: Herberger/Martinek/ Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 440, Rn. 20).
Nach Auffassung des Senats ist bei der Bewertung der Zumutbarkeit von Nacherfüllungsversuchen jedoch auch zu berücksichtigen, ob der Verkäufer dem Käufer eine Kompensation seiner Nachteile anbietet. In diesem Fall kann dem Käufer ein Festhalten an der (an sich unzumutbaren) Nacherfüllung regelmäßig doch zugemutet werden. Als Beispiele werden genannt, dass der Verkäufer dem Käufer ein kostenfreies Ersatzfahrzeug während der Reparatur des verkauften Pkws zur Verfügung stellt oder diesem verschuldensunabhängig Ersatz des eintretenden Verzögerungsschadens anbietet (vgl. Höpfner in: BeckOGK, BGB, 01.04.2019, § 440 Rn. 43-43.1).
Die Beklagte hätte unter Zugrundelegung dieser Grundsätze im Hinblick auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihrer Mitarbeiter und der Erforderlichkeit von Büromöbeln zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes der Klägerin zumindest eine kurze Frist setzen müssen, um der Klägerin eine Kompensation der Nachteile für die Nachbesserungszeit zu ermöglichen (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 01.09.2003 – 19 U 80/03 -, Rn. 13, juris: Frist von zwei bis drei Werktagen im Rahmen der Nachbesserung bei einem Kaufvertrag über die Lieferung einer Standardsoftware für Arztpraxen). Aufgrund der Emissionen war ein sofortiges Einschreiten der Klägerin geboten, das die Beklagte nur mit einer kurzen Frist für die Klägerin bewirken konnte.
Bei einer entsprechenden kurzen, fristgebundenen Aufforderung zur Nacherfüllung hätte die Klägerin auf eigene Kosten die Möbel umgehend wieder abbauen, zur Ausdünstung einlagern und der Beklagten während dieses Zeitraums Ersatzmöbel aus eigenem Bestand oder externen Zukauf bis zur Neulieferung liefern können. Der Ausdünstungsprozess hätte überprüft und im Erfolgsfall hätten die Möbel wieder auf Kosten der Klägerin zur Beklagten verbracht werden können. Das Bestreiten der Beklagten, dass die Klägerin hierzu fähig gewesen wäre, ist unbehelflich. Nachdem die Frist seitens des Beklagten nicht gesetzt wurde, ist es reine Spekulation, ob die Klägerin dazu willens und in der Lage gewesen wäre oder nicht. Auch ist unbekannt, wie die Klägerin nach einer entsprechenden kurzen Fristsetzung zur schnellen Nacherfüllung verbunden mit überobligatorischen Maßnahmen reagiert hätte. Die Beklagte hätte im Rahmen einer ex-ante-Prognose ein etwaiges schnelles überobligatorisches Handeln der Klägerin nach Fristsetzung jedenfalls nicht ausschließen können. Das Verhalten der Klägerin bis zur Rücktrittserklärung hat hierzu nicht ausreichend Anlass gegeben.
Für die Beklagte wäre die Übergangszeit selbst und die durch den wiederholten Ab- und Aufbau von Möbeln entstehenden Unannehmlichkeiten nicht unzumutbar, sondern durchaus hinnehmbar gewesen, zumal es sich bei der Beklagten nicht um eine Verbraucherin, sondern um eine Unternehmerin handelt. Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere auch, ob der Käufer für die Belästigungen, die mit der Nacherfüllung verbunden sind, einen Ausgleich erhält (Staudinger/Matuschke-Beckmann, BGB, Neubearbeitung 2013, § 440 Rn. 35 m.w.N.). Der Betriebsablauf wird bei der Beklagten für zwei weitere Tage gestört. Hierbei handelt es sich um immaterielle Unannehmlichkeiten, die gerade bei Verträgen, die zwischen Unternehmern geschlossen wurden, durch einen finanziellen Ausgleich seitens der Klägerin kompensiert werden können.
Ob und wie die Klägerin nach einer entsprechend kurzen Fristsetzung reagiert und was sie angeboten hätte, ist mangels tatsächlich erfolgter Fristsetzung unbekannt. Nach Ablauf der kurzen Frist für derartige überobligatorischen Anstrengungen wäre für die Beklagte aber sofort klar gewesen, ob die Klägerin hierzu bereit gewesen wäre. Hätte die Klägerin keine Bereitschaft hierzu gezeigt, hätten der Beklagten bereits nach Ablauf der kurzen Frist die sekundären Gewährleistungsrechte zur Verfügung gestanden.
Dass die Möglichkeit der Lieferung von Ersatzmöbeln grundsätzlich bestanden hat, ist bereits aus dem Vortrag der Beklagten in der Berufungsbegründung vom 28.01.2019 (S. 8, Bl. 261 d.A.) ersichtlich, aus dem hervorgeht, dass die Beklagte in der Lage war, sich nach dem Rücktritt vom Vertrag „sofort anderweitig mit zur Verfügung stehenden Möbeln“ einzudecken.
Allein die Tatsache, dass die Beklagte die Möbel zum Liefertermin benötigte und sich auf den Liefertermin eingerichtet hatte, reicht außerhalb von § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht aus (vgl. Grunewald in: Erman, BGB, 15. Aufl., § 440 Rn. 3).
Hinzu kommt noch ein Weiteres. Nach dem Wortlaut von § 440 S. 1 BGB müsste sich der Käufer, dem die eine Art der Nacherfüllung unzumutbar ist, nicht auf die andere einlassen. Wenn der Käufer eine Art der Nacherfüllung wählt, kann er sich aber nicht gleichzeitig auf ihre Unzumutbarkeit berufen, um dem Erfordernis der Fristsetzung zu entgehen, da er sich ansonsten widersprüchlich verhielte. Der Käufer muss also eine Frist für die andere Art der Nacherfüllung setzen (Staudinger/Matusche-Beckmann, 2013, BGB, § 440 Rn. 12 m.w.N.; Gsell JZ 2001, 65/70). Die Beklagte kann sich daher nicht auf die Unzumutbarkeit einer langen Nachbesserungsdauer berufen, wenn diese durch überobligatorische Anstrengungen abgemildert werden kann oder aber die Möglichkeit der Nachlieferung neuer Möbel mit vergleichbaren Kompensationsmöglichkeiten besteht.
Die Beklagte selbst ließ nach ihrem unbestrittenen Vortrag die streitgegenständlichen Möbel am 07.10.2015 von einer Spedition abholen und einlagern, so dass die behaupteten gesundheitlichen Gefahren für die Mitarbeiter der Beklagten jedenfalls zu diesem Zeitpunkt keine Unzumutbarkeit einer – knappen – Fristsetzung mangels Fortdauer etwaiger gesundheitlicher Beeinträchtigungen begründeten. Soweit die Beklagte moniert (Berufungsbegründung S. 10, Bl. 263 d.A), dass der Käufer nicht selbst für die Zumutbarkeit einer Fristsetzung sorgen müsse, verkennt sie, dass Geruchsbelastungen für den Käufer grundsätzlich zumutbar sind, sofern dieser bzw. seine Mitarbeiter sich ihnen während der (ggf. sehr kurzen) Nacherfüllungsfrist vorübergehend entziehen kann bzw. können (vgl. Höpfner in: BeckOGK, BGB, 01.04.2019, BGB § 440 Rn. 42).
2.2.4 Ferner war ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen unter Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles auch eine Nachlieferung für die Beklagte wegen der von ihr behaupteten langen Dauer einer Ersatzlieferung nicht unzumutbar.
Die Beklagte ist der Auffassung, eine Fristsetzung zur Nacherfüllung sei gemäß § 440 Satz 1 BGB entbehrlich gewesen, da eine Ersatzlieferung binnen angemessener Frist angesichts dessen, dass die Klägerin laut Angebot zwei Monate und eine Woche für die Herstellung und Lieferung benötigt habe, nur mit erheblichen organisatorischen Unannehmlichkeiten für die Beklagte verbunden gewesen wäre. Eine Nacherfüllung in Form der Lieferung neuer Möbel sei für die Beklagte jedenfalls unzumutbar gewesen. Ein zu langer Nacherfüllungszeitraum begründe die Unzumutbarkeit der Fristsetzung (Berufungsbegründung vom 28.01.2019, S. 6/8, Bl. 259/261 d.A.).
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
Der Senat verkennt nicht, dass der Klägerin innerhalb einer kurzen Frist im Hinblick auf die mehrwöchige Fertigungszeit der streitgegenständlichen Möbel (5 1/2 Wochen ab Auftragserteilung) eine sofortige Nachlieferung wohl nicht möglich gewesen dürfte. Selbst wenn die gelieferten Möbel nach der durchgeführten Beweisaufnahme lediglich unangenehme Geruchsemissionen, die zwar keine schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen verursachten und durch entsprechendes Lüftungsverhalten zumindest minimierbar waren, aufwiesen, war der Beklagten ein mehrwöchiges Abwarten bis zur Nachlieferung neuer Möbel unter Beibehaltung der Möbel nicht zumutbar.
Auch in diesem Zusammenhang ist jedoch zu berücksichtigen, dass durch eine entsprechende kurze Fristsetzung zur Nacherfüllung die Zumutbarkeit der Fristsetzung nicht entfällt (s.o.).
Die Klägerin hätte auch in dieser Konstellation innerhalb einer kurzen Frist die Möbel umgehend auf eigene Kosten abbauen und der Beklagten während des Zeitraums bis zur Fertigstellung und Lieferung neuer Möbel kostenlose Ersatzmöbel – entweder aus eigenem Bestand oder nach anderweitiger Beschaffung – zur Verfügung zu stellen können.
Die hierdurch für die Beklagte entstandenen Unannehmlichkeiten wären für sie aus den o.g. Gründen hinnehmbar gewesen.
2.2.5 Entgegen der Ansicht der Beklagten ist vorliegend auch nicht von einer Unzumutbarkeit der Nachfristsetzung aufgrund einer Störung des Vertrauensverhältnisses auszugehen.
Die Unzumutbarkeit kann sich aus einer nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Käufer und Verkäufer ergeben. In diesem Fall kann der Käufer sofort Sekundärrechte geltend machen. Dies ist z.B. der Fall bei einer arglistigen Täuschung durch den Verkäufer (vgl. Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2013, § 440 Rn. 25). Für die Beurteilung, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Zuverlässigkeit des Verkäufers (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 233 f.) oder der Umstand, dass der Verkäufer bereits bei dem ersten Erfüllungsversuch, also bei Übergabe einen erheblichen Mangel an fachlicher Kompetenz hat erkennen lassen und das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig gestört ist (BGH, Urteil vom 13.07.2016 – VIII ZR 49/15 -, Rn. 38, juris).
Allein der Umstand, dass die Klägerin hochwertige, aber nach Ansicht der Beklagten „giftige“ Büromöbel geliefert habe, ergibt keine Unzumutbarkeit einer Nachfristsetzung wegen Vertrauensverlustes. Die „Giftigkeit“ der Möbel war eine reine Vermutung der Beklagten. Die Beklagte führt selbst aus, dass die Klägerin als Lieferantin von hochwertigen Möbeln gilt. Soweit der Beklagte darüberhinaus argumentiert, die Klägerin habe auf Zeit gespielt und den Mangel „aussitzen“ wollen, um einer Verpflichtung zum Tätigwerden zu entgehen, kann dem nicht gefolgt werden. Die Klägerin hat anders als in dem vom BGH zu beurteilenden Fall (BGH, Urteil vom 26.10.2016, Az. VIII ZR 240/15, Rn 24), in welchem der dortige Verkäufer ausdrücklich dem Käufer zu verstehen gegeben hat, dass ein Tätigwerden nicht erforderlich sei, solange der Mangel nicht auftrete, die Beseitigung des behaupteten Mangels nicht auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben und die faktische Benutzbarkeit weitestgehend aufgehoben. Vielmehr hat die Klägerin die vorgetragene Geruchsbelästigung umgehend an den Hersteller weitergeleitet. Zwar hat sich die Klägerin ungünstigerweise bei dem Termin vom 05.10.2015 zur Prüfung der Ursachen des in den Symptomen zum Ausdruck kommenden behaupteten Mangels aufgrund Erkrankung kurzfristig entschuldigt, jedoch hatte die Klägerin aufgrund der am folgenden Tag erfolgten Rücktrittserklärung keinerlei Möglichkeit mehr, eine weitere Reaktion zu zeigen. Dass die Beseitigung des behaupteten Mangels durch das Verhalten der Klägerin auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben worden wäre, kann der Klägerin damit nicht vorgeworfen werden.
Der vorliegende Fall ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht mit dem Beschluss des BGH vom 08.05.2008 im Rahmen eines Bauprozesses vergleichbar, der einen Vertrauensverlust im Fall einer ungewöhnlichen Häufigkeit von Verstößen gegen die anerkannten Regeln der Technik, die zu gravierenden Mängeln geführt haben und in dem die Kläger nach der Bestätigung der bereits im Kellergeschoss aufgetretenen Mängel durch das im selbständigen Beweisverfahren erstattete Gutachten das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Beklagten endgültig verloren haben (vgl. BGH, Beschluss vom 08.05.2008 – VII ZR 201/07 -, Rn. 7, juris), vergleichbar. Vorliegend handelt es sich nicht um eine Vielzahl von Mängeln, ferner wurde ein früherer, anderweitiger Verkauf von Büromöbeln von der Klägerin an die Beklagte im Jahr 2013 beanstandungsfrei abgewickelt. Allein die Lieferung von etwaigen mängelbehafteten Gegenständen, auch wenn diese hochpreisig sind, lässt daher vorliegend nicht die Annahme einer nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien zu, die die Beklagte dazu berechtigen würde, von einer Nachfristsetzung absehen zu dürfen.
2.3 Eine Fristsetzung zur Nachbesserung war entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht entbehrlich gemäß § 323 Abs. 2 BGB.
2.3.1 Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass eine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Nacherfüllung gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB vorliegend nicht gegeben ist.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind an das Vorliegen einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung im Sinne des § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB strenge Anforderungen zu stellen. Eine Erfüllungsverweigerung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn der Schuldner unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.2017 – VIII ZR 234/15 -, Rn. 31, juris).
Eine derartige Äußerung hat die Klägerin vor der Rücktrittserklärung der Beklagten vom 06.10.2015 nicht abgegeben. Auch aus dem Umstand, dass die Mitarbeiter der Klägerin den Termin am 05.10.2015 vor Ort bei der Beklagten nicht wahrgenommen hat, lässt sich eine derartige eindeutige Verweigerung nicht entnehmen. Die Klägerin hatte jedenfalls unbestritten den Termin organisiert, der von einem Mitarbeiter der Streithelferin Fa. H. GmbH & Co KG wahrgenommen wurde.
2.3.2 Ebenso wenig liegen besondere Umstände vor, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt gerechtfertigt hätten, § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB.
§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB setzt die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie überschießend um und lässt das sofortige Rücktrittsrecht ohne Nachfristsetzung in Ausnahmefällen nach § 242 BGB zu (Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Auflage § 323 Rn. 22).
Derartige Ausnahmefälle sind zum Beispiel gegeben, wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat, wenn der Schuldner seine Leistungspflicht vorsätzlich verletzt oder der eine Vertragsteil den anderen täuscht (Palandt/Grüneberg, aaO).
Bei Abwägung der Interessen der Klägerin und der Beklagten vermag der Senat nicht festzustellen, dass aufgrund der hier vorliegenden Umstände der Geruchsemissionen ein sofortiger Rücktritt gerechtfertigt wäre. Zu beachten ist hierbei insbesondere, dass beide Vertragsparteien Unternehmer waren, an die im Rahmen der Abwägung i.S.d. § 242 BGB ein anderer Maßstab anzulegen ist als bei Verbrauchern. Anhaltspunkte für vorsätzliches Handeln oder Täuschungsabsichten der Klägerin sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch ist nicht erkennbar, dass die Klägerin einer Nacherfüllung unberechtigt Hindernisse in den Weg gestellt hätte, die geeignet sind, dem Käufer in Bezug auf den von ihm erstrebten Gebrauchszweck bewusst zu schaden oder sonstige erhebliche Unannahmlichkeiten zu bereiten. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.
Rechtfertigen bereits die Interessen der Beklagten allein keinen sofortigen Rücktritt, so gilt dies erst recht, wenn auch auf die Interessen der Klägerin abzustellen ist. Der Klägerin als Verkäuferin ist zumindest die Möglichkeit der Nacherfüllung einzuräumen.
2.4 Entgegen der Auffassung der Nebenintervenientin zu 2) ist das Rücktrittsrecht nicht gemäß § 377 HGB durch Versäumen der Rügeobliegenheit erloschen. Die erstmalige Mängelrüge der Beklagten vom 30.09.2015 erfolgte noch innerhalb der Rügefrist des § 377 HGB. Die Ausführungen der Beklagten, dass der Geruch nach Lieferung der Möbel am Freitag erst am Montag, den 28.09.2015 feststellbar gewesen sei, nachdem sich über das Wochenende die Emissionen haben entwickeln können, sind mit den Feststellungen des Sachverständigen zur Raumluftkonzentration von Emissionen ohne Luftaustausch in Einklang zu bringen. Der Beklagten ist jedoch ein gewisser zeitlicher Spielraum zuzubilligen, um den Verlauf der Geruchsbelastung zu beobachten. Die Untersuchungszeit lag hier unter einer Woche, was unter den gegebenen Umständen des vorliegenden Einzelfalles nicht untunlich war (vgl. Baumbach/Hopt/Leyens, HGB, 38. Aufl., § 377 Rn. 23).
3. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch der im Schriftsatz vom 15.12.2016 (Bl. 85 d.A.) erklärte Rücktritt mangels Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht wirksam.
Der Auffassung der Beklagten, das prozessuale Verhalten der Klägerin erfülle den Tatbestand der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB, kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte trägt insoweit vor, das die Klägerin mit größtmöglicher Beharrlichkeit behaupte, dass ihre Möbel mängelfrei und nicht gesundheitsgefährdend seien. Dadurch mache sie mehr als deutlich, sich auch nicht von einer Fristsetzung der Beklagten zu einer Neulieferung bewegen zu lassen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt in dem Bestreiten eines Mangels nicht ohne Weiteres eine endgültige Verweigerung der Nacherfüllung; denn das Bestreiten – auch das nachhaltige – ist das prozessuale Recht des Schuldners. Dies gilt ganz besonders, wenn der Schuldner mit seinem Bestreiten erstmals im Prozess hervorgetreten ist. In einem solchen Fall müssen deshalb zu dem bloßen Bestreiten weitere Umstände hinzutreten, die einer von Anfang an bestehenden Weigerungshaltung Ausdruck geben, so dass ausgeschlossen erscheint, dass der Schuldner sich von einer Fristsetzung zur Nacherfüllung hätte umstimmen lassen (BGH, Urteil vom 20.01.2009 – X ZR 45/07 -, Rn. 12, juris).
Demzufolge stellt das von der Beklagten angeführte Bestreiten der Mangelhaftigkeit durch die Klägerin keine endgültige Erfüllungsverweigerung dar. Weitere Umstände, die auf eine von Anfang an bestehende Verweigerungshaltung schließen lassen, trägt die Beklagte nicht vor; solche sind auch nicht ersichtlich. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte bereits mit Schreiben vom 06.10.2015 (Anlage K6) den Rücktritt von dem streitgegenständlichen Kaufvertrag erklärt und damit keine Nacherfüllungsansprüche mehr geltend gemacht hat. Daraus ist ersichtlich, dass sie selbst sich nicht weiter an den Kaufvertrag gebunden fühlt.
4. Angesichts dessen kann dahin stehen, ob das Landgericht die Ergänzungsfragen an den Sachverständigen hätte zulassen müssen. Mangels wirksamen Rücktritts von dem gegenständlichen Kaufvertrag ist die Beklagte zu der Zahlung des restlichen Kaufvertrages nebst Zinsen, wie ausgeurteilt, verpflichtet.
III.
Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.
Das mit der Widerklage verfolgte Klageziel (Rückzahlungsanspruch nach behauptetem statthaften Rücktritt vom Kaufvertrag ohne Nachfristsetzung) ist sachdienlich gemäß § 533 Nr. 1 ZPO. Auch kann der Rückzahlungsanspruch auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrundezulegen hat, § 533 Nr. 2 ZPO.
Der Beklagten steht jedoch kein Anspruch auf Rückzahlung des bereits gezahlten Kaufpreises in Höhe von 64.601,65 € zzgl. Zinsen gemäß § 346 Abs. 1 BGB zu. Das von der Beklagten geltend gemachte Rücktrittsrecht der Beklagten gemäß § 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1, § 323 Abs. 1, §§ 346, 348 BGB scheitert bereits an der Nachweisbarkeit eines Mangels zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, jedenfalls aber an der unterbliebenen Nachfristsetzung. Die Einwendungen der Beklagten im Rahmen der Berufung führen zu keiner anderen Beurteilung (s.o.).
Damit erübrigt sich auch eine Feststellung des Annahmeverzugs der Klägerin.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 101 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO.
V.
Die Revision war nicht zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung. Auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert die Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.


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