Handels- und Gesellschaftsrecht

Kaufpreis, Versorgung, Kaufvertrag, Leistungen, Gesellschafterversammlung, Berufung, Berechnung, Feststellung, Anfechtung, Zahlung, Frist, Widerspruch, Abgrenzung, Schiedsvereinbarung, Zahlung des Kaufpreises, Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten, Art und Weise

Aktenzeichen  10 HK O 357/18

Datum:
12.10.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 56001
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 445.977,42 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.11.2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 75 % und der Beklagte 25 %.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.731.319,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist lediglich um zuerkannten Umfang begründet und war daher im Übrigen abzuweisen.
I.
Das Landgericht München ist auf Grund wirksamer Gerichtsstandsvereinbarung örtlich zuständig.
Die Parteien haben in § 14.2. des Kaufvertrags die Anwendung deutschen Rechts vereinbart.
Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist eröffnet. § 2 Ziffer 2.2.2. d) beinhaltet keine Schiedsvereinbarung i.S.d. § 1029 ZPO, sondern lediglich die Vereinbarung, dass bei Streitigkeiten über die Höhe des variablen Kaufpreises ein Wirtschaftsprüfer entscheiden soll. Es handelt sich somit um einen Schiedsgutachtenvertrag. Da die Parteien durch die Vereinbarung der Schiedsgutachterklausel zu erkennen gegeben haben, dass Streitigkeiten über die Höhe des zu zahlenden variablen Kaufpreises durch einen Schiedsgutachter zu klären sind, ist diese Schiedsgutachterklausel analog anzuwenden, wenn nachträglich Streitigkeiten über die Höhe des variablen Kaufpreisanteils entstehen. Eine Schiedsgutachterklausel ist auslegungsfähig (vgl. BGH, Urteil vom 27.06.2001 – VIII ZR 235/00). Die Klausel Ziffer 2.2.2. d) des Kaufvertrages (Anl. K 1) ist vernünftigerweise dahingehend auszulegen, dass statt der nicht existenten Wirtschaftsprüferkammer … die Wirtschaftsprüferkammer … Schiedsgutachterstelle ist. Die Parteien wollten Streitigkeiten über die Höhe des Kaufpreises ersichtlich der staatlichen Gerichtsbarkeit entziehen und diese Streitigkeiten von einem Schiedsgutachter klären lassen. Da die von den Parteien gewählte Wirtschaftsprüferkammer … nicht existiert, ist der Vertrag dahingehend auszulegen, dass die diesem Standort nächstgelegende Wirtschaftsprüferkammer diejenige ist, die die Parteien gewählt hätten.
II.
Die Klägerin hat einen gem. § 812 Abs. 1 BGB begründeten Anspruch auf Rückzahlung von 445.977,42 €. In dieser Höhe liegt eine Überzahlung der Klägerin vor. Denn der Beklagte hatte lediglich Anspruch auf Zahlung eines variablen Kaufpreises in Höhe von 8.545.991,28 €, hat aber 8.991.968,70 € von der Klägerin erhalten. Die Höhe des geschuldeten Kaufpreises und damit die Höhe der Überzahlung steht auf Grund des Schiedsgutachtens vom 18.11.2019 verbindlich fest.
1. Die Klägerin hat das vereinbarte Schiedsgutachten zwar nicht mit der Klage, jedoch innerhalb der gerichtlich gesetzten Frist vorgelegt.
Haben die Parteien wie im vorliegenden Fall eine Schiedsgutachterklausel vereinbart ist es grundsätzlich zulässig und richtigerweise auch erforderlich, zunächst eine Frist entsprechend den §§ 431, 356 ZPO zu setzen (Kappel S. 81; München OLGR 2000, 43; Düsseldorf VersR 1962, 705, 706; BGH NJW-RR 1988, 1405: Fristsetzung möglich; Gehrlein VersR 1994, 1009, 1013: Fristsetzung möglich). Von dieser Möglichkeit hat die Kammer Gebrauch gemacht. Es liegt im Ermessen des Tatrichters, von einer sofortigen Abweisung „als zurzeit unbegründet“ abzusehen und zunächst entsprechend §§ ZPO § 356, ZPO § 431 ZPO eine derartige Frist zu setzen (vgl. Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, Vorb. § 1025 Anm. 3 L; Rosenberg-Schwab, § 177 III 4; Stein-Jonas-Schlosser, Vorb. § 1025 Rdnr. 32; Röhl, Vorb. § 1025 Rdnr. 50; Dahlen, NJW 1971, NJW Jahr 1971 Seite 1757; verneinend: OLG Düsseldorf, NJW-RR 1986, NJW-RR Jahr 1986 Seite 1061).
2. Die Ansprüche der Klägerin sind nicht verjährt.
Die streitgegenständlichen Bereicherungsansprüche verjähren innerhalb von 3 Jahren gem. § 195 BGB. Der Lauf der Verjährungsfrist wurde durch die Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens unterbrochen gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB.
Die Parteien haben für die Einholung eines Schiedsgutachtens keinen zeitlichen Rahmen vorgegeben. Es ist zwar zutreffend, dass Streitigkeiten über die Höhe des Kaufpreises sicherlich möglichst zeitnah einer Klärung zugeführt werden sollten, weshalb der Klägerin auch das Recht zur Prüfung des von dem Beklagten ermittelten Kaufpreises zugebilligt wurde. Einer Streitpartei steht grundsätzlich die dreijährige Verjährungsfrist zur Verfügung, um mögliche Ansprüche zu erkennen und mit der gegnerischen Partei eine einvernehmliche Lösung des Streits herbeizuführen. Da die Klagepartei die Auffassung vertrat bzw. vertritt, dass vorliegend ein gerichtliches Gutachten einzuholen ist, durfte die Klägerin den Termin zur Güteverhandlung/Hauptverhandlung abwarten. Nach Auffassung der Kammer ist der für die Verjährungsunterbrechung wesentliche Sachvortrag, dass der Kaufpreis auf Basis der im Kaufvertrag getroffenen Vereinbarung falsch ermittelt wurde, somit auf Basis der kaufvertraglichen Vereinbarungen ein geringerer Kaufpreis geschuldet ist, als von der Klägerin an den Beklagten bezahlt wurde; die behauptete Überzahlung ist Gegenstand des Klageantrags. Es ist lediglich zur Klärung der zutreffenden Höhe des variablen Kaufpreises statt eines gerichtlichen Gutachtens ein Schiedsgutachten beizubringen. In Anbetracht dieser Erwägungen geht die Kammer davon aus, dass die vorliegende Klage die Verjährung unterbrochen hat, die Schiedsgutachterklausel nicht den Streitgegenstand bestimmt. Da das im Rahmen des Schiedsgutachtens aufzuarbeitende Zahlenmaterial sehr umfangreich ist, möglicherweise auch nicht nur das Zahlenmaterial des Jahresabschlusses 2015 zu betrachten ist, der Schiedsgutachter auch die Parteien anzuhören haben dürfte und die Auswahl eines Schiedsgutachters durch eine WPK einige Zeit in Anspruch nimmt, hat die Kammer eine Frist vom 12 Monaten zur Beibringung des Schiedsgutachtens für angemessen erachtet.
3. Eine Überzahlung in Höhe von 445.977,42 € steht auf Grund der Schiedsgutachtenvereinbarung für die Parteien verbindlich fest.
Die Bindung des Gerichts an das Schiedsgutachten des Wirtschaftsprüfers … vom 18.11.2018 ist nicht gemäß § 319 BGB erloschen.
a. Gem. § 319 BGB erlischt die Bindung des Gerichts an ein Schiedsgutachten im Fall einer von den Parteien oder dem Gutachter herbeigeführten rechtserheblichen Verzögerung. An die Annahme einer rechtserheblichen Verzögerung sind strenge Anforderungen zu stellen. Eine rechtserhebliche Verzögerung liegt nicht vor. Auf die Erwägungen unter Ziffer 2 wird verwiesen. Zudem kann als gesichert gelten, dass die Klärung der hier streitigen Fragen auch mit Hilfe eines vom Gericht bestellten Sachverständigen erhebliche Zeit in Anspruch genommen hätte.
b. Die Bindung des Gerichts an das Schiedsgutachten des Wirtschaftsprüfers … ist auch nicht wegen grober Unbilligkeit bzw. grober Unrichtigkeit gem. § 319 BGB erloschen.
Das Schiedsgutachten ist nicht deshalb grob unbillig bzw. unrichtig, weil der Schiedsgutachter die Berechnung der Rechnungsabgrenzungsposten auf Basis der von der … überlassenen Excel-Dateien vorgenommen hat, welche die Mitarbeiter der … bzw. … dem Rechnungswesen der Gesellschaften entnommen und der … für die Zwecke der Abschlussarbeiten für die Geschäftsjahre 2016 ff überlassen hatten. Übernommen hat der Schiedsgutachter nämlich lediglich die Ausgangsdaten und nicht die für die Abschlussarbeiten 2016 ff erforderlichen Berechnungen. Dass die von dem Schiedsgutachter für die hier streitgegenständlichen Zeiträume 2015 und 2014 übernommenen Daten grob unrichtig oder falsch sind hat der Beklagte nicht behauptet. Schließlich hat der Beklagte an Hand der Geschäftsdaten die Jahresabschlüsse 2014 und 2015 für die Gesellschaften selbst aufgestellt. Somit ist es auch nicht grob unbillig oder unrichtig, dass der Schiedsgutachter diese Daten für die Erstellung des Schiedsgutachtens verwendet hat. Aus den Geschäftsdaten der Gesellschaften ergeben sich die Verträge, welche eine Laufzeit von einem Jahr oder länger hatten. Der Schiedsgutachter hat Verträge mit einer Laufzeit von 12 Monaten und Verträge mit einer längeren Laufzeit gesondert erfasst, Verträge mit einer kürzeren Laufzeit als einem Jahr vernachlässigt und auf diese Weise die passiven Rechnungsabgrenzungsposten zum 31.12.2014 und zum 31.12.2015 ermittelt.
Der Schiedsgutachter ist auch in nachvollziehbarer Weise auf den Einwand des Beklagten eingegangen, dass es zu vorzeitigen Vertragsbeendigungen, zum Beispiel wegen Todes der Patienten komme. Denn Erlöse zukünftiger Perioden sind infolge der Bildung der Rechnungsabgrenzungsposten in den Erlösen nicht mehr vorhanden. Dass diese Vorgehensweise grob unbillig ist, weil auf diese Weise in wesentlichem Umfang und somit grob unbillig Erlöse erfasst werden, die tatsächlich nicht mehr angefallen sind, erschließt sich nicht. Schließlich wurden auch Verträge mit einer Laufzeit von weniger als einem Jahr nicht berücksichtigt.
Dass der Schiedsgutachter keine aktive Rechnungsabgrenzung vorgenommen hat macht das Schiedsgutachten ebenfalls nicht grob unbillig bzw. unrichtig. Auch wenn es sein mag, dass Aufwand zu Beginn eines Mietverhältnisses höher ist, ergibt sich daraus nicht, dass der von den Gesellschaften zu tragende Aufwand für die Mitarbeiter auch zu Beginn eines Mietverhältnisses angefallen ist. In aller Regel werden die Gehälter der Mitarbeiter monatlich, nämlich periodisch ausbezahlt. Dass dies vorliegend anders gehandhabt wurde, ist nicht ersichtlich. Dass andere Kosten in einer Höhe anfallen, die zu einer wesentlichen Verschiebung von Aufwand führen, ist nicht ersichtlich. Dass Ausgaben vor dem Bilanzstichtag getätigt wurden, die entsprechenden Leistungen jedoch erst nach dem Bilanzstichtag erbracht werden ergibt sich aus dem Sachvortrag des Beklagten nicht.
Die Korrektur der Methodik der EBIT-Berechnung fällt jedenfalls wegen der sich daraus ergebenden Differenzbeträge im Verhältnis zum Gesamtkaufpreis nicht wesentlich ins Gewicht. Eine grobe Unrichtigkeit bzw. Unbilligkeit des Schiedsgutachtens deshalb jedenfalls nicht angenommen werden.
Die fehlende Rechnungsabgrenzung verstößt, wie der Schiedsgutachter zutreffend ausführt, gegen § 250 Abs. 2 HGB und somit gegen zwingende Bilanzierungsvorschriften. Es spielt keine Rolle, dass die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten u.U. sehr aufwändig und kostenintensiv ist. Die Unrichtigkeit der Bilanzierung kann auch nicht hingenommen werden, weil sie nicht wesentlich ist. Maßgebend ist, ob eine Unrichtigkeit oder ein Verstoß gegen die Bilanzierungsvorschriften nach Art oder Bedeutung allein oder zusammen mit anderen Unrichtigkeiten oder Verstößen nach den Umständen des konkreten Falles bezogen auf die Gesamtaussage der Rechnungslegung i.S.v. § 264 Abs. 2 geeignet ist, sich auf die Entscheidung eines vernünftig und objektiv denkenden Adressaten der Rechnungslegung, der sich auf die Aussagen in dem Abschluss nebst Lagebericht verlässt, auszuwirken. Die streitgegenständlichen Mietverträge sind das Kerngeschäft der …-Gesellschaften. Deren zutreffende bilanzielle Behandlung ist per se wesentlich. Auf Basis des Wesentlichkeitsprinzips kann allenfalls auf die Darstellung kleinerer, regelmäßig wiederkehrender Posten verzichtet werden; dem hat der Schiedsgutachter hinreichend Rechnung getragen, indem Verträge mit einer Laufzeit von weniger als 12 Monaten nicht berücksichtigt wurden. Da es sich auch nach der Darstellung des Beklagten um eine Vielzahl, nämlich mehrere tausend Verträge handelt, kommt eine Vernachlässigung dieser Mietverträge nicht in Betracht, auch wenn der einzelne Mieterlös sich lediglich auf 300,00 € bis 500 € pro Jahr und Sauerstoffgerät belaufen sollte. Allein auf Grund eines hohen Erfassungsaufwands kann daher nicht von Vorneherein auf eine Rechnungsabgrenzung verzichtet werden. Das Ergebnis des Schiedsgutachtens zeigt, dass die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten zu einer wesentlichen Veränderung des zu zahlenden Kaufpreises führt. Das zwischen den Parteien vereinbarte „going-concern-Prinzip“ kann keinesfalls eine gesetzeswidrige Bilanzierung abdecken.
Der Rückforderung der Überzahlung steht nicht § 814 BGB entgegen. Denn § 814 BGB fordert positive Kenntnis, dass die Leistung auf eine nicht bestehende Schuld erfolgt. Kennen müssen bzw. grob fahrlässige Unkenntnis ist insofern nicht ausreichend.
Der Rückforderung der Überzahlung steht weder ein Anerkenntnis noch eine verbindliche Einigung über die Höhe des zu zahlenden restlichen Kaufpreises entgegen.
Denn die Parteien haben zum Zeitpunkt der Zahlung übereinstimmend angenommen, die für die Berechnung des Kaufpreises maßgeblichen Unternehmenskennzahlen seien unter Anwendung der geltenden gesetzlichen Bilanzierungsrichtlinien ermittelt worden. Hierüber befanden sich die Parteien jedoch – wie sich aus dem Schiedsgutachten ergibt – im Irrtum. Der Kaufpreis ist daher nach dem Grundsatz des Wegfalls/Fehlens der Geschäftsgrundlage anzupassen (vgl. BeckOK BGB, Hau/Poseck, 55. Edition, Rn. 33-34). Der Klägerin kann nicht entgegengehalten werden, dass Gelegenheit zur Überprüfung des von dem Stb. … errechneten Kaufpreises hatte und von den von ihr eingeschalteten Wirtschaftsprüfern auf die Problematik der fehlenden Rechnungsabgrenzung hingewiesen wurde. Denn die Klägerin hatte nicht die Verpflichtung die Jahresabschlüsse der … Gesellschaften im Rahmen einer eingehenden Abschlussprüfung zu überprüfen. Es genügte eine Plausibilitätsprüfung. Im Rahmen dieser Plausibilitätsprüfung war sie nicht verpflichtet, der von … mitgeteilten Ansicht des Stb. …, eine Rechnungsabgrenzung sei aus Wesentlichkeitsgründen unterblieben, nachzugehen. Hier kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Jahresabschluss 2015 der … von einem Wirtschaftsprüfer testiert wurde und diesem Testat grundsätzlich Vertrauen geschenkt werden kann. Dass der Klägerin bzw. ihren Wirtschaftsprüfern Einzelheiten zu den Gründen der unterbliebenen Rechnungsabgrenzung erläutert wurden, vermutet der Beklagte nur. Eine Beweisaufnahme war daher insoweit nicht erforderlich. Das Festhalten an dem auf Grund unrichtiger Unternehmenskennzahlen ermittelten Kaufpreises ist für die Klägerin unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen auch nicht zumutbar. Schließlich wollten beide Parteien den Kaufpreis von auf Basis der geltenden Bilanzierungsrichtlinien gewonnenen Parametern von Stb. … ermitteln lassen.
III.
Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Die Klage war insoweit abzuweisen. Es fehlt an einem erledigenden Ereignis. Die Klage war in Höhe des im Mahnverfahren noch geltend gemachten Mehrbetrags von Anfang an nicht begründet. Stellt sich im Laufe eines Rechtsstreits heraus, dass die Klage von Anfang an unbegründet war, ist diese Erkenntnis kein erledigendes Ereignis. Dass hinsichtlich der im Mahnverfahren geltend gemachten Mehrforderungen ein begründeter Zahlungsanspruch gegen den Beklagten selbst bestand, lässt sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen.
IV.
Die Klägerin hat aus keinem Rechtsgrund einen begründeten Anspruch auf Rückzahlung von Gewinnausschüttungen, die nach Behauptung der Klägerin an den Beklagten von der … bzw. der … zu viel ausbezahlt wurden. Die Klage war daher insoweit abzuweisen.
Es kann dahinstehen, ob der Beklagte tatsächlich Gewinnausschüttungen in einer Höhe erhalten hat, die ihm tatsächlich nicht zustehen. Denn die Forderungen der Klägerin sind insoweit jedenfalls verjährt. Die Klägerin hat in der Klagebegründung die Prozessstandschaft nicht offengelegt, sondern ohne weitere Ausführungen Gewinnausschüttungen der … bzw. der … an die Klägerin zurückgefordert. Erst mit der Replik hat die Klägerin vorgetragen, in gewillkürter Prozessstandschaft zu klagen, ohne jedoch zu einer Ermächtigung seitens der … bzw. der … weiter vorzutragen.
Im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft darf jemand ein fremdes Recht aufgrund einer ihm von dem Beklagten erteilten Ermächtigung im eigenen Namen im Prozess verfolgen, wenn er ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat. Ein eigenes schutzwürdiges Interesse mag die Klägerin als Konzernmutter haben. Die Prozessführungsermächtigung wurde jedoch nicht offengelegt. Die Prozessführungsermächtigung ist – anders als die Einzugsermächtigung – offen zu legen, wenn nicht für alle Beteiligten außer Zweifel steht, dass der Rechtsstreit im Wege gewillkürter Prozessstandschaft geführt wird (vgl. BGH NZG 2008, 711), da der Prozessgegner die Möglichkeit haben muss, sich auf die besondere Art des prozessualen Vorgehens einzustellen. Dass die Klägerin in Prozessstandschaft handelte, ergibt sich auch nicht ohne Zweifel aus den gegebenen Umständen. Die für die Zulässigkeit der Klage gebotene Offenlegung der Prozessstandschaft ist auch für die Verjährung von Bedeutung, da die verjährungshemmende Wirkung der Klage erst in dem Moment eintritt, in dem die Prozessstandschaft offengelegt wird oder offensichtlich ist. Die Prozessstandschaft muss somit vor Ablauf der Verjährungsfrist offengelegt werden. Die Offenlegung wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurück. Erst im Termin vom 15.06.2020 hat die Klägerin zu ihrer Ermächtigung die Forderungen der … bzw. der … geltend zu machen vorgetragen und eine solche Ermächtigung offengelegt. Es kann dahinstehen, ob die Ermächtigung insoweit tatsächlich erteilt wurde oder nicht. Denn jedenfalls wirkt die spätere Offenlegung einer bei Klageerhebung bereits erteilten Ermächtigung nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurück (vgl. OLG Hamburg, NJW 2019, 1005). Der Prozessstandschafter muss sich auf die erteilte Ermächtigung berufen und muss zum Ausdruck bringen, dass ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend gemacht wird. Daran fehlt es vorliegend in der Klageschrift.
V.
Nebenforderungen: §§ 286 ff BGB.
VI.
Kosten:
Es bestand kein Anlass dem Beklagten aus Billigkeitsgründen die infolge der im Mahnverfahren noch geltend gemachten Mehrforderung aufzuerlegen. Der Beklagte war nicht verpflichtet einen Verjährungsverzicht zu erklären oder der Klägerin in sonstiger Weise zuzuarbeiten.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.
Streitwert: § 3 ZPO.


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