Handels- und Gesellschaftsrecht

kausales Anerkenntnis einer Widerrufserklärung

Aktenzeichen  5 U 958/20

Datum:
26.3.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 6105
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EGBGB Art. 247 § 6 Abs. 2 S.3, § 12 Abs. 1
BGB § 781

 

Leitsatz

1. Die Mitteilung, eine Widerruferklärung sei zur Kenntnis genommen, eine abschließende Bearbeitung stehe noch aus, ist mangels Rechtsbindungswillen nicht als kausales Schuldanerkenntnis zu werten.   (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Senat schließt sich der Auffassung des BGH dazu, dass der Satz der Verzugszinsen nicht mit dem konkreten Prozentsatz angegeben werden müsse und dass für die Angabe zur Art und Weise der etwaigen Anpassungen des Verzugszinssatzes die Bezugnahme auf einen (variablen) Referenzzinssatz ausreiche, an (ebenso BGH BeckRS 2020, 2755). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

27 O 12907/19 2020-01-16 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 16.01.2020, Az. 27 O 12907/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Es ist beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 27.000 € festzusetzen.
3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der von der Klägerin erklärte Widerruf greift nicht durch, weil die Widerrufsbelehrung längst abgelaufen ist und die Beklagte den verspäteten Widerruf auch nicht als rechtswirksam anerkannt hat.
1. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 25.04.2018 (Anl. K 6) keine „Anerkennung“ des Widerrufs durch die Beklagte. Zur Frage der Wirksamkeit der Widerrufserklärung der Klägerin trifft das Schreiben explizit keine Aussage. Es wird lediglich eine Kenntnisnahme von der Widerrufserklärung bestätigt und zugleich darauf hingewiesen, dass noch eine abschließende Bearbeitung ausstehe. Zwar dürfte die Beklagte im Rahmen der Vertragsfreiheit wohl auch einen unwirksamen Widerruf als wirksam akzeptieren und damit durch einen entsprechenden kausalen Anerkenntnisvertrag (vgl. dazu grundlegend MüKoBGB/Habersack, 7. Aufl. 2017, BGB § 781 Rn. 3) ein Rückabwicklungsschuldverhältnis begründen. Bei einer Auslegung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ist in dem genannten Schreiben lediglich ein Anerkenntnis ohne Vertragscharakter zu erblicken. Dabei ist auf die Interessenlage beider Seiten und auf die Umstände abzuheben, unter denen das Anerkenntnis erklärt wird (MüKoBGB/Habersack, a.a.O. Rn. 4 vgl. zur Frage des Rechtsbindungswillens bei einer Regulierungserklärung des Versicherers auch Rn. 28). Im Hinblick darauf, dass das Schreiben unmittelbar nach Eingang des Widerrufs versandt wurde, eine Prüfung auch für die Klägerin erkennbar nicht hat durchgeführt werden können, ist der Beklagten ein irgend gearteter Wille zur rechtlichen Bindung nicht zu unterstellen. Ein solcher kommt in dem Schreiben auch nicht zum Ausdruck, insbesondere nicht in der Formulierung, dass das Anliegen noch abschließend bearbeitet werden müsse.
2. Der Senat schließt sich zum Verzugszinssatz der den Klägervertretern offensichtlich bekannten Argumentation des BGH in den Urteilen vom 05.11.2019 an (BGH, XI ZR 650/18, Rn. 52; erst jüngst bestätigt von BGH, Beschluss vom 11.02.2020, XI ZR 648/18, Rn. 22-26) das gilt auch in Bezug auf die nun vom LG Ravensburg für notwendig gehaltene Vorlage an den EuGH.
3. Der Senat schließt sich auch hinsichtlich der Informationen zur Vorfälligkeitsentschädigung der Rechtsauffassung des BGH und nicht der des LG Ravensburg an, dass über die Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung ausreichend informiert wurde (BGH, XI ZR 650/18, Rn. 40-50 erst insoweit bestätigt von BGH, Beschluss vom 11.02.2020, XI ZR 648/18, Rn. 14-19).
4. Nach Presseveröffentlichungen vom heutigen Tage teilt der EuGH die Meinung des BGH zum Kaskadenverweis nicht. Allerdings kann sich die Beklagte nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S.3 EGBGB darauf berufen, dass sie eine Widerrufsbelehrung entsprechend dem Muster Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und Art. 247 § 12 Abs. 1 EGBGB verwendet hat, so dass die Widerrufsfrist abgelaufen war, bevor der Widerruf erklärt wurde (BGH, Urt. v. 15.8.2012, VIII ZR 378/11, Rdnr.9/10 und 14-16).
5. Als Streitwert ist der Nettodarlehensbetrag zuzüglich der Anzahlung festzusetzen.


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