Handels- und Gesellschaftsrecht

Keine Fristverlängerung für Stellungnahme zum Hinweisbeschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO

Aktenzeichen  8 U 4967/19

Datum:
28.4.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 32024
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 224 Abs.2, § 522 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Der Antrag der Klägerin, die Frist zur Stellungsnahme zu dem Hinweis des Senats vom 18.03.2020 um einen Monat zu verlängern, ist mangels Darlegung und Glaubhaftmachung konkreter, triftiger Gründe zurückzuweisen. (Rn. 6 – 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens nach § 224 ZPO hat sich nicht einzig an den Interessen der antragstellenden Partei, sondern ebenso an denen der Gegenpartei und den übergeordneten Belangen der Prozessförderung und der Prozesswirtschaftlichkeit zu orientieren. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

10 O 5040/18 2019-07-26 Endurteil LGMUENCHENII LG München II

Tenor

I. Der Antrag der Klägerin vom 23.04.2020, die Frist zur Stellungnahme zu dem Hinweis des Senats vom 18.03.2020 um einen Monat zu verlängern, wird zurückgewiesen.
II. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 26.07.2019 (Az. 10 O 5040/18) wird zurückgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
IV. Der vorliegende Beschluss und das bei II. genannte Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 19.000,- € festgesetzt.

Gründe

Tatsächliche Feststellungen
Gegenstand des Verfahrens sind Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus einem Gebrauchtwagenkauf im Zusammenhang mit dem sog. „…- Abgasskandal“.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 522 Abs. 2 S. 4 ZPO auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München II vom 26.07.2019 Bezug genommen.
Die Klägerin verfolgt in der Berufungsinstanz ihre erstinstanzlichen Anträge im vollen Umfang weiter (Bl. 425). Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen (Bl. 417).
Mit Hinweisbeschluss des Senats vom 18.03.2020 (Bl. 477/490) wurde die Klägerin unter Fristsetzung zum 27.04.2020 darauf hingewiesen, dass und warum der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Die Klägerin hat hierauf inhaltlich nicht erwidert, sondern mit am Freitag, dem 24.04.2020 um 16.09 Uhr per BeA beim OLG eingegangenen Schriftsatz beantragt, die Frist zur Stellungnahme zu dem Hinweis des Senats vom 18.03.2020 um einen Monat zu verlängern.
Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren Bezug genommen.
Begründung
A.
Zu I.
Der Antrag der Klägerin vom 23.04.2020, die Frist zur Stellungnahme zu dem Hinweis des Senats vom 18.03.2020 um einen Monat zu verlängern, ist mangels Darlegung und Glaubhaftmachung konkreter, triftiger Gründe zurückzuweisen.
Die Klägerin wurde im Hinweisbeschluss vom 18.03.2020 unter Anführung der einschlägigen Rechtsprechung darauf aufmerksam gemacht, dass eine Verlängerung der Stellungnahmefrist nur bei Glaubhaftmachung triftiger Gründe in Betracht kommt. Zu beurteilen sind die „erheblichen Gründe“ vor dem Hintergrund des gesetzlichen Regelungszwecks sowohl des Verfahrens zur Fristverlängerung (§§ 224 f. ZPO) wie des Verfahrens zur Zurückweisung einer Berufung durch Beschluss (§ 522 Abs. 2 ZPO). Die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens nach § 224 ZPO hat sich nicht einzig an den Interessen der antragstellenden Partei, sondern ebenso an denen der Gegenpartei und den übergeordneten Belangen der Prozessförderung und der Prozesswirtschaftlichkeit zu orientieren (vgl. auch Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 61. Aufl., § 224 ZPO Rn. 2). Dieser Regelungszweck 8 U 4967/19 – Seite 3 – trifft sich mit den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen des Zurückweisungsbeschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO. Er dient zum Einen der Verfahrensbeschleunigung und soll der Einlegung von Rechtsmitteln allein in der Absicht, das Verfahren und den Eintritt der Rechtskraft zu verzögern, wirksam begegnen (vgl. BT-Drs. 14/4722, S. 62, 64).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze rechtfertigt der vom Klägervertreter gleichwohl nur formelhaft angeführte Umstand, dass dem Sachbearbeiter aufgrund zahlreicher vorrangig zu bearbeitender Fristsachen die Fertigung einer Stellungnahme nicht möglich gewesen sei, die beantragte Fristverlängerung nicht; auch fehlt jegliche Glaubhaftmachung, so dass der Antrag auf Fristverlängerung daher zurückzuweisen war.
Der am Freitag, dem 24.04.2020 um 16.09 Uhr per BeA eingegangene Antrag der Klägerin vom 23.04.2020 wurde dem Vorsitzenden im ordentlichen Geschäftsgang erst am Dienstag, dem 28.04.2020, und somit nach Fristablauf am 27.04.2020 vorgelegt. Die Klägervertreter konnten aber angesichts der Hinweise des Senats von vornherein nicht darauf vertrauen, dass ihrem nur formelhaft begründeten Fristverlängerungsgesuch stattgegeben werden würde (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 25. 7. 2008 – 3 B 69/08). Ggf. hätten sie rechtzeitig vor Fristablauf bei Gericht nachfragen müssen.
Zu II.
Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor.
Der Senat verweist insoweit auf den soeben erwähnten Beschluss vom 18.03.2020, den er auch nach nochmaliger Überprüfung für zutreffend hält. Die Klägerin hat hierauf innerhalb der ihr gesetzten Frist bis zum 27.04.2020 inhaltlich nicht mehr erwidert.
B.
1.) Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1 ZPO, 708 Nr. 10, 713 ZPO.) Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts ergeht nach §§ 47, 48 GKG, § 3 ZPO.


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