Handels- und Gesellschaftsrecht

Kenntnis um Schadensersatzansprüche wegen der Prüfstandserkennung und Softwaremanipulation

Aktenzeichen  4 O 1273/20

Datum:
6.4.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 53559
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Passau
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 31, § 195, § 199 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, § 818 Abs. 1 § 826, § 852
ZPO § 3, § 91, § 709

 

Leitsatz

Für die im Sinne von § 199 Abs. 1 Nummer 2 BGB erforderliche Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände ist es nicht erforderlich, dass die Klägerin den Vorgang rechtlich zutreffend beurteilt (vgl. BGH NJW 2008, 1729).  (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Streitwert: 9.411,76 Euro.

Gründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Das Gericht geht von der Anwendung deutschen Rechtes, wie auch die Klägerseite aus. Der Pkw wurde in Deutschland gekauft, hier der Vertrag geschlossen, hier fand zumindest auch die behauptete unerlaubte Handlung statt.
1. Ansprüche der Klagepartei sind verjährt.
Die Ansprüche der Klagepartei aus § 826, 31 BGB unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren (§ 195 BGB). Verjährungsbeginn war der 31.12.2015 (§ 199 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 BGB). Maßgeblich war die Kenntnis der Klagepartei von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners. Das Gericht geht davon aus, dass bereits im Jahr 2015 mit der ad-hoc-Mitteilung grob fahrlässige Unkenntnis vorlag. Von der Kenntnis der Klagepartei, dass ihr gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen der Prüfstandserkennung und Softwaremanipulation zustehen, ist aus Sicht des Gerichtes jedoch aber auch spätestens mit der Mitteilung, dass das Fahrzeug der Klägerseite betroffen war und sie ein Software-Update durchführen lassen sollte, gegeben. Dies war im Februar 2016. Unerheblich ist dabei, inwiefern einzelne Gerichte der Beklagten bereits eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Verantwortlichkeiten im Konzern zugewiesen haben. Die breite Argumentationsschiene sämtlicher Klägervertreter in Verfahren gegen die Beklagte wegen der Manipulationen am EA 189 Motor ging dahin, eine sekundäre Darlegungslast anzunehmen und den Vorstand in die Verantwortung zu nehmen. Für die im Sinne von § 199 Abs. 1 Nummer 2 BGB erforderliche Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände ist es nicht erforderlich, dass die Klägerin den Vorgang rechtlich zutreffend beurteilt (BGH NJW 2008, 1729). Sie muss lediglich die Tatsachen kennen, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Kenntnis von der Person des Schuldners liegt dann vor, wenn die Verantwortlichkeit soweit geklärt ist, dass der Gläubiger aufgrund der ihm bekannten oder erkennbaren Tatsachen eine hinreichend aussichtsreiche wenn auch nicht risikolose Klage gegen den Schuldner erheben kann (BGH NJW 2000,1499). In Zusammenschau dieser Umstände war der Klagepartei, nachdem sie die Mitteilung, dass ihr Fahrzeug betroffen ist, erhalten hatte, eine Klageerhebung gegen die Beklagte möglich.
Verjährungshemmende oder verjährungsunterbrechende Maßnahmen hat die Klägerin nicht getroffen.
Im Übrigen wurden auch bereits 2016 Klagen erhoben, auch mit Erfolg (vgl. z. B. LG Hildesheim, 3 O 139/16).
Im Übrigen ist die 10-jährige Verjährung eingetreten, der Pkw wurde 2009 erstanden, sodass 10 Jahre später, zum 03.06.2019 die Verjährung eingetreten ist.
2. Auch Ansprüche aus § 852 BGB scheitern. Der Anspruch, unabhängig davon, ob er dem Grunde nach besteht, ist auf den Betrag gerichtet, den die Beklagte auf Kosten der Verbraucher erlangt hat, also den Kaufpreis abzüglich der Händlermarge. Zu dem durch die unerlaubte Handlung erlangten Vorteil gehören gem. § 818 Abs. 1 BGB auch die durch die Nutzung des Kapitals erlangten tatsächlichen Zinsen.
Vortrag oder eine Bezifferung diesbezüglich fehlt jedoch völlig, insbesondere wurde der PKW auch gebraucht und nicht von der Beklagten erworben.
3. Auch die Aufspielung des Updates ändert nichts an der Verjährung, abgesehen davon, dass dies bereits auch im Jahr 2016 erfolgt ist, stellt dies kein Anerkenntnis dar, das die Verjährung hemmen würde.
4. Nachdem keine Anspruchsgrundlage ersichtlich ist, ist auch der Hilfsantrag abzuweisen.
II. Kosten: § 91 ZPO, die Teilerledigungserklärung ist ohne Einfluss auf die prinzipielle Kostentragungspflicht.
III. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.
IV. Streitwert: § 3 ZPO.


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