Handels- und Gesellschaftsrecht

Rechtsanwaltshaftung: Maßgeblichkeit der Rechtslage im Ausgangsprozess

Aktenzeichen  IX ZR 2/08

Datum:
11.3.2010
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 280 BGB
§ 1573 Abs 5 BGB vom 02.01.2002
Spruchkörper:
9. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend OLG Celle, 28. November 2007, Az: 3 U 94/07, Urteilvorgehend LG Bückeburg, 5. April 2007, Az: 2 O 246/06

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 28. November 2007 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 113.414,63 € festgesetzt.

Gründe

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
2
1. Das Verfahrensgrundrecht des Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt.
3
a) Es kann nicht festgestellt werden, dass das Berufungsgericht den Vortrag des Beklagten, der Ehemann der Klägerin hätte einem Vergleich mit einem höheren Abfindungsbetrag nicht zugestimmt, übergangen hätte. Die Erwägung des Berufungsgerichts, möglicherweise wäre ein Vergleich über eine laufende Unterhaltszahlung von 1.500 € zustande gekommen, kann zutreffen, auch wenn der Ehemann zu keiner höheren Abfindung bereit war. Im Übrigen beruht das Berufungsurteil nicht auf der Annahme, dass bei richtiger Beratung ein anderer Vergleich zustande gekommen wäre.
4
b) Der Vortrag des Beklagten, die Klägerin hätte dem Vergleich so, wie er geschlossen wurde, auch bei richtiger Beratung zugestimmt, wird im Berufungsurteil wiedergegeben, aber nicht ausdrücklich erörtert. Dies erlaubt nicht den Schluss, das Berufungsgericht habe diesen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen und erwogen. Es ist ersichtlich davon ausgegangen, dass die Klägerin bei richtiger Beratung den Vergleich so nicht geschlossen hätte. Mit den vom Beklagten für seine abweichende Ansicht angeführten Argumenten hat sich das Berufungsgericht bei der Erörterung der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts auseinandergesetzt.
5
c) Die Behandlung des Vermögens der Klägerin auf einem Depot in der Schweiz lässt ebenfalls keine Gehörsverletzung erkennen. Wesentlichen Vortrag des Beklagten, den das Berufungsgericht dabei übergangen hätte, zeigt die Beschwerde nicht auf.
6
d) Die Annahme eines Unterhaltsbedarfs der Klägerin von 1.800 € belegt nicht, dass das Berufungsgericht die vom Beklagten diesbezüglich vorgetragenen Einwendungen übergangen hat. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Einwendungen auseinandergesetzt, sie aber nicht für durchgreifend erachtet.
7
e) Auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin die im Zugewinnausgleichsverfahren noch entstehenden Anwaltskosten zu ersetzen, verletzt nicht den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör. Das Berufungsgericht hat den Vortrag des Beklagten zu den Gründen der Mandatsbeendigung nicht übersehen, sondern für unerheblich erachtet.
8
2. Das Berufungsgericht ist bei seiner Beurteilung, eine Fortführung des familiengerichtlichen Prozesses hätte für die Klägerin wahrscheinlich zu einem günstigeren Ergebnis geführt als der geschlossene Vergleich, nicht von der Rechtsprechung gleich- oder übergeordneter Gerichte abgewichen.
9
a) Es hat nicht übersehen, dass der nach § 1573 oder § 1571 BGB Unterhaltsberechtigte grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögen verwerten muss; es hat eine solche Pflicht der Klägerin lediglich aus Billigkeitsgründen verneint (§ 1577 Abs. 1 und 3 BGB).
10
b) Im Regressprozess gegen einen Rechtsanwalt ist die Rechtslage maßgeblich, welche zum Zeitpunkt der hypothetischen Entscheidung im Ausgangsprozess anzuwenden gewesen wäre (BGHZ 145, 256, 261, 263; BGH, Urt. v. 27. März 2003 – IX ZR 399/99, WM 2003, 1146, 1150). Bei seinen Ausführungen zu einer Befristung des Unterhaltsanspruchs brauchte das Berufungsgericht deshalb die Rechtsänderung zum 1. Januar 2008 nicht zu berücksichtigen. Der neue § 1578b BGB stellt im Übrigen lediglich klar, was bereits zuvor aufgrund § 1573 Abs. 5 BGB a.F. und der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung gegolten hatte (BGH, Urt. v. 18. November 2009 – XII ZR 65/09, NJW 2010, 365, 371 f Rn. 60). Weil im Regressprozess auch die höchstrichterliche Rechtsprechung nach dem Stand des Ausgangsverfahrens maßgeblich ist, kommt entgegen der Ansicht der Beschwerde auch eine Entscheidung zur Fortbildung des Rechts im Blick auf die Voraussetzungen des § 1573 Abs. 5 BGB a.F. nicht in Betracht.
Ganter                                 Raebel                                   Kayser
                   Gehrlein                                 Grupp


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