Handels- und Gesellschaftsrecht

Unwirksamer Widerruf eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Fahrzeugskaufs

Aktenzeichen  19 U 1766/19

Datum:
23.7.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 45877
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 522 Abs. 2

 

Leitsatz

Eine Berufungsbegründung muss auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen, lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen. Es ist klar anzugeben, gegen welche Ausführungen des Urteils der Angriff sich richtet und wie er begründet wird. Eine Berufungsbegründung, die sich weitgehend aus Textbausteinen und Schriftsätzen zusammensetzt, die andere Rechtsstreitigkeiten betreffen, und auf das angefochtene Urteil nur sporadisch eingeht, genügt den Anforderungen nicht. (Rn. 14) (red. LS Andy Schmidt)

Verfahrensgang

28 O 12062/18 2019-03-05 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 05.03.2019, Aktenzeichen 28 O 12062/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 50.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger verfolgt mit der Berufung seine erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche wegen des Widerrufs eines Darlehensvertrages, mit dem er den Kauf eines Kraftfahrzeuges finanziert hat, und dessen Rückabwicklung gegenüber der Beklagten weiter.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 05.03.2019 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 S. 4 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, welcher beantragt,
Unter Abänderung des am 05.03.2019 verkündeten Urteils des Landgerichts München I, Az.: 28 O 12062/18 wird wie folgt erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 54.252,44 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 989,13 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 24.06.2019 (Bl. 272/295 d.A.), auf die Bezug genommen wird, wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass und warum der Senat beabsichtigt, seine Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 18.07.2019 führte der Kläger aus, dass
– zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zuzulassen sei (KlSS vom 18.07.2019 Seite 1/2),
– der Zinsbetrag in der Widerrufsinformation mit 0,00 € fehlerhaft angegeben sei (KlSS vom 18.07.2019 Seite 3/4),
– die Kündigung des Verbrauchers formlos möglich und damit die in den Allgemeinen Darlehensbedingungen getroffene Vereinbarung der Textform unwirksam sei (KlSS vom 18.07.2019 Seite 4 -7),
– das Landgericht in seinem Urteil lediglich die ausdrücklich gerügten Pflichtangaben geprüft habe, so dass davon auszugehen sei, dass keine vollständige Prüfung erfolgt sei ((KlSS vom 18.07.2019 Seite 7).
Im Übrigen und ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren eingegangenen Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I, Aktenzeichen 28 O 12062/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Der Senat hält das angefochtene Urteil des Landgerichts München I für offensichtlich zutreffend und nimmt auf dieses Bezug. Bezug genommen wird ferner auf den Hinweis des Senats vom 24.06.2019, wonach er die Berufung im Sinne von § 522 Abs. 2 ZPO für unbegründet hält.
1. An der Sache vorbei gehen die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 18.07.2019 (dort Seite 4 – 7) zur Information des Darlehensnehmers über das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags (Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr.5 EGBGB a.F.). Der Kläger lässt gänzlich außer acht, dass sich die Ziffer 4.4. der Allgemeinen Darlehensbedingungen auf die außerordentliche Kündigung des Darlehensnehmers bezieht, jedoch entsprechend der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung von Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr.5 EGBGB a.F. über das einzuhaltende Verfahren bei der außerordentlichen Kündigung nicht zu informieren ist. Auf die Ausführungen des Senats im Hinweis vom 24.06.2019, Seite 4 ff wird Bezug genommen.
2. Soweit der Kläger letztlich wiederholt, die Angabe des pro Tag zu zahlenden Zinsbetrages von 0,00 € sei bei einem vereinbarten Sollzinssatz für das Darlehen von 3,92% fehlerhaft, hat der Senat im Hinweis von 24.06.2019 bereits ausführlich dargelegt, warum er diese Ansicht nicht teilt. Auf den Hinweis wird insoweit verwiesen. Ergänzende Ausführungen sind nicht veranlasst.
3. Soweit der Kläger nunmehr neu ausführt, es sei davon auszugehen, das Landgericht habe nur die in seinem Urteil aufgeführten und nicht alle gesetzlichen Pflichtangaben geprüft (KlSS vom 18.07.2019 Seite 7), ist vorauszuschicken, dass die dem Kläger eingeräumte Frist zur Stellungnahme gem. § 522 II 2 ZPO nicht etwa eine Art „zweite Berufungsbegründung“ ermöglicht. Soweit in dem weiteren Schriftsatz im Berufungsverfahren neue Angriffs- und Verteidigungsmittel enthalten sind, sind diese deshalb gem. §§ 530, 296 I ZPO zwingend zurückzuweisen (vgl. z.B. Thomas/Putzo, ZPO, 36. Aufl. 2015, § 530 Rnr. 4; Rimmelspacher in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2012, § 522 Rnr. 28). Darauf hatte der Senat als nobile officium auch bereits in seinen Allgemeinen Verfahrenshinweisen ausdrücklich aufmerksam gemacht.
Auch der verspätete Vortrag hätte aber keine andere Entscheidung gerechtfertigt, da keine hinreichende Berufungsrüge vorliegt.
§ 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO verlangt „die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt“. Diese Vorschrift dient dem Zweck, eine Klarstellung und Konzentration des Streitstoffs für die Berufungsinstanz zu erreichen. Es ist deshalb eine auf den Streitfall zugeschnittene Darlegung notwendig, in welchen Punkten und aus welchen materiellrechtlichen oder verfahrensrechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält (BGH NJW 2003, 2532). Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen, lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG NZA 2005, 597 [598]). Es ist vielmehr klar anzugeben, gegen welche Ausführungen des Urteils der Angriff sich richtet und wie er begründet wird (BGH NJW-RR 2007, 1363). Eine Berufungsbegründung, die sich weitgehend aus Textbausteinen und Schriftsätzen zusammensetzt, die andere Rechtsstreitigkeiten betreffen, und auf das angefochtene Urteil nur sporadisch eingeht, genügt diesen Anforderungen nicht (BGH, Beschluss vom 27.05.2008, Gz. XI ZB 41/06).
Es fehlen jegliche Ausführungen des Klägers dazu, was das Landgericht bei der ihm vorgeworfenen unterlassenen Prüfung festgestellt hätte.
4. Soweit der Kläger meint, die Zulassung der Revision sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (KlSS vom 18.07.2019 Seite 1/2), lässt er die Ausführungen des Senats im Hinweis vom 24.06.2019 (dort Seite 23) ausser acht. Er verkennt, dass der Senat keinen abstrakten Rechtssatz aufstellt, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts abgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht. Insoweit sind die aufgeführten Landgerichtsentscheidungen unbeachtlich, bei der zitierten Auffassung des OLG Düsseldorf im Sitzungsprotokoll vom 15.12.2017 – I -7 U 99/19 handelt es sich einen Hinweis, nicht jedoch um eine Entscheidung. Abweichende Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte hingegen sind dem Senat nicht bekannt und werden von der Berufung nicht vorgetragen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV. 
Der Streitwert bis zu 50.000,00 € für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 40, 47, 48 GKG, §§ 3, 4 ZPO anhand des Nettodarlehensbetrages von 44.255,17 € und der Anzahlung von 5.000,00 € bestimmt.


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