Handels- und Gesellschaftsrecht

Ware, Haftung, Ablehnung, Anspruch, Zinsen, Annahme, Untersuchung, Schadensabwicklung, Klage, Beweis, Schaden, Anlage, Zeuge, Vernehmung

Aktenzeichen  1 HK O 1/19

Datum:
26.4.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 55567
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Hof
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.505,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten vom 16.10.2018 bis zum 7.12.2018 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7.12.2018 zu bezahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.505,87 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.
1. Die Aktivlegitimation der Klägerin ist gegeben, nachdem unstreitig die Versicherungsnehmerin der Klägerin mit Schreiben vom 23.11.2018 (Anlage K10) die Schadensunterlagen zur Regulierung der Regression übersandt hat, was eine konkludente Abklärung der streitgegenständlichen Ansprüche an die Klägerin gemäß § 399 BGB beinhaltet.
2. Es besteht ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf den ausgeurteilten Betrag gemäß Artikel 17, 25 CMR.
a) Die Klägerin hat zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass bei Beladung der streitgegenständlichen Fließstoffgebinde diese schadens-, insbesondere nässefrei waren.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist dies zwar nicht durch die Blindquittierung des Fahrers bei der Übernahme des Transportgutes bewiesen, weil die entsprechende BGH-Rechtsprechung jeweils darauf abzielt, dass die Ware bei Übernahme nicht schadensfrei war. Dies war vorliegend allerdings wohl in der Tat so, weil die Ware später weiterverwendet werden konnte. Daher ist die ständige BGH-Rechtsprechung zur Blindquittierung vorliegend nicht anwendbar.
Dies kann im Ergebnis aber dahinstehen. Denn der Zeuge …, den das Gericht entgegen der Auffassung der Klägerin sehr wohl zu vernehmen hatte (die Klägerin selbst hat diesen Zeugen zum Beweis angeboten; es wäre der Klägerin – hätte sie, wie durch sie mehrfach ausgeführt, die Vernehmung des Zeugen für überflüssig gehalten – unbenommen gewesen, das entsprechende Beweisangebot zurückzunehmen) gab an, dass er als Belader bei der Firma … – der Versicherungsnehmerin der Klägerin – sich an die Beladung erinnern konnte. Dies ist für das Gericht insoweit nachvollziehbar, da der Zeuge ausführte, dass er an diesen Beladungsvorgang als ganzen aufgrund der Rücklieferung aufgrund der Feuchtigkeit eine Erinnerung hatte. Der Zeuge gab dann auch zwar an, an den konkreten Beladevorgang keine dezidierte Erinnerung mehr zu haben, was angesichts des Zeitablaufes und der Vielzahl der durch den Zeugen vorzunehmenden Beladevorgänge auch nachvollziehbar ist. Der Zeuge führte aber weiterhin glaubwürdig aus, dass bei jedem Ladevorgang die Dichtigkeit kontrolliert werden muss, ferner die Frage, ob der Laderaum nass ist und der Boden mit sogenannten Oceanpaper ausgelegt ist, einer Art Fließpapier, das Feuchtigkeit aufnehmen kann. Daher konnte der Zeuge sicher sagen – und dies ist für das Gericht glaubhaft und nachvollziehbar – dass zu dem Zeitpunkt, als das Ladegut, mithin die Fließstoffrollen, in den Lkw geladen wurden, dort keinerlei Feuchtigkeit oder Nässe vorhanden war.
b) Daraus ergibt sich zwingend, dass Feuchtigkeitsauftragungen, die bei der beabsichtigten Entladung in … durch die Verantwortlichen des Empfängers festgestellt und zur Ablehnung der Annahme führten, während des Transportes entstanden sein müssen. Dies ist überdies belegt durch die Angaben der Zeugen … und … sowie …. Sämtliche Zeugen gaben nämlich an, im Rahmen der Schadensabwicklung bei der Retoure, d.h. bei der Rückkunft der Waren, zugegen gewesen zu sein. Dort seien Feuchtigkeitsschäden und Risse in den Planen des Lkw’s festzustellen gewesen.
So gab die Zeugin … an, dass sie einzelne kleine Löcher im Dach der Plane erkannt habe. Zwar habe die Überprüfung der Ware in Form stichprobenartiger mikrobiologischer Untersuchungen ergeben, dass diese ohne Befund waren, so dass letztlich eine Weiterverwertung erfolgt haben könnte. Die Löcher der Plane seien aber von außen deutlich zu sehen gewesen.
Auch die Zeugin … gab an, erkannt zu haben, dass aus irgendeinem Loch bei der Lkw-Plane ein Stück Ast hervorgekommen sei. Zudem bestätigte der Zeuge J. R., nachdem er von oberhalb des Lkw’s, nach Besteigen mit einer Leiter, einen Gesamtüberblick gehabt habe, habe er Löcher und Risse gesehen, in die seiner Meinung nach Wasser hätte eindringen können.
Daraus ergibt sich für das Gericht zwingend, dass Feuchtigkeitsauftragungen auf den Fließstoffgebinden während des Transportes entstanden seien müssen, da nach den glaubhaften Angaben des Zeugen … bei der Beladung (also vor dem Transportbeginn) solche nicht vorhanden waren. Dies wird wiederum bestätigt durch die nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen …, der hinsichtlich der Verpackung ausgeführt hat, dass die Verpackung des konkreten Transportgutes für den Nässeschutz ausreichend war, zumal unstreitig zwischen den Parteien ein Direkttransport vereinbart war und keine Umladung während des Transportes erfolgte.
c) Da es sich vorliegend um Fließstoffe handelte, war aufgrund der Feuchtigkeitsauftragungen bei der Ankunft am Empfängerort in … auch ein hinreichend konkreter Schadensverdacht für Fließstoff vorhanden, die einen Substanzschaden im Sinne des Artikel 17 CMR begründen (BGH, Transportrecht 2002, Seite 440). Daher hat die Klägerin auch einen Schaden nachgewiesen.
d) Angesichts der durch die Klägerin nachgewiesenen undichten Plane des von der Beklagten gestellten Lkw’s kann sich die Beklagte auch nicht auf eine Haftungsbefreiung gemäß Artikel 17 Abs. 3 CMR berufen, ebenso wenig wie auf ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin der Klägerin.
e) Auch die geltend gemachte Schadenshöhe hat die Klägerin nachgewiesen. Zusätzlich zu den Fracht- und Retourekosten, die durch Anlage K6 nachgewiesen sind, die Untersuchungskosten für die Güter der Firma … (Anlage K7), die nach Artikel 23 Abs. 3 bzw. Artikel 25 CMR als Schadensminderungskosten ersatzfähig sind, kommen die durch Anlage K8 belegten Kosten des Parteisachverständigen … in Höhe von 1.288,30 € hinzu. Die Zeugin … hat zudem bestätigt (Bl. 122 d.A.), dass der von ihr genannte Betrag von 467,57 € als Differenz des Gesamtbetrages von 4.217,57 € abzüglich der Transportkosten von 2.150,00 € zuzüglich 1.600,00 € ergibt. Dies sind die ersatzfähigen Materialkosten.
Die Klage ist damit vollständig begründet.
3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus Artikel 27 CMR, §§ 286, 288 BGB, 352 HGB.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.


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