Handels- und Gesellschaftsrecht

Wirksamer Prozessvergleich

Aktenzeichen  1 HK O 1475/12

Datum:
19.8.2016
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Traunstein
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 1, § 794 Abs. 1 Nr. 1
BGB BGB § 779 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Der Prozessvergleich beendet ein Verfahren auch dann, wenn er keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Die Vollstreckbarkeit ist nämlich nicht notwendiger Bestandteil der formellen und materiellen Streitbeilegung. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. Soweit ein Vergleich keinen vollstreckbaren Inhalt hat, muss ein Titel durch Klage aus dem Vergleich erstritten werden. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.583,90 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.02.2012 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 413,90 € Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 24.4.2012 zu bezahlen.
1. 3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Widerklage wird abgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 5/100 und die Beklagte 95/100 zu tragen.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110%% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 105.563,90 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
I.
Die Klage ist zulässig.
Grundsätzlich ist der Prozessvergleich Vollstreckungstitel und der Gläubiger kann aus dem Vergleich gegen den Schuldner vorgehen. Das setzt jedoch voraus, dass der Vergleich einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat (Zöller ZPO 31. Auflage § 794 Rn. 14). Das ist hier nicht der Fall. Die Beklagte bestreitet die ordnungsgemäße Nachbesserung und Fertigstellung seitens der Klagepartei. Damit ist das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage gegeben.
Der Klage steht auch nicht der Grundsatz ne bis in idem entgegen (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
Der Prozessvergleich vom 27.1.2011 hat das Verfahren 10 O 2663/07 vor dem Landgericht Augsburg formell beendet. Damit endete die Rechtshängigkeit dieses Verfahrens (Zöller a.a.O. § 261 Rn. 7). Daran ändert nichts, dass der Prozessvergleich im Hinblick auf Ziffer I und Ziffer III keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hatte. Die Vollstreckbarkeit ist nämlich nicht notwendiger Bestandteil der formellen und materiellen Streitbeilegung (BeckOK ZPO/Hoffmann ZPO § 794 Rn. 14).
Soweit der Vergleich keinen vollstreckbaren Inhalt hat, muss ein Titel durch Klage aus dem Vergleich erstritten werden (BeckOK ZPO/Hoffmann ZPO § 794 Rn. 14).
II.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 2.500,00 € gemäß Ziffer I des Prozessvergleichs vom 27.1.2011 vor dem Landgericht Augsburg in dem Verfahren 10 O 2663/07.
Die Klägerin hat zwar nachgewiesen, dass sie das elektronische Steuerungssystem überprüft hat. Dies erfolgte durch die von der Klägerin beauftragte Firma Diese hat mit Schreiben vom 15.9.2011 mitgeteilt, dass sie den Funktionsablauf der Saugwaagen überprüft hat und der Automatikbetrieb in Ordnung ist. Die Beauftragung hat die Beklagte nicht bestritten. Auch gegen die Feststellung der beauftragten Firma zu dem Ergebnis der Überprüfung hat die Beklagte keine substantiierten Einwendungen vorgebracht. Dies ergibt sich aus den Ausführungen der Beklagten auf Seite 2 der Klageerwiderung vom 13.6.2012. Der Sachverständige … hat festgestellt, dass nach derzeitigem Stand eine Überprüfung des elektronischen Steuerungssystems erfolgte. Er geht jedoch davon aus, dass schadensursächlich Unstimmigkeiten im Bereich der Verfahrenstechnik sein dürften. Eine mangelhafte Überprüfung des elektronischen Steuerungssystems durch die Firma lässt sich den sachverständigen Feststellungen nicht entnehmen.
Trotz ordnungsgemäßer Überprüfung des elektronischen Steuerungssystems kann die Klägerin 2.500,00 € nicht fordern.
Die Klägerin gab an, dass nach der Überprüfung des elektronischen Steuerungssystems eine Überarbeitung nicht notwendig gewesen ist. Der Geschäftsführer der Klägerin hat dies im Termin vom 10.6.2016 nochmals bestätigt. Die Zahlung von 2.500,00 € war vorgesehen für den Fall der erfolgreichen Nachbesserung. Es handelt sich hierbei dem Wortlaut der Ziffer I des Vergleichs nach um eine aufschiebende Bedingung im Sinne des § 185 Abs. 1 BGB. Bedingung war nach dem Wortlaut, dass nach Überprüfung eine Überarbeitung und damit Nachbesserung erforderlich sein sollte. Diese Bedingung ist bereits nach dem Vortrag der Klägerin nicht eingetreten. Somit hat die Beklagte nach § 185 Abs. 1 BGB den Betrag von 2.500,00 € nicht zu zahlen.
Neben dem Wortlaut ergibt auch der gerichtliche Hinweis im beigezogenen Verfahren 10 O 2663/07 in der Ladungsverfügung vom 13.10.2010 (Blatt 343 der Akte 10 O 2663/07), dass sich der Betrag 2.500,00 € auf die Überarbeitungskosten bezieht. Das Gericht weist darauf hin, dass die Klägerin die Überarbeitungskosten auf 10.000,00 bis 12.000,00 € schätzt. Für den Fall der erfolgreichen Überarbeitung sollte sich die dortige Klägerin verpflichten %, damit 2.500,00 € zu bezahlen.
Da der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 2.500,00 € bereits aus diesem Grund nicht gegeben ist, sind die Ausführungen der Beklagten über die Hintergründe der Ziffer I des Vergleichs unerheblich. Insoweit war auch Rechtsanwalt Dr. I. G. nicht als Zeuge zu vernehmen. Der Sachverständige ist zwar ebenfalls davon ausgegangen, dass die Ursache des Berstens von Berstscheiben nicht in dem elektronischen Steuerungssystem lag, sondern in Unstimmigkeiten im Bereich der Verfahrenstechnik. Zur Klärung wären nach den Ausführungen des Sachverständigen weitere Untersuchungen notwendig. Insofern hat er vorgeschlagen im Bereich der Berstscheibe einen Druckaufnehmer anzubringen und diesen mittels einer vorhandenen Kabelverbindung in das EDV-System einzubinden. Gegebenenfalls sind – je nach Ergebnis – zur Verhinderung weiteren Berstens von Berstscheiben geeignete Verriegelungen vorzunehmen. Eine weitere Aufklärung durch den Sachverständigen war jedoch in diesem Verfahren nicht erforderlich, weil der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 2.500,00 € – wie oben ausgeführt – aus anderen Gründen bereits nicht begründet ist.
2. a. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 6.000,00 €.
Die Zahlung von 6.000,00 € war in Ziffer III des Prozessvergleichs vom 27.1.2011 aufschiebend bedingt durch den ordnungsgemäßen Austausch des Salzsilos.
Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 16.4.2014 festgestellt, dass der ordnungsgemäße Austausch des Salzsilos erfolgt ist.
Gegen einen ordnungsgemäßen Austausch kann die Beklagte nicht geltend machen, dass die Klägerin keinen Umbau vorgenommen habe.
Bereits aus dem Wortlaut der Ziffer III des Vergleichs ergibt sich, dass damit der Anschluss der vorhandenen Anschlüsse an den neuen Silo gemeint ist in Richtung einer Komplettmontage. Eine Ursachensuche für die Korrosion und Konzeption von konstruktiven Maßnahmen zur Beseitigung der Ursachen ergibt sich nicht aus dem Wortlaut. Dagegen, dass dies in der Formulierung „Um bau“ enthalten gewesen sein soll, spricht auch der gerichtliche Vorschlag in der beigezogenen Akte des Landgerichts Augsburg (10 O 2663/07) in der Ladungsverfügung vom 13.10.2010 (Blatt 343), in dem der Austausch des Salzsilos vorgeschlagen wird ohne weitere konzeptionelle Maßnahmen. Die Ursache der Korrosion wird in dem Vorschlag ausdrücklich offengelassen. Das Gericht sah bereits damals als mögliche Ursachen an die mögliche unzureichende Unterhaltsreinigung, mögliche unzureichende Konzeption der Belüftung, fehlerhafte Materialbehandlung beim Polieren (Kugelbestrahlung), Beizen und/oder Reinigen, Rückstände.
Das Gericht überzeugen nicht die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 30.6.2016, wonach die Verpflichtung zum Umbau in Ziffer III des Vergleichs den Umbau der dazugehörigen Be-und Entlüftungsleitungen einschließlich der Vorrichtung zur Trocknung der Innenluft, Filter, Vermeidung von Feuchtigkeit im Inneren des Silos eingeschlossen habe, alles, was für die Beseitigung der Ursachen der Symptomatik Rost im Innenbereich und auch außen erforderlich sei. Dies entspricht nicht dem Wortlaut der Ziffer III des Vergleichs. Entgegen dem Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 30.6.2016 (Seite 2 unten) spricht auch nicht der gerichtliche Hinweis in der Verfügung vom 13.10.2010 für die Auslegung der Beklagten. Wie bereits oben ausgeführt, spricht das Offenlassen der möglichen Ursachen dafür, dass die Parteien bei einem Austausch des Silos von einer ordnungsgemäßen Nachbesserung ausgingen.
Soweit die Beklagte nunmehr im Schriftsatz vom 30.6.2016 vorträgt, dass übereinstimmend Wille der Parteien des Prozessvergleichs vor dem Landgericht Augsburg gewesen sei, dass der Umbau alles eingeschlossen haben soll, was für die Beseitigung der Ursachen der Symptomatik Rost im Innenbereich und auch Außen erforderlich sei, erscheint dies dem Gericht eine im Hinblick auf den bisherigen Prozessverlauf ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung zu sein. Insofern hält das Gericht es nicht für erforderlich den Beweisangeboten der Beklagten auf Vernehmung der Vorsitzenden Richterin des Landgerichts Augsburg I. Gross, des Herrn … … und nachzugehen.
Gegen einen übereinstimmenden Willen sprechen schon die Angaben der Klägerin im Laufe dieses Verfahrens. Im Termin vom 10.6.2016 hat der Klägervertreter vorgebracht, dass bei der Formulierung dieser Ziffer III klar gewesen sei, dass der Neue Silo aufgestellt und komplett montiert werde, das heiße, dass die vorhandenen Anbauteile ausgebaut und in das neue Silo integriert würden. Beklagtenvertreter hat zu diesem – vom Gericht ausdrücklich angesprochenen Punkt-lediglich behauptet, dass die Beklagte das (Umbau) nicht wissen könne, sondern dies die Klägerin beträfe. Es stünde der Klägerin frei, den Umbau zutreffend vorzunehmen. Hier wurden noch nicht die umfänglichen Umbauarbeiten sowie das Erfordernis der planerischen Problemlösung wie im Schriftsatz vom 30.6.2016 genannt. Die Beklagte widerspricht sich mit dem neuen Vortrag im Schriftsatz vom 30.6.2016 auch zum bisherigen Vorbringen. In der Klageerwiderung vom 13.6.2016 auf Seite 3 hat die Beklagte noch vorgebracht, dass das komplette Silo sowie die Druckluftversorgungsleiten, die Siloaufbauten sowie die Siloeinbauten von der Beklagen umgebaut und wieder verwendet wurden. Hier wurde nicht behauptet, dass der Umbau auch den Umbau der dazugehörigen Be- und Entlüftungsleitungen einschließlich der Vorrichtung zur Trocknung der Innenluft, Filter, Vermeidung von Feuchtigkeit im Inneren des Silos erfordert hätte und dies nicht erfolgt sei. Soweit auf Planungs- und Ausführungsfehler hingewiesen wird, verlangte die Beklagte wiederum Mangelbeseitigung durch Auswechseln des Silos unter dem Hinweis, dass dem die Abgeltungsklausel nicht entgegenstehe, da im Prozessvergleich nur eine Rechtsstreitsquittung und nicht eine Generalquittung vereinbart worden sei.
Der Vergleich ist materiell-rechtlich auch nicht nach § 779 BGB unwirksam.
Gemäß § 779 Abs. 1 BGB ist ein Vergleich unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.
Die Beklagte macht eine Unwirksamkeit der Ziffer III des Vergleichs nicht geltend. Sie beruft sich darauf, dass Umbau umfassender auszulegen sei als nur ein bloßer Austausch des Silos.
Unabhängig davon entsprach auch der von den Parteien zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit. Das betraf die Korrosion des alten Silos. Weiter bestand vor dem Landgericht Augsburg Streit über die Ursachen der Korrosion. Das Landgericht Augsburg hatte in seinem Hinweis vom 13.10.2010 vor Abschluss des Vergleichs die möglichen Ursachen aufgezeigt aber signalisiert, dass nicht abschließend die tatsächliche Schadensursache geklärt ist. Dieser Sachverhalt entsprach der Wirklichkeit. Allein dass die Vorstellung, durch den Austausch des Silos, einen mangelfreien Zustand herzustellen, sich nicht bewahrheitete, bedeutet nicht dass der zugrundgelegte Sachverhalt nicht der Wirklichkeit im Sinne des § 779 BGB entsprach.
Zu berücksichtigen ist der Abzug der Rechnung vom 20.08.2011 in Höhe von 1.416,10 €, den die Klägerin auch in der Klage (Seite 3) vorgenommen hat. Es verbleibt eine Klageforderung von 4.583,90 € (6.000,00 € abzüglich 1.416,10 €).
b. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.2.2012 aus einem Betrag in Höhe von 4.583,90 €.
Grundlage der Zinsforderung ist der berechtigte Zahlungsbetrag in Höhe von 4.583,90 €.
Mit dem Schreiben vom 8.9.2011 hat die Klägerin der Beklagten die Erledigung der nach dem Vergleich zu erbringenden Arbeiten angezeigt und um Bezahlung von 8.500,00 € gebeten. Dieses Schreiben stellt keine Mahnung im Sinne des § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Verzugszinsen können daher nicht ab 1.10.2011 verlangt werden.
Dagegen stellte die Aufforderung zur Zahlung des Betrages von 7.324,50 € bis zum 27.2.2012 im Schreiben des rechtsanwaltlichen Vertreters der Klägerin vom 14.2.2012 eine Mahnung dar. Die Klägerin kann ab 28.2.2012 Verzugszinsen verlangen.
Die Höhe der Verzugszinsen mit 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sind nach § 288 Abs. 2 BGB a.F. berechtigt.
3. Die Klägerin hat gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 413,90 €.
Die Geschäftsgebühr von 1,3 ist aus der berechtigten Forderung von 4.583,90 € zu nehmen, das ergibt 393,90 €, zuzüglich der Pauschale von 20,00 € insgesamt 413,90 €.
Die Klägerin verlangt hiervon Prozesszinsen.
Diese sind gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz berechtigt. Rechtshängigkeit ist durch Zustellung der Klage am 24.4.2012 eingetreten.
II.
Die Beklagte hat gegen die Klägerin im Wege der Widerklage keinen Anspruch auf Zahlung von 98.480,00 €.
Die Beklagte macht diesen Betrag als Schadensersatz für ein mangelhaftes Salzsilo nach fehlgeschlagener Nachbesserung geltend.
Allerdings hat der Sachverständige – wie bereits ausgeführt – festgestellt, dass der neu gelieferte Salzsilo ordnungsgemäß war. Die Klägerin hat ihre Verpflichtung aus dem Prozessvergleich in Ziffer III ordnungsgemäß erfüllt. Auf ihre Auslegung des Begriffs „Umbau“ kann sich die Beklagte – wie oben bereits ausgeführt – nicht berufen.
Die Beklagte kann ihren Schadenersatzanspruch aber auch nicht auf konzeptionelle Mängel bzw. Planungsmängel und Ausführungsmängel stützen.
Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 3.3.2013 festgestellt, dass die Ursachen, die zur massiven Korrosion des ersten Salzsilos geführt haben durch den Austausch allein nicht beseitigt worden sind. Die überall auf der Behälteroberfläche vorhandenen Salzkristalle könnten aus seiner Sicht nicht nur durch Salzstaubaustritt beim Befüllen des Silos mit dem Lkw auf der Unterseite stammen. Die massiven Salzausträge müssten aus der Filteranlage vom Filterausgangsrohr und/oder Überdruckventil auf dem Dach stammen. Zur weiteren Schadensverhütung müsse deshalb der bei beim Prozess offensichtlich nicht zu vermeidende Salzstaubaustritt durch konstruktive Maßnahmen so geändert werden, dass die jetzt noch freien Wege durch geeignete geschlossene Kanäle oder Rohre an der Außenwand vorbeigeführt werden. Außerdem müssten die Verbindungsmittel der Stahlqualität A2 durch solche in Qualität A4 ausgetauscht werden,um Spaltkorrosionsvorgänge unter atmosphärischen Bedingungen zukünftig mit Sicherheit ausschließen zu können. Durch den Anlagenplaner und/oder Entfeuchtungsanlagen-Hersteller müsse überprüft werden, ob durch konstruktive Maßnahmen, wie z.B. durch eine geeignete Wärmedämmung der Zuleitungsrohre, eine ausreichende Funktion der Entfeuchtungsanlage gewährleistet werden kann. Des weiteren müssten die gesamten Blechoberflächen des Silos so gereinigt werden, dass sie beim weitren Betrieb metallisch blank vorliegen. Im Normalfall müssten auch die CrNi-Stahloberflächen, die der Atmosphäre ausgesetzt sind, regelmäßig gereinigt werden. Im schriftlichen Gutachten vom 19.10.2015 hat der Sachverständige ausgeführt, dass durch den Anlagenplaner und/oder Entfeuchtungsanlagen-Hersteller nochmals überprüft werden sollte, ob durch konstruktive Maßnahmen, wie z.B. die Luft nicht aus der Atmosphäre anzusaugen, eine ausreichende Funktion der Entfeuchtungsanlage gewährleistet werden kann. Bei seiner persönlichen Anhörung im Termin vom 10.6.2016 hat der Sachverständige allerdings auf Vorhalt der Klägerin zugegeben, dass die Entfeuchtungsanlage ausreichend funktionieren kann – auch wenn mit dem Bordkompressor des Lkw mit Außenluft gearbeitet wird wenn die Luft 5 bis 30 mal in der Stunde ausgetauscht wird. Die Beklagte hat hierzu in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 30.6.2016 vorgetragen, dass die Annahme nicht richtig sei und sie nicht den tatsächlich vorliegenden Gegebenheiten entsprechen. Die Beklagte hat insoweit Ergänzung durch Sachverständigengutachten beantragt.
Eine weitere Begutachtung war nicht anzuordnen. Die Beklagte hat gegen die Klägerin keine Ansprüche mehr auf Nachbesserung bzw. Schadenersatz wegen fehlgeschlagener Nachbesserung in Bezug auf konzeptionelle Maßnahmen eines Umbaus des Salzsilos.
Wie bereits ausgeführt, wurden durch den Vergleich in den dort geregelten Punkten einige Streit punkte zwischen den Parteien geregelt. Das Gericht geht daher davon aus, dass die ursprünglichen Verträge der Parteien nicht aufgehoben bzw. umgeschaffen wurden, sondern weiter bestehen blieben. Für eine Schuldumschaffung ergeben sich jedenfalls keine Anhaltspunkte aus dem Vortrag der Parteien (siehe hierzu BeckOK BGB/Rudolf Fischer BGB § 779 Rn. 21). Allerdings haben die Parteien in Ziffer III des Vergleichs den Streit und die offen gebliebenen Ursachen der Korrosion dahingehend geregelt, dass der Salzsilo ausgetauscht und angeschlossen werden soll. Wie bereits oben ausgeführt, ergeben sich aus dem Wortlaut keine Anhaltspunkte darauf, dass das Wort „Umbau“ noch weitere konzeptionelle Änderungen beinhaltete. Die endgültige Regelung dieses Streitpunktes haben die Parteien in Ziffer VII bekräftigt, indem sie festgestellt haben, dass sämtliche streitgegenständlichen Ansprüche zwischen den Parteien mit dem Vergleich abgegolten sein sollen. Der Vergleich mit einer solchen Abgeltungsklausel dient typischerweise dazu, die sich aus unzureichend bekannten Tatsachen und nicht zuverlässig voraussehbaren Entwicklungen ergebenden Unsicherheiten zu beseitigen, so dass jede Partei das Risiko der sich zu ihren Lasten auswirkenden Unrichtigkeit dieser Schätzungen und Prognosen trägt (BeckOK BGB a.a.O. § 779 Rn. 31). Die Ursachen der Korrosion waren – wie oben ausgeführt – nicht geklärt. Das Risiko, dass der Austausch des Salzsilos nicht das Korrosionsrisiko beseitigte, trägt im Hinblick auf die Abgeltungsklausel die Beklagte. Ausweislich der Klageanträge der hiesigen Beklagten im Verfahren 10 O 2663/07 vor dem Landgericht Augsburg war der Salzsilo und auch der Austausch gegen einen Neuen von Anfang an Streitgegenstand.
1. Die Kostenfolge ergibt sich nach § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 3.
Der Streitwert ergibt sich zum einen aus dem Zahlungsanspruch aus der Klage in Höhe von 7.083,90 €.
Hinzuzurechnen war gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG der Zahlungsanspruch aus der Widerklage in Höhe von 98.480,00 €.
Der Streitwert des Rechtsstreits beläuft sich damit auf 105.563,90 €. gez.


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