Insolvenzrecht

Arrestgrund bei Straftat

Aktenzeichen  27 O 4121/21

Datum:
29.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 28916
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 917

 

Leitsatz

Es besteht regelmäßig ein Arrestgrund, wenn das dem Arrestanspruch zugrunde liegende Verhalten eine vorsätzliche strafbare Handlung darstellt, die sich gegen das Vermögen des Arrestgläubigers richtet. In einem solchen Fall ist die Annahme gerechtfertigt, der Täter werde sein rechtswidriges Verhalten fortsetzen und daher die Vollstreckung vereiteln oder wesentlich erschweren. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass eines Arrests wird zurückgewiesen.
2. Der Arrestkläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Arrestkläger kann die Vollstreckung des Arrestbeklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Arrestbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

Der Antrag auf Erlass eines Arrests war zurückzuweisen.
A.
Der Arrestantrag war zurückzuweisen, da ein Arrestgrund nicht gegeben ist.
Nach § 917 ZPO ist der Erlass eines Arrestes möglich, wenn zu besorgen ist, dass ohne dessen Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.
Die Vorschrift verlangt die Besorgnis der Vereitelung oder wesentlichen Erschwerung der Vollstreckung eines Titels ohne die Verhängung des Arrestes. Ein solcher Zugriff kommt aber nur in Betracht, wenn das der Gesamtheit der Gläubiger zur Verfügung stehende Schuldnervermögen durch Abflüsse – und nicht nur durch Umschichtungen, etwa zur Tilgung von Verbindlichkeiten des Schuldners – verringert zu werden droht; dass solche Veränderungen unmittelbar bevorstehen oder jedenfalls noch nicht abgeschlossen sind, muss durch konkrete Tatsachen vorgetragen werden (vgl. Musielak/Voit/Huber, 18. Aufl. 2021, ZPO § 917 Rn. 2).
Zwar ist zutreffend, dass regelmäßig ein Arrestgrund besteht, wenn das dem Arrestanspruch zugrunde liegende Verhalten eine vorsätzliche strafbare Handlung darstellt, die sich gegen das Vermögen des Arrestgläubigers richtet. In einem solchen Fall ist die Annahme gerechtfertigt, der Täter werde sein rechtswidriges Verhalten fortsetzen und daher die Vollstreckung vereiteln oder wesentlich erschweren (vgl. OLG München Beschluss vom 13.10.2016 – 15 W 1709/16, BeckRS 2016, 20492, beck-online).
Diese Argumentation kann indes nicht greifen, wenn kein freies Vermögen vorhanden ist, in welches ein Arrest vollzogen werden könnte. Der Arrestbeklagte hat vorgetragen, dass sein gesamtes Vermögen durch die Staatsanwaltschaft gepfändet wurde. Diesbezüglich hat der Arrestbeklagte auch eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Das Gericht verkennt hier nicht, dass bei Beurteilung der eidesstattlichen Versicherung zu beachten ist, dass dem Arrestbeklagten Betrugstaten in großem Umfang vorgeworfen werden. Indes wurde durch die Bestätigung der Staatsanwaltschaft München I vom 26.03.2021 (Anlage zum Schriftsatz vom 28.04.2021 dargetan, dass die Staatsanwaltschaft tatsächlich Pfändungen in erheblichem Umfang vorgenommen hat. Das Gericht geht insofern davon aus, dass aufgrund des Umfangs der dem Arrestbeklagten vorgeworfenen Betrugstaten, die Staatswirtschaft München I das vollständige Vermögen des Arrestbeklagten gepfändet hat oder bei Bekanntwerden von weiterem Vermögen es sofort pfänden wird. Der Arrestkläger hat auch nicht weiteres Vermögen des Arrestbeklagten aufgezeigt, welches den Schluss erlauben würde, dass ein Arrest vollzogen werden könnte. Ist keine pfändbare Habe vorhanden, scheidet ein Arrest aus (vgl. BeckOK ZPO/Mayer, 40. Ed. 1.3.2021, ZPO § 917 Rn. 5). Soweit der Arrestkläger auf Zahlungen auf Kostenfestsetzungsbeschluss verweist, hat der Arrestbeklagte nachvollziehbar vorgetragen, dass diese durch seine Frau erfolgt sind.
Nach dem vorliegend davon auszugehen ist, dass eine wirksame Vollstreckung des Arrestbefehls innerhalb der Monatsfrist des § 929 ZPO nicht möglich sein wird, da der Vollstreckung jeweils die Wirkung des § 111h StPO entgegenstehen wird, war der Antrag auf Erlass eines Arrests daher zurückzuweisen.
Ein Arrestgrund würde zudem daran scheitern, dass nicht ausreichend dargetan ist, dass Veränderungen des Vermögens unmittelbar bevorstehen oder jedenfalls noch nicht abgeschlossen sind. Gegen den Arrestbeklagten besteht seit dem Jahr 2020 ein Haftbefehl. Zudem hat die Staatsanwaltschaft im Rahmen eines strafrechtlichen Arrestverfahrens umfassende Vermögenssicherungsmaßnahmen durchgeführt. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Arrestbeklagte nunmehr nach der vergangenen Zeit weiterhin Vermögensverschiebungen durchführt, welche nicht bereits erfolgt sind. Auch insofern wäre ein Arrestgrund nicht gegeben.
Nachdem ein Arrestgrund nicht besteht bedarf es keiner Entscheidung, ob die bloße Vorlage einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft eine ausreichende Glaubhaftmachung einer unerlaubten Handlung auch dann darstellt, wenn der Arrestbeklagte die Taten im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung bestreitet.
B.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO
C.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben