Insolvenzrecht

Ermäßigte Vergütung des Insolvenzverwalters bei Tätigkeit in einem nach dem 01.07.2014 beantragten Verbraucherinsolvenzverfahren

Aktenzeichen  4 IK 255/14

Datum:
24.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
InsO InsO § 305 Abs. 1 Nr. 3
InsVV InsVV § 3 Abs. 2, § 13

 

Leitsatz

1. Werden in einem nach dem 01.07.2014 beantragten Verbraucherinsolvenzverfahren die Unterlagen nach § 305 Abs. 1 Nr 3 InsO von einer geeigneten Person oder Stelle erstellt, ermäßigt sich auch die Regelvergütung um 20%. (redaktioneller Leitsatz)
2. Weitere Ermäßigungen der Regelvergütung können daraus folgen, dass nur eine geringe Anzahl von Gläubigern Forderungen anmeldet und die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar sind. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der sofortigen Beschwerde des Insolvenzverwalters gegen den Beschluss vom 20.04.2016 (Bl. 121 ff d.A.) wird nicht abgeholfen, §§ 6 Abs. 1 InsO, 572 Abs. 1 ZPO.

Gründe

Der sofortigen Beschwerde wird aus den im angefochtenen Beschluss genannten Gründen nicht abgeholfen.
Ergänzend zur Begründung wird wie folgt ausgeführt:
Vorliegend handelt es sich um ein Verbraucherinsolvenzverfahren dessen Antrag nach dem 01.07.2014 gestellt wurde. Deshalb finden insbesondere die neuen Vergütungsregelungen des § 13 InsVV und der Abschlagstatbestand des § 3 Abs. 2 Nr. e) InsVV Anwendung.
Aus der Bundestagsdrucksache Nr. 17/11268 – Seite 37, zu Artikel 6 Nr. 4 des Gesetzesentwurf, Änderung von § 13 InsVV ergibt sich, dass das Zurückbleiben der Vergütung in Verbraucherinsolvenzverfahren, in welchem Unterlagen nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO-E von einer geeigneten Person oder Stelle erstellt worden sind, auf dem im Vergleich zum Regelinsolvenzverfahren geringeren Aufwand für den Insolvenzverwalter beruht. Daher ist es gerechtfertigt, die Mindestregelvergütung unter den Voraussetzungen des § 13 InsVV von 1.000,00 € auf 800,00 €, mithin um 20% zu reduzieren.
Der endgültige Gesetzestext bezieht sich letztlich nur auf den § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO.
Im vorliegenden Verfahren wurden die Unterlagen nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO, nämlich ein Vermögensverzeichnis, eine Vermögensübersicht, ein Gläubigerverzeichnis und ein Verzeichnis der gegen den Schuldner gerichteten Forderungen durch eine Rechtsanwaltskanzlei vorgelegt. Unstreitig dürfte es sich hierbei um eine geeignete Stelle handeln.
Da somit in Verbraucherinsolvenzverfahren bereits die Mindestvergütung allein aufgrund der Tatsache, dass die Unterlagen nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO durch eine geeignete Stelle vorgelegt wurden gem. § 13 InsVV um 20% zu kürzen ist, hat dies auch für die Regelvergütung zu gelten.
Die Vorlage der o.g. genannten Verzeichnisse erleichtert dem Insolvenzverwalter die Erstellung der entsprechenden Verzeichnisse für das Insolvenzverfahren, da diese bereits unter Begleitung einer fachkundigen Person erstellt wurden.
Darüberhinaus ist in diesem Verfahren die Regelvergütung noch um weitere 30% zu kürzen.
Der Gesetzgeber hat durch die Einführung des § 3 Abs. 2 gerade für die Verbraucherinsolvenzverfahren die geringeren Anforderungen wie folgt beschrieben: „… Allerdings bleibt insofern noch ein gewichtiger Unterschied zum Regelinsolvenzverfahren, als die Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens einen deutlich geringeren Aufwand verursacht. Die Unterlagen über die Vermögenssituation sind bereits durch das außergerichtliche Verfahren gesichtet und geordnet, die Vermögensverhältnisse sind überschaubar und in der Regel sind die Zahl der Gläubiger und die Höhe der Verbindlichkeiten gering. Der geringere Aufwand allein rechtfertigt keine Differenzierung mehr nach Treuhänder und Insolvenzverwalter in der Insolvenzordnung. Dem Unterschied ist allein bei der Vergütung Rechnung zu tragen. Künftig werden daher auch in Verbraucherinsolvenzverfahren Insolvenzverwalter tätig (vgl. BT Drucksache 17/11268 – S. 35 f., zu Artikel 1 Nr. 38-40 des Gesetzesentwurfs). Für Kleinverfahren bestehen nach Maßgabe von § 5 Absatz 2 InsO-E Verfahrenserleichterungen. Die geringeren Anforderungen für den Verwalter sollen durch einen Abschlag bei der Vergütung berücksichtigt werden können“ (vgl. BT Drucksache 17/11268 – S. 36, zu Artikel 6 Nr. 1 des Gesetzesentwurf, Änderung von § 3 InsVV).
Zum einen manifestiert sich der geringere Aufwand in diesem Verfahren durch die geringe Anzahl an vorhandenen und schließlich auch durch die Anzahl der anmeldenden Insolvenzgläubiger. Im Eröffnungsverfahen waren lediglich 9 Gläubiger bekannt von denen lediglich 4 ihre Forderung im Verfahren angemeldet haben. Der Insolvenzverwalter musste demnach 4 Forderungen prüfen und in die Tabelle aufnehmen.
Ebenso wie eine außergewöhnlich hohe Gläubigerzahl einen Zuschlag rechtfertigt, rechtfertigt eine ungewöhnlich niedrige Gläubigerzahl einen Abschlag. Dabei gelten für Zu- und Abschläge dieselben Grenzwerte. Es besteht kein Grund, bei Abweichungen nach oben früher und höhere Zuschläge vorzunehmen als bei entsprechenden Abweichungen nach unten, vgl. BGH, Beschluss vom 11.05.2006, Az. IX ZB 249/04, Rn. 43.
Nach Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 3. wesentlich erweiterte Auflage, Rn. 352 kann bei einer besonders geringen Zahl von Forderungsanmeldungen ein Abschlag von 10-25% vorgenommen werden. Eine besonders geringe Zahl liegt hierbei bei einer Anmeldung von nur 20 Forderungen vor, vgl. Keller, a.a.O. Rn. 346.
Im vorliegenden Verfahren wurden lediglich 4 Forderungen angemeldet. Diese konnten nach Prüfung sofort festgestellt werden. Es ist deshalb ein weiterer Abschlag von 15% gerechtfertigt, da die Anmeldung deutlich unter 20 Stück liegt.
In dem vorliegenden Verfahren waren die Vermögensverhältnisse überschaubar. Der Insolvenzverwalter verwertete lediglich zwei Lebensversicherungen, deren Rückkaufswert bereits kurz nachdem Prüfungstermin zur Masse gezogen wurden. Im Anschluss gingen lediglich pfändbare Beträge und eine Steuererstattung ein. Die Überwachung des Eingangs der pfändbaren Beträge und deren Prüfung auf Richtigkeit kann mit einem geringen Aufwand getätigt werden. Ferner sind diese auch noch während der sich an das Insolvenzverfahren anschließenden Wohlverhaltensphase zu vereinnahmen. Grundeigentum oder Fahrzeuge waren nicht vorhanden. Der Schuldner führt lediglich ein Konto für den Eingang der unpfändbaren Einkünfte.
Die Tatbestandsmerkmale des § 3 Abs. 2 Nr. d) InsVV (große Masse und geringe Anforderungen der Geschäftsführung) müssen nicht kumulativ vorliegen, vgl. BGH a.a.O. Rn. 38.
Es ist daher angemessen aufgrund der überschaubaren Vermögensverhältnisse gem. § 3 Abs. 2 Nr. e) InsVV und wegen der zumindest nach Verwertung der Lebensversicherungen lediglich eingehenden pfändbaren Beträge über einen Zeitraum von elf Monaten nach § 3 Abs. 2 Nr. d) InsVV aufgrund geringerer Anforderungen einen Abschlag von weiteren 15% vorzunehmen.


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