Insolvenzrecht

Höhe der Ordnungsgeldfestsetzung aufgrund eines Unterlassungsgebots einer einstweiligen Verfügung

Aktenzeichen  7 O 26752/13

Datum:
14.1.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-Prax – 2016, 287
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO ZPO § 890, § 935
UrhG UrhG § 97

 

Leitsatz

Aufgrund einer lang andauernden, stetigen Missachtung der Verpflichtungen aus einer einstweiligen Verfügung und trotz eindeutiger Hinweise seitens der Gläubigerin, dass die ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichend sind, kann die Festsetzung eines deutlich spürbaren Gesamtbetrages angezeigt sein, der sich auf die Gruppen einzelner Verstöße verteilt. (red. LS Shanti Viktoria Sadacharam)

Tenor

1. Gegen die Schuldnerpartei wird wegen Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot aus Ziffer 1 der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 6.2.2014, Az. wie oben, ein Ordnungsgeld von insgesamt 150.000,00 €, ersatzweise für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, 30 Tage Ersatzordnungshaft (pro 5000,00 € einen Tag), die Haft zu vollziehen an deren Verwaltungsrat H. S. , verhängt.
2. Die Schuldnerpartei trägt die Kosten des Ordnungsmittelverfahrens.
3. Der Streitwert des Ordnungsmittelverfahrens wird auf 150.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Gründe I.
Gegen die Schuldnerin erging am 6.2.2014 folgende einstweilige Verfügung im Beschlusswege:1. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines Ordnungsgeldes von € 5,– bis zu € 250.000,–, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Verwaltungsrat H. S. , für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gemäß §§ 935 ff, 890 ZPO verboten, im Rahmen des Online-Dienstes “XXX” zuzulassen, dass Dritte den Film „Fack ju Göhte“ (Regie: Bora Dagtekin; Hauptdarsteller: Elyas M’Barek, Karoline Herfurth, Katja Riemann) im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich machen.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf € 250.000,- festgesetzt.
Diese einstweilige Verfügung wurde der Gläubigerin am 10.2.2014 von Amts wegen und der Schuldnerin auf Antrag der Gläubigerin vom 10.2.2014 am 4.3.2014 im Rechtshilfewege zugestellt. Zuvor war der Verfügungsantrag vom 6.12.2013 der Schuldnerin am 24.1.2014 im Rechtehilfewege mit der Möglichkeit der Stellungnahme zugestellt worden. Die Schuldnerin hat von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Die einstweilige Verfügung wurde nach Einspruch aufrechterhalten durch Endurteil der Kammer vom 20.11.2014 (der Schuldnerin zugestellt am 27.11.2014). Die Berufung der Schuldnerin wurde durch Endurteil des Oberlandesgerichts München vom 7.5.2015 zurückgewiesen (der Schuldnerin zugestellt am 11.5.2015). Den Urteilen liegt jeweils eine Haftung der Schuldnerin als Störerin zugrunde. Die Schuldnerin hatte es über den von ihr betriebenen Filehostingdienst „XXX“ ermöglicht, dass Dritte über diesen Dienst und Linksammelseiten den streitgegenständlichen Film öffentlich zugänglich machen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zitieren Entscheidungen verwiesen.Mit Antrag vom 27.4.2015, der Schuldnerin zugestellt am 7.5.2015, machte die Gläubigerin geltend, dass die Schuldnerin gegen die Unterlassungspflicht mehrfach schuldhaft verstoßen habe, weil der Film „Fack ju Göhte“ an folgenden Tagen (die weiteren Details ergeben sich aus der Anlage G1 und der Antragsschrift) über der Schuldnerin bekannte Linksammelseiten und den Dienst „XXX“ der Schuldnerin von Dritten öffentlich im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugänglich gemacht worden sei:- 1 Treffer am 16.7.2014 – 1 Treffer am 19.8.2014 – 1 Treffer am 16.9.2014 – 1 Treffer am 16.10.2014 – 1 Treffer am 22.12.2014 – 11 Treffer im Zeitraum 15.7.2014-29.7.2014- 22 Treffer im Zeitraum 16.12.2014-7.1.2015Mit E-Mail vom 15.12.2014 (Anlage G4) hat die Gläubigerin die Schuldnerin über die bis dahin festgestellten Verstöße informiert. Die Verstöße hätten, so die Gläubigerin, durch den Einsatz eines Wortfilters und/oder eine regelmäßige Suche auf den der Schuldnerin bekannten Linksammelseiten verhindert werden können.
Die Gläubigerin beantragt,
gegen die Schuldnerin wegen der Verstöße gegen das Verbot aus dem Beschluss vom 6.2.2014 kostenpflichtig ein Ordnungsgeld (und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft) oder eine Ordnungshaft – Ordnungshaft jeweils zu vollziehen am Verwaltungsrat der Schuldnerin – festzusetzen.
Die Schuldnerin beantragt,
den Bestrafungsantrag kostenpflichtig zurückzuweisen. Die Schuldnerin bestreitet die ordnungsgemäße Ermittlung der Treffer durch die Gläubigerin. Sie trägt ferner vor, dass sie durch diverse Maßnahmen, u.a. den Einsatz eines AFT-Tools zur proaktiven Kontrolle der Linksammelseiten, der ihr obliegenden Prüfpflicht nachgekommen sei.
Am 23.6.2015 war der Film „Fack ju Göhte“ erneut viermal über die Linksammelseite „ddl-warez.in“ und Server der Schuldnerin öffentlich zugänglich, was von der Schuldnerin im Termin vom 14.1.2016 unstreitig gestellt worden ist (vgl. Prot. vom 14.1.2016, S. 9 = Bl. 179 OM).
Die Kammer hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen von V., K. und I. in Bezug auf die Ermittlung der übrigen von der Gläubigerin vorgetragenen Treffer. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14.1.2016 (Bl. 171/184 OM) verwiesen.Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze, das Sitzungsprotokoll vom 14.1.2016 sowie auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
II.
Gegen die Schuldnerin war wegen der zahlreichen von der Gläubigerin ermittelten schuldhaften Verstöße gegen die Unterlassungspflicht aus Ziffer 1 der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 6.2.2014 insgesamt ein Ordnungsgeld in Höhe von 150.000,00 € festzusetzen.
1. Die allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen liegen unstreitig vor. Die zweijährige Verfolgungsverjährung betreffend den ersten Verstoß wäre erst am 16.7.2016 abgelaufen.
2. Die öffentliche Abrufbarkeit des Films am 23.6.2015 hat die Schuldnerin eingeräumt.
3. Im Übrigen stellt die Kammer aufgrund Würdigung der Aussagen der uneidlich vernommenen Zeugen von V., K. und I. in Verbindung mit Würdigung der vorgelegten Anlagen fest, dass der Film darüber hinaus auch an folgenden Tagen bzw. Zeiträumen über Linksammelseiten Dritter und Server der Schuldnerin öffentlich zugänglich war: 16.7.2014, 19.8.2014, 16.9.2014, 16.10.2014, 22.12.2014, 15.7.2014-29.7.2014 und 16.12.2014-7.1.2015.Die Darlegungs- und Beweislast für einen Verstoß und dessen schuldhafter Begehung trägt der Gläubiger. In Bezug auf das Verschulden kann Anscheinsbeweis greifen. Der Schuldner hat hingegen sein fehlendes Verschulden zu beweisen. Vorliegend ist die Gläubigerin ihrer Darlegungs- und Beweislast in vollem Umfang nachgekommen.
a. Die Schuldnerin hat ihr Bestreiten im Hinblick auf die Ermittlung der übrigen Treffer durch die Klägerin wie folgt begründet:Die Schuldnerin erkläre sich mit Nichtwissen zu folgenden Behauptungen: dass- der Film zum angegebenen Zeitpunkt auf der angegebenen Linksammelseite öffentlich zugänglich gemacht worden sei;- von dort auf eine XXX-Seite verlinkt worden sei;- es sich bei der besuchten Link-Sammelseite um eine bekannte und häufig genutzte Link-Sammelseite gehandelt habe;- dass der XXX-Link aktiv gewesen sei sowie- den streitgegenständlichen Film tatsächlich enthielt und- dieser auch geöffnet und abgespielt werden konnte.
Wegen weiterer Details des Bestreitens, wie angeblich wirksamen Ländersperren betreffend Link-Sammelseiten, etc., wird auf den Schriftsatz vom 18.6.2015 Bezug genommen.Im parallelen Hauptsacheverfahren (7 O 6202/14) hat die Schuldnerin zur Begründung ihres Bestreitens wortwörtlich vortragen lassen:„Ich weiß nicht, was tatsächlich passiert ist. Ich möchte der Klageseite auch nicht direkt Betrug vorwerfen. Eine Möglichkeit, wie es auch zu den vorgetragenen Ermittlungsergebnissen ohne eine öffentliche Zugänglichmachung der Links durch unberechtigte Dritte kommen konnte wäre, dass die Klägerseite selbst Accounts beim Dienst der Beklagten angelegt hat und über diese Accounts Werke auf den Servern der Beklagten bereit gehalten und die diesbezüglichen Links veröffentlicht hat.“
(beigezogenes Verfahren 7 O 6202/14, Prot. vom 9.7.2015, S.2).
b. Nach Überzeugung der Kammer wurden diese Bedenken restlos ausgeräumt.
Sämtliche Zeugen haben glaubhaft den Hergang der von ihnen durchgeführten Ermittlungen bekundet und dabei stets versichert, dass sie den Film nicht zuvor selbst hochgeladen hatten. Der Ermittlungsvorgang gestaltete sich demnach stets so, dass eine der jedermann bekannten einschlägigen Link-Sammelseiten aufgesucht wurde, ein Angebot des streitgegenständlichen Films wurde gesucht, der bei einem Treffer angebotene Link zu „XXX“ wurde angeklickt. Teilweise musste jetzt ein Captcha gelöst werden. Anschließend wurden die Filmdateien heruntergeladen, jeder einzelne Film wurde an verschiedenen Stellen daraufhin untersucht, ob er lauffähig ist und es sich auch um den streitgegenständlichen Film handelt. Der Vorgang des Herunterladens ist dabei denkbar einfach strukturiert und bedarf keiner speziellen Computerkenntnisse. Lediglich die Dokumentation der Treffer bedarf einer gewissen Einarbeitung. Die Zeugen konnten dabei aber auf entsprechende Hilfsprogramme zurückgreifen. Aus Sicht der Kammer, die sich insoweit auf den persönlichen Eindruck der vernommenen Zeugen stützt, können sämtliche Tätigkeiten von ungelernten Hilfsarbeitern nach einer Einarbeitung von 1-2 Stunden ausgeübt werden. Soweit keine Dokumentation erforderlich ist, können die Arbeiten von fast jedem vorgenommen werden, der fähig ist, im Internet nach dem streitgegenständlichen Film zu suchen, mithin in der Lage ist, lateinische Buchstaben zu entziffern und eine Computermaus zu betätigen.Soweit die Schuldnerin Internetsperren einer Linksammelseite zu ihren Gunsten ins Feld gebracht hatte, hat die Einvernahme des Zeugen von V. eindeutig ergeben, dass diese Internetsperre, wie jede Internetsperre, von Deutschland aus ganz leicht umgangen werden konnte (Prot. vom 14.1.2016 S. 5). Soweit die Schuldnerin zeitliche Diskrepanzen zwischen den Suchprotokollen und den Screentshots ausgemacht und damit die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen zu erschüttern versuchte, haben alle Zeugen diese Bedenken ausgeräumt. Denn nach der insoweit nachvollziehbaren Schilderung der Zeugen haben sie die Trefferliste mit Datum und Uhrzeit des Abschlusses ihrer Ermittlungen versehen, während die Screenshots Datum und Uhrzeit der Auslösung des Screenshots tragen. Etwaige Unschärfen in den Ermittlungen wurden zu Gunsten der Schuldnerin von der Kammer unterstellt. Auf sie kommt es aber nicht entscheidend an. Entscheidend ist, dass aufgrund der Beweisaufnahme von der Kammer festgestellt werden kann, dass der streitgegenständliche Film wie nachfolgend dargestellt über die Server der Schuldnerin und die Linksammelseiten Dritter öffentlich zugänglich war:
– 11 Treffer im Zeitraum 15.7.2014-29.7.2014
– 1 Treffer am 16.7.2014 – 1 Treffer am 19.8.2014- 1 Treffer am 16.9.2014 – 1 Treffer am 16.10.2014- 22 Treffer im Zeitraum 16.12.2014-7.1.2015
– 1 Treffer am 22.12.2014 – 4 Treffer am 23.6.2015Im Übrigen ist festzustellen, dass ein Bestreiten nicht Nichtwissen durch die Schuldnerin dahingehend, dass – der XXX-Link aktiv gewesen sei sowie;- den streitgegenständlichen Film tatsächlich enthielt und- dieser auch geöffnet und abgespielt werden konnte.unzulässig weil unsubstantiiert ist. Insoweit handelt es sich um Vorgänge aus dem eigenen Herrschaftsgebiet der Schuldnerin. Soweit die Schuldnerin argumentiert, dass sie im Rahmen von Löschaktionen die Beweismittel selbst vernichtet habe, hat sie die daraus resultierenden Konsequenzen zu tragen. Unabhängig hiervon sieht die Schuldnerin, wie sie selbst an anderer Stelle vorträgt, in ihren AGB eine Art Quarantäne für zu löschende Dateien vor. Warum sie von dieser Möglichkeit vorliegend keinen Gebrauch gemacht hat, insbesondere nicht nach Zustellung der einstweiligen Verfügung, bleibt ihr Geheimnis. Das Argument, dass für ein Löscharchiv zu viel Speicherplatz benötigt würde (vgl. Schriftsatz vom 30.10.2015 S. 5), zeigt zweierlei eindrucksvoll, dass die Schuldnerin den genauen Umfang der Anzahl der rechtsverletzenden Inhalte auf ihren Servern nicht mitzuteilen geneigt ist, dass es aber ganz erhebliche Datenmengen sein müssen, weil sie das Anlegen eines Löscharchivs als vollkommen unmöglich erscheinen lassen. Soweit die Schuldnerin im Widerspruch hierzu vorträgt, dass eine Auswertung im Zeitraum 20.7.-26.7.2015 und 27.7.-2.8.2015 ergeben habe, dass der Umfang der illegalen Nutzung ihres Dienstes bei unter 10% liege (vgl. Schriftsatz vom 30.10.2015 S. 10 ff.), kann dieser Sachvortrag, der im einstweiligen Verfügungsverfahren hätte gebracht werden müssen, im vorliegenden Ordnungsmittelverfahren nicht berücksichtigt werden. Unabhängig hiervon sind diese Zahlen bereits mangels Angabe der relevanten Bezugsgrößen in absoluten Zahlen ohne Aussagekraft. Im Übrigen ist der Zeitraum von zwei Wochen zu kurz und die Wertung, dass bei unter 7 Abrufen von einer Privatkopie auszugehen sei, willkürlich, zumal das öffentlich Zugänglichmachen niemals von dieser Schranke gedeckt sein kann. Die Angabe „>50 Downloads“ umfasst, worauf die Gläubigerin zu Recht hinweist, auch weit mehr als 10.000 Downloads. Im Übrigen wird auf die – unbestritten gebliebenen – Beispielsrechnungen der Gläubigerin in deren Schriftsatz vom 15.12.2015 S. 9 f. verwiesen, aus denen sich die mangelnde Aussagekraft der rudimentären Angaben der Schuldnerin eindrucksvoll ergibt.
4. Die Schuldnerin hat nach Überzeugung der Kammer die unstreitigen und festgestellten Verstöße auch zu verantworten. Denn sie hat es vorsätzlich unterlassen, wirksame reaktive und proaktive Maßnahmen in ausreichendem Umfang zu ergreifen.Zu den von der Schuldnerin bereits zur Vermeidung der Störerhaftung zu ergreifenden Maßnahmen zählen der Einsatz eines Wortfilters zur Verhinderung des Uploads des streitgegenständlichen Films sowie das regelmäßige Überprüfen der allseits bekannten Link-Sammelseiten auf Download-Angebote, die auf den eigenen Dienst der Schuldnerin verweisen.
Für den Zeitraum nach Erlass einer entsprechenden Unterlassungsverfügung gilt dies umso mehr. Die Schuldnerin, die insoweit eine sekundäre Darlegungslast trägt, hat folgende Maßnahmen vorgetragen:- Sie habe die H. GmbH beauftragt mit der Kontrolle und Sperrung von Nutzer-Accounts, die Bereitstellung von Melde- und Löschsystemen, den Einsatz eines Filtersystems und umfassende Kontrolle sämtlicher gemeldeter Linksammlungen. Die H. habe hierfür ein eigenes Anti Copyright Infringment Deparment mit insgesamt 20 Mitarbeitern aufgebaut, welche für die Schuldnerin zum Teil sieben Tage die Woche im Schichtbetrieb tätig seien. Man arbeite eng zusammen. Die H. erstelle für die Schuldnerin mehrmals die Woche, zum Teil täglich Statusberichte. Wegen der weiteren Details wird auf den Schriftsatz vom 18.6.2015 S. 26 ff. verwiesen. Diesen in das Wissen der Zeugin S. gestellten Vortrag hat die Kammer zu Gunsten der Schuldnerin – soweit substantiiert – wie folgt als wahr unterstellt:- Nach den AGBs sei es Nutzern der Plattform ausdrücklich untersagt, Urheberrechtsverstöße über den Dienst der Schuldnerin zu begehen. Zuwiderhandlungen würden mit einer Sperrung des Accounts geahndet. Wegen der weiteren Details wird auf den Schriftsatz vom 18.6.2015 S. 28 verwiesen. Diesen in das Wissen der Zeugin S. gestellten Vortrag hat die Kammer zu Gunsten der Schuldnerin als wahr unterstellt. Dieser Vortrag sagt freilich nichts darüber aus, wie intensiv die Schuldnerin im fraglichen Zeitraum nach rechtsverletzenden Inhalten gesucht und wie viele vorsätzliche Urheberrechtsverletzer sie unter ihren Kunden identifiziert und mit einer Account-Sperre belegt hat. Wie sich aus der nachfolgenden Analyse des Suchprotokolls gem. Anlage S21 ergibt, wiesen jedenfalls die Suchaktivitäten betreffend das streitgegenständliche Werk einen eher bescheidenen Umfang auf.
– In der Vergangenheit sei es zu zahlreichen Sperrungen von Nutzer-Accounts gekommen. Diesen in das Wissen der Zeugin S. gestellten Vortrag (vgl. Schriftsatz vom 30.10.2015 S. 15) hat die Kammer zu Gunsten der Schuldnerin – soweit substantiiert – als wahr unterstellt. Nicht substantiiert wurde freilich die absolute Zahl der Sperrungen. Auch ein Verhältnis zu der Gesamtzahl der Nutzer, die auffällig geworden sind, wird nicht angegeben.
– Die Schuldnerin halte – unstreitig – ein Takedown-Notice-Formular bereit, mit dem Rechteinhaber rechtsverletzende Inhalte löschen lassen könnten. Diese Maßnahme ist schon aus Rechtsgründen nicht ausreichend. – Die Schuldnerin setzte trotz deren Ungeeignetheit und existenzbedrohenden Folgen eine Filterlösung ein, nämlich einen Hash-Filter sowie einen Stichwortfilter. Insbesondere der Stichwortfilter führe aber zu der Gefahr des s.g. Overblocking rechtmäßiger Inhalte. Wegen der weiteren Details wird auf den Schriftsatz vom 18.6.2015 S. 29 f. verwiesen. Diesen in das Wissen des Zeugen P. gestellten Vortrag hat die Kammer zu Gunsten der Schuldnerin – soweit substantiiert – als wahr unterstellt. Auch soweit die Schuldnerin in das Wissen der Zeugin S. gestellt hat, dass es in der Vergangenheit beim streitgegenständlichen Film zu Overblocking gekommen sei (vgl. Schriftsatz vom 30.10.2015 S. 16) hat die Kammer diese Behauptung als wahr unterstellt. Overblocking rechtfertigt bereits aus Rechtsgründen nicht das Unterlassen wirksamer Gegenmaßnahmen gegen massenweise Urheberrechtsverletzungen, soweit die rechtmäßigen Nutzungen gegenüber den rechtswidrigen nicht ins Gewicht fallen (BGH, Urt. v. 26.11.2015, I ZR 174/14 -Störerhaftung des Access-Providers). Dass vorliegend die legale Nutzungen maßgeblich ins Gewicht fallen, ist nicht ersichtlich, zumal vorliegend nur ein Overblocking bei Dateiformaten für einen Film in Betracht kommt.
– Schließlich betreibe die Schuldnerin über die H. eine softwaregestützte proaktive Kontrolle externer Linksammlungen. Die Kontrollmaßnahmen erstreckten sich auf 900 der Schuldnerin bekannte Webseiten, wobei die Schuldnerin derzeit verpflichtet sei, ca. 25.000 Werke zu überprüfen. Im Rahmen dieser proaktiven Überprüfungen habe die Schuldnerin umfassend und regelmäßig nach dem streitgegenständlichen Film suchen lassen, wobei sich die Details aus dem Such- und Löschprotokoll gem. Anlage S 21 ergäben. Wegen der weiteren Details wird auf den Schriftsatz vom 18.6.2015 S. 35 ff. verwiesen. Diesen in das Wissen der Zeugin S. gestellten Vortrag hat die Kammer – soweit substantiiert – zu Gunsten der Schuldnerin als wahr unterstellt.
Aus dem Such- und Löschprotokoll gem. Anlage S 21 ergibt sich allerdings folgendes:→ Erste Maßnahmen wurden laut dem Protokoll erst ab dem 1.7.2014 ergriffen. Die einstweilige Verfügung wurde aber bereits am 4.3.2014 zugestellt. → Am 15.7.2014 wurden gem. Anlage S 21 überhaupt keine Kontrollen durchgeführt, ebenso wenig an folgenden Tagen: 18.7.-20.7.2014, 25.7.-27.7.2015, 30.7.2014, 2.8.-4.8.2014, 7.8.2014, 9.8.-10.8.2014, 12.8.2014, 15.8.-18.8.2014, 21.8.2014, 23.8.-24.8.2014, 26.8.2014, 29.8.-1.9.2014, 4.9.-7.9.2014, 10.9.2014, 13.9.-16.9.2014, 18.9.-21.9.2014, 24.9.2014, 27.9.-29.9.2014, 2.10.-5.10.2014, 8.10.2014, 11.10.-14.10.2014, 17.10.-19.10.2014, 22.10.2014, 24.10.-26.10.2014, 29.10.2014, 31.10.-2.11.2014, 5.11.2014, 7.11.-9.11.2014, 12.11.2014, 15..11.-16.11.2014, 22.11.-23.11.2014, 28.11.-30.11.2014, 3.12.2014, 6.12.-8.12.2014, 13.12.-14.12.2014, 20.12.-21.12.2014, 24.12.-28.12.2014, 1.1.2015, 3.1.-4.1.2015, 6.1.2015, 10.1.-11.1.2015, 17.1.-18.1.2015, 24.1.-25.1.2015, 28.1.2015→ An folgenden Tagen ist gem. Anlage S 21 jeweils nur eine einzige Aktivität zu verzeichnen: 23.7.2014, 19.11.2014, 10.12.2014, 12.12.2014, 19.12.2014, 31.12.2014, 5.1.2015, 22.1.2015→ Teilweise wurde gem. Anlage S 21 diese einzige Aktivität nicht zielgerichtet auf den streitgegenständlichen Film konzentriert, sondern es wurden Seiten besucht, die keinerlei Treffer erwarten lassen, z.B.31.12.2014 ddl-music.org (Musik)5.1.2015 speedlounge.in (Spiele)19.12.2014 bunalti.org (Musik)22.1.2015 dark-music.org (Musik)Laut Suchprotokoll wurde der streitgegenständliche Film dort jeweils nicht aufgefunden, was auch von vorneherein zu erwarten war.→ Auch bei den Suchmaßnahmen an den anderen Tagen finden sich in der Anlage S 21 oftmals offensichtlich nicht zielführende Suchen, wie z.B.4.7.2014 themusicfire.com (Musik)11.7.2014 music.3dl.tv (Musik)16.7.2014 gratisjuegos.org (Spiele)22.9.2014 extreme-board.com (Pornografie)25.9.2014 rockdizmusic.com (Musik)
6.10.2014 buchpirat.org (Bücher)
27.10.2014 famousboard.com (Nacktaufnahmen Prominenter)
26.11.2014 ineveil.com (Musikblog)20.1.2015 wrzmusic.bz (Musik)27.1.2015 glorybeats.com (Musik)Laut Suchprotokoll wurde der streitgegenständliche Film dort jeweils nicht aufgefunden, was auch von vorneherein zu erwarten war.→ Einschläge Linksammelseiten wie ddl-warez.in, boerse.bz, mygully.com und leecher.to wurde gem. Anlage S 21 hingegen eher selten besucht, in keinem Fall täglich. → Diejenigen Seiten, auf denen die Gläubigerin den streitgegenständlichen Film hauptsächlich aufgefunden hat, wurden von der Schuldnerin laut Protokoll gem. Anlage S 21 lediglich wie folgt besuchtddl-warez.in Treffer der Gläubigerin am 16.7.2014; 19.8.2014, 16.9.2014, 16.10.2014, 22.12.2014Besuche der Schuldnerin am 20.8.2014, 4.12.2014, 5.12.2014leecher.to/leecher.club Treffer der Gläubigerin im Juli 2014 und im Zeitraum 12/2014-01/2015Besuche der Schuldnerin am 6.8.2014, 25.11.2014mygully.comTreffer der Gläubigerin im Juli 2014 und im Zeitraum 12/2014-01/2015Besuche der Schuldnerin am 31.7.2014, 11.8.2014, 27.11.2014boerse.bz/boerse.toTreffer der Gläubigerin im Juli 2014 und im Zeitraum 12/2014-01/2015Besuche der Schuldnerin am 7.7.2014, 28.7.2014, 23.10.2014, 20.11.2014, 21.11.2014Ergänzend ist festzustellen, dass die Gläubigerin im Schriftsatz vom 20.7.2015 diese Beobachtungen betreffend die Anlage S21 thematisiert hat, die Schuldnerin aber weder im darauffolgenden Schriftsatz vom 30.10.2015 noch später eine stichhaltige Erklärung für die in Art und Umfang völlig unzureichenden Suchaktivitäten geliefert hat. Ein Verweis auf die Anzahl der insgesamt zu überprüfenden Werke und Linksammelseiten ist schon vom Ansatz her nicht dazu geeignet, eine Entschuldigung für eine völlig unzureichende Suchstrategie auf Linksammelseiten zu liefern, die keinerlei Treffer erwarten lassen. Im Übrigen sind die Verpflichtungen aufgrund gerichtlicher Verbotsverfügungen vorrangig zu erfüllen. Mangels Angaben zu dem Umfang der Umsätze und Erträgnisse können die erforderlichen Maßnahmen auch nicht ins Verhältnis hierzu gesetzt werden.→ Aufgrund des Empfangs der E-Mail der Gläubigerin vom 15.12.2014 sind aus der Anlage S 21 keinerlei gesteigerten Maßnahmen zur Durchsuchung der gemeldeten Linksammelseiten erkennbar.→ Die Maßnahmen endeten gem. Anlage S 21 am 29.1.2015, das Protokoll enthält demnach keine Aussagen zu Maßnahmen zur Verhinderung der Verstöße vom 23.6.2015.- Aus dem Such- und Löschprotokoll, das die Schuldnerin im beigezogenen Hauptsacheverfahren als Anlage B39 (nur als Datenträger vorhanden) vorgelegt hat, ergibt sich ergänzend folgendes:→ An folgenden Tagen waren von der Schuldnerin vergebene Downloadlinks abrufbar, die im Namen die eindeutig herauslesbare Bezeichnung „Fack ju Goehte“ trugen und mithin eine Bezeichnung, die bis auf den Umlaut identisch ist mit dem Originaltitel „Fack ju Göhte“: 27.11.2013; 4.12.2013; 6.12.2013; 11.12.2013; 12.12.2013; 17.12.2013; 18.12.2013; 31.12.2013; 13.1.2014, 20.1.2014, 21.1.2014→ Am 29.11.2013 war ein von der Schuldnerin vergebenen Downloadlink abrufbar, der im Namen die eindeutig herauslesbare Bezeichnung „FacjuGoeTE“ trugen und mithin eine Bezeichnung, die fast identisch ist mit dem Originaltitel „Fack ju Göhte“.→ An folgenden Tagen waren von der Schuldnerin vergebene Downloadlinks abrufbar, die im Namen die eindeutig herauslesbare Bezeichnung „FuckUGothe“ trugen und mithin eine Bezeichnung, die fast identisch ist mit dem Originaltitel „Fack ju Göhte“: 19.12.2013; 10.1.2014; 14.1.2014, 27.1.2014Hieraus ist abzuleiten, dass die Schuldnerin weder vor noch nach der Zustellung des Verfügungsantrages am 24.1.2014 einen hinreichend programmierten Wortfilter zur Verhinderung der Generierung eines XXX-Downloadlinks bereitgehalten hat, denn anders ist die Auffindbarkeit solcher Links, die fast identische oder nahezu identische Bezeichnungen im Titel tragen, nicht erklärbar. Ob die Schuldnerin daher gehalten war, als Reaktion auf die entsprechende Mitteilung der Schuldnerin vom 20.11.2013 (Anlage AST4) auch die Abkürzungen „FajuGo“, „FaJuGe“ und „FajuGoe“ als offensichtliche Abkürzungen des Filmtitels „Fack ju Göhte“ in den Wortfilter mit aufzunehmen, kann daher dahinstehen.
– Der Schuldnerin sei die tägliche Kontrolle sämtlicher Werke in allen in Betracht kommenden Linksammlungen schlicht unmöglich. Bei 25.000 zu kontrollierenden Werken auf 100 Linksammlungen ergäben sich 2.500.000 täglich zu bearbeitende Tasks. Ein geschulter Mitarbeiter der H. könne an 8 Stunden pro Tag ca. 360 Tasks bearbeiten. Mithin würden 10.418 Mitarbeiter benötigt mit jährlichen Gesamtkosten in Höhe von 364.630.000,00 EUR. Bei Bereitstellungen eines Schichtbetriebs an sieben Tagen der Woche und rund um die Uhr sei mit dem Faktor 1,5 zu multiplizieren. Wegen der weiteren Details wird auf den Schriftsatz vom 18.6.2015 S. 37 ff. verwiesen. Diesen in das Wissen der Zeugin S. gestellten Vortrag hat die Kammer – soweit substantiiert – zu Gunsten der Schuldnerin als wahr unterstellt.Als substantiiert hat die Kammer die Angabe behandelt, dass ein geschulter Mitarbeiter der H. an 8 Stunden pro Tag ca. 360 Tasks bearbeiten könne und dass mithin 10.418 derartiger Mitarbeiter benötigt würden. Hierzu ist festzustellen, dass kein Vortrag zum Umfang der Geschäftstätigkeit, dem täglichen Datenvolumen, der Anzahl der Kunden, etc. gehalten wurde, so dass diesen Zahlen, auch wenn man sie als wahr unterstellt, kein Aussagegehalt zum Umfang der Belastungen zukommt. Bei einem global aufgestellten Unternehmen mit einer Vielzahl von Kunden und hohem Datenvolumenaufkommen relativieren sich die Zahlen ohne weiteres. Die Kosten für die Mitarbeiter sind im Übrigen bei Weitem überzogen. Unter Anlegen eines Mindestlohnes in Deutschland von derzeit EUR 8,50 ergibt sich ein jährlicher Gehaltsbedarf von aufgerundet 182 Mio. EUR. Unabhängig hiervon ist es der Schuldnerin nicht verwehrt, Mitarbeiter einzustellen, die mehr Tasks pro Tag bearbeiten können und hierbei weniger fordern/verdienen. Wie die Kammer bereits oben festgestellt hat, sind für das Aufsuchen der Linksammelseiten und das Löschen der Dateien keine größeren Kenntnisse erforderlich, zumal dann nicht, wenn keine Dokumentation anzufertigen ist. Diese Tätigkeiten könnten, da computergestützt, auch in Billiglohnländer ausgelagert werden. Wenn Hilfskräfte von zu Hause aus mit eigener EDV-Ausstattung beschäftigt würden, bräuchte auch nicht einmal für die Infrastruktur gesorgt werden, denn mehr als ein üblicher PC mit Internetanschluss wird nach den Feststellungen der Kammer im Rahmen der Zeugeneinvernahme nicht benötigt,
– Multipliziert mit dem Faktor 1,5 ergäben sich Gesamtkosten in Höhe von 546.945.000,00 EUR, die den Umsatz der Schuldnerin bei Weitem überstiegen.
Hierzu ist festzustellen, dass die Behauptung, dass diese Kosten die Umsätze der Schuldnerin um ein Vielfaches überstiegen, bestritten ist. Einer – von der Schuldnerin angebotenen (Schriftsatz vom 18.6.2015 S. 39) – Parteieinvernahme hat die Gläubigerin widersprochen (Prot. vom 14.1.2016 S.9). Eine Parteianhörung konnte nicht durchgeführt werden, weil der Verwaltungsrat der Schuldnerin im Termin vom 14.1.2016 trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien zur Aufklärung des Sachverhalts (vgl. Beweisbeschluss und Terminsverfügung vom 13.10.2015 S. 4 = Bl. 113) unentschuldigt nicht erschienen ist. Weiterer Vortrag wurde insoweit nicht gehalten, weitere Beweismittel wurden nicht vorgelegt.
Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass nach den obigen Feststellungen der Kammer die vorgetragenen und als wahr unterstellten Maßnahmen vorliegend nur halbherzig, sozusagen als Feigenblatt, ergriffen worden sind. Die maßgeblichen Linksammelseiten wurden nur ganz sporadisch besucht (vgl. zur notwendigen Frequenz schon zur Vermeidung der Störerhaftung: OLG München, Urt. v. 7.5.2015 – 29 U 4729/14). Viel Zeit wurde hingegen mit der Suche auf Seiten verschwendet, die das Angebot eines Spielfilms wie des streitgegenständlichen Films von vornherein nicht erwarten lassen. Eine wie auch immer gesteigerte Suchaktivität aufgrund der Informationen der Gläubigerin kann nicht festgestellt werden.Soweit die Schuldnerin die Kammer aufgefordert hat, diejenigen geschuldeten (weiteren) Maßnahmen nach Art und Umfang zu benennen, die zu einem sicheren Entfallen einer Haftung der Schuldnerin führen könnten, ist festzustellen, dass es nicht Aufgabe der Kammer ist, der Schuldnerin einen Weg zu weisen, bei dessen Befolgung die Schuldnerin sicher vor zukünftigen Bestrafungsanträgen der Gläubigerin ist. Aufgabe der Kammer ist es lediglich, auf Antrag der Gläubigerin konkrete Maßnahmen der Schuldnerin in der Vergangenheit daraufhin zu beurteilen, ob sie ausreichend waren. Dies ist hier nicht der Fall gewesen. Weitere mögliche Maßnahmen wären aber, die Downloadvergütung für massenweise heruntergeladene Dateien abzuschaffen, weil davon ausgegangen werden kann, dass hiervon hauptsächlich hochattraktive illegale Inhalte wie der streitgegenständliche Film betroffen sind. Alternativ könnte die Schuldnerin aber auch auf dieselbe Art und Weise, wie sie die Uploader für die Vermittlung von neuen Abonnenten und erfolgreiche Downloads durch Dritte vergütet, auch „Löscher“ für die erfolgreiche Löschung einzelner rechtsverletzender Inhalte vergüten. Die finanziellen Mittel hierfür könnte sie durch Zurückhalten bzw. Verringerung der an Rechtsverletzer auszuzahlenden Vergütungen erhalten. In ihren AGBs behält sich die Schuldnerin ohnehin Schadenersatzansprüche gegen Uploader von rechtswidrigen Inhalten vor. Ferner stellt die Schuldnerin Rechteinhabern bereits ein Löschtool zur Verfügung. Dieses Löschtool könnte sie auch Dritten zur Verfügung stellen. Für den Fall einer möglichen unberechtigten Löschung von Inhalten hat die Schuldnerin in ihren AGBs bereits dadurch vorgesorgt, dass beanstandete Inhalte zunächst in Quarantäne gestellt werden und erst nach Ablauf einer Frist für den Uploader, seine Berechtigung geltend zu machen, endgültig gelöscht werden. Aus Sicht der Kammer folgt aus der Lebenserfahrung, dass nur sehr wenige Uploader gegen die Löschung eindeutig rechtswidriger Inhalte, wie vorliegenden den Film „Fack ju Göhte“, per E-Mail oder gar gerichtlich vorgehen werden. Durch diesen Ansatz wäre das Problem der begrenzten personellen Ressourcen mit einem Schlag gelöst. Freilich wäre dann der Dienst der Schuldnerin für professionelle Urheberrechtsverletzer (Uploader) weniger attraktiv und die Schuldnerin würde weniger Erlös durch die Ausnutzung bzw. Unterstützung von Urheberrechtsverletzungen, die von ihren Kunden begangen werden, erwirtschaften.
5. Die Kammer bemisst das vorliegend verwirkte Ordnungsmittel auf ein Ordnungsgeld von insgesamt 150.000,00 €. Aus Sicht der Kammer ist die Schwelle zur Verhängung von Ordnungshaft, obwohl fakultativ beantragt, noch nicht erreicht. Aufgrund der lang andauernden stetigen Missachtung der Verpflichtungen aus der einstweiligen Verfügung trotz eindeutiger Hinweise seitens der Gläubigerin, dass die ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichend waren, ist jedoch die Festsetzung eines deutlichen spürbaren Gesamtbetrages angezeigt, der sich wie folgt auf die Gruppen einzelner Verstöße, die in drei Gruppen eingeteilt werden können, verteilt:Gruppe 1 nach Zustellung der einstweiligen Verfügung am 4.3.2014- 11 Treffer im Zeitraum 15.7.2014-29.7.2014
– 1 Treffer am 16.7.2014 – 1 Treffer am 19.8.2014- 1 Treffer am 16.9.2014 – 1 Treffer am 16.10.2014zusammen € 30.000
Gruppe 2 nach Empfang der E-Mail der Gläubigerin vom 15.12.2014
– 22 Treffer im Zeitraum 16.12.2014-7.1.2015
– 1 Treffer am 22.12.2014 zusammen € 50.000Gruppe 3 nach Zustellung des Bestrafungsantrages am 7.5.2015- 4 Treffer am 23.6.2015zusammen € 70.000
Die Kammer nimmt dabei an, dass jeweils drei Phasen der natürlichen Handlungseinheit vorliegen, wobei die Zustellung der einstweiligen Verfügung am 4.3.2014, der Empfang der E-Mail der Gläubigerin vom 15.12.2014 und die Zustellung des Bestrafungsantrages am 7.5.2015 jeweils eine Zäsur bewirkt haben. Denn nach Erhalt dieser Dokumente muss bei den Verantwortlichen der Schuldnerin jeweils eine Entscheidung gefallen sein, entweder die Kontrollmaßnahmen bzw. Details des Geschäftsmodells überhaupt nicht oder jedenfalls nicht in maßgeblichem Umfang zu verändern. Die Kammer geht davon aus, dass sich die Schuldnerin jeweils dazu entschlossen hat, die Maßnahmen nicht zu verändern. Denn insoweit trägt die Schuldnerin schon nichts vor. Die Schuldnerin trifft hier eine sekundäre Darlegungslast, der sie vorliegend nicht nachgekommen ist. Diese zwei Ereignisse und zwei Willensbildungsprozesse rechtfertigen es aus Sicht der Kammer, das für die einzelne Phase verwirkte Ordnungsgeld jeweils um € 20.000,00 zu erhöhen. Als das Ordnungsgeld erhöhend hat die Kammer ferner folgende Umstände berücksichtigt:
– Schuldnerin handelt in Gewinnerzielungsabsicht. Die Organe der Schuldnerin haben vorliegend eine letztendlich wirtschaftliche Abwägungsentscheidung getroffen, ob hinreichend wirksame Maßnahmen getroffen werden sollen, um dem gerichtlichen Verbot Genüge zu tun, oder ob diese Maßnahmen unterbleiben, um das Geschäftsmodell nicht zu gefährden.- Es handelt sich jeweils um eine Vielzahl von Rechtsverletzungen.- Jedenfalls im zweiten und dritten Zeitabschnitt handelte die Schuldnerin vorsätzlich und renitent.
Ordnungsgeldmindernd hat die Kammer folgende Umstände berücksichtigt:- Es handelt sich um den ersten Bestrafungsantrag in dieser Sache.
– Die Schuldnerin hat den Treffer vom 23.6.2015 unstreitig gestellt, was einem Teilgeständnis gleichkommt.- Die Schuldnerin hat überhaupt Kontrolltätigkeiten entfaltet, wenn auch keine hinreichenden.
6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 891 Satz 3, 91 Abs. 1 ZPO. Die Kammer schätzt den Streitwert ausgehend vom Streitwert der einstweiligen Verfügung (250.000 €) auf 150.000 €.
 
Dr. Zigann
Dr. Kunz-Hallstein
Dr. Heister
Vorsitzender Richter am Landgericht
Richterin am Landgericht
Richterin am Landgericht
 
Begründung auf die Geschäftsstelle gelangt am Schuster, JSekr´inUrkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Landgericht München I
München, 14.01.2016
7 O 26752/13
Verfügung
1.Beschluss vom 14.01.2016 hinausgeben an:
Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin Lausen Rechtsanwälte
zustellen
Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin HEUSSEN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
zustellen
2.Wiedervorlage 3 Wochen
Dr. ZigannVorsitzender Richter am Landgericht

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