Insolvenzrecht

Vollstreckungstitel, Forderung, Vollmacht, Kostenentscheidung, Rechtsnachfolgeklausel, Nachweis, Treugeber, Vollstreckungsbescheid, AG, Auflage, Umwandlung, Antragsteller, Abtretungsvertrag, Rechtsnachfolge, Nachweis der Vollmacht

Aktenzeichen  701 M 178/20

Datum:
11.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 45661
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Haßfurt
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Erinnerung der Vollstreckungsgläubigerin vom 11.04.2019 wird zurückgewiesen.
2. Die Vollstreckungsgläubigerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Die Vollstreckungsgläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Nürnberg vom 09.02.1995, Az. 94-8621524-0-1, wegen einer Teilforderung in Höhe von 500,00 Euro.
Der Vollstreckungsbescheid, der als Gläubigerin die Qu. Sch. AG & Co ausweist, ist nicht mit einer Rechtsnachfolgeklausel versehen.
Der Gerichtsvollzieher teilte der Bevollmächtigten mit Schreiben vom 28.12.2018 mit, dass er den Vollstreckungsauftrag nicht durchführen könne, wobei insbesondere zu bemängeln sei, dass nicht in ausreichender Form dargelegt worden sei, dass die sich in Insolvenz befindliche Qu. GmbH tatsächlich Inhaberin der Forderung sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 28.12.2018 verwiesen.
Mit Schreiben vom 11.04.2019 teilte die Bevollmächtigte mit, dass die Qu. GmbH weiterhin Gläubigerin der Forderung sei. Dies sei der Abtretungskette zu entnehmen:
Die in den Bezugsurkunden des Notars W. H. (Amtssitz Essen) Nr. 145/09 bis 150/09 vom 31.03.2009, Nr. 157/09 bis 166/09 vom 01.04.2009, Nr. 168/09 bis 174/09 vom 02.04.2009 und Nr. 129/10 bis 132/10 sowie 134/10 vom 23.10.2010 aufgeführten Forderungen seien von der Qu. GmbH an die GFKL Financial Services AG abgetreten worden.
Die GFKL Financial Services AG habe die Forderungen sodann auf die C. E. Limited IFSC-House übertragen, welche die Forderungen mit Abtretungsvertrag vom 20.02.2009 treuhänderisch (vorinsolvenzlich) an die Qu. GmbH übertragen habe.
Eine Bestätigung dieser Abtretungskette sowie die Bestätigung, dass sich die Forderung im freien Vermögen der Qu. GmbH in Insolvenz befinde, sei im Wege einer notariellen Beurkundung am 26.03.2010 in der Urkunde Nr. 139/2010 des Notars W. H. (Amtssitz Essen) erfolgt.
Aus diesem Sachverhalt ergebe sich, dass eine Rechtsnachfolgeklausel nicht notwendig sei. Es sei unerheblich, dass die Forderung zwischenzeitlich abgetreten und wieder zurück abgetreten worden ist, da das Vollstreckungsorgan nur formal prüfe, ob Antragsteller und der im Vollstreckungstitel benannte Gläubiger übereinstimmen.
Sollte der Gerichtsvollzieher eine andere Auffassung vertreten, sei das Schreiben als Erinnerung nach § 766 Abs. 1 ZPO zu werten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 11.04.2019 verwiesen.
Der Gerichtsvollzieher hat der Erinnerung nicht abgeholfen und seine Sonderakte dem Vollstreckungsgericht am 28.01.2020, bei Gericht eingegangen am 29.01.2020, zur Entscheidung über die Erinnerung vorgelegt.
II.
Die Vollstreckungserinnerung ist zulässig, aber unbegründet.
Vorliegend ist die Gläubigerin zwar in dem Vollstreckungstitel bezeichnet, da sich aus dem Handelsregisterauszug ergibt, dass eine formwechselnde Umwandlung der Qu. Sch. AG & Co. in die Qu. AG sowie der Qu. AG in die Qu. GmbH stattgefunden hat. Insoweit liegt keine Rechtsnachfolge vor.
Rechtsnachfolge auf Gläubigerseite im Sinne des § 727 Abs. 1 ZPO liegt jedoch auch dann vor, wenn der ursprüngliche Gläubiger, der die Forderung abgetreten hat, sodann durch Rückabtretung wiedererlangt hat (Zöller, ZPO, 33. Auflage 2020, § 727, Rn. 6). Es kommt hier auch nicht darauf an, ob zwischenzeitlich bereits einem anderen Gläubiger eine Vollstreckungsklausel nach § 727 Abs. 1 ZPO erteilt worden ist oder nicht (LG Verden, Beschluss vom 26.09.2019, 6 T 134/19). Dies folgt aus dem Wortlaut des § 727 Abs. 1 ZPO, der lediglich auf die Rechtsnachfolge abstellt, nicht jedoch auf die zwischenzeitliche Klauselerteilung für den Rechtsnachfolger (LG Saarbrücken, Beschluss vom 11.01.2013, 5 T 606/12). Zwar ist es richtig, dass das Vollstreckungsverfahren streng formalisiert ist, sodass sich die Prüfung des Vollstreckungsorgans, ob der vollstreckende Gläubiger Forderungsinhaber ist, grundsätzlich formal auf seine namentliche Bezeichnung im Titel beschränkt, ohne dass es insoweit auf die materielle Rechtslage ankommt. Jedoch ist jedenfalls dann, wenn der Gläubiger selbst vorträgt, dass er zwischenzeitlich nicht mehr Inhaber der Forderung war, oder wenn sich dies sonst aus den Akten ergibt, mittels einer Rechtsnachfolgeklausel zu bestätigen, dass er wieder Inhaber der Forderung geworden ist (LG Saarbrücken, Beschluss vom 17.12.2012, 5 T 549/12; LG Saarbrücken, Beschluss vom 11.01.2013, 5 T 606/12; LG Verden, Beschluss vom 26.09.2019, 6 T 134/19). Insbesondere ist vorliegend auch die zeitliche Abfolge nicht nachvollziehbar: Die streitgegenständliche Forderung soll am 01.04.2009 durch Bezugsurkunde Nr. 171/09 des Notars W. H. von der Qu. GmbH an die GFKL Financial Services AG abgetreten worden sein. Sodann – zu einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt – habe diese die Forderung auf die C. E. Limited FSC-House übertragen. Diese wiederum habe die Forderung mit Abtretungsvertrag vom 20.02.2009 wieder an die Qu. GmbH übertragen. Dieser Zeitpunkt liegt jedoch vor der ursprünglichen Abtretung.
In dem Schreiben der Bevollmächtigten vom 11.04.2019 wird außerdem vorgetragen, dass die C. E. Limited IFSC-House die Forderungen mit Abtretungsvertrag vom 20.02.2009 treuhänderisch an die Qu. GmbH übertragen habe. Der BGH führt in seinem Urteil vom 03.04.2014 – IX ZR 201/13 aus: „Aufgrund der treuhänderischen Pflicht zur Weiterleitung des Betrages ist nicht der Treuhänder, sondern der Treugeber als Gläubiger der Forderung Leistungsempfänger.“
Zweifel an der Verfügungsbefugnis gehen zu Lasten der Gläubigerin.
Gemäß dem auch auf das Vollstreckungsverfahren anwendbaren § 80 Satz 1 ZPO ist die Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Der Nachweis der Vollmacht kann nur durch das Original oder eine öffentliche Beglaubigung geführt werden (Zöller, ZPO, 33. Auflage 2020, § 80, Rn. 8). Es wurde jedoch weder eine Vollmacht im Original noch eine öffentliche Beglaubigung vorgelegt, aus welcher sich eine Bevollmächtigung der Bevollmächtigten durch die Gläubigerin ergibt.
Der Gerichtsvollzieher hat die Fortführung der Zwangsvollstreckung demnach zu Recht verweigert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.


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