Insolvenzrecht

Zwangsvollstreckung – Kostenfestsetzung – Vergleich – titulierter Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses

Aktenzeichen  5 Ca 1159/21

Datum:
23.12.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
ArbG Erfurt 5. Kammer
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:ARBGERF:2021:1223.5CA1159.21.00
Spruchkörper:
undefined

Tenor

Die Kosten des Vollstreckungsverfahrens werden der Schuldnerin auferlegt.

Gründe

I.
Die Gläubigerin und die Schuldnerin schlossen im Erkenntnisverfahren vor dem Arbeitsgericht Erfurt am 30.07.2021 einen Vergleich, mit dem sich die Schuldnerin verpflichtete, der Gläubigerin ein wohlwollendes qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen.
Ein mit Zwischenzeugnis überschriebenes Schreiben erteilte die Schuldnerin mit Datum vom 05.08.2021.
Wegen inhaltlicher und formaler Mängel ging die Gläubigerin davon aus, dass die Schuldnerin mit diesem Zwischenzeugnis ihre Verpflichtung aus dem Vergleich nicht erfüllt hat, das mit Zwischenzeugnis überschriebene Schriftstück nicht den Anforderungen, die an ein qualifiziertes Zeugnis gestellt werden, erfüllt.
Der Gläubigervertreter begehrte daher die Erfüllung des Anspruchs aus dem Vergleich und übersandte im Parteibetrieb das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vom 30.07.2021, dessen Bestandteil der Vergleich ist.
Da die Schuldnerin der Auffassung war, dass sie den Anspruch auf Erteilung des Zwischenzeugnisses erfüllt hat, unterschrieb deren Prozessvertreter das Empfangsbekenntnis bezüglich der Zustellung des Protokolls nicht. Ein geändertes Zwischenzeugnis wurde nicht erteilt.
Mit Schreiben vom 04. Oktober 2021 beantragte die Gläubigerin die Festsetzung eines Zwangsgeldes zur Erzwingung der Verpflichtung aus dem Vergleich, der Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses durch die Schuldnerin.
Das Gericht wies in seinem Hinweis vom 07.10.2021 darauf hin, dass das erteilte Zwischenzeugnis wohl nicht den Anforderungen an ein solches entspricht. Bezüglich des Hinweises wird auf diesen, Bl. 50 der Akte, verwiesen.
Mit Schreiben vom 22. Oktober 2021 teilte der Vertreter der Schuldnerin mit, dass zwischenzeitlich unter dem 31.08.2021 ein abschließendes qualifiziertes Arbeitszeugnis erteilt worden ist und deshalb kein Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses bestehe, da das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2021 gekündigt wurde. Letzteres ist unstreitig. Gegen die Kündigung erhob die Gläubigerin Kündigungsschutzklage. Das Verfahren ist noch anhängig.
Unabhängig hiervon hielt die Gläubigerin an der Erfüllung des Vergleichs fest und teilte mit, dass das Zeugnis vom 31.08.2021 weder ihr noch ihrem Prozessvertreter zugegangen ist.
Mit Schreiben vom 02.11.2021 teilte der Schuldnervertreter mit, dass der Gläubigerin längst ein abgeändertes Zwischenzeugnis zugegangen ist, der Titel immer noch nicht zugestellt sei, wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Anspruch auf Erteilung des Zwischenzeugnisses bestehe.
Die Gläubigerin bestritt, ein abgeändertes Zwischenzeugnis erhalten zu haben und belegte die Zustellung des Titels durch Vorlage der Zustellurkunde der Gerichtsvollzieherin …, wonach der Vergleich des Arbeitsgerichts Erfurt vom 30.07.2021 dem Schuldnervertreter am 08.11.2021 zugestellt worden ist.
Mit Schriftsatz vom 16.11.2021 teilte der Schuldnervertreter mit, dass der Gläubigerin nochmals eine Abschrift des Zwischenzeugnisses per Einwurf/Einschreiben übersandt worden ist. Unabhängig hiervon davon ausgegangen werde, dass kein Anspruch auf Erteilung eines solchen Zeugnisses bestehe.
Nach Zugang des abgeänderten Zwischenzeugnisses erklärte die Gläubigerin mit Schriftsatz vom 24. November 2021, welcher dem Schuldnervertreter am 01.12.2021 zugestellt wurde, die Erledigung des Rechtsstreits. Dem schloss sich die Schuldnerin mit am 02. Dezember 2021 am Arbeitsgericht Erfurt eingegangener Zustimmung an.
II.
Hinsichtlich der Kostenentscheidung gelten im Vollstreckungsverfahren die §§ 91 – 93, 95 – 100, 106 und 107 ZPO entsprechend, § 891 Satz 3 ZPO.
Die Parteien haben das Zwangsvollstreckungsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt, § 91a ZPO. In diesem Fall entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss.
Unter Berücksichtigung dessen sind die Kosten des Rechtsstreits der Schuldnerin aufzuerlegen.
Die Schuldnerin ist erst mit der Übersendung des Zwischenzeugnisses am 16.11.2021 ihrer Verpflichtung aus dem Vergleich vom 30.07.2021 nachgekommen. Zu diesem Zeitpunkt war der Titel an sie zugestellt. Ob bereits mit der verweigerten Erteilung des Empfangsbekenntnisses die Zustellung fingiert wird, kann dahingestellt bleiben. Sie ist jedenfalls am 08.11.2021 erfolgt.
Das der Klägerin vorab übersandte Zwischenzeugnis erfüllte nicht die Mindestvoraussetzungen – vergleiche Hinweis des Gerichts vom 07.10.2021. Daher konnte dieses Zeugnis den Anspruch der Klägerin nicht erfüllen.
Das weitere mit Datum vom 31.08.2021 erstellte Zeugnis der Schuldnerin stellt kein Zwischen-, sondern ein Endzeugnis dar, sodass auch mit der Erteilung dieses Zeugnisses der Anspruch aus dem Vergleich nicht erfüllt werden konnte. Dies unabhängig, ob dieses Zeugnis der Gläubigerin zugegangen ist oder nicht.
Soweit sich die Schuldnerin darauf beruft – so der Schriftsatz vom 02. November 2021 -, dass sie bereits längst ein abgeändertes Zwischenzeugnis der Gläubigerin hat zukommen lassen, kann hiervon nicht ausgegangen werden. Die Gläubigerin bestritt den Zugang des Zeugnisses. Wann, wie das Zeugnis zugegangen sein soll, wurde nicht dargelegt, ein Beweisangebot für den Zugang nicht unterbreitet.
Auch wenn die Schuldnerin das mit der Gläubigerin bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.08.2021 gekündigt hat, besteht der Anspruch der Gläubigerin auf Erteilung des Zwischenzeugnisses fort. Dies zum einen aus dem gerichtlichen Vergleich vom 30.07.2021. Zum anderen entfällt ein solcher Anspruch nicht, wenn das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich gekündigt wurde.
Zwar steht dem Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist bzw. nach Ende der Laufzeit eines befristeten Vertrages grundsätzlich nur ein Endzeugnis zu. Streiten die Parteien aber gerichtlich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, besteht ein triftiger Grund für die Erteilung eines Zwischenzeugnisses. Der Anspruch hierauf entfällt erst mit rechtskräftigem Abschluss des Beendigungsrechtsstreits, vergleiche BAG, Urteil vom 04. November 2015 – 7 AZR 933/13, Rn. 39, juris.
Da die Schuldnerin den Zeugnisanspruch erst nach Zustellung des Titels und des Zwangsvollstreckungsantrages an sie erfüllte, waren ihr die Kosten des Zwangsvoll-streckungsverfahrens aufzuerlegen.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben