IT- und Medienrecht

Annahmeverzug

Aktenzeichen  41 O 17754/17

Datum:
21.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 51255
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 434, § 437 Nr. 2, Nr.3, § 444, § 823 Abs. 2
StGB § 263
ZPO § 91 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 30.800,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist ein Feststellungsinteresse für den Antrag Nr. 2 ausreichend dargetan.
Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Sämtliche Klageanträge sind als unbegründet abzuweisen.
Dem Kläger stehen gegen die Beklagte zu 1) keine Rückabwicklungsansprüche zu.
Da er den Vertrag nicht wirksam angefochten hat, kann er keine Rückabwicklung des Vertrags nach §§ 812, 142 Abs. 1 BGB verlangen
Seine Anfechtungserklärung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB) ist unwirksam, weil die Beklagte zu 1) auf die eingebaute Motorsteuerungssoftware hingewiesen hat. Die Erfüllung ihrer vertraglichen Aufklärungspflicht steht fest aufgrund des Informationsschreibens, das der Kläger bei Vertragsschluss unterschrieben hat. Hierin hat die Beklagte zu 1) in ausreichenden Umfang auf den aufklärungsbedürftigen Sachverhalt hingewiesen. Die Funktionsweise der Software, die Stickstoffwerte im Prüfstandlauf zu verbessern, ist ausreichend beschrieben. Außerdem wurde auch deutlich gemacht, dass dieses Problem erst noch einer technischen Lösung zugeführt werden müsse. Dies stellt eine den Umständen nach ausreichende Aufklärung dar. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger das Fahrzeug ein Jahr nach Publikwerden des Vw-Abgasskandal kaufte und die Thematik bereits über Monate Gegenstand eingehender öffentlicher Berichterstattung war, der sich ein in das gesellschaftliche Leben integrierter Konsument nicht entziehen konnte. Wie aus der damaligen öffentlichen und daher allgemein bekannten Berichterstattung zu entnehmen ist, war zum Kaufzeitpunkt die VW-Marke Audi schon längst in den öffentlichen Strudel dieses Skandals hineingezogen und allgemein bekannt, dass auch in Fahrzeuge dieser Marke ein Dieselmotor mit der inkriminierten Motorsteuerungssoftware eingebaut war. Die Einlassung des Klägers, er musste damals nicht wissen, dass auch Fahrzeuge der Marke Audi von dem VW-Abgasskandal betroffen seien, ist daher nicht glaubhaft. Dass das von ihm gekaufte Fahrzeug darunter fiel, wurde ihm in dem Informationsschreiben vielmehr unmissverständlich mitgeteilt. Eine Falschdarstellung oder Bagatellisierung ist dem Informationsschreiben ebenso wenig enthalten. Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben, dass eine technische Lösung erforderlich ist, an der gearbeitet werde. Irgendwelche Versprechen hinsichtlich des Lösungserfolgs enthält es dagegen nicht, insoweit ist es offen gehalten. Eine eingehendere Aufklärung war nicht erforderlich.
Da der Kläger somit über die Beschaffenheit des Fahrzeugs, mit der Motorsteuerungssoftware ausgestattet zu sein, ausreichend aufgeklärt wurde, sind auch etwaige eine Rückabwicklung des Vertrags beinhaltende kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche nach §§ 434, 437 Nr. 2 und 3 BGB (Rücktritt, Schadensersatz) wegen seiner Kenntnis von dem Mangel gemäß § 444 BGB ausgeschlossen.
Auch weitere Anspruchsgrundlagen können bei einer Kenntnis des Beklagten einen Schadensersatzanspruch nicht rechtfertigen.
Soweit der Kläger behauptet, bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug stimme der Kraftstoffverbrauch nicht mit den angegebenen Werten überein und selbst bei einer im NEFZ durchgeführten Messung würden sich um 10 % höhere Werte ergeben als angegeben, so kann dahingestellt bleiben, ob insoweit ein Sachmangel vorliegt. Die Beklagtenseite hat sich insoweit mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung berufen. Die Klagepartei hat nicht vorgetragen, dass sich diesen Sachmangel innerhalb eines Jahres ab Übergabe des Fahrzeugs geltend gemacht hätte. Dass die Beklagtenseite diese Werte nur durch Manipulationen erreichen konnte, und daher arglistig gehandelt haben soll, ist eine auf eine Ausforschung hinauslaufende Behauptung, die keiner Beweiserhebung zugänglich ist. Gleiche gilt für die angeblich manipulierten CO2-Werte.
Die gegen die Beklagte zu 2) erhobene Feststellungsklage war abzuweisen, weil bei Information und Kenntnis des Klägers von der eingebauten Motorsteuerungssoftware sowohl ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB als auch ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB ausscheidet. Es liegt weder eine Täuschung im Sinne des Betrugstatbestands vor noch eine sittenwidrige Schädigung durch Verleiten zum Abschluss eines wirtschaftlich nachteilhaften Vertrags.
Die Klage war daher insgesamt kostenpflichtig (§ 91 Abs. 1 ZPO) abzuweisen.


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