IT- und Medienrecht

Anspruch auf Unterlassung des Aufrufs zur Teilnahme an einer Gegendemonstration

Aktenzeichen  B 9 E 20.141

Datum:
14.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 10928
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123, § 155 Abs. 2
BGB § 1004
GG Art. 2 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Soweit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.
2. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, zur Teilnahme an einer Gegenveranstaltung am 15. Februar 2020 gegen die Versammlung des Antragstellers aufzurufen.
3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Der Streitwert wird hinsichtlich des Antrages auf Untersagung der Durchführung einer Gegenveranstaltung auf 5.000,00 € und hinsichtlich des Antrages auf Untersagung des Aufrufs zur Teilnahme an einer Gegenveranstaltung auf 5.000,00 €, insgesamt also auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, es zu unterlassen, zu der vom Antragsteller für den 15. Februar 2020 geplanten Versammlung eine Gegenveranstaltung durchzuführen und zur Teilnahme an einer solchen Gegenveranstaltung aufzurufen.
Die Antragstellerin veröffentlichte in ihrem Internetauftritt am 28. Januar 2020 eine Pressemitteilung. Wörtlich heißt es darin:
„‚Fest der Demokratie‘ am 15.02.2020 geplant Oberbürgermeister … ruft alle demokratischen Kräfte, Kirchen und Religionsgemeinschaften zur Teilnahme auf Aus aktuellem Anlass ruft Oberbürgermeister … am 15.02.2020 zur Teilnahme an einem „Fest der Demokratie“ in der … Innenstadt auf. Damit will … ein „klares und öffentliches Signal für Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit, Frieden und Demokratie“ setzen. Die Bürgerschaft und alle demokratischen Kräfte sind aufgerufen, sich an dieser Aktion „mit einem bunten und friedlichen Programm“ zu beteiligen. … hat bereits Kontakt mit dem „… Bündnis gegen Rechtextremismus“ aufgenommen, um eine breite Bürgerbewegung und große Teilnahme zu ermöglichen. Außerdem hat … alle im Stadtrat vertretenen Parteien und Gruppierungen sofort eingeladen, mitzumachen und mit einem gemeinsamen Schulterschluss von Politik, Migranten- und Integrationsbeirat, Bürgerschaft, Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie allen demokratischen Aktionsbündnissen das geplante „Fest der Demokratie“ zu gestalten.
‚Seit 75 Jahren leben wir in Frieden und Freiheit mit unseren europäischen Nachbarn. Es ist empörend, wenn der überall aufkommende Nationalismus den wunderbaren und erfolgreichen Zusammenhang zwischen Frieden und Europa leugnet. Noch nie gab es in Europa eine derart lange Periode des Friedens. Doch Friede ist zerbrechlich. Deshalb brauchen wir ein gesellschaftliches Klima, das jede Form von Intoleranz und Rassismus, dass jedes Anzeichen von Gewalt und Antisemitismus ächtet. Der Rechtsradikalismus hat sich bei uns Nischen gesucht und gefunden. Das dürfen wir nicht übersehen‘, betonte … in seiner Ansprache zum Internationalen Holocaust-Gedenktag. Jetzt liegt aktuell ein Antrag bei der Stadtverwaltung vor, ‚der eindeutig einen rechtsradikalen Hintergrund hat‘, so die Einschätzung von Experten. Demnach soll es am 15.02.2020 in … einen Demonstrationszug geben, der ‚demokratiefeindliche Gesinnungen‘ zum Inhalt hat. ‚Das werden wir nicht tatenlos hinnehmen und mit einem Fest der Demokratie deutlich dagegenhalten: Solche Demonstrationen haben in unserer weltoffenen, toleranten Stadt nichts zu suche‘, so … zur Begründung seiner Initiative.“
Eine weitere Pressemitteilung mit folgendem Inhalt wurde am 5. Februar 2020 auf der Homepage der Antragsgegnerin veröffentlicht:
„Bands gesucht für ‚Fest der Demokratie‘ Oberbürgermeister … ruft am 15.02. alle demokratischen Kräfte, Kirchen und Religionsgemeinschaften zur Teilnahme auf Oberbürgermeister … ruft zur Teilnahme an einem ‚Fest der Demokratie‘ am 15.02.2020 auf dem … …platz auf. Für das Bühnenprogramm sind auch Musiker und Bands eingeladen sich mit eigenen Musikstücken am Bühnenprogramm zwischen 14 Uhr und 20 Uhr zu beteiligen. Wer mitmachen möchte, sendet eine kurze E-Mail an das Stadtmarketing … (…), welches sich bereiterklärt hat, bei der Organisation des Bühnenprogramms zu helfen.
Mit dem Fest will … ein ‚klares und öffentliches Signal für Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit, Frieden und Demokratie‘ setzen. Die Bürgerschaft und alle demokratischen Kräfte sind aufgerufen, sich an dieser Aktion ‚mit einem bunten und friedlichen Programm‘ zu beteiligen. Viele Partner und zivilgesellschaftliche Initiativen haben bereits zugesagt gemeinsam ein buntes, lebendiges und vielfältiges ‚Fest der Demokratie‘ zu gestalten.
Der Oberbürgermeister hat Kontakt mit dem ‚… Bündnis gegen Rechtextremismus‘ aufgenommen, um eine breite Bürgerbewegung und große Teilnahme zu ermöglichen. Außerdem sind alle im Stadtrat vertretenen Parteien und Gruppierungen eingeladen mitzumachen und mit einem gemeinsamen Schulterschluss von Politik, Migranten- und Integrationsbeirat, Bürgerschaft, Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie allen demokratischen Aktionsbündnissen das geplante ‚Fest der Demokratie‘ zu gestalten.
Es liegt aktuell ein Antrag bei der Stadtverwaltung vor, ‚der eindeutig einen rechtsradikalen Hintergrund hat‘, so die Einschätzung von Experten. Demnach soll es am 15. Februar in … einen Demonstrationszug geben, der ‚demokratiefeindliche Gesinnungen‘ zum Inhalt hat. ‚Das werden wir nicht tatenlos hinnehmen und mit einem Fest der Demokratie deutlich dagegenhalten‘, so … zur Begründung seiner Initiative.“
Zudem erstellte die Antragsgegnerin mit dem stadteigenen Facebook-Account eine Veranstaltung „Fest der Demokratie“ für Samstag, den 15. Februar 2020, von 14 bis 20 Uhr auf dem …platz in … Veranstalter sei danach die Antragsgegnerin. Auch wurde die Pressemitteilung vom 28. Januar 2020 nochmals veröffentlicht.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 10. Februar 2020 ließ der Antragsteller die Antragsgegnerin auffordern, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bis spätestens 11. Februar 2020 um 9 Uhr abzugeben und die von der Stadt … am 15. Februar 2020 organisierte Gegenveranstaltung zu der Versammlung des Antragstellers öffentlich abzusagen bzw. diese Veranstaltung neutral, ohne Bezug zum Antragsteller durchzuführen und dies im Vorfeld auch öffentlich zu kommunizieren. Die Unterlassungserklärung umfasste sowohl die Durchführung einer Gegenveranstaltung zur der Veranstaltung des Antragstellers, als auch den Aufruf zur Teilnahme an der Gegenveranstaltung.
Nachdem die gesetzte Frist erfolglos verstrich, ließ der Antragsteller mit Schriftsatz vom 10. Februar 2020, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 11. Februar 2020, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragen,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, am 15. Februar 2020 eine Gegenveranstaltung gegen die Versammlung des Antragstellers durchzuführen und der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, zur Teilnahme an einer Gegenveranstaltung am 15. Februar 2020 gegen die Versammlung des Antragstellers aufzurufen.
Der Anspruch des Antragstellers auf Unterlassung der bezeichneten amtlichen Betätigung und Äußerung beruhe auf dem allgemein anerkannten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Antragsgegnerin unterliege als Teil der Exekutive dem Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot. Dementsprechend dürfe sie nicht parteiisch in den politischen Meinungskampf eingreifen. Da die Gegenveranstaltung gegen die Versammlung des Antragstellers gerichtet sei, sei dieser nachteilig von dieser betroffen. Das gleiche gelte hinsichtlich des Aufrufs zur Teilnahme an einer Gegenveranstaltung. Amtsträger würden nicht nur dem Rechtsstaatsgebot, sondern auch dem Demokratieprinzip unterliegen, daher sei ihnen in Wahrnehmung ihrer hoheitlichen Funktion eine lenkende oder steuernde Einflussnahme auf den politischen Meinungsbildungsprozess der Bevölkerung verwehrt. Der Aufruf zur Teilnahme an einer Gegendemonstration greife unzulässig in den Wettstreit der politischen Meinungen ein und nehme lenkenden Einfluss auf die Grundrechtsausübung der Bürger. Zudem schade die Antragsgegnerin dem Bild einer neutralen Verwaltung. Auch ein Anordnungsgrund sei gegeben, da die Antragsgegnerin bereits öffentlich, unter Nutzung von staatlichen Ressourcen und der Amtsautorität zu der Gegenveranstaltung mobilisiere.
Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2020 erwiderte die Antragsgegnerin hierauf und beantragte,
die Anträge abzulehnen.
Bei dem „Fest der Demokratie“ handele es sich nicht um eine Veranstaltung der Antragsgegnerin, Anmelder dieser Versammlung sei vielmehr der … Eine Unterlassung könne daher nicht von der Antragsgegnerin verlangt werden. Ebenso komme ein Verbot dieser Versammlung durch die Antragsgegnerin nicht in Betracht; dieses Ziel könne dem Antrag des Antragstellers auch nicht im Wege der Auslegung entnommen werden. Bereits am 27. Januar 2020 habe ein Vertreter des …Bündnisses gegen Rechtsextremismus beim Ordnungsamt der Antragsgegnerin per E-Mail eine entsprechende Gegenveranstaltung zur Versammlung des Antragstellers am 15. Februar 2020 angekündigt. Nach einem Kooperationsgespräch sei die finale Versammlungsanzeige am 11. Februar 2020 durch den … erfolgt.
Die Antragsgegnerin verstoße mit ihren Äußerungen auch nicht gegen das Neutralitätsgebot oder das Recht auf Chancengleichheit politischer Parteien. Weder die Pressemeldung vom 28. Januar 2020 noch der Eintrag in Facebook-Account der Antragsgegnerin begründeten dies. Die durch den Antragsteller repräsentierte Partei habe für die im März anstehenden Stadtratswahlen keine eigene Liste aufgestellt, somit bestehe keine unmittelbare Konkurrenzsituation im Kommunalwahlkampf. Außerdem handele es sich bei der vom Antragsteller für den 15. Februar 2020 geplanten Versammlung nicht um eine originär parteipolitische Veranstaltung, da es dem Antragsteller nach eigener Darstellung in erster Linie um das „Gedenken an zivile Opfer der Bombardierung deutscher Städte – u.a. auch der Stadt … – durch alliierte Bomberverbände gegen Ende des Zweiten Weltkrieges“ gehe. Es sei daher fraglich, ob das Gebot der Chancengleichheit hier überhaupt betroffen sei. Jedenfalls sei dieses hier aber nicht verletzt, denn die Teilnahme von Mandatsträgern am politischen Leben und im politischen Diskurs sei nicht schlechthin verboten. Insoweit werde auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin verwiesen, der einen Eingriff in das Gebot der Chancengleichheit verneint habe, wenn eine Partei von einer Äußerung wieder direkt und unmittelbar noch in unmissverständlicher Weise indirekt und mittelbar oder nur reflexartig betroffen wird. Es komme vielmehr auf die Perspektive eines objektiven Betrachters an. Wenn eine Äußerung lediglich allgemeine Grundwerte der Verfassung hervorhebe und keine Parteinamen enthalte, sei diese von der Befugnis der Regierung zur Öffentlichkeitsarbeit gedeckt, um den Grundkonsens der Bürger über die von der Verfassung geschaffene Staatsordnung lebendig zu erhalten. Ohne den hier fehlenden Parteienbezug sei das Neutralitätsgebot gewahrt. Dies ergebe sich zudem daraus, dass alle Parteien zur gemeinsamen Beteiligung an diesem Fest aufgerufen seien. Bei dem geplanten „Fest der Demokratie“ gehe es nur um die Betonung der außer Streit stehenden Grundwerte und das allgemeine Bekenntnis zu gemeinschaftlichen Werten wie Frieden, Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sowie eine Positionierung gegen Rassismus und menschenfeindliche Hetze. Diese seien als grundsätzliche Wertentscheidungen der Verfassung jedem Parteienstreit entzogen. Amtsinhaber seien demnach nicht daran gehindert, über politische Vorhaben und Maßnahmen zu informieren. Es sei außerdem nicht Ziel, auf eine Teilnahme an der Versammlung des Antragstellers einzuwirken, sondern das Eintreten für und das allgemeine Bekenntnis zu gemeinschaftlichen Grundwerten zu formulieren, einzufordern und zu dokumentieren.
Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2020 erklärte der Bevollmächtigte des Antragstellers, dass er den Antrag zu 2. (Untersagung der Durchführung einer Gegenveranstaltung) zurücknehme.
Es werde weiter beantragt,
der Antragsgegnerin ungeachtet der teilweisen Antragsrücknahme gemäß § 155 Abs. 4 VwGO die Kosten des Verfahrens in voller Höhe aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin habe durch ihr Verhalten die Antragstellung insoweit verschuldet. Mit ihrem öffentlichen Auftreten habe sie den Eindruck erweckt, sie sei Veranstalterin des „Festes der Demokratie“. Dies gehe insbesondere aus dem Facebook-Account der Antragsgegnerin hervor, in der sie ausdrücklich als Veranstalter genannt werde. Auch aus der Pressemitteilung vom 28. Januar 2020 ergebe sich für den objektiven Betrachter der Eindruck, die Antragsgegnerin sei Urheberin der Veranstaltung.
Der Hinweis der Antragsgegnerin zur fehlenden Konkurrenzsituation zwischen ihr und dem Antragsteller im Kommunalwahlkampf gehe ins Leere, da auch in der Außendarstellung des „Festes der Demokratie“ ein kommunalpolitischer Bezug nicht erkennbar sei. Die Versammlung des Antragstellers sei eine Veranstaltung der Partei „…“ und unterstütze ein zentrales Anliegen dieser Partei. Jedenfalls liege aber zumindest ein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot vor. Ziel des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei nicht, Mandatsträgern die Teilnahme am politischen Diskurs zu untersagen, sondern lediglich, der Antragsgegnerin zu untersagen, mit Mitteln und der Autorität des Staates in den Prozess der Meinungsbildung einzugreifen. Äußerungen des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin als Parteipolitiker seien nicht Gegenstand des Verfahrens, vielmehr gehe es um Veröffentlichungen der Antragsgegnerin auf deren Homepage und auf ihrem Facebook-Account. Sowohl aus der Pressemitteilung als auch aus dem Facebook-Eintrag ergebe sich aus Sicht eines objektiven Betrachters, dass das geplante „Fest der Demokratie“ aus Anlass der Veranstaltung des Antragstellers durchgeführt werde und sich ausdrücklich gegen diese Veranstaltung richte. Dafür spreche auch der zeitliche Zusammenhang zwischen Anmeldung der Versammlung des Antragstellers und den Veröffentlichungen der Antragsgegnerin. Um den erforderlichen Bezug herzustellen, sei eine ausdrückliche Erwähnung der Veranstaltung des Antragstellers nicht erforderlich. Es genüge, wenn sich dieser Bezug aus den konkreten Umständen – wie hier – eindeutig ergebe.
Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2020 beantragt die Antragsgegnerin
1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Hinsichtlich des zurückgenommenen Antrages seien die Kosten gemäß § 155 Abs. 2 VwGO dem Antragsteller aufzuerlegen, § 155 Abs. 4 VwGO sei nicht anwendbar, da es an einem Verschulden der Antragsgegnerin fehle. Besonders könne aus dem Eintrag der Veranstaltung auf Facebook nicht auf eine tatsächliche Veranstaltereigenschaft der Antragsgegnerin geschlossen werden, da die dort vorgenommene Eintragung als Veranstalterin systembedingt vorgegeben und nicht veränderbar sei. Vielmehr habe die Antragsgegnerin mit diesem Facebook Eintrag und der Pressemitteilung vom 28. Januar 2020 lediglich als Mitglied des … Bündnisses gegen Rechtsextremismus und Rassismus über die geplante Veranstaltung „Fest der Demokratie“ informieren wollen.
Das Sachlichkeitsgebot sei nicht verletzt, da sich die streitgegenständlichen Äußerungen nicht auf die Veranstaltung des Antragstellers beziehen würden und darüber hinaus die Antragsgegnerin als Mitglied des … Bündnisses gegen Rechtsextremismus gehandelt habe. Bei dem geplanten „Fest der Demokratie“ stehe die Betonung der außer Streit stehenden Grundwerte und das allgemeine Bekenntnis zu gemeinschaftlichen Werten, wie Frieden, Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, gegen Rassismus und menschenfeindliche Hetze, im Mittelpunkt.
Ergänzend wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
1. Soweit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Schriftsatz des Antragstellerbevollmächtigten vom 13. Februar 2020 zurückgenommen wurde, war das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
2. Soweit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aufrechterhalten wurde, war diesem stattzugeben.
a) Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, da die streitgegenständlichen Äußerungen von der Antragsgegnerin bzw. deren Oberbürgermeister im Rahmen der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben getätigt wurden und keine rein privaten Aussagen darstellen (vgl. VGH BW, U.v. 9.10.1989 – 1 S 5/88 – NJW 1990, 1808; U.v. 17.5.1979 – X 639/78 – juris).
b) Der Antrag ist zulässig. Insbesondere besteht seitens des Antragstellers auch ein Rechtsschutzbedürfnis, denn die Antragsgegnerin hat es auf Aufforderung durch den Antragsteller hin abgelehnt, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Dem Antragsteller ist auch nicht zuzumuten, zunächst die umstrittene Gegendemonstration abzuwarten und erst dann dagegen vorzugehen. Zudem ist der Antragsteller auch klagebefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO, da er als Veranstalter der Versammlung „…“ durch den Aufruf zur Teilnahme an der Gegenveranstaltung möglicherweise in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) beeinträchtigt sein könnte.
c) Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete strittige Recht (Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung – ZPO). Maßgebend sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
d) Ein Anordnungsgrund war gegeben, da es dem Antragsteller nicht zugemutet werden kann, auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu warten. Es liegt ein Fall der alsbaldigen Erledigung vor, da die Versammlung bereits am 15. Februar 2020 und damit fünf Tage nach Antragseingang stattfinden soll.
e) Auch ist ein Anordnungsanspruch gegeben, da die streitgegenständlichen Äußerungen der Antragsgegnerin gegen das Neutralitätsgebot verstoßen und der Antragsteller aus diesem Grund einen Unterlassungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches i.V.m. Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes hat.
aa) Der von dem Antragsteller geltend gemachte öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch hat seine Rechtsgrundlage in einer entsprechenden Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG. Er ist die Abwehrmöglichkeit auf die konkret drohende Verletzung eines grundrechtlich geschützten Freiheitsbereichs und entsteht, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt in deren Ausübung jemanden in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten oder rechtlich geschützten Interessen widerrechtlich beeinträchtigt und weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind. Zu diesen subjektiv-öffentlichen Rechten gehören alle ausschließlichen (absoluten) Rechte (vgl. VGH BW, U.v. 17.5.1979 – X 639/78 – juris). Der allgemein anerkannte öffentlich-rechtliche Anspruch auf zukünftige Unterlassung einer getätigten Äußerung setzt voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in grundrechtliche geschützte Rechtspositionen oder sonstige subjektive Rechte des Betroffenen erfolgt ist und die konkrete Gefahr der Wiederholung droht (BayVGH, B.v. 6.7.2012 – 4 B 12.952 – juris Rn. 19). Als vom öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch geschütztes Rechtsgut kommt hier das aus Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete sogenannte allgemeine Persönlichkeitsrecht und als Teil davon das Recht der persönlichen Ehre des Antragstellers in Betracht. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst dabei den Schutz vor staatlichen Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Bild der betroffenen Person in der Öffentlichkeit auszuwirken (ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. etwa B.v. 14.7.2004 – 1 BvR 263/03 – NJW 2004, 3619). Hierzu zählen auch das Verfügungsrecht und das Selbstbestimmungsrecht über die eigene Außendarstellung sowie der Schutz des sozialen Geltungsanspruchs, der sog. „äußeren Ehre“ als des Ansehens in den Augen anderer (vgl. BVerwG, U.v. 21.5.2008 – 6 C 13/07 – BVerwGE 131, 171). Unmittelbarer Ausfluss dieses verfassungsrechtlichen Schutzanspruchs gegenüber unzulässigen Grundrechtseingriffen durch amtliche Äußerungen ist ein entsprechender Unterlassungsanspruch.
bb) Der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin ist grundsätzlich dazu befugt, sich im Rahmen seines Aufgabenbereichs zu Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft öffentlich zu äußern, zudem haben sich die streitgegenständlichen Äußerungen auch formal im Rahmen dieser Aufgabenzuweisung gehalten.
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet das Recht der Gemeinde, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Daraus erwächst der Gemeinde die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Gewalt überantwortet sind, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sind diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen. Die Stellungnahme eines kommunalen Amtsträgers muss demnach in spezifischer Weise ortsbezogen sein (vgl. BVerwG, U. v. 14.12. 1990 – 7 C 37.89 – BVerwGE 87, 228).
Es ist anerkannt, dass staatliche Informations- und Öffentlichkeitsarbeit notwendig ist, um den Grundkonsens im demokratischen Gemeinwesen lebendig zu erhalten. Darunter fällt auch die Darlegung und Erläuterung der Politik der Regierungs- und Verwaltungsorgane hinsichtlich getroffener Maßnahmen und künftiger Vorhaben angesichts bestehender oder sich abzeichnender Probleme sowie die sachgerechte, objektiv gehaltene Information über den Bürger unmittelbar betreffende Fragen und wichtige Vorgänge auch außerhalb oder im Vorfeld der eigenen gestaltenden politischen Tätigkeit (zu Äußerungen der Bundesregierung vgl. BVerfG, U. v. 16.12.2014 – 2 BvE 2/14 – BVerfGE 138, 102 Rn. 40 m.w.N.). Das kann entsprechend für die Tätigkeit des Bürgermeisters einer Gemeinde angenommen werden. Dem Amt des Bürgermeisters als gewähltes Stadtoberhaupt ist – vergleichbar Regierungsmitgliedern – eine kommunikative Äußerungsbefugnis inhärent. Zwar ist er kommunaler Wahlbeamter; als Leiter der gesamten Verwaltung der Gemeinde steht er an deren Spitze (vgl. Art. 43 Abs. 3 der Gemeindeordnung – GO). Zugleich wird er aber von den Bürgern in allgemeiner, freier, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl gewählt. Deshalb hat er neben der Leitung der Verwaltung auch eine originär politische Funktion wahrzunehmen. Aufgrund seiner politischen Funktion ist er befugt, sich am politischen Diskurs über spezifisch örtliche Angelegenheiten zu beteiligen (vgl. BVerwG, U. v. 13.9.2017 – 10 C 6/16 – BVerwGE 159, 327-337)
Der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin hat den ihm durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und seine Organkompetenz zugewiesenen Rahmen eingehalten. Seine Erklärung steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der von dem Antragssteller angemeldeten Versammlung und der diese Veranstaltung tragenden politischen Gruppierung. Sie ist als Gegenposition zu dem von dem Antragsgegner benannten Thema seiner Versammlung „…“ zu verstehen und befasst sich thematisch mit den Themen Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit, Frieden und Demokratie und örtlich mit dem Gebiet der Antragsgegnerin. Dabei wendet sich der Oberbürgermeister ausdrücklich an seine … Mitbürger und alle demokratischen Kräfte.
cc) Die Befugnis des Oberbürgermeisters, sich in amtlicher Funktion zu der von dem Antragsteller angemeldeten Versammlung öffentlich zu äußern, unterliegt inhaltlich jedoch der Grenze des Neutralitätsgebotes. Dieses wirkt als Grenze der Äußerungsbefugnis eines Amtsträgers im Verhältnis zu politischen Parteien im Sinne des Art. 21 GG. Mit dem Aufruf zu einer Gegenveranstaltung verletzt die Antragsgegnerin dieses Neutralitätsgebot, sodass der Antragsteller dadurch in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG verletzt wird. Der Antragsteller meldete seine geplante Versammlung ausdrücklich für den Veranstalter „…“ (siehe Versammlungsanzeige vom 25. Januar 2020) und damit für eine Partei an. Damit handelt es sich dabei auch um eine parteipolitische Veranstaltung.
Staatliche Amtsträger unterstehen nicht allein dem Rechtsstaatsgebot, sondern auch dem Demokratieprinzip. Ein Bestandteil des Demokratieprinzips stellt dabei das Neutralitätsgebot dar. Das Neutralitätsgebot folgt aus dem Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG). Deren Recht, gleichberechtigt am Prozess der Meinungs- und Willensbildung des Volkes teilzunehmen, wird verletzt, wenn Staatsorgane als solche parteiergreifend zugunsten oder zulasten einer politischen Partei oder von Wahlbewerbern auf die politische Willensbildung des Volkes einwirken (vgl. BVerfG, U. v. 2.3.1977 – 2 BvE 1/76 -BVerfGE 44, 125; U.v. 10.6.2014 – 2 BvE 4/13 – BVerfGE 136, 323 Rn. 28). Das gilt nicht nur im Wahlkampf, sondern darüber hinaus auch für den politischen Meinungskampf und Wettbewerb im Allgemeinen (vgl. BVerfG, B.v. 7.11.2015 – 2 BvQ 39/15 – BVerfGE 140, 225 Rn. 9). Auch auf der kommunalen Ebene greift das Neutralitätsgebot ein. So verstoßen etwa Wahlempfehlungen zugunsten einer Partei oder eines Wahlbewerbers, die ein Bürgermeister im Kommunalwahlkampf in amtlicher Eigenschaft abgibt, gegen die Neutralitätspflicht (vgl. BVerwG, U. v. 18.4.1997 – 8 C 5.96 – BVerwGE 104, 323; B. v. 19.4.2001 – 8 B 33.01 – Buchholz 160 Wahlrecht Nr. 47 S. 2; vgl. auch BVerfG, B. v. 19.3.2014 – 2 BvQ 9/14 – juris Rn. 11).
Die freie Bildung der öffentlichen Meinung ist Ausdruck des demokratischen Staatswesens (Art. 20 Abs. 1 GG), in dem sich die Willensbildung des Volkes frei, offen, unreglementiert und grundsätzlich „staatsfrei“ vollzieht. Der Willensbildungsprozess im demokratischen Gemeinwesen muss sich vom Volk zu den Staatsorganen, nicht umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk hin, vollziehen (vgl. BVerfG, U. v. 19.7.1966 – 2 BvF 1/65 – BVerfGE 20, 56; B. v. 14.5.1985 – 1 BvR 233, 341/81 – BVerfGE 69, 315; B. v. 4.7.2012 – 2 BvC 1, 2/11 – BVerfGE 132, 39). Einem Amtsträger in Wahrnehmung seiner hoheitlichen Funktion ist deshalb eine lenkende oder steuernde Einflussnahme auf den politischen Meinungsbildungsprozess der Bevölkerung verwehrt. Dies findet seinen Niederschlag auch darin, dass Äußerungen eines Amtsträgers, der sich in Wahrnehmung seiner hoheitlichen Funktion am politischen Meinungskampf beteiligt, nicht demselben Maßstab unterliegen, der bei Meinungsäußerungen von Bürgern untereinander anzulegen ist. Während sich der Bürger auf die Wahrnehmung seines Grundrechts der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) stützen kann, ist dem Staat die Berufung auf Art. 5 Abs. 1 GG gegenüber seinen Bürgern verwehrt (vgl. BVerwG, B. v. 27.3.1996 – 8 B 33.96 – Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 133 S. 5). Art. 5 GG garantiert die freie Bildung der öffentlichen Meinung und will den Kommunikationsprozess im Interesse der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung sichern (vgl. BVerfG, U. v. 16.6.1981 – 1 BvL 89/78 -BVerfGE 57, 295; B. v. 9.2.1994 – 1 BvR 1687/92 – BVerfGE 90, 27). Damit ist eine lenkende Einflussnahme des Staates unvereinbar.
Nach diesen Maßstäben verstößt der Aufruf des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin, an einer Gegendemonstration zur Veranstaltung des Antragstellers teilzunehmen, gegen das Neutralitätsgebot. Laut der Aussage des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin wendet sich die geplante Gegendemonstration ausdrücklich gegen die Versammlung des Antragstellers. Hinsichtlich dessen geplanter Veranstaltung äußert sich der Oberbürgermeister mit den Worten: “Das werden wir nicht tatenlos hinnehmen und mit einem Fest der Demokratie deutlich dagegenhalten“. Der Aufruf verfolgte das Ziel, die Versammlung des Antragstellers in ihrer Wirkung zu schwächen und die Gegendemonstration zu stärken. Er greift unzulässig in den Wettstreit der politischen Meinungen ein und nimmt lenkenden Einfluss auf die Grundrechtsausübung der Bürger. Der Wettbewerb zwischen gegenläufigen friedlichen Versammlungen ist jedoch im Rahmen staatsfreier Meinungsbildung der Bevölkerung auszutragen und darf nicht staatlich beeinflusst werden. Anders als von der Antragsgegnerin vorgetragen, stellen die Äußerungen des Oberbürgermeisters auch keine nur allgemein gehaltene Information über politische Vorhaben oder eine bloße Betonung der einem Parteienstreit entzogenen Grundwerte der freiheitlich demokratischen Grundordnung dar. Vielmehr sind die Äußerungen eindeutig auf die Versammlung des Antragsstellers bezogen. Dass dieser nicht namentlich genannt wird, ändert daran nichts, da seine Versammlung, gegen die sich die Gegenveranstaltung ausdrücklich richten soll, aufgrund der konkreten Umstände eindeutig identifizierbar ist. Ob die Partei des Antragstellers im Kommunalwahlkampf in … in einer konkreten Konkurrenzsituation steht oder nicht, ist insoweit nicht erheblich.
3. Soweit dem Antrag des Antragstellers entsprochen wurde, waren die Kosten der unterliegenden Antragsgegnerin aufzuerlegen, § 155 Abs. 1 VwGO.
Hinsichtlich des vom Antragsteller zurückgenommenen Antrages auf Untersagung der Durchführung einer Gegenveranstaltung ergibt sich die Kostentragungspflicht der Antragsgegnerin aus § 155 Abs. 4 VwGO. § 155 Abs. 4 VwGO ist – von § 161 Abs. 3 VwGO abgesehen – gegenüber allen anderen Kostenregelungen die speziellere Vorschrift (Olbertz in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 37. EL Juli 2019, § 155, Rn. 24 m.w.N.). Sie geht damit auch § 155 Abs. 2 VwGO vor, der grundsätzlich eine Kostentragungspflicht des Antragsstellers bei Rücknahme des Antrages vorsieht. Der Begriff des Verschuldens entspricht dabei dem des § 60 VwGO; die Vorschrift erfasst dabei auch vorprozessuales Verhalten, insbesondere, wenn die Antragsgegnerin durch ihr Verhalten einen bestimmten Rechtsschein gesetzt hat, der kausal für den Antrag war (vgl. Rennert in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl. 2019, § 155, Rn. 11 und 13 m.w.N.). Hier sind die Kosten des Verfahrens, soweit der Antrag zurückgenommen wurde, jedoch durch das Verschulden der Antragsgegnerin entstanden. Diese hat mit ihren Veröffentlichungen auf ihrer Homepage und auf ihrem Facebook-Account für den objektiven Betrachter den Eindruck erweckt, sie selbst sei Veranstalter des für den 15. Februar 2020 geplanten „Festes der Demokratie“. Der Antragsteller musste angesichts der dort getroffenen Aussagen davon ausgehen, dass die Antragsgegnerin selbst eine entsprechende Veranstaltung durchführen will. Dass dies tatsächlich nicht so ist, hat die Antragsgegnerin erst mit ihrem Schriftsatz vom 13. Februar 2020 klargestellt.
4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. Ziffern 1.1.1 und 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57). Die beiden geltend gemachten Unterlassungsansprüche haben selbständige Bedeutung und selbständigen wirtschaftlichen Wert, so dass für sie jeweils ein selbständiger Streitwert festzusetzen war. Dieser beträgt nach § 52 Abs. 2 GKG mangels anderweitiger Anhaltspunkte jeweils 5.000,00 €. Da mit der Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz eine Vorwegnahme der Hauptsache verbunden war, war eine Reduzierung des Streitwertes nicht veranlasst.


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