IT- und Medienrecht

Ansprüche aus Verletzung einer Gemeinschaftsbildmarke

Aktenzeichen  19 O 1003/15

Datum:
18.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2016, 18187
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
MarkenG MarkenG § 14 Abs. 3, Abs. 6, § 18, § 19, § 125b
GMV Art. 9 Abs. 1 S. 2b, Abs. 2, Art. 102 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Eine markenmäßige Benutzung iSd Art. 9 Abs. 1 S. 2 lit. b) GMV setzt voraus, dass die Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient (vgl. EuGH GRUR 2003, 55 – Arsenal FC). Wird die Marke auf dem Produkt selbst, blickfangmäßig verwendet, ordnet der maßgebliche Verkehrskreis der Durchschnittsverbraucher dieser Gestaltung keinen rein dekorativen Sinngehalt zu, sondern versteht das Zeichen als Herkunftshinweis. (red. LS Shanti Viktoria Sadacharam)
2 Konzerninterne Warenbewegungen zwischen Unternehmen eines Konzernverbundes stellen noch kein Inverkehrbringen im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. b GMV dar. Ein Überlassen an nur vertraglich verbundene Drittunternehmen steht jedoch einem Warenverkehr innerhalb eines Konzerns nicht gleich (vgl. LG Nürnberg-Fürth BeckRS 2016, 18188). (red. LS Shanti Viktoria Sadacharam)

Tenor

1. Die Beklagten werden verurteilt, es unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, für die Beklagte zu 1 jeweils zu vollziehen an ihrem gesetzlichen Vertreter,
zu unterlassen,
im Gebiet der Europäischen Union im geschäftlichen Verkehr „Energy Drinks“ in nachfolgender Ausstattung
zu kennzeichnen, anzubieten, zu bewerben, in den Verkehr zu bringen, zu vertreiben, zu den genannten Zwecken zu besitzen, ein- oder auszuführen und/oder die vorstehenden Handlungen durch Dritte durchführen zu lassen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus den vorstehend unter Ziffer 1. genannten Verletzungshandlungen entstanden sind und künftig noch entstehen werden.
3. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin unter Vorlage aller entsprechenden Rechnungen Auskunft zu erteilen über den Umfang der Verletzungshandlungen gemäß Ziffer 1., insbesondere über die Herkunft und den Vertriebsweg der unter Ziffer 1. beschriebenen. Produkte unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, gewerblicher Abnehmer und Auftraggeber sowie der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Gegenstände und die Ein- und Verkaufspreise der unter Ziffer 1. beschriebenen Produkte.
4. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin unter Vorlage aller entsprechenden Rechnungen über den Umfang der Verletzungshandlungen gemäß Ziffer I. Auskunft zu erteilen, und zwar unter detaillierter Aufschlüsselung aller mit den bezeichneten Waren erzielten Umsätze (und Kostenfaktoren), aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren und unter Angabe des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgelistet nach Kalendervierteljahren und Werbeträgern, Auflagenhöhe, Verbreitungsgebieten und Verbreitungszeiträumen.
5. Die Beklagten werden verurteilt, sämtliche unter Ziffer 1. beschriebenen Produkte, die sich in ihrem Besitz befinden, an die Klägerin zum Zwecke der Vernichtung herauszugeben.
6. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin 6.214,07 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für einen Teilbetrag von 4.045,41 EUR seit dem 11.11.2014 und für einen Teilbetrag von 2.168,66 EUR seit dem 18.03.2015 zu zahlen.
7. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
8. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 310.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 300.000,00 EUR festgesetzt. Dabei entfallen auf Ziffer 1. 250.000,00 EUR, auf Ziffer 2. 37.000,00 EUR, auf Ziffer 3, und 4. jeweils 5.000,00 EUR und auf Ziffer 5. 3.000,00 EUR.

Gründe

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Der Klägerin stehen gegenüber den Beklagten die geltend gemachten Ansprüche gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz lit.2 b. 102 GMV, §§ 14 Abs. 6,18, 19, 125 b MarkenG, 677, 683 BGB zu.
I.
Die streitgegenständliche Ausstattung auf der Getränkedose „… Drink“ verletzt unter dem Aspekt der Verwechslungsgefahr die klägerische Gemeinschaftsbildmarke (Art. 9 Abs. 1 Satz 2 b GMV):
1. Eine markenmäßige Benutzung ist zu bejahen:
1.1 Eine markenmäßige Benutzung i. S. d. Art. 9 Abs. 1 S. 2 lit. b) GMV setzt voraus, dass die Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient (vgl. EuGH GRUR 2003, 55 – Arsenal FC; BGH GRUR 2012, 1040, 1041 – pjur; BGH GRUR 2009, 1055 – airdsl; BGH GRUR 2009, 766 – Stofffähnchen). Dient die Verwendung des Zeichens anderen Zwecken, insbesondere wenn sie rein beschreibenden oder ornamentalen Charakter hat, liegt keine markenmäßige Benutzung vor (EuGH GRUR 2004, 58, 60 – Adidas/Fitnessworld; BGH GRUR 2008, 912, 913 – Metrosex). Für die Frage der markenmäßigen Verwendung der Kollisionszeichen ist die Verkehrsauffassung aus der Sicht eines normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers maßgebend (BGH GRUR 2012, 618 – Medusa).
Der BGH betont in ständiger Rechtsprechung, dass im Interesse eines umfassenden Kennzeichenschutzes von einer weiten Auslegung des Begriffs der markenmäßigen Benutzung auszugehen ist (BGH GRUR 2002, 613 – GERRI/KERRY Spring; BGH GRUR 1996, 68 – COTTON LINE). Auch nach der Rechtsprechung des EuGH genügt bereits die objektive, nicht völlig fernliegende Möglichkeit, dass der Verkehr einen Herkunftshinweis annimmt (EuGH GRUR 2003, 55 – Arsenal Football Club). Nur wenn das Zeichen zweifelsfrei nicht in diesem Sinne als betriebliches Herkunftszeichen aufgefasst wird, ist markenmäßiger Gebrauch zu verneinen (BGH GRUR 1991, 609 – SL; BGH GRUR 1984, 352 – Ceramix). Ausreichend ist, dass der Verkehr das Muster nicht nur als schmückendes Beiwerk versteht (BGH, GRUR 2002, 171 – Marlboro Dach).
Bei der Beurteilung des Verkehrsverständnisses ist die Aufmachung der Kennzeichnung, in der sie dem Publikum entgegentritt, zu berücksichtigen (EuGH GRUR 2003, 55 – Arsenal Football Club; EuGH GRUR 2008, 698 – 02; BGH GRUR 2002, 809, 811 – Frühstücks Drink I). Die blickfangmäßige Herausstellung wertet die Rechtsprechung grundsätzlich als markenmäßigen Gebrauch (BGH GRUR 2003, 963 – AntiVir/AntiVirus; BGH GRUR 1998, 830 – Les-Paul-Gitarren; Ingeri/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14, Rn. 147). Insbesondere wenn ein Zeichen im Rahmen der Produktbezeichnung benutzt wird, ist eine markenmäßige Benutzung anzunehmen (BGH GRUR 2009,1162 – DAX).
1.2 Im vorliegenden Fall wird die klägerische Bildmarke auf der streitgegenständlichen Getränkedose „… Drink“, also auf dem Produkt selbst, blickfangmäßig verwendet. Der maßgebliche Verkehrskreis der Durchschnittsverbraucher, zu dem sich auch die Mitglieder der Kammer zählen, ordnet dieser Gestaltung keinen rein dekorativen Sinngehalt zu und versteht daher das Zeichen unter Berücksichtigung der Präsentation der klägerischen Getränkedosen (vgl. Anlagenkonvolut K 2) als Herkunftshinweis.
2. Es liegt auch Verwechslungsgefahr i. S. d, Art. 9 Abs. 1 S. 2 lit. b) GMV zwischen der Klagemarke und der angegriffenen Ausstattung vor:
2.1 Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i. S. v. Art. 9 Abs. 1 S. 2 lit. b) GMV ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder der Ähnlichkeit der Zeichen und der Identität oder der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. BGH, GRUR 2012, 1040, 1042 – pjur). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH GRUR 2010, 933 – Barbara Becker).
2.2 Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen erfüllt:
Die Klagemarke besitzt deutlich überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft sind alle relevanten Umstände zu berücksichtigen. Dazu gehören insbesondere die Eigenschaften, die die Marke von Haus aus besitzt, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke und der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke. Unter Berücksichtigung des klägerischen Werbeaufwands im Zusammenhang mit der Klagemarke und der dadurch entstandenen hohen Bekanntheit der Marke bei den beteiligten Verkehrskreisen (vgl. GFK-Meinungsumfragen in Anlagen K 5 und K 6), ist von einer deutlich überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen.
Es besteht vorliegend Warenidentität. Die klägerische Marke genießt u. a. Schutz für „Energy Drinks“. Die streitgegenständliche Verletzungsform betrifft ebenfalls einen „Energy Drink“.
Zwischen der Klagemarke und dem angegriffenen Zeichen auf der Getränkedose besteht hochgradige Zeichenähnlichkeit. Die angegriffene Ausstattung greift die Klagemarke, bestehend aus vier trapezförmigen Farbflächen aus den kontrastierenden Farbtönen blau und silber, vollumfänglich auf.
Die anders lautende Aufschrift auf der Dose („… Drink“) führt aus der Verwechslungsgefahr nicht heraus.
II.
Die Beklagten sind für die streitgegenständlichen Verletzungshandlungen passivlegitimiert:
1. Die Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1) ergibt sich aus folgenden Gesichtspunkten:
1.1 Bereits aus dem eigenen Vortrag der Beklagten ergibt sich, dass die Beklagte zu 1) für zwei in Art. 9 Abs. 2 GMV ausdrücklich aufgeführte Verletzungshandlungen als Täterin anzusehen ist.
Es ist unstreitig, dass die Beklagte zu 1) die streitgegenständliche Kennzeichnung auf der Dose anbrachte. Es handelt sich dabei um eine ausdrücklich in Art. 9 Abs. 2 a GMV aufgeführte Verletzungshandlung. Bereits diese Anbringung des Zeichens gefährdet die Hauptfunktion der Marke (EuGH, GRUR int. 2000, 159 – Pharmacia & Upjohn). Ein Inverkehrbringen muss weder erfolgen noch beabsichtigt sein (Büscher, in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz/Urheberrecht/Medienrecht, 3. Auflage, § 14 MarkenG Rn. 566).
Darüber hinaus gab die Beklagte zu 1) nach eigenem Vortrag die von ihr folierte Getränkedose der … GmbH, damit diese die fertige Dose an den Besteller, die niederländische Firma … B.V., versendet Dabei handelt es sich um ein Inverkehrbringen im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. b GMV, da die Beklagte zu 1) die Verfügungsgewalt über die mit dem Zeichen versehene Dose auf einen Dritten, die … GmbH übertrug. Zwar stellen konzerninterne Warenbewegungen zwischen Unternehmen eines Konzernverbundes noch kein Inverkehrbringen dar. Ein Überlassen an nur vertraglich verbundene Drittunternehmen steht jedoch einem Warenverkehr innerhalb eines Konzerns nicht gleich (vgl. Büscher, a. a. O. Rn. 571).
Eine andere rechtliche Beurteilung ist auch nicht aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 15.12.2011 (GRUR 2012, 268 – Winters/…) veranlasst. In dieser Entscheidung führt der EuGH zwar aus, dass ein Dienstleistender, der sich darauf beschränkt, Dosen, die bereits mit markenähnlichen Zeichen versehen sind, im Auftrag und nach den Anweisungen eines Dritten abzufüllen, um damit schlicht einen technischen Abschnitt des Prozesses der Herstellung des Endprodukt auszuführen, ohne irgend ein Interesse an der äußeren Darstellung der Dosen und insbesondere an den darauf angebrachten Zeichen zu haben, diese Zeichen nicht selbst benutze, sondern nur die technischen Voraussetzungen für eine solche Benutzung durch einen Dritten schaffe. Durch eine solche Handlung werde nicht impliziert, dass eine Verbindung zwischen diesen Zeichen und der Abfülldienstleistung geschaffen wird, da der Abfüllbetrieb nicht gegenüber dem Verbraucher auftrete, was jede gedankliche Verbindung zwischen seinen Dienstleistungen und den betreffenden Zeichen ausschließe. Im vorliegenden Fall ist jedoch zum einen zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1) – anders als in dem der EuGH-Entscheidung zugrunde liegenden Fall – Verletzungshandlungen beging, die ausdrücklich als solche in Art. 9 Abs. 2 GMV aufgeführt sind. Zum anderen wird sie auf der Dose als Herstellerin bezeichnet, weshalb sie dem Verkehr gegenüber als Verantwortliche für den streitgegenständlichen „… Drink“ auftritt. Es besteht daher die Gefahr – anders als beim bloßen Abfüller – dass die angesprochenen Verkehrskreise die klägerische Bildmarke mit der Beklagten zu 1) gedanklich in Verbindung bringen.
1.2 Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Kammer aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte zu 1) nach außen als Herstellerin auftritt, dass ihr Unternehmensgegenstand die Herstellung, Abfüllung und der Vertrieb von Getränken, Werbung, Marketing und Sponsoring darstellt, dass die Beklagte zu 1) in der Reaktion auf die Abmahnung zugab, Abfüllerin zu sein, und es gesellschaftsrechtliche Verpflichtungen zwischen dem Mehrheitsgesellschafter der Beklagten zu 1) und weiteren Firmen aus der von der Beklagten vorgetragenen „Bestellkette“ gibt, im Termin vom 21.01,2016 die Beklagten darauf hinwies, dass ihr Vortrag zu den Verantwortungsanteilen der beteiligten Firmen nicht substantiiert dargetan sei. Ein weiterführender Vortrag erfolgte daraufhin nicht. Die Beklagten beantragten auch keine Schriftsatzfrist auf diesen gerichtlichen Hinweis.
2. Auch der Beklagte zu 2) ist für die streitgegenständlichen Verletzungshandlungen als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) passivlegitimiert.
Die Frage, ob sich jemand als Täter oder Teilnehmer in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen. Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für deliktische Handlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft besteht danach nur, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er sie aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (BGH, GRUR 2015, 672 – Videospiel-Konsolen II). Dafür ist erforderlich, dass die Verletzungshandlung auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist. So liegt es etwa bei der rechtsverletzenden Benutzung einer bestimmten Firmierung und dem allgemeinen Werbeauftritt eines Unternehmens, über die .typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird (BGH, GRUR 2014, 883-Geschäftsführerhaftung). Dementsprechend hat der BGH eine Haftung der vertretungsberechtigten Organe einer juristischen Person für das allgemeine Konzept einer Kundenwerbung eines Unternehmens (GRUR 2012, 184 – Branchenbuch Berg), für den Inhalt einer Presseerklärung eines Unternehmens, in der der Geschäftsführer selbst zu Wort kam (BGH, GRUR 2011, 1043 – TÜV II) oder für den allgemeinen Internetauftritt des Unternehmens (BGH, GRUR 2012, 1145 – Pelikan) bejaht.
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs haftet der Beklagte zu 2) als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) für die oben dargestellte Markenrechtsverletzung, da diese nach ihrem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Beklagten zu 2) als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) anzulasten ist. in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Beklagten zu 1) um ein sehr kleines Unternehmen handelt. Nach einer Wirtschaftsauskunft … (Anlage K 9) war der Beklagte zu 2) im Jahr 2014 der einzige Mitarbeiter der Beklagten zu 1), nach eigenen Angaben der Beklagten beschäftigte die Beklagte zu 1) drei Mitarbeiter. Aufgrund dessen und der wirtschaftlichen Bedeutung des streitgegenständlichen Auftrags wird darüber typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden.
III.
Der Klägerin stehen aufgrund dieser Ausführungen gegenüber den Beklagten die geltend gemachten Ansprüche zu:
1. Der klägerische Unterlassungsanspruch ergibt sich aus Art. 9 Abs. 1 Satz 2 b GMV. Es besteht Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr.
Die Wiederholungsgefahr wird aufgrund der im Streit stehenden Verletzungshandlungen vermutet. Die durch eine Verletzungshandlung begründete Vermutung der Wiederholungsgefahr erstreckt sich auch auf leicht abgewandelte, im Kern aber gleichartige Verletzungsformen, in denen das Charakteristische der Verletzungshandlung noch zum Ausdruck kommt (Ingerl/Rohnke, 3. Auflage 2010, MarkenG, Vorbemerkungen zu §§ 14 – 19 d, Rn. 94).
Im Übrigen besteht aufgrund des Verhaltens der Beklagten die Gefahr einer erstmaligen Beeinträchtigung der klägerischen Marke. Die Begehung einer bestimmten Art der in § 14 Abs. 3 MarkenG aufgezählten Verletzungshandlungen begründet regelmäßig Begehungsgefahr hinsichtlich weiterer Handlungsarten des § 14 Abs. 3 MarkenG (Ingerl/Rohnke, a. a. O. Rn. 123). Der Unterlassungsanspruch schließt dabei in der Regel alle Benutzungsarten des § 14 Abs. 3 MarkenG ein, auch wenn bislang nur eine davon vorgenommen wurde, es sei denn, eine von ihnen wäre nach den Umständen des Einzelfalls von vorne herein völlig ausgeschlossen, insbesondere ist der Besitz markenverletzender Ware für den Ausspruch des Verbots aller Verwertungshandlungen des § 14 Abs. 3 MarkenG ausreichend (BGH, GRUR 2006, 421 – Markenparfumverkäufe).
2. Der Schadensersatzfeststellungsanspruch beruht auf Art. 102 Abs. 2 GMV, §§ 125 b Nr. 2, 14 Abs. 6 MarkenG.
Die Beklagten haben die in Ziffer I. geschilderten Verletzungshandlungen unter Berücksichtigung der strengen Sorgfaltsanforderungen der Rechtsprechung schuldhaft begangen: Fahrlässig handelt derjenige, der sich auf die Prüfung von Registerrechten beschränkt und nicht auch die in der jeweiligen Branche zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Ermittlungen nicht eingetragener Kennzeichenrechte nutzt (BGH, GRUR 1970, 87 – Muschi-Blix). Die jahrelange, umfassende Nutzung der Marken „…“ durch die Klägerin ist in Deutschland nahezu jedermann bekannt, die entsprechenden Markenregistrierungen sind unschwer zu ermitteln.
Das Feststellungsinteresse ist nach ständiger Rechtsprechung gegeben, weil die Klägerin ihren Schaden derzeit noch nicht beziffern kann (vgl. BGH, GRUR 2008, 258 -INTERCON N ECT/T-InterConnect).
3. Der Auskunftsanspruch folgt aus Art. 102 Abs. 2 GMV, §§ 125 b Nr. 2, 19 MarkenG sowie aus Gewohnheitsrecht und § 242 BGB (vgl. Ingerl/Rohnke, a. a. O. § 19 Rn. 65). Es bedarf der geforderten Auskünfte, damit die Klägerin den tatsächlich entstandenen Schaden berechnen kann. Der Anspruch auf Vorlage von Belegen ist beim selbstständigen Auskunftsanspruch nach § 19 MarkenG als Regelfall höchstrichterlich anerkannt (vgl. BGH, GRUR 2002, 709 – Entfernung von Herstellungsnummern III).
4. Der Vernichtungsanspruch folgt aus Art. 102 Abs. 2 GMV, §§ 125 b Nr. 2, 18 MarkenG. Die Klägerin kann als Verletzte auch die Herausgabe zur Vernichtung beanspruchen. Diese kann sie dann selbst durchführen oder durch Dritte durchführen lassen (Büscher a. a. O. § 18 MarkenG Rn. 9).
5. Die Beklagten haben der Klägerin die Kosten für die Abmahnung und das Abschlussschreiben aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag zu erstatten.
Der Ansatz einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr für die Abmahnung ist in einer markenrechtlichen Angelegenheit nicht zu beanstanden. Angesichts der Bekanntheit der klägerischen Marke ist auch der angesetzte Gegenstandswert von 250.000,00 EUR angemessen.
Für das Abschlussschreiben durfte die Klägerin eine 0,8-fache Geschäftsgebühr ansetzen (vgl. OLG Hamburg, GRUR – RR 2014, 229).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.


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